Protokoll der Sitzung vom 16.02.2000

Der solide begründete Vorschlag der unabhängigen Kommission für das Jahr 2000 sieht eine Erhöhung der Abgeordnetenbezüge um monatlich 190 DM brutto - gleich 1,9 % - vor. Die unabhängige Kommission verweist als Begründung für ihren Vorschlag auf die durchschnittlichen Steigerungsraten bei den 1999, also im letzten Jahr, abgeschlossenen oder wirksam gewordenen Tarifvereinbarungen von knapp 3,1 %. Für das Jahr 2000 erwartet die Kommission eine Anhebung der Tariflöhne um durchschnittlich 2,3 %. Die Lebenshaltungskosten sollen, so wird geschätzt, um 1,2 % bis 1,5 % steigen.

Die CDU-Fraktion hält die vorgeschlagene Erhöhung um 1,9 % unter diesem Gesichtspunkt für maßvoll und angemessen, auch angesichts der Gehalts- und Lohnentwicklungen im privaten und öffentlichen Bereich.

In der „Bild“-Zeitung von gestern kann man nachlesen - ich kann es Ihnen auch gleich geben; ich habe es hier - -

(Zuruf von den GRÜNEN: Das muss aber nicht sein!)

- Nein, das muss nicht sein, aber ich sage Ihnen trotzdem, welche Lohnsteigerungen für dieses Jahr gefordert und erwartet werden. Unter der Überschrift „Löhne 2000 - Wie viel gibt es mehr?“ steht da: Die IG Metall fordert für dieses Jahr 5,5 % mehr Lohn. Die Deutsche AngestelltenGewerkschaft hat einen Forderungsrahmen von 4 % bis 6 %. Bei den Banken wurde bereits ein Abschluss von etwa 3,1 % erreicht, plus beschäfti

gungssichernde Maßnahmen. Die IG BAU fordert 4,8 % mehr Lohn. Die ÖTV will nicht unter 4 % bleiben. - Diese Reihe könnte man noch weiter fortsetzen.

Ich weiß, diese Zahlen sind - das sage ich ganz bewusst - für uns kein Maßstab, weil viele Tarifabschlüsse noch ausstehen. Aber verglichen mit den Forderungen der Arbeitnehmerorganisationen ist bei uns eine Erhöhung nach zwei Jahren um 1,9 % mit Sicherheit nicht überzogen, sondern könnte sogar für den öffentlichen Dienst ein Beispiel setzen.

Meine Damen und Herren, wir vergleichen uns nicht mit den Beziehern von Spitzengehältern in der Wirtschaft. Da weise ich das, was Sie, Herr Schröder, gesagt haben, eindeutig zurück. Niemand von uns will eine Abfindung von 60 Millionen DM, wenn er aus dem Landtag ausscheidet,

(Beifall bei der CDU - Heiterkeit)

auch nicht Spitzengehälter von einigen hunderttausend DM oder von einigen Millionen DM jährlich. Wer das ernsthaft in die Diskussion einführt, der schadet letztlich dem Ansehen des Parlaments.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Niedersächsische Verfassung sichert den Abgeordneten des Landtags eine „angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung zu“. Auch das muss bedacht werden. Einvernehmen herrschte hier im Hause bislang darüber, dass in Anlehnung auch an die Landesverwaltung und entsprechend der Stellung der Abgeordneten als Teil der Gesetzgebung dieses Landes eine Bezahlung in Anlehnung an die Besoldungsgruppe A 16 angemessen sei. Das ist hier schon angeschnitten worden.

Wegen der nicht wahrgenommenen Erhöhungen der letzten Jahre ist die Entschädigung der Abgeordneten von diesem Leitbild A 16 allerdings weiter weggerückt. Die Zahlen A 15 oder A 16 sagen dem Normalbürger aber gar nichts. Lassen Sie es mich deswegen konkreter sagen: Die Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages erhalten eine Bezahlung, die niedriger ist als die eines Leitenden Regierungsdirektors - das wäre A 16 , wie ich mir habe sagen lassen; ich war das noch nicht - oder des Leiters eines Gymnasiums oder etwa des Leiters eines größeren Finanzamtes. Die Bezahlung der Abgeordneten - das sage ich ebenso

mit vollem Ernst - ist auch niedriger als die Bezahlung vieler, wenn nicht sogar der meisten hauptberuflichen Bürgermeister und Stadt- und Gemeindedirektoren in Niedersachsen.

Gemessen an einer Arbeitsbelastung vieler Abgeordneter von mehr als zwölf oder 14 Stunden pro Tag und Einsätzen an vielen Wochenenden halte ich diese Entschädigung für nicht zu hoch.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Dagegen wird nun seitens der Grünen besonders heftig diskutiert - wir haben es ja auch heute vernommen -, wenn dem Kommissionsvorschlag gefolgt wird, wird die so genannte magische Zahl von 10.000 DM monatlich erstmals überschritten, brutto, wohlgemerkt. Die Grünen verweisen auf die Abgeordnetenbezüge in anderen Bundesländern. Das kann man machen, die Listen liegen ja allen vor. Niedersachsen steht an dritter Stelle in einer Rangliste. Ich sage allerdings ganz bewusst: in einer Rangliste. Das gilt nämlich nur dann, wenn man ausschließlich die monatlichen Bruttoeinkünfte sieht.

Das sieht schon anders aus, wenn man bedenkt, dass es Länder gibt, die den Abgeordneten ein 13. Monatsgehalt zahlen. Es sieht auch anders aus, wenn man berücksichtigt, dass in anderen Ländern Leistungen zur Unterstützung der Arbeit der Abgeordneten in weit höherem Maße erbracht werden als in Niedersachsen. Man muss nicht an Bayern denken, wo diese Leistungen in bar sogar über 6.000 DM monatlich zusätzlich betragen. Aber es gibt durchaus mit uns vergleichbare Länder, die Leistungen für die Arbeit der Abgeordneten erbringen, um sie zu unterstützen, die anders sind als bei uns. Insofern kann man diese Tabellen nicht einfach so vergleichen. Wer das macht, denkt zu schlicht.

Die Kritik der Grünen berücksichtigt darüber hinaus nicht die große Fläche unseres Landes Niedersachsen und die Erwartung der Wählerinnen und Wähler an die Abgeordneten, in den Wahlkreisen dauernd präsent zu sein. Wenn man, wie es bei den Grünen ja üblich ist, entweder gar keine Wahlkreisarbeit macht

(Lachen bei den GRÜNEN - Frau Harms [GRÜNE]: Kommen Sie doch mal mit! Ich nehme Sie mal mit! Un- glaublich!)

- Frau Harms, machen Sie es sich nicht zu leicht; ich finde die Sache äußerst ernst; wir sollten auch einmal intern darüber reden - oder diese, wie es bei vielen Ihrer Fraktion der Fall ist, von seinem Landtagsbüro hier in Hannover ausübt - mit den vielen Annehmlichkeiten, die damit verbunden sind -, dann kann man für die Probleme anderer Abgeordneter, die draußen im Lande politische Schwerpunkte ihrer Arbeit setzen, natürlich nicht das genügende Verständnis aufbringen.

(Beifall bei der CDU und Zustim- mung bei der SPD)

Wir werden den gemeinsam von SPD und CDU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes natürlich in den Ausschüssen beraten und heute noch nicht darüber entscheiden. Dort mag sich das eine oder andere noch verändern, auch in der Begründung. Ich gehe davon aus, dass wir diesen Gesetzentwurf in der nächsten Plenarsitzung abschließend beraten und beschließen werden. Diese Feststellung treffe ich auch mit einer gewissen Vorfreude darauf, dass ich dann wieder für meine Fraktion hier reden darf.

(Beifall bei der CDU und Zustim- mung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Harms hat um das Wort gebeten. Ich weiß nicht, wie ich das jetzt handhaben soll. Sie haben ganze 17 Sekunden Zeit.

(Heiterkeit)

Ich werde das auf eine gute Minute aufrunden, wenn Ihnen das recht ist.

Danke schön, Herr Präsident. - Ich möchte nur eine kurze Bemerkung zu dem Problem machen, auf das sich die Redner der beiden anderen Fraktionen nicht eingelassen haben. Ich glaube, dass die Diätenerhöhung in die Frage eingeordnet werden muss, wie Politik, wie Politiker im Moment in diesem Lande dastehen.

(Unruhe bei der CDU)

Es wird darüber diskutiert, dass Parteien korrupt sind. Es wird darüber diskutiert, dass sich einzelne

Politiker haben kaufen lassen, sich im Amt durch ihr Amt bereichert haben.

Wenn solche Diskussionen die Republik erschüttern, dann ist es nach meiner Meinung absolut unpassend, hier eine Debatte über eine Diätenerhöhung anzustrengen. Ich glaube, die großen Fraktionen bringen damit zum Ausdruck, dass sie nichts von dem verstanden haben, was die Bürgerinnen und Bürger über Politik diskutieren. Sie sind von allen guten Geistern verlassen, und die Bürgerinnen und Bürger und ihre Meinung sind ihnen überhaupt nichts wert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat noch einmal der Kollege Möhrmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Harms, es erschüttert mich schon, wie Sie hier den Versuch machen, die Abgeordneten aller Bundesländer in eine ganz bestimmte Kategorie einzuordnen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Wenn Sie ehrlich mit sich selber umgehen, müssten Sie die Mitglieder Ihrer Landtagsfraktionen auch da einordnen. Ich halte es jedenfalls schlichtweg für eine Zumutung, hier von Ihnen zu hören, dass die rund 10.000 Berufspolitiker, die es in Deutschland gibt, alle in diese Kategorie eingestuft werden.

(Golibrzuch [GRÜNE]: Sie können nicht zuhören, Herr Möhrmann, das ist Ihr Problem!)

Ich halte das auch deshalb für eine Zumutung, weil Sie das mit keinem Wort beweisen können. Entscheidend ist: Wenn wir in den vergangenen Jahren über Erhöhungen gesprochen haben, dann haben Sie immer dann mitgemacht, wenn Sie in Regierungsverantwortung eingebunden waren. Immer dann, wenn Sie in Opposition waren, haben Sie Argumente gefunden, die populär waren, die populistisch waren und die dazu geführt haben, dass Sie Nein sagen konnten.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Bei- fall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, auch dieses so genannte Leitbild ist von den Grünen mit akzeptiert worden. Das waren zwar nicht Sie persönlich, das war aber Ihre Fraktion. Von daher halte ich die Debatte, die jetzt unter dieser Überschrift geführt wird, für sehr populistisch. Ich würde Ihnen empfehlen, zur Sachlichkeit zurückzukommen.

(Frau Harms [GRÜNE]: Aber für die Überschriften sind die Politiker aus den großen Parteien verantwortlich!)

Man kann ja durchaus darüber streiten, ob es angemessen ist, was wir heute bekommen, ob die Altersversorgung angemessen ist. Ich will mir auch gern anhören, dass es zu viel ist. Ich kann Ihnen aber auch eines sagen - das hören wir von den vielen Schülerinnen und Schüler, die dieses Jahr durch den Landtag gegangen sind -: Es wissen immer mehr Leute, welcher Job hier von uns geleistet werden muss.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Gansäuer für bis zu eineinhalb Minuten.

(Zuruf: Super Sendezeit! - Weitere Zurufe)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch zwei kurze Bemerkungen machen, weil der Kollege Schröder erklärt hat, wir befänden uns in einer Glaubwürdigkeitskrise.

Die erste hat mir der Kollege Möhrmann vorweggenommen. Ich erinnere mich noch gut an die vielen Begründungsreden, die die Grünen in der Zeit, als sie noch regiert haben, hier gehalten haben. Ganz plötzlich, als sie wieder in der Opposition verschwunden sind, so hätte ich fast gesagt,

(Zurufe von den GRÜNEN)

sind sie nun wieder extrem dagegen, und zwar aus sehr grundsätzlichen Erwägungen, die sie alle, wenn Sie sie ernst meinen, auch damals in der Regierungszeit hätten anbringen können. Darüber gibt es keinen Zweifel.