Daher stimmen wir jetzt über den Antrag in Drucksache 3764 ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Möchte sich jemand der Stimme enthalten? - Ich stelle fest, dass der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen worden ist.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich vorsorglich darauf hinweisen, dass sich die Fraktionen darauf geeinigt haben, die Anträge unter den Tagesordnungspunkten 32, 34 und 37 direkt an die Ausschüsse zu überweisen.
Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung: Energiesparpolitik der Landesregierung: Auf Worte müssen endlich Taten folgen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/3768
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die regenerativen Energien genießen in der öffentlichen Debatte inzwischen eine hohe Aufmerksamkeit. Demgegenüber verschwinden die zweite und die dritte Säule der Energiewende, nämlich die effiziente Energieerzeugung und vor allem das Energiesparen, hinter all den spektakulären Innovationen bei Sonnen-, Wind- und Wasserkraft. Das aber steht in einem völligen Widerspruch zu den möglichen Einsparpotenzialen. Unserer Meinung nach lassen sich Klimaschutz und Atomausstieg nur vereinbaren, wenn der Energieverbrauch zurückgefahren wird. Das wird in allen Energiewendeszenarien deutlich gemacht. Mir scheint, dass dies vielen handelnden Akteuren auch klar ist; in der Praxis fehlt es aber an konsequenter Umsetzung.
Das gilt nach unseren Beobachtungen auch für die Praxis dieser Landesregierung. Das Land Niedersachsen besitzt mehr als 9 000 Gebäude. Mehr als zwei Drittel des Gesamtenergieverbrauchs entfallen auf den Wärmebereich. 1998 wurde dazu im Rahmen des Runden Tisches „Agenda 21“ ein Einsparpotenzial von 40 % errechnet. Beschlossen und verkündet wurde damals die beschleunigte Umsetzung der als wirtschaftlich erkannten Energiesparmaßnahmen. Wie schon der Vorgänger im Amt, nämlich Hinrich Swieter, hat auch Heiner Aller bereits vor langer Zeit verkündet, er wolle Geld für Energieeinsparungen in Landesgebäuden locker machen. „Das rechnet sich nach ein paar Jahren für die Umwelt und für die Landeskasse“, hat Herr Aller erklärt. Schon vor Jahren - ich glaube, diese Erklärung war im Jahr 1998 abgegeben worden - spottete mein Kollege Golibrzuch in seiner üblichen frechen Art über diese fast symbolhafte Zielsetzung; denn nur in einem Dutzend von mehr als 9 000 Gebäuden sollte damals durch Contracting-Verträge beispielhaft Energie eingespart werden.
Rückblickend muss ich sagen: Schon diese symbolhafte Zielsetzung - von Golibrzuch bespottet wäre eigentlich ganz schön gewesen; denn das Pilotvorhaben ist auch von Heiner Aller nicht umgesetzt worden. Ich frage mich: Warum schafft Niedersachsen es nicht, Klimaschutz und Kostensenkung miteinander zu vereinbaren? - Das Contracting, also die Finanzierung durch Dritte, ist vom Land im Gegensatz zu anderen Ländern und auch von Kommunen nie wirklich in Angriff genommen worden. Insgesamt gibt es derzeit nur
zwei Gebäude, die sich in einer bundespolitischen Bilanz wieder finden und in denen aufgrund eines Bundesprogrammes konsequent Energie eingespart wird.
Ähnlich wie dieses Contracting dümpelt ein anderes Instrument, nämlich das so genannte Intracting, also die In-sich-Finanzierung von Energiesparmaßnahmen, vor sich hin. Wo sind die angekündigten Pilotprojekte, deren Auswertung und Weiterentwicklung? Meiner Meinung nach läuft da überhaupt nichts. Die haushaltsrechtlichen Möglichkeiten wurden zwar geschaffen; sie werden aber nicht genutzt. Ganz anders sieht es hingegen in Nordrhein-Westfalen aus, wo ein neues Instrument zur Finanzierung der energetischen Sanierung geschaffen worden ist, nämlich ein revolvierender Intracting-Fonds. Die Niedersächsische Landesregierung verhält sich demgegenüber bisher aber schlicht ignorant. Sie weigert sich, solche neuen Wege zu gehen. Es ist schon ziemlich peinlich, wenn auf der Webseite des Umweltministeriums zu Energiesparmaßnahmen in Landesliegenschaften zu lesen ist:
„Aufgrund der angespannten Haushaltslage wird die Umsetzung dieses Bausteines zurzeit nicht weiter verfolgt.“
Auch NESSI erwähnen wir in unserem Antrag. Das Erfinden so netter Namen fällt dieser Landesregierung im Energiesparbereich nicht schwer. Schwerer fällt offensichtlich das Durchhalten dieser so nett betitelten Programme. NESSI, das Energiesparprojekt an Schulen, wurde sehr oft sehr hoch gelobt. Die im Rahmen von NESSI geförderten Maßnahmen belegen eindrucksvoll, dass wirksame Energiesparmaßnahmen nicht nur ein Beitrag zur CO2-Reduktion leisten, sondern auch wirtschaftlich sind. Nach so viel Lob aus berufenem Munde, nämlich aus dem Munde des Ministers, wurde dieses Projekt jedoch eingestellt. Wir halten eine Neuauflage oder auch eine Neubelebung für dringend notwendig. In niedersächsischen Schulen werden jährlich 150 Millionen Euro allein für den Energieverbrauch ausgegeben.
LENI - noch so ein hübsch betiteltes Programm ist im Jahr 1999 angelaufen. Erprobt werden sollte, wie durch Änderung des Nutzerverhaltens in öffentlichen Gebäuden zusätzlich Energie eingespart
werden kann. Die erwartete Einsparung lag bei immerhin 10 %. In fünf Ministerien bzw. im Finanzamt-Mitte sollte dieses Programm zwei Jahre lang laufen. Ausgerechnet das Umweltministerium hat dann aber doch nicht an LENI teilgenommen. Nach seinem Abschluss sollte dieses Projekt Zug um Zug auf andere Landesbehörden übertragen werden. Laut Zwischenbericht 2001 wurden schon damals Stromeinsparungen von 4 bis 9 % erreicht. Die endgültige Auswertung von LENI liegt bis heute allerdings nicht vor.
Die Landesregierung kann die Forderungen nach globalen Klimaschutzmaßnahmen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und gegenüber der Wirtschaft besser vertreten, wenn sie hierbei eine Vorreiter- und Vorbildfunktion übernimmt. Das ist eines dieser hochtrabenden Zitate, die sich überall dort finden, wo Landesminister über Klimaschutz und Energiepolitik schwadronieren. Tatsächlich aber haben wir den Eindruck, dass das Engagement der Landesregierung bei der Energiesparpolitik inzwischen gegen Null geht. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Als wir alle Mitte der 90er-Jahre vom Agenda-Prozess - also von Rio - so bewegt waren und Agenda-Prozesse starten wollten - ich erinnere in diesem Zusammenhang an den sehr komplizierten Versuch, hier in diesem Hause in den Jahren 1997/98 zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen -, stand doch der Wunsch im Raum, etwas zu tun. Wir haben alle gesucht und gefragt: Wo gibt es Potenziale? Wie können wir schnell Beiträge liefern? Das Land richtete große Runde Tische ein, viele Menschen waren engagiert dabei. Ein Thema, das ganz oben stand, war der Klimaschutz, war die Energieeinsparung. Ich kann nur sagen: Der Berg kreißte und gebar ein Mäuschen.
Wenn man fragt, was geschehen ist, so stellt man fest, dass eine ganze Menge unten, in den Kommunen, geschehen ist. Dort hat es Kreise und viele Überlegungen gegeben. Das ist natürlich in den
einzelnen Kommunen unterschiedlich. Das wissen wir. Aber dort ist wirklich eine ganze Menge geschehen. Auch in den Kommunen gibt es sehr gute Beispiele von Contracting-Modellen. All das ist gut gelaufen. Man könnte es sich noch besser vorstellen, aber es ist ganz zufrieden stellend. Da ist Arbeit geleistet worden.
Auch in der Wirtschaft gibt es gute Beispiele, so z. B. die Initiative der Schornsteinfeger und des gesamten Heizungshandwerks, die Energieschwachstellen gefunden haben. Daraufhin hat es Anreize gegeben, und es ist auch sehr viel Geld in Energiesparmaßnahmen, neue Heizungsanlagen oder auch Dämmmaßnahmen investiert worden. Hinterher ist also wirklich auch Geld bewegt worden. Das bringt Arbeit und auch wieder Steuern. Dies sind also recht gute Dinge. Allerdings hat sich das Land elegant herausgehalten. Auch das muss man hier deutlich sagen.
Wir alle wissen, dass enorme Energieeinsparpotenziale vorhanden sind, gerade im Hinblick auf den Energieverbrauch. Diese Einsparpotenziale gibt es auch beim Land. Das ist gar keine Frage. Ich möchte nicht noch einmal alles aufzählen, was geschehen ist. Wir haben sicherlich alle die gleichen Quellen. Was aber vom Land direkt geschehen ist, ist geradezu traurig. Die landeseigenen Liegenschaften bergen genau die gleichen Energieeinsparpotenziale wie bei privaten Menschen, wie in Schulen, wie in privaten Gebäuden. Es ist traurig. Das Land ist mehr oder weniger gescheitert.
Am Anfang hat man gesagt: Dafür wird Geld in die Hand genommen; das Geld rechnet sich ja wieder. Allerdings war uns allen auch klar, dass erst Geld in die Hand genommen wird und dass die Einsparungen nicht innerhalb von zwölf Monten eintreten können. Das war jedem von uns klar. Meine Damen, meine Herren, besonders traurig finde ich, dass NESSIE eingeschlafen ist. Dieses Programm hat in den Schulen unglaublich viel Fantasie freigesetzt. Schulklassen haben überlegt, wo sie etwas tun können. Physikkurse haben den Energieverbrauch gemessen. Schulklassen haben Wände mit Kork isoliert. All diese Initiativen sind nicht nur angewandter Umweltschutz, sondern dies sind auch umweltbildungspolitische Maßnahmen, schärfen das Bewusstsein der Jugendlichen für solche Fragen. Auch dieses Programm ist eingeschlafen. Wir bedauern das sehr und können uns nur den Anregungen der Grünen anschließen, diese Dinge aufleben zu lassen, auch wieder Anreize zu
Sie haben - das gilt nicht nur für diese Bereiche immer gesagt: Es muss einer vorgehen, es muss einer Vorreiter sein. Davon ist das Land meilenweit entfernt. Das ist schade.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Äußerungen der Grünen, dieses Land entwickle keine Aktivitäten zum Klimaschutz, kann ich nicht nachvollziehen. Ich will in diesem Zusammenhang noch einmal an die hervorragenden Leistungen beim Einsatz erneuerbarer Energien erinnern. In der Windenergie ist Niedersachsen mit fast 3 000 MW Leistung europäischer Spitzenreiter für eine bessere Klimapolitik, Frau Harms. Die Solaroffensive der Landesregierung hat der Photovoltaik und der Solartechnik einen weiteren Schub für eine bessere Klimapolitik in Niedersachsen gegeben.
Anfang des Jahres wurde die Bioenergie-Offensive gestartet, um durch die energetische Nutzung von Biomasse die CO2-Emissionen zu mindern. Mit mehreren Millionen DM werden wir dieses Programm im nächsten Jahr fördern. Wenn ich noch den zwar bescheidenen, aber nicht zu unterschätzenden Anteil der Wasserkraft an der Stromerzeugung hinzunehme, haben wir in Niedersachsen im Bereich der Strom- und Wärmeerzeugung eine Leistung von ca. 3 500 MW aus erneuerbaren Energien erreicht und werden damit in absehbarer Zeit den Umfang der in Niedersachsen installierten Kernkraftleistung erreichen.
Darüber hinaus haben wir gerade im Bereich der Bildung, den Frau Zachow angesprochen hat, etwas für den Klimaschutz entwickelt. Das ist auch Ihnen bekannt. Auch haben wir in der Forstwirt
schaft mit dem Programm LÖWE - Langfristige Ökologische Waldentwicklung - ein langfristiges Klimavorsorgeprogramm geschaffen.
Hinzu kommt - Frau Zachow hat es angesprochen -, dass in den letzten Jahren in den Firmen sehr viel im Energiesparbereich gemacht worden ist. Das ist geschehen, weil diese Landesregierung seit 1991 einen entsprechenden Programmpunkt im Bereich Öko-Fonds aufgelegt hat. Damit sind viele dieser Energie sparenden Maßnahmen durchgeführt worden, was dazu geführt hat, dass tatsächlich Energie eingespart worden und die CO2-Emissionen gemindert worden sind.
Nein. - Nun, meine Damen und Herren, komme ich zu den drei konkreten Punkten des Antrages. Frau Harms, es stimmt einfach nicht, dass in den landeseigenen Bauten keine Energiesparmaßnahmen durchgeführt worden sind. Das Gegenteil ist der Fall.
Das staatliche Baumanagement des Landes Niedersachsen hat schon Anfang der 90er-Jahre mit Energiesparprogrammen und -maßnahmen verstärkt zur Senkung der Betriebskosten und zur Reduktion der CO2-Emissionen der Landesliegenschaften beigetragen. Dies erfolgte auch im Auftrage des Bundes - damals waren Sie noch für die Bundesregierung verantwortlich - für die Bundesliegenschaften in Niedersachsen. In den Landesliegenschaften Niedersachsens ist in den 90er-Jahren durch Energie sparende Maßnahmen eine Reduktion von rund 18 % oder 65 000 t CO2 jährlich erzielt worden, meine Damen und Herren.
Durch die Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel für das Aktionsprogramm Energieeinsparung Solarinitiative wurden, flankierend zur normalen Bautätigkeit, Schwerpunkte mit dem Ziel
der Energieeinsparung gesetzt. In diesem Zusammenhang einige Beispiele aus den Haushaltsjahren 2000/01. Allein in diesen Jahren sind über 7,5 Millionen DM in diese Energiesparprogramme investiert worden, meine Damen und Herren. Wenn Sie sich den Haushalt einmal richtig nachgeschaut hätten, dann hätten Sie das gefunden. Auf vielen Seiten können Sie das nachlesen. Zum Beispiel die TU Braunschweig: Beim zweiten Bauabschnitt: Umrüstung Notstromaggregat für ein E-Max-Programm: 182 000 DM und 112 000 DM. Erneuerung von Kesselanlagen im Landeskrankenhaus Göttingen: 739 000 DM und 350 000 DM.
Eine ganze Reihe kleinerer Maßnahmen, aber auch größerer Maßnahmen kommt hinzu: Gebäudetechnik, Thermostatventile, Umstellung der Beheizung, Regelungstechnik. Vier Seiten lang Maßnahmen, die in den Jahren 2000/01 abgewickelt worden sind und zur Energieeinsparung und somit auch zur CO2-Minderung beigetragen haben. Da können Sie doch nicht behaupten, dass das Land in diesem Bereich nichts getan habe.
Ihrem zweiten Anliegen, das Pilotprojekt LENI - Landesbehörden-Energiesparaktion Niedersachsen zur Förderung der Energiekosteneinsparung in Landesliegenschaften - für alle Ressorts der Landesregierung nutzbar zu machen, stimme ich gerne zu. Als dieses Pilotprojekt im zweiten Halbjahr 1999 aufgelegt wurde, ist aber auch gesagt worden: Nach einer Probezeit bekommen wir eine Auswertung dieses Pilotprojekts, und dann sehen wir weiter. Nach meinen Informationen wird uns diese Auswertung in Kürze vorliegen, und dann sehen wir, Frau Harms, wie wir damit weiterkommen. Ich bin davon überzeugt, dass wir vernünftige Unterlagen bekommen werden, an denen wir auch weiter gemeinsam politisch arbeiten können.
Sie merken, meine Damen und Herren: In Niedersachsen sind wir auf allen Feldern im Begriff, Energie sparende Maßnahmen und damit CO2-Minderungsprogramme konkret und mit Erfolg durchzuführen.
Bleibt Ihr Antrag, das erfolgreiche Energiesparprojekt für Schulen NESSIE neu aufzulegen. Da ich Ihnen bisher zig Punkte aufzählen konnte, wie kraftvolle und erfolgreiche Politik für den Klimaschutz in Niedersachsen gemacht wird, sage ich auch: Bei so viel Einsatz muss auch ehrlich gesagt werden, das mehr zurzeit nicht geht. Unser erfolgreiches Programm NESSIE werden wir selbstverständlich wieder einsetzen, sobald es die Finanzlage zulässt. Denn, meine Damen und Herren, die SPD in Niedersachsen macht Politik für die Wirklichkeit.