Protokoll der Sitzung vom 23.10.2002

sondern die gesamte Kindergartenzeit hat einen Bildungsauftrag. Der wird heute auch von den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kindergärten ernst genommen. Die machen eine gute Arbeit.

(Beifall bei der SPD – Möllring [CDU]: Wer bestreitet das denn?)

Wir müssen den Anforderungen an diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht werden, weil sie sehen, dass die Anforderungen an sie wachsen. Das heißt, wir müssen zuerst mehr für die Ausbildung und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun. Weiter müssen wir sie besser mit den Grundschulen und den sonderpädagogischen Einrichtungen vernetzen.

Ich habe den Antrag der Grünen, der auch noch behandelt wird, wohl gelesen. Sie werfen der Landesregierung manches vor. Sie werden verstehen, dass wir das zurückweisen. Aber im Kern ist doch klar, dass das, was die Grünen zu den pädagogischen Fragen sagen, wesentlich mehr mit der Alltagsrealität zu tun hat, wesentlich mehr mit unserer Position zu tun hat als die platte Forderung „Lasst uns mal in den Wahlkampf gehen und den Eltern versprechen, dass sie keine Gebühren mehr zahlen müssen“. Jeder weiß doch, dass das in den nächsten Jahren nicht zu bezahlen ist, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der SPD)

es sei denn, Herr Busemann, Sie verzichten auf die Qualitätsinitiative in den Kindergärten. Dann können Sie das bezahlen.

(Zurufe von der CDU - Unruhe - Glo- cke des Präsidenten)

Herr Busemann, das war immer Ihr Antritt im Landtag. Sie wollten immer von den Standards herunter. Sie wollten keine Erzieher beschäftigen. Genau das war Ihre Debatte.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Dahin zielt Ihr Antrag. Ihr Antrag zielt auf die Herabsetzung - -

(Zurufe von Schünemann [CDU] und von weiteren Abgeordneten der CDU)

- Ich höre gerne zu. Melden Sie sich doch einfach zu Wort, Herr Schünemann. Ich führe wirklich aus vollem Herzen gerne jede pädagogische Debatte mit Ihnen. Jede! Da gibt es dann auch Unterschiede.

Ihr Antrag zielt schlicht und ergreifend auf die Reduzierung der Standards. Und dann machen Sie solche Versprechen.

Wir unterscheiden uns in einem weiteren Punkt. Herr Busemann, wir haben die Sprachausbildung im Kindergarten begonnen. Wir wollen, dass ein Kind, wenn es in die deutsche Grundschule kommt, die deutsche Sprache beherrscht. Das ist unser Ansatz. Dafür steht Geld im Haushalt. Das hat die Priorität, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Busemann [CDU]: Das Geld können wir schon einmal dafür nehmen!)

Nun der letzte Punkt, Herr Busemann. Frau Harms hat völlig zu Recht gesagt: Eine Partei, die sich der Debatte verweigert,

(Zuruf von der CDU: Hat sie doch gar nicht!)

wie die zentralen Aufgaben unseres Staates in Zukunft finanziert werden sollen, die den Menschen weniger Schulden, weniger Steuern, aber mehr Ausgaben verspricht, die hat nicht den Mut, den Menschen die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit ist, dass es ungerecht ist - -

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Sie fordern Wahrheit! – Zurufe von Busemann [CDU] und von weiteren Abgeordneten der CDU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Sie scheinen ja hoch nervös zu sein.

(Möllring [CDU]: Solch ein dummes Zeug zu reden! – Busemann [CDU]: Der lenkt doch nur ab!)

Bitte, lassen Sie doch den Herrn Ministerpräsidenten reden.

Die Wahrheit ist, dass ein Geselle im Elektrohandwerk mit 1 000 bis 1 200 Euro Nettoeinkommen, der zwei Kinder hat, die in den Kindergarten gehen, fast 10 % seines Einkommens dafür bezahlen muss. Ein Arzt mit zwei Kindern und einem deutlich höheren Einkommen muss nicht einmal 5 % bezahlen.

(Möllring [CDU) : Wer ist denn dafür verantwortlich? Dafür sind Sie doch verantwortlich! – Busemann [CDU]: Der lenkt ab!)

Das ist die Ungerechtigkeit in Deutschland. Wir brauchen mehr Gerechtigkeit in der Bildungsfinanzierung. Da wollen Sie nicht mitmachen, versprechen aber den Leuten das Blaue vom Himmel. Damit kommen Sie nicht durch, meine Damen und Herren!

(Starker Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Vockert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, die Wahrheit ist, dass Sie die Tatsachen verdrehen.

(Beifall bei der CDU)

Die Wahrheit ist, dass Sie Legendenbildung betreiben. Die Wahrheit zu den Forderungen, die Sie hier eben genannt haben - Zusammenarbeit mit der Grundschule, Stärkung des Bildungsauftrages,

Aus- und Weiterbildung der Erzieherinnen -, ist, dass Sie den Antrag, den wir im November vergangenen Jahres mit diesen Forderungen hier eingebracht haben, im letzten Monat abgelehnt haben.

(Beifall bei der CDU – Mühe [SPD]: Weil wir das längst machen!)

Das wollen Sie überhaupt nicht. Sie waren es - das ist die Wahrheit -, die die Vorschulen abgeschafft haben. Diese Landesregierung ist es, die im Verhältnis zu allen anderen Bundesländern die geringsten Personalkostenzuschüsse zahlt.

(Beifall bei der CDU)

Das ist die Wahrheit. Da sind Sie gefordert, zu handeln, anstatt sich hier nur hinzustellen und zu reden. Dazu fordern wir Sie auf.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Harms.

Zu der aufgeregten Debatte um die Wahrheitsfindung von unserer Seite noch ein kleiner Hinweis: Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, Sie haben sich zum KiTaG, zum Kindertagesstättengesetz, erst bekannt, als diese Landesregierung in der letzten Legislaturperiode das Kindertagesstättengesetz aus rot-grüner Zeit kippen wollte.

(Zustimmung bei den GRÜNEN – Möllring [CDU]: Dummes Zeug! Wir haben selber eines eingebracht!)

Sie haben zur Korrektur Ihrer alten Position dieses Volksbegehren gebraucht, genauso wie diese Landesregierung am Ende per Gericht gezwungen werden musste, das Kindertagesstättengesetz aufrechtzuerhalten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das nur noch einmal zu der Grundlage, auf der wir jetzt die politische Debatte darüber führen müssen, wie diese Kindertagesstätten besser werden können. Wenn wir uns darüber einig sind, ist das tatsächlich ein großer Schritt.

Aber ich glaube Ihnen Ihre Überzeugungen nicht, weil sie tatsächlich immer nur unter Druck zustan

de kommen bzw. mit Wahlterminen zu tun haben. Ich kann nur ausdrücklich unterstreichen: Ihr Verhalten - allerdings auch das der SPD-Fraktion - in der Auseinandersetzung um mehr Gerechtigkeit beim Ehegattensplitting, gerade um Kinderbetreuung sicherstellen zu können, war grundfalsch.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Und es ist natürlich nicht besser, wenn man im Anschluss daran auch gegen Erbschaftsteuer und Vermögensteuer auf die Barrikaden geht. Wie Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, Ihre Rezepte für eine bessere Kindheit finanzieren wollen, ist für mich wirklich immer wieder ein großes Rätsel.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat der Kollege Mühe das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, wir sollten uns an die Entwicklung in den Jahren von 1990 bis 1998 erinnern und dann zunächst sagen, dass es Herr Albrecht und auch Herr Horrmann waren, die sagten: Kindertagesstätten sind eine originär kommunale Aufgabe. Das geht uns als Land nichts an. Da machen wir nicht mit. Das wollen wir nicht. - Dann haben Sie unser Kindertagesstättengesetz mit allen Möglichkeiten bekämpft

(Möllring [CDU]: Darin standen 100 % Personalkosten!)

und in der Öffentlichkeit immer wieder lamentiert: zu viel Regelungsdichte, zu hohe Qualifikation der Erzieherinnen und Erzieher, das wollen wir alles nicht.