Protokoll der Sitzung vom 27.01.2000

Flächendeckend ist die Polizei mit ca. 5.000 Mikado-Arbeitsplätzen ausgestattet. Die polizeiliche Aufgabenerfüllung wird im Wesentlichen durch dieses Vorgangsbearbeitungssystem unterstützt. Zusätzlich ist ein Großteil der Dienststellen mit mehr als 2.700 Personalcomputern ausgestattet.

(Biallas [CDU]: Ein Drittel private!)

Viele Polizeibeschäftigte nutzen diese bzw. auch private PCs als - sage ich einmal - Ersatzschreibmaschine. Der PC hat häufig nur ergänzende Funktionen.

(Eveslage [CDU]: Aber wichtige er- gänzende Funktionen!)

In drei Jahren haben wir das Mikado-Folgemodell mit einer dann vernünftigen Textverarbeitung.

Unser Wunsch war es, dass die neuen Beurteilungsrichtlinien für mehr Vergleichbarkeit und Transparenz sorgen sollten. Über mehr Objektivität wollten wir natürlich auch mehr Zustimmung bei

den zu Beurteilenden erreichen. Ich erinnere an die Probleme der Personalräte und die unsäglichen Konkurrentenklagen. Die von uns erhoffte Akzeptanz trat aber nicht ein. Die dann eingesetzten Arbeitsgruppen haben die Richtlinien überarbeitet. Diese sind nun mit Wirkung vom 1. Januar dieses Jahres in Kraft gesetzt worden. Mit der Herausnahme der Besoldungsgruppen A 9 und A 10 aus der Quotierung - das war ja der Hauptkritikpunkt des Hauptpersonalrats und der Gewerkschaft der Polizei - ist ein guter Kompromiss gefunden worden.

Meine Damen und Herren, die Polizei in Niedersachsen leistet eine sehr gute Arbeit. Wir werden auch in Zukunft für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen. Die Polizei hat uns an ihrer Seite.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schünemann, ich erteile Ihnen jetzt drei Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, es ist wirklich unerträglich, dass Sie die wahre Situation der Polizei vor Ort einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Anders kann man es einfach nicht ausdrücken, nachdem wir Ihre Antwort auf unsere Große Anfrage gelesen und Ihre Rede hier gehört haben.

(Buß [SPD]: Ihr müsst da mal hinge- hen! Guckt euch die Situation da mal an!)

Damit leisten Sie sich selbst einen Bärendienst, vor allem aber der Polizei in Niedersachen.

(Beifall bei der CDU)

Wie muss sich eigentlich ein Polizeibeamter oder eine Polizeibeamtin vor Ort vorkommen, wenn ihr Innenminister als der zuständige Fachminister die Probleme vor Ort überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen will? Das führt dazu, dass die Polizeibeamten frustriert und demotiviert sind.

(Lanclée [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Das haben Sie sich zuzuschreiben, nicht aber diejenigen, die die Fakten auf den Tisch legen.

(Beifall bei der CDU - Lanclée [SPD]: Sie wollen den Leuten einreden, dass das so ist!)

Meine Damen und Herren, dass Sie die Polizeidichte immer niedrig reden wollen, ist mir völlig klar. Bezüglich der Polizeidichte sind wir in Deutschland aber an der letzten Stelle. Was bedeutet das nun? - Das bedeutet, dass wir viel zu wenig Polizeibeamte vor Ort auf der Straße haben; denn es werden die Exekutivbeamten gezählt. Wenn wir wenigstens nur knapp am Ende wären, dann könnte man ja sehen, dass es voran geht. Man muss sich aber einmal die Zahlen vor Augen führen, um zu erkennen, wo wir nun tatsächlich stehen. Gucken Sie sich einmal an, wo Bayern mit 1 : 368, wo Hessen mit 1 : 377, wo Sachsen mit 1 : 349 und Schleswig-Holstein mit 1 :354 stehen. In Niedersachsen aber beträgt das Verhältnis nur 1 : 416, wenn wir die Angestellten- bzw. die Auszubildendenstellen noch hinzunehmen. Meine Damen und Herren, das heißt, dass Niedersachsen hinsichtlich der Polizeidichte am Ende steht. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen, Herr Innenminister.

(Beifall bei der CDU)

Die Situation ist doch noch viel schlimmer, wie der Kollege Biallas schon dargelegt hat. Die Planstellen sind nicht die Ist-Zahlen, und die Ist-Zahlen sind schon lange nicht die tatsächliche Dienststärke. Wenn Sie einmal mit den Polizeibeamten vor Ort sprechen würden, dann wüssten Sie, was die bei uns vorhandene schlechte Dienststärke eigentlich bedeutet. Das sind die Überstunden, die überall anfallen und nicht abgebaut werden können. Noch schlimmer aber ist die Situation im ländlichen Raum. Dort gibt es noch viel weniger Polizeibeamte als in den städtischen Räumen. Sie haben einmal eine Interventionszeit von 15 Minuten festgelegt. Tatsächlich können sie aber überhaupt nicht innerhalb von 15 Minuten vor Ort sein. Das ist die Situation im ländlichen Raum, die Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen müssen, Herr Innenminister.

Herr Kollege Schünemann, ich möchte Sie bitten, jetzt zum Schluss zu kommen.

Ich komme zum Schluss. - Ich weise noch einmal auf die technische Ausstattung hin. Ich bitte darum, mir das noch zu gestatten; denn es ist schon fast ein Offenbarungseid, wenn man weiß, dass bei der Polizei mehr als 1.400 privat angeschaffte PCs genutzt werden. Die Situation verschlimmert sich zudem noch dadurch, dass die bei der Polizei vorhandenen PCs überholt sind. Auch das gehört zur Wahrheit. Sie müssten dem Finanzminister einmal sagen, dass wir in den nächsten Jahren 30 Millionen bis 35 Millionen DM für Infrastrukturmaßnahmen benötigen, insbesondere aber 100 Millionen DM für den Bereich Hard- und Software.

Herr Schünemann, ich bitte Sie noch einmal, zum Schluss zu kommen.

Wenn Sie das überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen, dann bedeutet das, dass Sie das im Kabinett auch gar nicht vortragen. Ich sage Ihnen: Wir stehen Ihnen zur Seite, wenn Sie nicht die Kraft haben,

(Glocke der Präsidentin)

die Situation offen darzulegen und sich für die Polizei im Kabinett einzusetzen. Das ist Voraussetzung dafür, dass die Polizei insgesamt motiviert ist. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Adam.

Frau Präsidentin! Herr Vizepräsident Jahn! Meine Damen und Herren! Ich frage mich so langsam wirklich, ob Christian Biallas oder Uwe Schünemann das, was sie hier gesagt haben, wirklich glauben.

(Beifall bei der SPD)

Den in den Reihen der CDU-Fraktion sitzenden Polizisten muss angesichts solcher Reden doch das Messer in der Tasche aufgehen; denn sie wissen doch, wie es bei der Polizei aussieht.

(Beifall bei der SPD)

Der Beitrag, der heute von der CDU-Fraktion geleistet worden ist, war nicht geeignet, um unserer Polizei den fortschrittlichen Weg nach vorn zu zeigen.

(Biallas [CDU]: Wollen Sie vielleicht auch eine Begründung für das Ge- schwätz hier geben? - Weitere Zurufe - Glocke der Präsidentin)

- Lassen Sie ihn ruhig schreien, Frau Präsidentin. Das braucht er. Der Kollege Biallas muss sich abreagieren. - Meine Damen und Herren, wir dürfen aufgrund solch einer Anfrage und solcher Beiträge nicht zulassen, dass draußen der Eindruck entsteht, Niedersachsen sei ein unsicheres Land mit einer Polizei, die der Sache nicht mehr Herr ist.

(Zuruf von Eveslage [CDU])

- Guten Morgen, Herr Eveslage. Schön, dass Sie auch da sind.

(Biallas [CDU]: Das haben wir doch überhaupt nicht gesagt! Das haben Sie doch gehört! Sie waren doch die gan- ze Zeit hier!)

Sie wissen, Herr Kollege Biallas, dass die Aufklärungsquote bei weit über 50 % liegt und dass wir der Polizei dankbar sein müssen. Deshalb möchte ich hier die Gelegenheit nutzen, allen Polizistinnen und Polizisten in unserem Bundesland, wo immer sie auch ihren Dienst versehen, meinen Dank und auch unsere Anerkennung für ihren Einsatz und ihr Engagement zum Nutzen des Nächsten und zum Nutzen der inneren Sicherheit in Niedersachsen auszusprechen.

(Beifall bei der SPD - Eveslage [CDU]: Das reicht nicht! Handeln müssen Sie! - Biallas [CDU]: Wir sind hier nicht beim SPD-Parteitag!)

Ich nehme an dieser Stelle auch Gelegenheit, den Kolleginnen und Kollegen noch einmal das Zeitbild von 1980 bis 2000 zu sagen. Wie sah es Ende 1980 aus?

(Zurufe von der CDU: Wann?)

Faktisch bestand ein Einstellungsstopp bei der Polizei.

(Biallas [CDU]: Sie können noch nicht mal von 1990 rechnen! - Unruhe bei der CDU)

- 1980 bestand faktisch ein Einstellungsstopp bei der Polizei, den Sie zu verantworten hatten!

(Anhaltende Unruhe)

Stellen gab es nur im mittleren Dienst. Es gab so gut wie keine Fortbildungsmöglichkeiten bei der Polizei. Es gab unendlich lange Wartezeiten für eine Beförderung.

(Zustimmung bei der SPD - Anhaltende Unruhe)

Meine Damen und Herren, wir haben heute ein Plus von 1.423 Neueinstellungen, drei Viertel der Stellen im gehobenen Dienst, ein breit gefächertes und auf die Belange der Polizei zugeschnittenes Fortbildungsangebot