Protokoll der Sitzung vom 26.01.2000

Oder, Frau Leuschner und Herr Minister, wollen Sie im Zuge der Altersteilzeit womöglich gar nicht neue Lehrkräfte oder neue Professoren einstellen? Nur dadurch käme es nämlich tatsächlich zu einem krassen Bruch. Sonst sind die Argumente aus Ihrem Hause völlig aus der Luft gegriffen.

Ihre Begründungen für die Ausnahmefälle sind fadenscheinig und lassen nur einen Schluss zu: Die Altersteilzeit soll auf möglichst kleiner Flamme köcheln, wenig bewirken und möglichst wenig kosten.

Lassen Sie uns in den Ausschussberatungen diese unsinnigen Ausnahmen aus dem Gesetzentwurf entfernen und ihn möglichst schnell in Kraft set

zen, damit die Altersteilzeit kein Placebo bleibt, sondern Wirkung erzielt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung, und wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Ältestenrat empfiehlt, den Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht mit diesem Gesetzentwurf zu befassen. Mitberatend sollen folgende Ausschüsse sein: der Ausschuss für innere Verwaltung, der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur und der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Frau Leuschner hatte gebeten, auch noch den Kultusausschuss zu beteiligen. Dagegen spricht, meine ich, nichts. Gibt es andere Vorstellungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist das einmütig so beschlossen.

Ich bedanke mich herzlich für das lange Ausharren. Ich wünsche Ihnen jetzt einen guten Appetit. Wir sehen uns um 14.30 Uhr wieder.

Unterbrechung: 13.23 Uhr.

Wiederbeginn: 14.32 Uhr.

Meine Damen und Herren, wir setzen die Sitzung fort.

Zunächst möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Herr Kollege Eveslage darum gebeten hat, nach § 77 unserer Geschäftsordnung eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung abzugeben. Ich gebe dem Kollegen Eveslage jetzt Gelegenheit dazu.

Frau Präsidentin, ich danke Ihnen dafür.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit Empörung eine Behauptung des Abgeordneten Plaue von der SPD-Fraktion zurückweisen, die er heute Morgen gemacht hat. Ich tue das als Abgeordneter aus dem CDU-Landesverband Oldenburg und als Mitglied des Landesvorstandes der CDU.

Herr Plaue hat heute Morgen behauptet, der CDULandesverband Oldenburg habe in seinen Rechenschaftsberichten angegeben, über kein Vermögen

zu verfügen, und dennoch Einnahmen aus Vermögen in seinen Rechenschaftsberichten regelmäßig, über mehrere Jahre, angegeben.

Ich nehme an, dass sich Herr Plaue auf den Bericht des Bundestages bezieht. Wenn Herr Plaue diesen Bericht richtig gelesen hätte, dann hätte er festgestellt, dass auf Seite 43 für den Jahresbericht 1997 - das gilt für die Vorjahre und auch für das Jahr 1998 entsprechend, aber natürlich mit anderen Zahlen - ein Gesamtbesitzposten - das ist das Vermögen - von 2.177.356 DM angegeben ist. Das ist das Vermögen des Landesverbandes, der Landesgeschäftsstelle, der angeschlossenen Vereinigungen auf Landesebene, der Kreisverbände und der den Kreisen zugeordneten Vereinigungen der Partei. Aus diesem Vermögen, worunter sich auch Girokonten, durchlaufende Gelder auf ganz normalen Konten und auch fest angelegte Gelder auf den dort angegebenen Konten, wie im Rechenschaftsbericht nachzulesen ist, befinden, sind Zinseinkünfte von 25.820 DM angefallen.

Das ist etwas ganz Normales, was jede Partei in Niedersachsen, wenn natürlich auch mit jeweils anderen Zahlen, für sich nachweisen kann und was dem Landesverband Oldenburg von der dafür beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk auch bestätigt worden ist.

Das Gleiche gilt für das Jahr 1998 - ich könnte die Zahlen hier vortragen - und für die Vorjahre.

Ich möchte Herrn Plaue, der leider jetzt nicht anwesend ist, von dieser Stelle aus auffordern, die Behauptungen, die er heute Morgen in den Raum gestellt hat,

(Unruhe bei der SPD - Beckmann [SPD]: Er hat Fragen gestellt, die Sie jetzt beantwortet haben!)

von diesem Rednerpult aus zurückzunehmen und sich dafür offiziell zu entschuldigen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Zu- rufe von der SPD)

Vielen Dank, Herr Eveslage. Vielen Dank auch, meine Damen und Herren, dass Sie zugehört haben.

Wir setzen nun die Tagesordnung in der geplanten Reihenfolge fort und kommen zu

Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Abfallgesetzes (NAbfG) Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1326

Zur Einbringung hat sich die Kollegin Steiner gemeldet, der ich das Wort erteile.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schlägt Ihnen vor, das Niedersächsische Abfallgesetz um einen neuen § 45 a zu ergänzen, der die Kontrollmöglichkeiten der Polizei im Abfallbereich verbessern soll. Was als nüchterner Gesetzestext mit dem Ziel verbesserter Überwachung der Abfallströme daherkommt, hat brisante Hintergründe. Erinnern Sie sich noch an den Strafprozess im letzten Jahr gegen die niedersächsischen Giftmüllschieber? - Der Jurist Junge-Hülsing, der Geschäftsführer Willenbruch und der Betriebsleiter der Syker Tankreinigung und Abfallentsorgung wurden im April 1999 wegen umweltgefährdender Abfallbeseitigung und Betruges zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten, so viel konnte nachgewiesen werden, den giftigen Inhalt von 1.840 Tanklastzügen, beladen mit Lösemitteln, Ölschlämmen, hochbelasteten Schmiermitteln und anderen Chemikalien, unterwegs zu einfachem Altöl umdeklariert und sich das Giftgemisch von dem Verwertungsbetrieb Schwarze Pumpe in Brandenburg als Sekundärrohstoff bezahlen lassen. Vorher hatten sie bereits von den entsprechenden Gewerbebetrieben hohe Beträge für die sachgerechte Entsorgung von Giftmüll kassiert.

Es geht noch weiter: Gepresste hochbelastete Rückstände aus Öl- und Kraftstoffbehältern, so genannte Filterkuchen, vermischt mit anderen Abfällen, hatten die Giftmüllschieber nicht nur einer Deponie in Sachsen-Anhalt, sondern auch noch einem Kompostwerk bei Meißen angedreht, wo das toxische Gemisch in die Humusherstellung gelangte.

Schaden: 10 Millionen DM für die Schwarze Pumpe, verseuchtes Grundwasser und vergifteter Kompost für die Allgemeinheit.

Das ist nur ein makabres Beispiel dafür, wie aus besonders überwachungsbedürftigen Abfällen, sprich: Sonderabfällen, unbedenkliche Abfälle zur

Deponierung oder Verwertung wurden. Die Abfallbranche ist im letzten Jahrzehnt zu einem profitablen Bereich für freiberufliche Abfallmakler und zum Tummelplatz für zwielichtige Profitgeier geworden.

Einerseits wird eine Grauzone für halblegale Operationen ausgenutzt, die aus unterschiedlicher Bewertung von Abfällen und Verwertungswegen in den einzelnen Bundesländern resultiert, andererseits finden absolut kriminelle Aktionen statt, wie ich sie zu Beginn beschrieben haben. Die Liste solcher Aktionen ließe sich beliebig verlängern: Abstellen von Giftmüllfässern auf Autobahnparkplätzen, wie in Franken geschehen, Vermischung von Hafenschlick, teerölgetränkten Bahnschwellen mit Erde - das alles für die Kompostierung - sowie illegale Exporte von Sondermüll. Die Gewinnspanne in diesem Bereich ist häufig höher als im Drogen- und im Waffenhandel.

„Umweltkriminalität ist eine dynamische Zukunftsbranche.“ Zu dieser Bewertung kam die Leiterin der hessischen Zentralstelle für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, Frau Becker-Toussaint. Die polizeiliche Kriminalstatistik belegt diese Feststellung. Im Jahr 1998 lag der Schwerpunkt der Umweltkriminalität mit 31.000 Fällen auf der umweltgefährdenden Abfallbeseitigung, was gegenüber 1997 eine Steigerungsrate von 4,6 % bedeutet.

So undurchschaubar die Strukturen im Entsorgungsbereich sind, so eingeschränkt ist das Instrumentarium zur Aufklärung von Delikten. Häufig muss Umweltkriminalität erst vom Ergebnis her aufgerollt werden, wenn der Schaden bei der Deponierung und der Boden- und Wasserbelastung schon eingetreten ist. Dies war auch bei dem erwähnten Skandal der Fall. Erst eine Razzia und Telefonüberwachung führten zu den Tätern zurück und ermöglichten Anklage und Verurteilung.

Die Quote aufgeklärter Delikte bei umweltgefährdender Abfallbeseitigung ließe sich erhöhen, wenn bereits im Vorfeld, d. h. auch bei den Transporten, eingegriffen werden könnte. Die Polizei hat bereits Fachkräfte für diesen Bereich und hat - das soll nicht unterschätzt werden - entsprechendes Engagement gezeigt. Bislang hat die Polizei in Niedersachsen jedoch kein eigenes Anhalte- und Kontrollrecht auf dem Gebiet des Abfallrechts. Unregelmäßigkeiten und Verstöße werden eher zufällig entdeckt, sozusagen als Abfallprodukte bei sonstigen Kontrollen des Güterverkehrs. Das aber ist

nicht ausreichend und für eine effektive Kontrolle zu wenig. Andere Bundesländer wie z. B. Hessen, Hamburg und Baden-Württemberg, die das ermöglichen, sind hier schon weiter.

Wir möchten der Polizei mit dieser Gesetzesänderung die Möglichkeit geben, gemeinsam mit den Fachleuten der Abfallbehörden bei Abfalltransporten effektive Kontrollen auszuüben. Die Aufklärungsquote bei Abfalldelikten könnte steigen. Der präventive Aspekt ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Prävention kann in diesem Fall auch Abschreckung sein. Wenn sich die Aufklärungsquote im Vorfeld erhöht und das Risiko größer wird, lässt manch einer vielleicht die Finger davon.

Erforderlich ist daneben auch der Aufbau einer wirksamen Controlling-Struktur bei der Abfallbehörde. Natürlich gibt es bei der Bekämpfung illegaler Abfallentsorgung noch weitere Handlungsfelder und noch weiteren Handlungsbedarf. Die von uns vorgeschlagene Erweiterung des Abfallgesetzes ist ein Mosaikstein, um das Wachstum der Umweltkriminalität einzudämmen.

Ich glaube, ich habe Ihnen genügend Gründe vorgestellt, um dieser Gesetzesänderung zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion der SPD spricht der Kollege Inselmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, meiner Ansicht nach geht der Gesetzentwurf der Bündnisgrünen von einer falschen Annahme aus. Ich möchte jetzt einmal aus der Begründung zu dem Gesetzentwurf zitieren. Dort heißt es - Frau Steiner hat es eben auch noch einmal deutlich gemacht -:

„Den Abfallbehörden und den Polizeibehörden fehlt bisher die notwendige Gesetzesgrundlage, um speziell auf den Abfallbereich ausgerichtete verdachtsunabhängige Straßenkontrollen“

- darum geht es

„in Kooperation durchführen zu können. Diese Regelungslücke soll mit der hier vorgeschlagenen Änderung des Nds. Abfallgesetzes geschlossen werden.“

Stattdessen aber gilt: Einer neuen Anhaltebefugnis der Polizei zur Durchführung entsprechender Kontrollen bedarf es nicht. Die Polizei ist auch heute schon ermächtigt - ich werde das gleich belegen -, im Rahmen von Verkehrskontrollen oder im Rahmen von Kontrollen nach § 12 Abs. 6 des Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes so genannte verdachtsunabhängige Kontrollen bei Kraftfahrzeugen durchzuführen.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Meiner Polizei reicht das aber nicht!)

- Dazu kommen wir noch. - Sie hat dabei die Möglichkeit, mitgeführte Sachen in Augenschein zu nehmen und sich Ausweispapiere sowie im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung gegebenenfalls auch mitgeführte Berechtigungsscheine - das ist ganz wichtig - aushändigen zu lassen. Diese Befugnisnormen gelten unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Gefahr oder eines Anfangsverdachtes für eine Straftat. Außerdem, meine Damen und Herren, gilt § 13 Abs. 3 des Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes. Danach hat auf Verlangen derjenige, der verpflichtet ist, einen Berechtigungsschein mit sich zu führen - in der Regel sind das die Abfalltransporteure -, diesen Berechtigungsschein der Polizei oder der Verwaltungsbehörde auszuhändigen. Unabhängig davon kann die Polizei bei dem Verdacht von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten auch entsprechende Überprüfungen vornehmen.

Mein sehr verehrten Damen und Herren, damit wir uns richtig verstehen: Dem inhaltlichen Anliegen des von der Landtagsfraktion der Grünen eingebrachten Gesetzentwurfs stimmen wir ausdrücklich zu, nämlich Abfalltransporte in Zukunft stärker als in der Vergangenheit zu kontrollieren. Dass wir uns darin einig sind, Umweltkriminalität zu bekämpfen, ist, meine ich, selbstverständlich. Dass wir dazu alle notwendigen Schritte unternehmen müssen, eint uns hier in diesem Landtag, glaube ich. Ich glaube aber, dass der Weg und die Begründung, die die Grünen hier vorschlagen, nicht die Richtigen sind.

Eine eigenständige Anhaltebefugnis - das ist der Fachbegriff - für die Fachbehörden auf der unteren