Über den Bildungsauftrag des Kindergartens, dem zweiten Punkt in Ihrem Antrag, haben wir gestern in der Aktuellen Stunde sehr ausführlich geredet. Ich möchte das hier nicht wiederholen, sondern nur eine Bemerkung dazu machen. Sie haben zum Bildungsauftrag des Kindergartens Forderungen gestellt und ein kostenloses Bildungsjahr gefordert. Ich frage mich, ob Sie das mit Ihrem finanzpolitischen Sprecher abgestimmt haben. Der hat nämlich in einer Presseerklärung der Grünen dargelegt, dass - ich zitiere - „angeblich selbst drastische Einsparungen quer durch alle Ressorts nicht mehr verhindern, dass die Höhe der Neuverschuldung in 2003 höher ausfallen wird als die Summe der eigenfinanzierten Landesinvestitionen“. Wenn das die Auffassung der Grünen ist, meine Damen und Herren, dann frage ich mich, warum Sie hier Forderungen stellen, deren Umsetzung Mehrkosten in Höhe von ungefähr 75 Millionen Euro zur Folge hätte. Anstatt also ein kostenloses Kindergartenjahr für alle zu fordern, sollten wir besser über Konzepte nachdenken, wie wir die Fünfjährigen, die jetzt noch keinen Kindergarten besuchen - das sind rund 5 bis 10 % -, dazu bringen können, dass sie in den Kindergarten gehen. Genau das sind Konzepte, die von Frau Trauernicht schon veröffentlicht worden sind.
Ich möchte noch zu einem weiteren Punkt des Antrages etwas sagen. Die Grünen fordern die individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes, und zwar u. a. mittels Förderplänen. Die Erstellung von Förderplänen haben wir mit der Verabschiedung des Schulgesetzes vor den Sommerferien bereits beschlossen. Die Grünen haben damals gesagt, das sei eine frühzeitige Stigmatisierung der Kinder. Wollen Sie nun mit Ihrer Forderung die Stigmatisierung ab Klasse 1, oder sehen Sie endlich ein, dass das Argument der Stigmatisierung durch Förderpläne ziemlich unsinnig ist?
Wir wollen, dass jedes einzelne Kind gefördert wird. Deswegen haben wir die Förderpläne eingeführt, und wir wollen, dass diese mit den Eltern und Kindern besprochen werden, sodass alle gemeinsam an einer optimalen Förderung der Kinder arbeiten.
Nun möchte ich noch etwas zu Ihrer Forderung sagen, dass wir die sonderpädagogische Grundversorgung mit der notwendigen Energie voranbringen sollen. Das ist wirklich überflüssig.
Was meinen Sie denn, was die zuständigen Beamtinnen und Beamten im Kultusministerium und in den Bezirksregierungen tun? - In unzähligen Gesprächen überzeugen Sie immer mehr Regionen vom Konzept „Lernen unter einem Dach“. Zig Elterngruppen und engagierte Lehrkräfte leisten hervorragende Überzeugungsarbeit. Gerade deswegen werden jedes Jahr neue regionale Konzepte fertiggestellt und können genehmigt werden. Allein zu diesem Schuljahresbeginn konnten sechs weitere Konzepte genehmigt werden, sodass es jetzt 29 Konzepte gibt. Dafür sind 31 zusätzliche Sonderschullehrer eingestellt worden. Aber eines sage ich Ihnen auch: Ich glaube, es geht nicht, dass man den Schulen vor Ort die Integrationskonzepte gegen ihren Willen überstülpt. Das würde nämlich bedeuten, dass Kinder in eine Schule gehen müssten, in der sie überhaupt nicht willkommen sind. Das geht meiner Meinung nach nicht. Ich jedenfalls möchte nicht, dass ein Kind in eine Schule gehen muss, in der es von den Lehrkräften und möglicherweise den Mitschülern abgelehnt wird.
Zum Schluss möchte ich noch etwas zu Ihrer Forderung nach Deutschkursen für Eltern sagen. Diese Forderung kann man nur unterstützen. Wir wissen, dass das dringend erforderlich ist. Im Jahre 1993 hat die damalige CDU/CSU-FDP-Regierung unter Kohl die Mittel für diese Sprachförderung drastisch gesenkt, was katastrophale Auswirkungen auf die Integration von Migranten hatte. Deswegen steht in der Koalitionsvereinbarung von SPD und Grünen auf Bundesebene:
„Mit dem Zuwanderungsgesetz haben wir erstmals neu zuwandernden Ausländern und Aussiedlern gleichermaßen einen Anspruch auf die erforderlichen Sprach- und Orientierungskurse gegeben. Wir werden eine den Pflichten und Ansprüchen der Betroffenen entsprechende und bedürfnisgerechte Ausstattung der Kurse einschließlich Kinderbetreuung und sozialpädagogischer Begleitung gewähr
leisten. Darüber hinaus werden wir uns auch um die nachholende Integration von bereits in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten und von Ausländern mit humanitären Aufenthaltsrechten bemühen.“
Das „Wir“ meint SPD und Grüne gemeinsam. Also, meine Damen und Herren von den Grünen, tun Sie bei diesem Thema nicht so, als ob wir von der SPD anderer Auffassung seien. Das sind wir nicht. Die Einzigen hier im Landtag, die all diese sinnvollen Maßnahmen nicht wollen, sind die Damen und Herren von der CDU-Fraktion. Sie sind es, die das Zuwanderungsgesetz beklagen und somit verhindern, dass zusätzliche Mittel in die Sprachförderung fließen können.
Ich fasse zusammen: Einige Forderungen der Grünen sind wünschenswert, aber im Augenblick nicht finanzierbar. Andere Vorschläge sind schon beschlossen und befinden sich in der Phase der Umsetzung. Wiederum andere Forderungen brauchen einfach mehr Zeit, z. B. die Integrationskonzepte, um landesweit umgesetzt zu werden. Ich hoffe, dass es uns in den jetzt beginnenden Ausschussberatungen gelingt, für das Wünschenswerte Lösungen zu finden, die dann auch finanziert werden können, und dass es gelingt, zu dieser wirklich wichtigen Aufgabe einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD - Klare [CDU]: Wenn wir beschimpft werden, brau- chen wir uns hinterher auch nicht er- kenntlich zu zeigen!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Hinweis von Frau Seeler, dass es möglicherweise zu einem gemeinsamen Entschließungsantrag kommen kann, erinnert mich an einen Antrag, den meine Fraktion im November vergangenen Jahres eingebracht hat. Dieser enthielt bereits damals die Kernforderungen des heutigen Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Ich stelle immer mehr fest - wie auch eben bei Frau Seeler, die gesagt hat, dass wir von der CDUFraktion nicht begreifen würden, wie wir vernünf
tigerweise Kindergartenpolitik machen müssten -, dass Sie nicht in der Lage sind, Anträge von uns zu lesen oder zu begreifen; ich will das hier auch nicht konkreter hinterfragen.
Auf jeden Fall sollten Sie, Frau Harms, zur Kenntnis nehmen, dass wir diesen Antrag schon im November letzten Jahres gestellt haben. Wir haben gestern auch über den Punkt 1 Ihres Antrages bezüglich der gezielten Förderung schon vor der Schule diskutiert. Wer ist denn dagegen? Ich sagte gerade, dass wir das Thema im November vergangenen Jahres aufgegriffen und gesagt haben, dass wir den Bildungsauftrag im Kindergarten stärken wollen, u. a. durch Aus- und Weiterbildung der Erzieherinnen, Zusammenarbeit von Kindergarten und Schule. Das hat Herr Busemann gestern schon dargestellt. Wir wollen das dritte Jahr im Kindergarten von Kosten für die Eltern freistellen. Herr Busemann hat sehr deutlich gemacht, dass die Finanzierung 0,3 % des Haushaltes ausmachen würde.
Vor diesem Hintergrund hätte ich mich heute am liebsten hingestellt und gesagt: Wir von der CDUFraktion unterstützen den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen uneingeschränkt. Aber ich habe die Diskussion von gestern noch im Kopf. Vor dem Hintergrund, dass wir den Antrag schon im November gestellt haben, Sie uns aber gestern vorgeworfen haben, dass es völlig illusorisch sei, was wir hier einfordern,
dass Frau Harms heute für ihre Fraktion den Antrag einbringt, aber überhaupt nicht auf die Frage der Finanzierung eingeht, sondern sagt: Wir wollen das dritte Kindergartenjahr beitragsfrei gestalten.
Es muss in diesem Zusammenhang Folgendes festgestellt werden: Bei jedem Antrag, der in diesem Bereich gestellt wird und in dem sinnvolle Vorschläge gemacht werden, Frau Harms, sollte es Ihnen wirklich egal sein, von welcher Partei er kommt. Wenn er von der CDU-Fraktion eingebracht wird, ist er nicht allein deshalb falsch. Da sind Sie ideologisch verbohrt.
Frau Vockert, ich hätte gerne gewusst, wie Sie und Ihre Fraktion Ihre Vorschläge finanzieren wollen. Mir ist noch nicht klar geworden, wie Sie die Finanzierung der Lehrer bzw. die Finanzierung für dieses Jahr leisten wollen. Ich habe das gestern nicht als einzige nachdrücklich eingefordert, weil die CDU in der Bundespolitik derzeit alles tut, um die Finanzierungsmöglichkeiten, die gesucht werden, zu blockieren.
Frau Kollegin Harms, auch da sage ich: Es ist erschreckend, dass Anträge hier im hohen Hause einfach nicht zur Kenntnis genommen werden.
Wir erleben es in jeder Plenarsitzung, dass uns wieder die Finanzierung der Lehrer vorgehalten wird. Wir hatten zu dem Doppelhaushalt, den ja die Landesregierung eingebracht hatte, ganz dezidiert einzelne Änderungsanträge gestellt, und wir hatten Einsparvorschläge gemacht.
- Frau Harms, schauen Sie bitte noch einmal in die Drucksache hinein. Darin finden Sie dezidiert die Einsparvorschläge. Ich habe die Nase voll, es Ihnen jedes Mal wieder erklären zu müssen. Das ist finanziert!
Wenn Sie, genauso wie wir, 0,3 % des Haushalts für die Finanzierung dieser wichtigen Aufgabe im Kindergarten aufbringen wollen - in Ihrem Antrag schreiben Sie übrigens gar nichts über die Finanzierung -, dann sind Sie sich hoffentlich darüber im Klaren, dass das eine so wichtige Aufgabe ist, dass wir das durch Umschichtungen des Haushaltes hinkriegen werden. Wir werden dann nämlich, wenn die Kinder und Jugendlichen älter sind, langfristig zu Einsparungen kommen, weil wir in dem Moment nicht mehr so viele Sozialarbeiter, Jugendbetreuer und, und, und gerade im Bereich der Migration, gerade im Bereich der Jugendgewalt und Jugendkriminalität brauchen, was wir heute Morgen ja auch diskutiert haben.
Zu Punkt 1 Ihres Antrages schauen Sie sich unseren Antrag an. Punkt 1 Ihres Antrages lautet: „Gezielte Förderung schon vor der Schule.“ Da stimmen wir mit Ihnen völlig überein.
- Nein, ich lasse jetzt keine weitere Zwischenfrage zu. Ich möchte auch noch etwas zu den Punkten 2 und 3 des Antrags von Bündnis 90/Die Grünen sagen.
Ich meine, dass der Antrag unter Punkt 1 richtig ist. Das war unsere Forderung vom November letzten Jahres. Damals haben wir schon genau die gleiche Forderung eingebracht.
Zu dem Punkt ist auch noch etwas anzumerken, weil Frau Seeler vorhin gesagt hat, wir könnten uns vielleicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen. Zu unserem Antrag vom November letzten Jahres hat die SPD-Fraktion einen Änderungsvorschlag eingebracht. Das wird mit Sicherheit, Frau Harms, auch bei Ihrem Antrag wieder so laufen. Wissen Sie, was dann in dem Antrag unverbindlich stehen wird? - Das ist so ähnlich wie