Protokoll der Sitzung vom 26.01.2000

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat jetzt der Kollege Krumfuß.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf für die CDU-Landtagsfraktion sagen, dass wir den Gesetzentwurf begrüßen. Frau Leuschner, ich hätte es nicht gesagt, aber da Sie darauf hingewiesen haben, dass es uns eventuell ein wenig zu lange gedauert hat, möchte ich dazu etwas sagen. Uns hat es in der Tat ein wenig zu lange gedauert. Ich hoffe, dass wir jetzt umso zügiger in die Beratung eintreten können und einen Konsens finden, von dem wir, wie ich meine, gar nicht so weit entfernt sind, wenn ich daran denke, dass der Gesetzentwurf auf Bundesebene einstimmig beschlossen worden ist.

Mit diesem Gesetzentwurf soll auch Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richtern entsprechend den Regelungen im Arbeitnehmerbereich die Möglichkeit eingeräumt werden, Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen. Die Kollegin hat bereits darauf hingewiesen. Ich möchte nicht mehr auf die Einzelheiten eingehen, aber sagen, wo wir noch Kritikpunkte sehen. Die Anhörung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände und der Gewerkschaften hat ja ergeben, dass es durchaus noch Aufgaben gibt, die wir zu bewältigen haben. Ich bin aber davon überzeugt, dass sie zu lösen sind.

Wir haben beispielsweise in der Begründung des Gesetzentwurfes festgestellt, dass dieses Teilzeitmodell nicht nur als gleitender Übergang in den Ruhestand, sondern auch - das ist ganz wichtig; auch darauf ist bereits hingewiesen worden - als ein Personalsteuerungsinstrument anzusehen ist, mit dem die Personalstärke effektiver den sich, bedingt durch die Reform, verändernden Verwaltungsstrukturen angepasst werden kann. Ich meine, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Aber, Frau Kollegin, dabei darf es nicht zu einem Einbahnstraßenverkehr kommen. Sicherlich ist es wünschenswert,

dass Verwaltungen planerisch auf einer besseren Seite sind. Das begrüßen wir auch. Aber es darf nicht so sein, dass dadurch Personalentscheidungen fallen, die so vom Gesetz nicht gewünscht sind.

Unter Berücksichtigung zwingender bundesrechtlicher Vorgaben wird im Gesetzentwurf die Altersteilzeit geregelt. Da gibt es den neuen § 80 b des Niedersächsischen Beamtengesetzes. In Anbetracht der überschrittenen Zeit sollte ich den Inhalt der Nrn. 1 bis 4 nicht wiederholen.

(Frau Leuschner [SPD]: Wir wissen es!)

Frau Leuschner hat dies bereits eingehend dargestellt. Deshalb komme ich gleich zu den Punkten, zu denen wir Anmerkungen machen wollen.

Auf Bewilligung der Altersteilzeit besteht kein Anspruch. Vielmehr ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, und dieses pflichtgemäße Ermessen müssten wir vielleicht noch genauer definieren, um festzustellen, wie groß dieser Ermessensspielraum in Wirklichkeit ist.

Die Altersteilzeit soll grundsätzlich im Block abgeleistet werden. Auch das haben wir gehört. Der Block der Dienstbefreiung darf nicht vor dem anderen Block stehen. Ich meine, dass dies auch richtig und wichtig ist. Aber die CDULandtagsfraktion hat aus bildungspolitischer Sicht doch noch eine Einschränkung zu machen. Die bisher vorgesehenen Regelungen führen nämlich dazu, dass die bisherige Altersermäßigung der Lehrkräfte, die in der Vergangenheit schon einmal gekürzt wurde - jetzt ab dem 55. Lebensjahr eine Unterrichtsstunde, ab dem 60. Lebensjahr zwei Unterrichtsstunden -, drastisch reduziert wird. Künftig wird nur noch eine Stunde Altersermäßigung ab dem 60. Lebensjahr gewährt. Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Lehrkräfte die einzige Beamtengruppe, die die Mehrkosten der Altersteilzeit selbst erwirtschaften muss, und dies vor dem Hintergrund der stark überalterten Lehrerschaft in Niedersachsen.

(Zurufe von der SPD: Das stimmt nicht! Das wissen Sie!)

- Melden Sie sich, wenn Sie eine Zwischenfrage haben. Vielleicht habe ich noch Zeit, Fragen zu beantworten. Daraus können wir alle nur lernen.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Wir sind hier aber nicht in der Schu- le!)

Dadurch müssen Lehrkräfte, die Altersteilzeit nicht in Anspruch nehmen wollen, durch von oben verordneten Verzicht auf Altersermäßigung die Altersteilzeit ihrer Kolleginnen und Kollegen mitfinanzieren. Ich meine, das ist schon ein wichtiger Punkt, und dies ist auch gar nicht einmal so strittig. Hinzu kommt ferner, dass Teilzeitbeschäftigte - im Schulbereich ist jede dritte Lehrkraft teilzeitbeschäftigt - grundsätzlich von der Altersteilzeit ausgeschlossen sind. Sie haben ja schon angemerkt, dass es Gruppen gibt, die von der Altersteilzeit ausgeschlossen sind. Ich möchte die Damen und Herren der SPD-Landtagsfraktion auffordern, im Ausschuss mit uns gemeinsam noch einmal über diese Dinge nachzudenken.

Nun habe ich gesagt, dass uns in der Anhörung die Gewerkschaften und die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände einiges in unser Stammbuch geschrieben haben. Den Gewerkschaften geht es beispielsweise um die Auswirkungen der Finanzierungsregelungen und auf die Zahl der Neueinstellungen. Auch das gehört ja dazu, wenn ich von den Strukturen spreche, die sich verbessern. Außerdem haben uns die Gewerkschaften ins Stammbuch geschrieben, dass Altersteilzeit kein Steuerungsinstrument für Personalabbau sein dürfe. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns darüber auch noch einmal nachdenken.

Ich will auch noch einmal ganz kurz auf die kommunalen Spitzenverbände eingehen. Sie haben grundsätzlich keine Bedenken gegen den Gesetzentwurf erhoben. Das wissen wir. Aber sie haben darauf hingewiesen, dass die Umsetzung der Regelungen in den kommunalen Gebietskörperschaften auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen werde bzw. könne, da angesichts der notwendigen Sparbemühungen bereits in erheblichem Umfange abgebaut worden sei - wir fordern das ja täglich ein -, sodass es mit Rücksicht auf eine funktionsgerechte und bürgerfreundliche Verwaltung nicht möglich sein werde, weitere Stellen über einen längeren Zeitraum unbesetzt zu lassen. Ich meine, es ist lohnenswert, auch über diesen Teilaspekt noch einmal nachzudenken.

Soweit ich mich erinnere, war es am 29. Oktober letzten Jahres, als der Kollege Althusmann in einer Sitzung darauf hingewiesen hat, dass derjenige, der

dienstunfähig sei und das entsprechende Alter erreicht habe, die Altersteilzeit wähle, da die Besoldungsregelung - 83 v. H. der Nettodienstbezüge - günstiger sei. Ministerialrat Scholz hat daraufhin zugegeben, dass es hier Überschneidungen gibt.

(Frau Leuschner [SPD]: Ist das aus dem Ausschuss?)

- Wie bitte?

(Frau Leuschner [SPD]: Zitieren Sie aus dem Ausschuss?)

- Nein, aus einem Gespräch, das ich mit anderen Kolleginnen und Kollegen und mit Vertretern des Ministeriums hatte.

Ich komme auf die Kostenfrage zurück. Wir haben ja neben den besoldungs- und versorgungsrechtlichen Auswirkungen auch die Kostenfrage zu beurteilen. Weitestgehend soll ja eine kostenneutrale Lösung angestrebt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass das Land auch in seinem eigenen Bereich - ohne die Lehrkräfte - über den Gesamtzeitraum von 15 Jahren - damit ist das heutige Besoldungsniveau berücksichtigt - mit Mehrausgaben von etwa 50 Millionen DM bis 55 Millionen DM zu rechnen hat, was einer durchschnittlichen jährlichen Mehrbelastung von ca. 3,5 Millionen DM entspricht. Berechnungsgrundlage ist hierbei, dass bis zu 25 % des anspruchsberechtigten Personals Altersteilzeit in Anspruch nehmen wird. Ebenfalls dies, so meine ich, ist zu sehen, auch wenn wir grundsätzlich von Kostenneutralität ausgehen.

(Frau Leuschner [SPD]: Nein, nein! Sie anstreben! Das sind Prognosen!)

- Haben Sie eine Zwischenfrage, Frau Kollegin Leuschner,

(Frau Leuschner [SPD]: Nein!)

oder war es nur ein lautes Nachdenken? Wenn Sie mir eine Hilfestellung geben wollen, bin ich natürlich dankbar.

(Frau Leuschner [SPD]: Ich habe ge- sagt: Das sind Prognosen!)

- Das sind Prognosen. Nichts anderes habe ich gesagt.

(Lachen bei der SPD)

- Ich danke Ihnen für Ihre Kollegialität.

Wir sollten uns bemühen, das noch vorhandene Kritikpotential zu minimieren. Hierzu habe ich einiges gesagt. Ich hoffe auf eine offene und konstruktive Beratung und bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Kollege Hagenah, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Altersteilzeit im Landesdienst ist ein wichtiger Beitrag zum Bündnis für Arbeit und zur Verwaltungsreform. Alle wollen sie, alle warten darauf, aber selbst diese parteiübergreifend positiv bewertete Initiative wird von der SPD-Landesregierung durch Verzögern und Kleinkochen noch vor der Einführung ohne Not ramponiert.

(Zustimmung von Frau Pothmer [GRÜNE] - Frau Leuschner [SPD]: Ich habe es gewusst!)

- Ohne Not, Frau Leuschner. - Die Altersteilzeit kommt zu spät. Das Nachsehen haben die Anspruchsberechtigten und die heute noch arbeitslosen potentiellen neuen Landesbediensteten, die jetzt länger vor der Tür warten müssen.

(Frau Leuschner [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

Der Kreis der Berechtigten wird künftig kleingehalten. Im Gegensatz zum Bund, der schon vor mehr als einem Jahr mit der Altersgrenze von 55 eingestiegen ist, wird dies in Niedersachsen erst ab 2004 möglich werden. Dann erst werden auch die 55-jährigen in die Altersteilzeit mit einbezogen werden.

Jeder äußere Anlass zur weiteren Verzögerung der Umsetzung wird genutzt. Anstelle zügig ein Gesetz in Anlehnung an den Bund vorzulegen und je nach rechtlicher Möglichkeit - z. B. im Bereich Teilzeit - nachzubessern, warten Sie bewusst - nur ein Schelm, der Böses dabei denkt -, um Geld zu sparen.

(Frau Leuschner [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

Was am Ende herauskommt, ist eine Reform wie aus dem Schlussverkauf, Frau Leuschner: abgehangen und mit diversen verdeckten Mängeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will Ihnen das an der Herausnahme der Professoren aus der Altersteilzeit verdeutlichen. Die Landesregierung lehnt eine Einbeziehung dieser Berufsgruppe wegen ihrer hohen Zeitflexibilität ab.

(Frau Leuschner [SPD]: Das ist auch richtig!)

Würde dieses beliebte Vorurteil für alle Professoren gelten, dann würde niemand von denen die Altersteilzeit nutzen. Warum weniger Geld verdienen, wenn ich ohnehin kaum da bin?

(Frau Leuschner [SPD]: Ich wusste gar nicht, dass Sie Ihr Herz für die Professorinnen und Professoren ent- deckt haben!)

Das Argument läuft damit völlig ins Leere und vergisst, Frau Leuschner, dass Fachhochschulprofessoren sogar eine Lehrverpflichtung haben, die der von Gymnasiallehrern entspricht. Warum werden sie in der Altersteilzeit nicht gleichgestellt?

Die Landesregierung spricht von einer drohenden Verschärfung des Generationswechsels an den Universitäten durch die Altersteilzeit. Das ist völlig absurd. Würde nicht gerade durch die Altersteilzeit - analog zur Lehrerregelung - ein Einstellungskorridor eröffnet, bei dem auf halbe Stelle gewechselte ältere Professoren die junge Generation von Lehrkräften einführen und unterstützen könnten?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Oder, Frau Leuschner und Herr Minister, wollen Sie im Zuge der Altersteilzeit womöglich gar nicht neue Lehrkräfte oder neue Professoren einstellen? Nur dadurch käme es nämlich tatsächlich zu einem krassen Bruch. Sonst sind die Argumente aus Ihrem Hause völlig aus der Luft gegriffen.