Tagesordnungspunkt 28: Besprechung: Familienpolitik in Niedersachsen - Große Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 14/3639 Antwort der Landesregierung - Drs. 14/3828
Die schriftliche Antwort der Landesregierung liegt Ihnen vor. Für die fragestellende Fraktion wird die Kollegin Meyn-Horeis sprechen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Große Anfrage der SPDFraktion zum Thema Familienpolitik einbringen, und meine Kolleginnen Frau Krämer und Frau Hemme werden im Laufe der Besprechung nach Vorlage der Antwort der Landesregierung zu einzelnen Themen dezidiert Stellung beziehen.
Wie Sie alle wissen, bleibt es das Ziel meiner Fraktion, Familienfreundlichkeit in Niedersachsen zu einem Markenzeichen zu machen. Aus diesem Grunde haben wir gemeinsam mit der Landesregierung in den letzten Jahren mehrere familienpolitische Akzente gesetzt. Menschen mit Kindern sollen nach unseren Vorstellungen Bedingungen vorfinden, um als Familie nach ihren Vorstellungen leben zu können. Sie müssen die berechtigten Interessen von Familien in allen gesellschaftlichen Lebensmöglichkeiten vorfinden können.
Wir wollen Familienpolitik als eine Querschnittsaufgabe betrachten. Es ist als Landespolitikerinnen und Landespolitiker unsere Aufgabe, Rahmenbedingungen für eine familienfreundliche Gesellschaft zu schaffen.
Die steuerliche Berücksichtung und finanzielle Förderung von besonderen Situationen von Familien in unserer Gesellschaft sind z. B. Teile dieser Rahmenbedingungen. Aber auch Maßnahmen für die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für Väter und Mütter gehören unweigerlich dazu.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang benötigen wir ein ausreichendes Netz von Betreuungsangeboten für Kinder bis hin zu Ganztagsschulangeboten.
Neben den eben beispielhaft erwähnten Rahmenbedingungen gehört zu einer Verbesserung der familiären Situation natürlich auch eine bessere Unterstützung der Eltern bei ihren Erziehungsaufgaben.
Frau Kollegin Meyn-Horeis, die Kollegin Vockert möchte Ihnen eine Frage stellen. Wollen Sie das zulassen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht vergessen werden darf auch die größtmögliche Beteiligung aller jungen Menschen und ihrer Familien an der Gestaltung einer kinder- und familienfreundlichen Gesellschaft. Für die Verbesserung der Situation von Familien ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Kommunen, mit der Wirtschaft und mit den Verbänden wichtig. So stellt sich bereits heute die Gründung des Bündnisses für ein Leben mit Kindern positiv dar.
Unbestritten ist die Landesregierung mit den Partnern auf dem Weg zu einer kinderfreundlichen Gesellschaft ein großes Stück vorangekommen.
Meine Damen und Herren, uns ist es ein besonderes Anliegen, mit den gestellten Fragen in unserer Großen Anfrage eine Zwischenbilanz der Familienpolitik in Niedersachsen zu ziehen. Wir wollen eine Zwischenbilanz ziehen zu Fragen wie z. B.: Welche Maßnahmen zum Bereich von Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind ergriffen worden? Wie sind die Wohnbedingungen von Familien mit Kindern? Welche Familienberatungsangebote gibt es in Niedersachsen? Wie entwickelt sich der Bereich Elternzeit und Erziehungsgeld? Wie ist die Situation von Familien mit behinderten Kindern? Welche Hilfe zur Erziehung gibt es? Wie viele Grundschulen arbeiten als Verlässliche Grundschulen? - Natürlich wollen wir auch eine Zwischenbilanz zu dem Thema, wie es mit dem Bündnis für ein Leben mit Kindern aussieht und welche Pläne die Landesregierung bei der Einführung der Familienkarte verfolgt. Wir möchten, dass die begonnenen Reformen im Bereich der Familienpolitik konsequent weiterverfolgt werden. Von besonderer Bedeutung ist aber auch eine Aussage der Landesregierung, welche Maßnahmen im Rahmen der familienpolitischen Offensive in Zukunft geplant sind. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundestagswahl hat eines ganz deutlich gezeigt: Die Fragen, wie es den Familien geht und was der Staat für Familien tut, stehen für die Menschen an zentraler Stelle. - Alle Parteien widmeten den Familien große Teile ihrer Wahlprogramme. Ganz offensichtlich haben die Wählerinnen und Wähler das honoriert, was die Bundesregierung mit ausdrücklicher Unterstützung der Niedersächsischen Landesregierung seit 1998 für Familien geleistet hat.
Der Bund hat seit 1998 viel zur materiellen Verbesserung für Familien getan. Ich will nur die folgenden Stichworte nennen: die dreimalige Er
höhung des Kindergeldes, die Anhebung der Freibeträge für Betreuung, Erziehung und Ausbildung, mehr BAföG, weniger Steuern für Familien. Alles das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass auch Land und Kommunen einen großen Anteil an diesen Leistungen tragen. Hinzu kamen strukturelle Verbesserungen. Die Elternzeit wurde flexibilisiert, und das Recht auf Teilzeit wurde für Väter und Mütter eingeführt. Mehr Respekt vor Kindern und Ächtung vor Gewalt in der Erziehung wurden gesetzlich verankert. - Niemals zuvor wurde in so kurzer Zeit so viel für Familien getan. Niemals zuvor hat auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen so hohen Stellenwert in der Politik gehabt. Das gilt auch für Niedersachsen.
Erstens. Das Land Niedersachsen hat flächendeckend die Verlässliche Grundschule eingeführt und mit dem Ausbau der Ganztagsschulen begonnen.
Zweitens. Kommunen und freie Träger haben die Zahl der Ganztagsplätze in Kindertagesstätten ausgebaut und bieten flexible Öffnungszeiten an. Der Anteil der ganztagsbetreuten Kinder liegt zurzeit bei 20 %. Außerdem waren wir uns im Bündnis für ein Leben mit Kindern einig, dass ein zentrales weiteres Ziel sein muss, die Angebote für die Null- bis Dreijährigen zu verbessern. Deswegen haben wir uns vorgenommen, innerhalb der nächsten vier Jahre die Zahl der Krippenplätze zu verdoppeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Drittes, weil es nicht nur auf Quantität, sondern auch auf Qualität ankommt, fördern wir die Weiterentwicklung des Bildungsauftrages in den Kindertagesstätten. Dazu gehört nicht zuletzt das Programm der Sprachförderung im Kindergarten.
Vor einer Woche fand hier in Hannover die Messe „Kindergarten bildet“ statt. Das Herz konnte einem aufgehen; denn es wurde gezeigt, dass in Kindertagesstätten schon heute enorm viel geleistet wird für die kognitive, die musische, die soziale und die motorische Bildung unserer Kinder. Die Kindertagesstätten verfügen über ein großes Potenzial an Kreativität, Integrationsfähigkeit und Bereitschaft, den Bildungsauftrag in den Kindertageseinrichtungen wahrzunehmen.
Kinder brauchen Kinder, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deswegen ist das Thema der Kindertagesbetreuung nicht ausschließlich eine Perspektive der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern ausdrücklich unabdingbar für das Aufwachsen unserer Kinder in unserer Gesellschaft. Das ist ein zentrales Thema.
Ihnen allen ist die finanzielle Situation der Kommunen bekannt. Eine Verbesserung der Betreuungs- und Bildungssituation im Kindertagesstättenbereich ist ihnen zumeist nur unter großen Kraftanstrengungen möglich. Gerade deshalb ist es sehr zu begrüßen, wenn Kommunen erkennen, dass diese Investitionen auch Zukunftsinvestitionen sind. Deshalb stärkt uns die Entscheidung der Bundesregierung, die Kommunen beim Ausbau insbesondere der Plätze für die Null- bis Dreijährigen finanziell zu unterstützen.
Wir sehen, dass wir in Niedersachsen mit unserer Entscheidung, die Priorität auf den Ausbau der Plätze für Null- bis Dreijährige zu setzen, richtig liegen, fühlen uns gestärkt und können deshalb dieses ehrgeizige Ziel mit Engagement und Elan angehen.
Meine Damen und Herren, Kommunen, die eine gute Infrastruktur im Kindertagesbetreuungsbereich anbieten, sind attraktiv für Familien, sie sind aber auch attraktiv für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, sie sind attraktiv für Unternehmen, die für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gute Rahmenbedingen brauchen. Zu diesen gehört eben die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Familien brauchen materielle Entlastung. Das hat das Bundesverfassungsgericht 1998 eindeutig klar gemacht und der 16-jährigen Regierungszeit von CDU/CSU und FDP leider ein Armutszeugnis ausgestellt.
Seit diesem Urteil sind die Familien in der Bundesrepublik finanziell deutlich besser gestellt worden. Bundesweit ging auch die Zahl der Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger zurück. Das betrifft leider nicht die allein Erziehenden, die vor allem Frauen sind. Wir kennen auch alle die Ursache: Die Ursache ist die geringere Erwerbsbeteiligung von allein erziehenden Frauen mit kleinen Kindern insbesondere in Westdeutschland. Hier müssen wir ansetzen. Deshalb ist es richtig und wichtig, in Bund, Ländern und Kommunen einen Schwerpunkt bei dem Ausbau
Zusammengefasst: Eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die partnerschaftlich von Müttern und Vätern getragen wird, hat viele Vorteile: für Frauen, um ihnen chancengleich mit den Männern berufliche Qualifizierung und Entwicklung und damit eine eigenständige und nicht abgeleitete Existenzsicherung zu ermöglichen, für die Wirtschaft, um das Potenzial an dringend benötigten qualifizierten Arbeitskräften einsetzen zu können, für Kinder, um die partnerschaftliche Arbeitsteilung und mehr Zufriedenheit der Eltern zu erleben und gleichzeitig mit anderen Kindern gemeinsam aufzuwachsen und Bildungschancen in Kindertagesstätten zu nutzen, für Männer, um das Leben mit Kindern intensiver zu erfahren und Haushaltsund Sozialmanagement kennen zu lernen, und für die Gesellschaft, weil dann mehr Kinder geboren werden. Der Vergleich mit unseren europäischen Nachbarn zeigt: Die höchsten Geburtenraten haben Länder, in denen die meisten Frauen berufstätig sind. Wir müssen endlich akzeptieren, dass ein tief greifender Rollenwandel stattgefunden hat. Frauen wollen beides: Familie und Beruf.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist ein Land für Kinder, ein Land, in dem die gemeinsame Verantwortung für Familien wahrgenommen wird. Deshalb ist es erstens gelungen, ein Bündnis für ein Leben mit Kindern mit allen Beteiligten zu schließen. Deshalb hat zweitens die Landesregierung eine familienpolitische Initiative beschlossen. Deshalb gibt es drittens einen Kinder- und Jugendplan, der die kinder- und jugendpolitischen Leistungen im Land sichert und weiterentwickelt, denn wir sind in einer öffentlichen Verantwortung für das Aufwachsen der Kinder. Und deshalb gibt es viertens neben den rechtlich abgesicherten sozialstaatlichen Leistungen die ständige Weiterentwicklung der Angebote, die aufgrund der besonderen Lebenslagen von Familien notwendig sind. Hierzu gehören z. B. die Unterstützung minderjähriger Mütter durch die Familienhebammen oder auch die Sicherstellung eines flächendeckenden Netzwerkes für Eltern von schwerstkranken Kindern.
Wie diese vier Bereiche im Einzelnen ausgestaltet sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, finden Sie in der umfangreichen Antwort der Lan
Ich ziehe deshalb ein Fazit und stelle fest: Familien haben inzwischen in Niedersachsen eine Lobby. Familienpolitik ist ein Thema. Das Land, aber nicht zuletzt auch die Kommunen und die freien Träger, die Elterninitiativen, haben dafür ein gutes Fundament geschaffen. Wichtige Pfeiler ruhen darauf: Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gemeinsame Aktivitäten zur Sicherstellung der Erziehungsaufgabe in Familien, Bildungs- und Beratungsstrukturen, Hilfs- und Unterstützungsangebote und viele innovative Projekte gemeinsam mit Partnern - zahlreiche Bausteine also bei uns hier im Land, die zur gezielten Unterstützung und Stärkung von Familien beitragen. Wir werden diesen Bausteinen weitere hinzufügen.
Richtig ist, meine Damen und Herren: Familienpolitik ist Politik für Mütter und Väter, ist Politik für Kinder und Jugendliche. Richtig ist aber auch: Familienpolitik ist mehr. Familienpolitik ist Gesellschaftspolitik. Familienpolitik heute stellt die Weichen für die Zukunftssicherung unserer Gesellschaft, für soziale und wirtschaftliche Stabilität und für ein zukünftiges menschliches und solidarisches Miteinander. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf einige wichtige Aspekte im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingehen.
Ziel einer Familienpolitik ist - darauf wurde eben von Frau Ministerin auch noch einmal ausdrücklich hingewiesen - eine familienfreundliche Gesellschaft, in der die Interessen und Bedürfnisse von Menschen mit Kindern berücksichtigt werden. Frauen und Männer, die Kinder großziehen, müssen die entsprechenden Voraussetzungen vorfinden, um Familien- und Berufsleben miteinander verbinden zu können. Hier wurden seitens der Landesregierung dankenswerterweise bereits viele Maßnahmen durchgeführt oder in die Wege geleitet.