Wir sind einfach der Meinung, dass der Bericht des Wissenschaftlichen Beirates nicht so, wie Sie es hier gemacht haben, ruckzuck übergangen und wieder zur Tagesordnung übergegangen werden kann, sondern dass man ihn auch wirklich entsprechend würdigen muss. Es mag ja sein, dass Sie vor Jahren an der Spitze der Bewegung gestanden haben, aber wenn das, was der Wissenschaftliche Beirat gesagt hat und was im Moment auch aus den Hochschulen kommt, nicht entsprechend ge
würdigt und in Handeln umgesetzt wird, dann laufen wir in der Tat Gefahr, wieder hinterherzulaufen, abgeschlagen zu werden und die Spitzenposition, die wir als Niedersachsen vielleicht einmal hatten, zu verlieren.
Zum Liegenschaftsmanagement, Herr Dr. Domröse: Ich glaube, dass die Hochschulen auf dem Sektor viel weiter sind, als Sie es im Moment meinen. Die Hochschulen - fragen Sie sie einmal! haben längst Konzepte in den Schubladen liegen, wie sie Liegenschaftsmanagement betreiben und dabei auch Effizienzgewinne erwirtschaften wollen. Sie holen sie nur deshalb nicht heraus, weil sie Angst haben, dass Ihr Minister, der für den Haushalt und die Finanzen zuständig ist, sie dann einkassiert, um Haushaltslöcher zu stopfen, und sie, die Hochschulen, eben nicht von ihren eigenen Ideen, von ihrer eigenen Kreativität und von dem Sinn, etwas erwirtschaften zu können, profitieren können. Das ist das Problem im Bereich des Liegenschaftsmanagements.
Ich möchte den Hochschulen ganz herzlich für ihren Einsatz, für ihre Beweglichkeit und auch für die Bereitschaft zur Reform danken. Ebenso danke ich natürlich dem Wissenschaftlichen Beirat, weil er den Mut hatte - einen Mut, den ich hier im Moment vermisse, und zwar auch bei Ihnen, Herr Oppermann -, die unangenehmen Dinge auszusprechen, um damit zum Handeln aufzufordern, um die Position der niedersächsischen Hochschulen nachhaltig zu verbessern, damit es nicht dazu kommt, dass sie mit einer einmaligen Aktion, nämlich dem Globalhaushalt, zwar als Tiger gestartet, dann aber doch wieder als Bettvorleger gelandet sind.
Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratung, und wir kommen zur Ausschussüberweisung. Wer dem Vorschlag des Ältestenrates folgen will und diesen Antrag zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur und zur Mitberatung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen weiterleiten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Das ist dann so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung: Treibselproblematik lösen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1383
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Treibsel besteht zum überwiegenden Teil - meist zu über 90 % - aus abgestorbenen oder abgerissenen Pflanzenteilen des Deichvorlandes und des Watts und nur zu einem ganz geringen Teil aus Zivilisationsmüll, der überwiegend von der Schifffahrt verursacht wird.
Dieses Treibsel, meine Damen und Herren, landet an der niedersächsischen Nordseeküste, an der 610 km langen niedersächsischen Deichstrecke an. Dieses Treibsel muss, wie man auch im Erlass zur Entsorgung von Treibsel nachlesen kann, aus dem Grunde von den Deichen entfernt werden, damit die Grasnarbe keinen Schaden erleidet und letztlich die Deichsicherheit nicht gefährdet wird.
Während diese Aufgabe in Schleswig-Holstein ganz allein vom Land erledigt und damit auch finanziert wird, machen das in Niedersachsen die 28 Deichverbände, die von Ihnen schon seit Jahren durch die Senkung des Sockelbeitrages geschröpft werden. Ich finde es schon anerkennenswert, dass diese Deichverbände ihre Selbstverwaltung trotz der hohen Kosten, die durch die Treibselmengen entstehen, nicht aufgeben. Umso mehr halten wir es für erforderlich, die Deichverbände zu unterstützen, speziell diejenigen, die von immer mehr Treibselmengen betroffen sind,
wie z. B. der Deichverband Osterstader Marsch, wie aber auch die beiden Oldenburgischen Deichbände oder auch der Deichverband Land Wursten.
Meine Damen und Herren, wer nicht die gigantischen Mengen an Treibselgut gesehen hat, der kann sich das vermutlich gar nicht vorstellen. Ich weiß nicht - ich konnte mir das nicht vorstellen -, ob Sie sich eine Menge von 79.000 m3 vorstellen können. Das ist genau die Menge, die im letzten Jahr allein im Deichverband Osterstader Marsch
angefallen ist. Wir sitzen hier in einem Plenarsaal. Was glauben Sie, wie viele Kubikmeter dieser umfasst?
- Doch. Sonst würde ich die Frage nicht stellen, Herr Buß. So dumm wie andere bin ich nicht. 79.000 m3 - das würde bedeuten, 21 mal der gesamte Plenarsaal, gefüllt bis unter die Decke.
- 3.700 m3, wenn Sie es genau wissen wollen. Um diese Menge, also die 79.000 m3, insgesamt zum vorschriftsmäßigen Lagerplatz oder auch zur Kompostierungsanlage zu bringen, müssten 7.900 Lkw eingesetzt werden. Im Deichverband Land Wursten werden - vorausgesetzt, Herr Minister, der Deichverband Land Wursten erhält die Genehmigung zum Verbrennen der Mengen, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen – dann immer noch 5.500 m3 Treibsel verbleiben, also ungefähr das Doppelte des Plenarsaals,
Da es aber z. B. kaum Treibselräumwege gibt und schwere Lkw auch den Deich kaputt machen würden, werden zum Abtransport des Treibsels landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge eingesetzt. Das heißt, dass allein für diese Menge von 5.500 m³ 1.100 Fahrten à 16 km nötig wären.
Meine Kollegin Frau Pruin hat eben gerade zu Recht den Zwischenruf gemacht: Wo ist da eigentlich das Umweltbewusstsein? Wo ist da eigentlich das ökologische Bewusstsein, meine Damen und Herren, und auch bei Ihnen, Herr Minister? Ich finde es schade, Herr Minister Jüttner, dass Sie im letzten Monat nicht die Gelegenheit genutzt haben, als Sie in Nordholz waren und aufgefordert worden sind, sich einmal ganz konkret das Problem vor Ort anzusehen, sondern dass Sie dann gesagt haben: Nein, dafür habe ich keine Zeit. Allein einmal die Strecke mit dem Wagen abzufahren, hätte sich gelohnt, damit Sie sehen, wie schwierig diese Problematik vor Ort tatsächlich ist und wie sich das auswirkt.
Meine Damen und Herren, es ist überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, wenn wir wissen, dass über 15 Jahre dauernde Untersuchungen ergeben haben, dass eine deutliche Abhängigkeit der Menge des Treibselgutes von der Bewirtschaftungsintensität besteht. Angesichts der ständig zunehmenden Problematik ist schon x-mal im Landtag darüber gesprochen worden und sind auch x Gutachten im Landtag vorgelegt worden. Die Arbeitsgruppe, die dann auch ein Ergebnis vorgelegt hat, fragt sich selber, wo eigentlich ihr Ergebnis geblieben ist. Dem Anschein nach ist es in der Schublade verschwunden - bedauerlicherweise, sodass sich die Arbeitsgruppe die Frage stellen muss, ob sie umsonst oder eventuell vergeblich gearbeitet hat.
So ist dann erneut eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Man muss sich einfach einmal die Frage stellen, Herr Minister, wann tatsächlich konkret Ergebnisse auf den Tisch gebracht werden. Ich sagte eben bereits, dass es über 15 Jahre dauernde Untersuchungen gibt, und es gibt auch den Bericht der Arbeitsgruppe, von der ich eben gesprochen habe, worauf Sie nicht eingegangen sind, die aber schon sehr deutlich darauf aufmerksam gemacht hat, dass hier tatsächlich das Verursacherprinzip gegeben ist. Daraus wurde dann die Forderung abgeleitet, dass eine verstärkte Pflegenutzung notwendig ist.
Auf dem letzten Wasserverbandstag - ich weiß nicht, wer von Ihnen da war; wenn die Anwesenheitsliste stimmt, Herr Minister Jüttner, müssten Sie im April 1999 dort gewesen sein - hat der Geschäftsführer, Herr von Steinäcker, sehr deutlich darauf aufmerksam gemacht, dass man dieses Problem nur dann in den Griff bekommen kann, wenn das Deichvorland wieder bewirtschaftet wird.
Ich habe gehört, dass Sie gesagt haben, das sei schon wieder alles erledigt. In der Pressemeldung im Vorfeld dieses Tagesordnungspunktes sollen Sie erklärt haben, dass das überhaupt kein Problem sei. Meine Damen und Herren, dann frage ich mich und auch Sie und manche Ihrer Kollegen hier im Hause, wie denn das angehen kann, was selbst der Kollege Günter Peters sagt. Ich könnte auch Herrn Robbert nehmen, der dort hinten in der letzten Reihe sitzt und sich diesbezüglich schon geäußert
hat. Frau Meyn-Horeis weiß es auch. Aber ich zitiere einfach einmal den Kollegen Herrn Peters, der sich immerhin mit dem Arbeitskreis Umwelt der SPD-Landtagsfraktion vor der Insel Spiekeroog im Juli 1999 - so lange ist das noch gar nicht her - mit dieser Problematik auseinander gesetzt hat. In der Presse ist nachzulesen: Das Problem bleibt die Menge, sagte Peters. Um den Anteil von Gräsern im Treibsel zu reduzieren, sollen die Vorlandflächen wieder stärker beweidet werden.
- Ja, abgelehnt. Im Prinzip kann man sagen, Frau Pruin: Außer Reden nicht gewesen. Deswegen fordern wir Sie auf, Herr Minister Jüttner, sich mit dieser Thematik auseinander zu setzen und zu handeln. Dass Sie die Deichverbände weiterhin alleine lassen, werden wir jedenfalls nicht zulassen.
Letztlich, meine Damen und Herren und ganz besonders Sie, Herr Minister Jüttner, müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie z. B. durch das Festhalten am Beweidungsverbot im Nationalpark die eigentliche Ursache für dieses Problem sind.
Richtig, sage ich für mich, wir wollen alle den Nationalpark. Richtig, sage ich für mich - und meine auch für Sie -, dass der Nationalpark Allgemeinwohl ist. Das halten wir fest. Aber wenn das denn so ist, Herr Minister - ich gehe davon aus, dass Sie in diesen beiden Punkten mit mir übereinstimmen -, dann dürfen Sie bei Beschränkungen die betroffenen Deichverbände nicht damit alleine lassen; denn damit werden die finanziellen Belastungen - wie auch Herr Kollege Robbert es zutreffenderweise festgestellt hat - ungleichmäßig verteilt.
Wenn Sie, Herr Minister Jüttner, keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung stellen, dann muss zumindest wieder eine extensive Pflegenutzung - ich sagte es bereits - der Außendeichflächen ermöglicht werden.
Außerdem, meine Damen und Herren, muss den Deichverbänden und den Inseln, die ein überdurchschnittlich hohes Treibselaufkommen haben, schnell und unbürokratisch geholfen werden. Hier sind auch Ausnahmegenehmigungen für das Verbrennen von Treibsel schnell und unbürokratisch zu erteilen. Auch wenn nach der Kompostverordnung das Verbrennen von Treibsel grund
sätzlich verboten ist, müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Kompostplätze für Spitzenanfälle nicht ausreichen oder z. B. die Treibselmengen gar nicht abgefahren werden können, weil die Treibselräumwege fehlen oder weil es scharliegende Deiche - sprich: kein Deichvorland - gibt.
Meine Damen und Herren, es kann doch überhaupt nicht sinnvoll sein, wenn wir z. B. Treibsel an nicht durch Wege erschlossenen Sommerdeichen zur weiteren Behandlung durch das ökologisch empfindliche Vorland fahren, wodurch im Frühjahr die Vögel in ihrem Brutverhalten gestört werden. Auch vor diesem Hintergedanken muss man sich die Frage stellen, ob man nicht in Nationalparkflächen beispielsweise das Treibsel verkuhlen kann.
Einen Augenblick, Frau Kollegin. - Meine Damen und Herren! Es geht nicht, dass über die Bänke hinweg Gespräche geführt werden. Es reicht mir manchmal schon, wenn es an den Tischen zu Selbstgesprächen kommt.
Von daher wäre es sehr schön, wenn wir die Beratungen auf vernünftige Weise zu Ende führen könnten. Sie können sich alle hilfreich daran beteiligen. Ich bitte um etwas mehr Ruhe. - Bitte sehr!
Herzlichen Dank. - Das Verkuhlen von Treibsel im Nationalpark muss zugelassen werden, Herr Minister Jüttner, genauso wie z. B. auf den Inseln der Einbau von Treibsel im Wegebau eingefordert wird.