Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

Das Wort hat die Kollegin Janssen-Kucz.

(Vizepräsident Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eine Akademie für Natursport, Ökologie und Tourismus vorgeschlagen, die ergänzend zu bestehenden Gruppenleiter-, Tourenführer- und Sportausbildungen die notwendigen ökologischen und naturschutzfachlichen Grundkenntnisse vermittelt, um Outdoorsport naturschonend, sozial verträglich und mit touristischer Kompetenz ausüben zu können. Besucherströme sollen auch zum Schutz der besonders sensiblen Naturbereiche besser gelenkt, unnötige Konflikte zwischen Naturschutz und Tourismus vermieden werden. Es gilt, den Sportlern und Touristen Verständnis und Begeisterung für die Schönheiten der Natur und für den Naturschutz zu vermitteln. Erst dann ist das Naturerlebnis komplett. Wir wollen die Qualität des naturnahen Tourismus in Niedersachsen verbessern. Wir wollen landesweit gültige Standards für Gästeführer setzen. Wir wollen die bestehenden Angebote für Gäste und die Natursportguideausbildung aus ihrer Zufälligkeit herausholen. Wir wollen für einen einheitlichen Qualitätsstandard sorgen. Wir begrüßen die Gästeführerausbildung beim Nationalpark Harz an der Küste durch die LEB und durch die Nationalparkverwaltung. Es gibt ganz unterschiedliche Modelle. Die verschiedensten Träger in allen touristischen Regionen des Landes sollten solche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten. Die Aufgabe des Landes besteht darin, einen einheitlichen Rahmen zu schaffen, der landesweit eine hohe Qualität sicherstellt. Dort, wo jetzt noch große Lücken bei der Gästeführerschulung bestehen, soll weiteren Trägern ein Grundkonzept an die Hand gegeben werden, nach dem sie solche Kurse anbieten können.

Ziel einer solchen Landesinitiative - so, wie wir sie im Ausschuss vorgestellt haben - muss sein, dass alle örtlichen Tourismusverbände auf einen Pool von Gästeführern zurückgreifen können, die nicht nur die klassischen Bereiche der Besucherführungen wie Stadt-, Kultur- und Naturführungen abdecken, sondern auch Touren per Bike, Kanu und Pferd anbieten.

Wir haben im letzten Plenum die Anträge zum Natursport verabschiedet. Unser Antrag wäre eine qualitative Ergänzung dazu. Die Führer müssen aus der jeweiligen Region kommen. Sie müssen sich dort auskennen und den Besuchern ihre Heimat, die Geschichte, die Natur und auch die Kultur glaubwürdig und auf spannende Weise vermitteln können. Das Land muss durch solche qualitativ

hochwertigen Angebote einen Anstoß geben. Das muss vonseiten des Landes geschaffen und gefördert werden. Das kann man nicht alles dem Zufall überlassen; denn dann gibt es keine einheitlichen Standards.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir halten es für machbar, diesen Anstoß über ein Pilotprojekt, gefördert durch EU-Mittel, auszulösen. Die Akademie soll keine neue Einrichtung, sondern eine Koordinierungsstelle sein. Sie soll angekoppelt werden. Der Finanzierungsbedarf bleibt überschaubar. Unser Vorschlag hat bei der interessierten Öffentlichkeit in Niedersachsen viel Zuspruch gefunden. Die Politik hier im Raum sollte den Mut haben, diesen neuen Weg zu gehen und den anderen Bundesländern im Bereich Natursport eine Nasenlänge voraus zu sein. Ich bitte Sie deshalb: Stimmen Sie unserem Antrag zu! - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Kollege Peters hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Freizeit, Tourismus und Heilbäderwesen hat am 25. November mit den Stimmen der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion empfohlen, den Antrag abzulehnen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Antrag die Landesregierung auf, Initiativen zu ergreifen, um die Qualität der Angebote im Bereich des naturnahen Aktivurlaubs in Niedersachsen weiter zu erhöhen. Diese Initiativen hat das Land ergriffen. Dazu braucht es nicht die Aufforderung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Die Förderung des naturnahen nachhaltigen Tourismus ist ein wichtiger Grundsatz unserer Tourismuspolitik. Sie wollen mit Ihrem Antrag die Qualität der Ausbildung von Gruppenleitern und Tourenführern mit dem Schwerpunkt auf einer naturschonenden Ausübung von Sportarten verbessern. Darum fordern Sie vom Land die Einrichtung einer Akademie für Natursport, für die Fachpersonal zur Verfügung gestellt werden soll und die mit Tourismusmitteln finanziell gefördert werden soll. Das wollen wir nicht, meine Damen und Herren. Wenn ein Landesverband diese Forderung an das Land gerichtet hätte, dann hätte dieser Antrag eine ganz

andere Qualität. Das ist aber bisher nicht geschehen.

(Zuruf von Frau Janssen-Kucz [GRÜNE])

In Ihrem Antrag stecken viele Forderungen, die wir überhaupt nicht teilen.

(Frau Steiner [GRÜNE]: Aber wenn es um Verbesserungen geht!)

Ihre Forderungen bedeuten eine ganz massive Einmischung in die organisatorischen und fachlichen Zuständigkeiten der Landesverbände. Die Landesfachverbände haben entsprechend ihren Satzungen klar definierte Aufgaben. Sie haben die Interessen und Forderungen ihrer Mitglieder zu vertreten und dafür zu sorgen, dass ihre Interessen in der Politik auch Gehör finden. Damit die Verbände diese Arbeit im Interesse der Allgemeinheit erfüllen können, bekommen sie vom Land entsprechende Fördermittel.

Die von Ihnen angesprochenen Verbände leisten hervorragende Arbeit. Wir schätzen ihre Eigenständigkeit. Aber Eigenständigkeit bedeutet auch Verantwortung. Die wollen wir ihnen nicht nehmen. Wir wollen den Verbänden nicht von oben herab sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. Sie würden sich auch zu Recht gegen jede Art von Bevormundung zur Wehr setzen. Das gilt besonders dann, wenn wir ihnen sagen wollten, welche Lehrgänge, Schulungs- und Weiterbildungsseminare sie anzubieten haben.

Die von den Grünen angesprochenen Landesverbände haben ausreichend eigene Schulungsstätten. Die Verbände sind sehr kreativ. Sie wissen, für welche Angebote Bedarf und Nachfrage besteht. Mir ist auch nicht bekannt, dass eine Fachsparte des Landessportbunds jemals eine solche Forderung an das Land gerichtet hat. Für die Einrichtung einer Akademie speziell für Natursport gibt es keine Nachfrage. Der Bedarf, den Sie herbeiwünschen, entspricht nicht der Realität.

(Frau Steiner [GRÜNE]: Das glauben Sie!)

Das Land wird sich davor hüten, gegen den Willen der Verbände eine Natursportakademie einzurichten und mit Fachpersonal auszustatten. Schon aus Haushaltsgründen werden wir keine zusätzlichen Einrichtungen schaffen.

Zusammenfassend sage ich: Wir lehnen Ihren Antrag ab,

(Zuruf von Frau Steiner [GRÜNE])

weil wir uns nicht in die Aufgaben der Verbände einmischen wollen. Unsere Fraktion wird jedoch jederzeit zu Gesprächen bereit sein, wenn es konkrete Wünsche und Vorschläge aus den Verbänden gibt, die zur Förderung des Natursports beitragen können.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Kollege Wojahn, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Grünen hat im letzten halben Jahr oder im letzten Dreivierteljahr eine Reihe von Anträgen zu diesem Themenkomplex eingebracht. Ich stelle fest, dass der Hauptteil dieser Anträge in einer gemeinsamen Entschließung zusammengefasst wurde, der das ganze Haus zugestimmt hat. Das ist ein wichtiges Thema, und es war gut, darüber im Zusammenhang mit der Natur und dem Tourismus zu diskutieren.

Die CDU-Fraktion kann sich diesem Antrag der Grünen aber nicht anschließen und lehnt ihn deshalb ab. Das haben wir schon im Ausschuss deutlich gemacht. Ich will es hier auch gar nicht sehr ausführlich begründen. Zwei Beweggründe veranlassen uns, dem Antrag nicht zuzustimmen. Erstens. Die Sportverbände und die Naturschutzverbände kümmern sich um diesen Themenkomplex. Vom Grundsatz her sind wir in der CDU-Fraktion der Meinung, dass die dezentral in Verbänden geleistete Arbeit von Menschen wichtiger ist als die Arbeit einer staatlichen Akademie. Wir sehen, dass die Verbände sehr große Fortschritte gemacht haben und dass dort gute Arbeit geleistet wird. Das wollen wir nicht durch eine Zusammenfassung verschlechtern. Das ist der erste wesentliche Grund.

Der zweite Grund ist natürlich die Finanzsituation des Landes, die so ist, wie sie ist. Wir können dem Land keine zusätzlichen Aufgaben aufbürden in einem Bereich, in dem freie Träger und Verbände schon gute Arbeit leisten. Gänzlich unmöglich ist es nach Ansicht des Tourismusausschusses, für

eine solche Akademie Geld aus den Fördermitteln des Tourismus bereitzustellen. Es stehen sowieso nur sehr wenig Mittel zur Verfügung. Die brauchen wir in jedem Falle für die Tourismusförderung.

Eine Schlussbemerkung will ich noch machen: Es wird immer wieder einmal die Notwendigkeit geben, in diesem Bereich etwas zu tun, etwa bei der Ausbildung von Tourismusführern. So etwas wollen wir aber dezentral abhandeln. Das müssen die Regionen allein machen, vielleicht über Volkshochschulen zusammen mit den Naturschutzverbänden und den Umweltverbänden. Ich denke dabei insbesondere an Regionen wie die Nationalparke oder das Biosphärenreservat. Dort kann etwas regional durchgeführt und dann auch regional zugeschnitten werden. Das genügt uns. Ich meine, das ist sehr gut. Deshalb werden wir den vorliegenden Antrag der Fraktion der Grünen ablehnen. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Freizeit, Tourismus und Heilbäderwesen in der Drucksache 3943 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 3159 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Stimmenthaltungen? - Die Empfehlung des Ausschusses ist damit angenommen, und der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 25: Zweite Beratung: Arzneimittelversorgung verbessern, Versandhandel zulassen, Arzneimittelsicherheit stärken, Werbeverbot für verschreibungspflichtige Medikamente erhalten - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3371 neu - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozial- und Gesundheitswesen - Drs. 14/3944

Der Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 3371 neu wurde im Mai an den Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen, aber Frau Kollegin Zachow hat sich zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Neu an diesem Antrag der SPD-Fraktion ist, dass sie sich jetzt dafür einsetzen will, die Apothekenbetriebsordnung zu ändern und eine generelle Zustellung von Arzneimitteln zu ermöglichen. Beim Versandhandel - darüber bin ich sehr froh, Herr Schwarz - hat es ganz offensichtlich einen Sinneswandel gegeben. Allerdings hat dieser Sinneswandel nur in der Landtagsfraktion hier in Hannover stattgefunden, nicht aber in der SPD in Berlin.

Mir liegt ein Schreiben aus den Reihen der SPDBundestagsfraktion vor, in dem das alles ganz anders aussieht. Dort heißt es: Die Politik muss jedenfalls über kostengünstige Vertriebsalternativen nachdenken. Eine solche Option ist der Versand von Arzneimitteln. Oder: Der Arzneimittelmarkt in der gesetzlichen Krankenversicherung ist überreguliert. Wir wollen die Marktmechanismen durch Liberalisierung und Deregulierung verstärken. Die Arzneimitteldistribution kann und darf nicht aus den gesetzgeberischen Aktivitäten ausgeklammert werden. Zum Ausgleich dafür wird angeboten, den Nacht- und Notdienstzuschlag und eventuell auch die Rezepturgebühren zu erhöhen. Das ist ein schwaches Trostpflaster.

Außerdem, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, wollen Sie die Landesregierung auffordern, sich für weitere Formen der Steigerung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit stark zu machen. Hierzu hat es ja nun schon das Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz gegeben. Das hat aber nichts gebracht. Das Defizit der GKVen hat

im ersten halben Jahr 2,4 Milliarden Euro betragen. Die Beteuerung der Ministerin vor der Bundestagswahl, dass sich das zum Jahresende wieder ausgleichen würde, war schlichtweg erstunken und erlogen. Das Defizit ist geblieben.

Nun liegt das Vorschaltgesetz vor uns, das so genannte Beitragssatzsicherungsgesetz. Das Ziel, das damit erreicht werden soll, nämlich die Stabilisierung der Beitragssätze, um damit eine Entlastung der Wirtschaft bei den Lohnnebenkosten zu erreichen, ist schon heute verfehlt. Die Krankenkassenbeiträge steigen weiter und damit auch die Belastungen der Bürger und der Wirtschaft. Mir kommt dieses Gesetz ein bisschen so vor, als wenn man mit Karacho gegen eine Wand gefahren ist und anschließend das Bremspedal sucht. Genauso ist das hier.

Es soll bei denjenigen Krankenhäusern Nullrunden geben, die keine DRGs einführen. Das sind in Niedersachsen immerhin zwei Drittel der Krankenhäuser. Manche Krankenhäuser können keine DRGs einführen, z. B. psychiatrische Krankenhäuser.

Die nächste offene Frage ist: Wie wollen Sie mit den Tariferhöhungen umgehen? - Es sind überall Rationierungen zu befürchten. Ich denke nur an die MHH, wo sechs von 16 Betten in der Transplantationsmedizin stillgelegt werden oder schon stillgelegt worden sind. Das ist ein Skandal und für die Patienten eine Katastrophe.

Dann soll es bei den Ärzten Nullrunden geben, und bei der Zahntechnik soll der volle Mehrwertsteuersatz gelten.

Aber am schlimmsten, meine Damen, meine Herren, trifft es die Apotheken. Der gestaffelte Rabatt, den die Apotheken zu erbringen haben, beträgt 400 bis 500 Millionen Euro; der Gesetzgeber sagt 400 Millionen Euro, die ABDA sagt 500 Millionen Euro. Der Großhandelsrabatt beträgt 600 bis 700 Millionen Euro. Der wird übrigens an die Apotheken durchgereicht werden. Es bleibt ja auch gar nichts anderes übrig; denn wir wissen, dass beim deutschen Pharmagroßhandel der Gewinn vor Steuern 250 Millionen Euro beträgt. Wovon dann 600 bis 700 Millionen Euro Rabatt gewährt werden sollen, ist mir schleierhaft.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Wieso? Können Sie das auch erläutern?)

- Wie können sie denn Rabatt gewähren, wenn sie diese Summe noch nicht einmal als Gewinn erwirt

schaften? Mit Ihnen möchte ich einmal einen Wirtschaftsbetrieb gründen.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Sie haben doch gerade gesagt: 250 Millionen Euro Gewinn!)