Die Umsetzung erfolgt dann - davon können Sie die Schulen im dualen System nicht abkoppeln im Rahmenlehrplan. Wenn Sie das infrage stellen, dann stellen Sie das duale System infrage, und zwar vollständig.
Sie haben offensichtlich auch nicht mitbekommen, dass es auf Bundesebene ein Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit gibt.
Die Bundesbildungsministerin leitet eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Weiterentwicklung des dualen Systems befasst. Frau Pothmer, mich wundert, dass Sie etwas fordern, was es bereits seit Oktober gibt. Ich sitze nämlich für die Länder in
dieser Arbeitsgruppe. Wir haben die Weiterentwicklung des dualen Systems gerade mit den Sozialpartnern und allen anderen Beteiligten beschlossen. Wir haben gemeinsam mit der Wirtschaftsministerkonferenz und dem Kuratorium der deutschen Wirtschaft beschlossen, Berufsschullehrerwerbung zu machen. Das geht auf unsere Initiative zurück. Wir haben ferner für das Frühjahr eine Tagung mit den Berufsschullehrerverbänden beschlossen. Eine solche Tagung werden wir auch landesseitig durchführen.
Aber lassen Sie mich jetzt auf den Antrag eingehen. Das ist ja der eigentliche Grund, warum wir hier diskutieren.
Dieser Entschließungsantrag ist eine spannende Sache. Auch ich rate sehr, ihn gemeinsam mit dem Modernisierungskonzept zu diskutieren; das ist auch meines Erachtens richtig. Er ist deshalb so spannend, weil ich meine, dass Sie sich um einige Konkretisierungen gedrückt haben. Ich bin gespannt, welche Antwort Sie auf die Frage geben werden, wie genau Sie es sich vorstellen, das dänische System quasi 1 : 1, wenn auch erst einmal in Modellversuchen, zu übernehmen.
Dazu von mir aus einige interessante Anmerkungen. Sie sollten sich fragen, ob Sie tatsächlich für die völlige Privatisierung der berufsbildenden Schulen sind, wie es im dänischen System der Fall ist. Dort bekommen die berufsbildenden Schulen zwar eine Finanzhilfe pro Schüler - wie hier unsere Schulen in freier Trägerschaft auch -, aber eben keine 100-prozentige, sondern nur eine 80prozentige. Den Rest müssen sie durch unternehmerisches Tätigwerden selbst erwirtschaften.
(Frau Pothmer [GRÜNE]: Das wollen Sie doch auch in Ihrem Modernisie- rungskonzept, Frau Ministerin!)
- Frau Pothmer, das werden wir Ihnen noch näher darlegen. Ich finde diese Debatte sehr interessant. Wir können über solche Fragen ja gerne reden.
Sie haben auch nichts zu den Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte gesagt. Diese erwerben einen sechsmonatigen Kündigungsschutz erst nach sieben Jahren, haben also erst einmal einen befristeten Vertrag. Ihre Bezahlung ist abhängig von der Anzahl der jeweils unterrichteten Schüler, von den unterrichteten Fächern und von ihrem Erfolg. Ich
Der Schulleiter ist für sechs Jahre gewählt, seine Amtszeit kann um maximal drei Jahre verlängert werden, und danach wird er wieder normaler Lehrer.
- Ich nenne nur die Bedingungen, damit Sie wissen, worüber Sie reden. Ich habe den Eindruck, dass Ihnen das nicht bekannt ist.
(Beifall bei der SPD - Frau Pothmer [GRÜNE]: Ich kann Ihnen versichern, dass ich das sehr genau weiß!)
Wenn Sie meinen, dass wir das in unserem System 1 : 1 umsetzen könnten, dann halten Sie mich allerdings für sehr stark.
Ihr Antrag geht auch mit keinem Wort auf die grundsätzlichen unterschiedlichen Bedingungen der berufsbildenden Schulen ein. Sie haben gesagt, die sollten wir auch übernehmen. Mir hingegen ist es sehr wichtig, dass wir unsere Bedingungen im dualen System beachten und nicht dänische Verhältnisse bekommen.
So halte ich es nämlich bildungsökonomisch für nicht akzeptabel - wir und vor allem die CDU diskutieren das die ganze Zeit -, dass die Berufsausbildung generell auf vier Jahre verlängert wird. Das halte ich schlichtweg für falsch. Dazu müssten Sie auch etwas sagen.
In Dänemark gibt es eine verpflichtende, der betrieblichen Ausbildung vorangehende berufsfeldweite Berufsgrundbildung. Hier in Deutschland sind wir über diese Diskussion schon längst hinweg. Ich dachte, wir hätten diese Debatte längst bewältigt. Insofern wundere ich mich über Sie. Landesregierung und SPD-Fraktion befinden sich hier im Konsens mit der Wirtschaft. Was Sie dazu sagen, wird hoffentlich im Ausschuss klar werden.
Ich halte allerdings viel davon, dass wir uns Bestpractice-Modelle, wie sie die Bertelsmann-Stiftung genannt hat, sehr genau angucken, weil sie wertvoll und anregend sein können. Deshalb haben SPD-Fraktion und mein Ministerium ja auch einen Besuch in Dänemark gemacht und sich das dänische Modell genau angesehen. Wir haben interessante Anregungen für die Modernisierung bekommen. Insofern ist der Antrag als Anregung auch
Ein weiterer interessanter Gesichtspunkt des dänischen Modells ist die Bedarfsorientierung, Frau Pothmer. In Niedersachsen praktizieren wir einen völlig anderen Stil. Hier hat jeder Schulträger das Gefühl, in jeder berufsbildenden Schule das komplette Angebot vorhalten zu müssen. Wir haben darüber schon heftige Debatten geführt und werden diese auch wieder in Sachen Modernisierungskonzept bekommen. Ich bin gespannt, wie Sie agieren, wenn wir die einjährigen Fachschulen diskutieren oder wenn wir sagen, an bestimmten Standorten darf es bestimmte Angebote nicht mehr geben, weil dafür nicht mehr genügend Mittel zur Verfügung stehen.
Wie ist das in Dänemark? In ganz Süddänemark befindet sich nur noch eine einzige berufsbildende Schule, mit vier Standorten. Diese teilen sich fachlich die Beschulung nach unternehmerischen Grundsätzen. Warum muss diese Schule wohl dafür sorgen, dass die Jugendlichen in den Betrieb kommen? Das ist eine interessante Sache! Weil es sie nämlich Geld kosten würde, wenn sie sie vollzeitschulisch unterrichten müsste. Das ist das Prinzip. Die Schulen sind quasi gezwungen, die Jugendlichen in den Betrieb, auf einen Ausbildungsplatz zu bekommen, weil es sie sonst richtig Geld kostet. Über solch ein Prinzip bei den Mitteln können wir gern sprechen.
Die unternehmerische Tätigkeit - das haben Sie alle auch schon angesprochen - ist etwas, was auch wir wollen. Wir werden das zunächst einmal im Weiterbildungsbereich machen. Das ist die Idee. In der Erstausbildung ist das nicht ohne.
Wenn die Errichtung von Berufsschulen und beruflichen Bildungsgängen auf neue Beine gestellt werden soll, dann wird man sicherlich auch über die innere Schulverfassung reden müssen, d. h. auch über die Prinzipien von Zeitbeschäftigung und über das Konferenzgefüge, über Beiräte, über Aufsichtsräte. Wahrscheinlich wissen Sie, dass es in Dänemark diesen Beirat gibt. Dieser ist allerdings nicht so zusammengesetzt, wie Sie das vielleicht gern hätten, sondern er wird schlicht von den Sozialpartnern und den Schulträgern besetzt.
- Darüber diskutieren wir dann. Ich hoffe, Sie wissen, was das für berufsbildende Schulen und auch für andere Schulen bedeutet, wenn es heißt: Gesamtkonferenz, Lehrervertretung, alles weg. - Darauf bin ich gespannt, wie Sie das dann sehen.
Ich meine, mit dem Modernisierungskonzept für die berufsbildenden Schulen haben wir einen guten Beitrag geleistet, der ja auch durchaus positiv diskutiert wird. Natürlich gehört dazu die Ressourcenfrage; natürlich! Aber da müssen ausgerechnet Sie sich hier hinstellen und sagen, unsere berufsbildenden Schulen gäben wenig Unterricht, Sie, die vor 1990 noch vertreten haben, dass neun Stunden in der Woche ausreichten. Wir haben zum ersten Mal zwölf Stunden ins Schulgesetz geschrieben.
- Ja, das ist richtig. Das ist mit meiner Zustimmung in einer Rahmenvereinbarung in der KMK gemacht worden. Bei Ihnen war das aber vorher schon so, wie ich das gesagt habe.
- Sie werden sehen, dass wir da noch etwas drauflegen, die Dreiviertelstellen erhöhen, sodass es auch im berufsbildenden Bereich mehr Stunden geben wird.
Wir werden auch in der Ressourcenfrage - vielleicht nicht so wie in Dänemark - hart zu diskutieren haben - da werden Sie sich bei bestimmten Fragen nicht drücken können - mit dem Ziel, dass die berufsbildenden Schulen in der Tat mit ihren Ressourcen besser zurechtkommen.
Ich meine also, wir sollten über diesen Antrag diskutieren. Dieser Antrag ist anregend, er lässt sich allerdings auf keinen Fall im Verhältnis von 1 : 1 übernehmen. Wir haben im Übrigen einen anderen Ansatz. Was Modellversuche angeht, so würde ich vielleicht sogar eher Frau Vockert zustimmen. Es ist nicht gut, nur vier Schulen entsprechend arbeiten zu lassen. Wir werden das deshalb öffnen. Wir werden das mit Bewerbungsmöglich
keiten machen, sodass das erst einmal freiwillig betrieben werden kann. Wir werden es allerdings so machen, dass es für alle möglich wird, sodass das Stück für Stück weiter ausgebaut werden kann.
Ich meine, der Antrag sollte im Ausschuss zusammen mit dem Modernisierungskonzept diskutiert werden. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass man sich in einer sich ständig verändernden Welt auf eines noch verlassen kann, nämlich auf Ihre Reaktion, Frau Ministerin, bei Vorschlägen, die von anderen Fraktionen kommen. Das ist etwas, was offensichtlich immer so bleibt.
Ich bin wirklich irritiert. Auf der Pressekonferenz, auf der Sie Ihr Modernisierungskonzept vorgestellt haben, Frau Ministerin, war jedes zweite Wort „Dänemark“. Da haben Sie aus der BertelsmannStudie zitiert, da konnte das dänische Modell gar nicht oft genug genannt werden, und da haben Sie das dänische Modell als Orientierung benutzt, um die berufliche Bildung weiterzuentwickeln.