Protokoll der Sitzung vom 17.02.2000

Frage 4: Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen

Die Frage wird durch den Abgeordneten McAllister gestellt. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat in seiner 19. Sitzung am 20. Januar 1999 zu dem Thema „Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen“ eine Entschließung angenommen - Drucksache 14/481 -, in der der Landtag an die Kommunen appelliert, geeignete Mitwirkungs- und Mitsprachemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche einzurichten. Ferner ist die Landesregierung aufgefordert worden, u. a.

einen „Katalog“ von Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen als „Handreichung“ zu erarbeiten, das von der Landesregierung vorgesehene Modell „Kinderfreundliche Gemeinden“ in Bezug auf Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen Ende 1999 auszuwerten und daraus weitere Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln sowie entsprechende Modellvorhaben für kommunale Beteiligungsprojekte von Kindern und Jugendlichen durch Bereitstellung von Projektmitteln zu fördern.

Ich frage die Landesregierung:

1. Hat sie - speziell vor dem Hintergrund des Punktes 4 - die Beschlussempfehlung an die Kommunen weitergeleitet?

2. Wann wird sie ihre erste Bestandsaufnahme bestehender Beteiligungsmöglichkeiten und -ansätze in Niedersachsen abgeschlossen und in Form einer „Handreichung“ erarbeitet haben?

3. Sind die Kommunen darüber informiert worden, dass ab dem Jahr 2000 Projektmittel des Landes für die Förderung kommunaler Beteiligungsprojekte von Kindern und Jugendlichen im Rahmen einer Gemeinschaftsaktion zur Verfügung stehen, und, wenn ja, liegen bereits Anträge vor?

Die Antwort gibt die Kultusministerin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kleine Anfrage des Herrn Abgeordneten gibt mir die Gelegenheit, einen Schwerpunkt vorzustellen, der mir als Kinder- und Jugendministerin besonders wichtig ist. Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu schaffen ist, wie auch Sie das eben schon gesagt haben, von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Es geht um die wohl allen derzeit besonders deutlich gewordene Notwendigkeit, die junge Generation bei Entscheidungen, die sie betrifft, altersgemäß verantwortlich mitmachen zu lassen.

Beteiligung und Einmischung in einer demokratischen Gemeinschaft müssen von klein auf geübt und lebenslang ermöglicht werden, und zwar nicht nur durch Vorbilder, sondern auch durch aktives Ausüben. Die Landesregierung hat, u. a. auf der Grundlage und zur Umsetzung des Landtagsbe

schlusses vom 20. Januar 1999, ein umfassendes kinderpolitisches Konzept beschlossen, das die Bedeutung von Kinderpolitik, einem Handlungsfeld von entscheidender Bedeutung für die Zukunft, herausstellt und dabei unterschiedliche Schwerpunkte setzt.

Die Beteiligung von Kindern ist eines der wesentlichen Elemente des Konzeptes. Ich sage dies deshalb, weil neben der bereits benannten Landtagsentschließung zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen andere Aspekte nicht vergessen werden dürfen.

Kinder und Jugendliche, meine Damen und Herren, sind Träger eigener Rechte. Dies ist verankert in einer Reihe internationaler und nationaler Normen. Sie haben neben dem Recht auf Beteiligung auch einen Anspruch auf Schutz und Förderung. Der dazu notwendige Veränderungsprozess wird von der Landesregierung im Rahmen einer intensivierten Kinderpolitik mit verschiedenen aufeinander abgestimmten Einzelelementen, die sich auch in der Anfrage des Herrn Abgeordneten McAllister wiederfinden, unterstützt. Eine besondere Gewichtung liegt dabei in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern. Ich halte dies für ausgesprochen notwendig, weil Kinder und Jugendliche in jedem Bereich des gesellschaftlichen Lebens stärker zu berücksichtigen und zu beteiligen sind.

Gemeinsam mit dem Landesverband Niedersachsen des Deutschen Kinderschutzbundes, der Sportjugend im Landessportbund und dem Landesjugendring habe ich am 22. November 1999 die Gemeinschaftsaktion „Niedersachsen - Ein Land für Kinder“ gegründet.

(Frau Vockert [CDU] zeigt eine gelb- farbene Broschüre hoch)

Wenn Ihnen das vor der Anfrage noch nicht bekannt war, dann stelle ich Ihnen die Pressemitteilung, Flyer und anderes gerne zur Verfügung.

Ziel dieser Gemeinschaftsaktion ist es, landesweit vielfältig vorhandene örtliche Beteiligungsprojekte mit Kindern zu unterstützten, bekannt zu machen und weiter zu entwickeln.

Der Gemeinschaftsaktion steht ein Kuratorium unter meinem Vorsitz vor, dessen Mitglieder aus den Partnern der Gemeinschaftsaktion, den drei kommunalen Spitzenverbänden, der Vorsitzenden des Landesjugendhilfeausschusses sowie einem Vertreter aus Wissenschaft und Forschung, beste

hen. Dieses Kuratorium wird Anfang März dieses Jahres zu einer ersten konstituierenden Sitzung zusammentreffen und vor allem über Fördergrundsätze der Gemeinschaftsaktion beschließen. Mit ca. 200.000 DM pro Jahr - hiervon sind vom Kultusministerium 100.000 DM eingebracht worden, die durch Mittel der Partner ergänzt werden sollen alltags- und gemeinwesenorientierte Beteiligungsprojekte auf der örtlichen Ebene unterstützt werden. Wir sind natürlich auch froh über jede Spende, die demnächst in diese Gemeinschaftsaktion einfließt. Es wäre besonders erfreulich, wenn Sie mit dazu beitragen würden.

(Mühe [SPD]: Aber nicht im schwar- zen Koffer!)

Parallel zu diesen Schritten für eine gezielte und von mehreren Partnern getragene Projektförderung hat das Kultusministerium gemeinsam mit dem Landesjugendamt eine Broschüre zu Möglichkeiten der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen erstellt. Hierbei handelt es sich um Arbeitsmaterialien, die über wesentliche rechtliche Grundlagen, Modelle und wichtige Elemente von Beteiligung informieren. Enthalten sind darüber hinaus eine Zusammenstellung unterschiedlicher alltagsbezogener Beteiligungsprojekte aus Niedersachsen sowie Literaturhinweise. Die Broschüre wird demnächst veröffentlicht und geht Ihnen selbstverständlich sofort zu.

Wie in der Antwort der Landesregierung vom 27. August 1999 auf den genannten Beschluss des Landtages bereits mitgeteilt, war die Auslobung eines Wettbewerbs zur Unterstützung und Weiterentwicklung praktizierter Kinderfreundlichkeit auf der örtlichen Ebene zum Ende des Jahres 1999 noch nicht möglich, da ein solcher Wettbewerb, weil man ja mit anderen Partnern zusammenarbeitet, einiger Vorbereitung bedarf. Dieser Wettbewerb mit dem Ziel, Kinder als Einwohnerinnen und Einwohner jeder Gemeinde oder Stadt verstärkt in den Blickwinkel aller Maßnahmen kommunaler Tätigkeit zu stellen, wird von diesem Jahr an in jährlichem Turnus starten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu 1: Die kommunalen Spitzenverbände sind über den in Punkt 4 des Beschlusses vom 20. Januar 1999 ausgesprochenen Appell informiert. Unsere Ermittlungen haben ergeben, dass die entsprechenden Protokolle des Landtages den Geschäftsstellen

der Arbeitsgemeinschaft regelmäßig zugehen. Außerdem wurden in einem persönlichen Gespräch, das ich mit den Präsidenten und Geschäftsführern der kommunalen Spitzenverbände geführt habe, die Planungen des kinderpolitischen Konzeptes der Landesregierung ausführlich erörtert. Die Vielfalt der bereits jetzt in den niedersächsischen Kommunen vorhandenen und nirgendwo vorgeschriebenen Beteiligungsformen - wie Kinder- und Jugendparlamente, Foren, konkrete Projekte sowie Kinder- und Bürgerbüros - belegt ausreichend, dass im örtlichen Nahbereich bereits ein hohes Engagement für die Notwendigkeit einer verstärkten Beteiligung von Jungen und Mädchen vorhanden ist. Eine Unterstützung von vorhandener Einsicht in Notwendigkeiten und entsprechendem freiwilligen Einsatz durch die von mir genannten Maßnahmen scheinen mir nach dem gegenwärtigen Stand durchaus Erfolg versprechend.

Zu 2: Die bereits erwähnte Broschüre ist fertig gestellt und wird in Kürze gedruckt.

Zu 3: Die kommunalen Spitzenverbände sind nicht nur informiert, sondern durch die Mitgliedschaft im Kuratorium der Gemeinschaftsaktion „Niedersachsen - Ein Land für Kinder“ direkt beteiligt worden. Bei der geschäftsführenden Stelle der Gemeinschaftsaktion - der Bezirksregierung Hannover, Landesjugendamt - gehen bereits seit Anfang des Jahres Anfragen oder Anträge auf eine Projektförderung fernmündlich und auch schriftlich ein. Ich hoffe also, dass das ein Erfolg wird, und hoffe, dass auch Sie auf der kommunalen Ebene mit dazu beitragen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Eine Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Vockert.

Herr Präsident! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund der Broschüre, die auf Bundesebene zum gleichen Thema bereits herausgegeben worden ist und in der nachzulesen ist, dass wir in Niedersachsen eine ca. 34-prozentige Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Kommunen haben, frage ich Sie, ob in diesem Zusammenhang auch Projekte finanziert werden, die bereits jetzt laufen, oder sind diejenigen, die bereits bestehende Betei

ligungsformen anbieten, insofern außen vor, weil ihre Projekte schon laufen?

Bitte die Antwort!

Frau Vockert, wir werden in der ersten konstituierenden Sitzung zu beraten haben, wie die Fördergrundsätze zu gestalten sind, damit sich das Engagement, das bereits vorhanden ist, nicht nachteilig auswirkt.

Herr McAllister!

Herr Präsident! Frau Ministerin, beabsichtigen Sie oder beabsichtigt die Landesregierung eine mögliche Änderung der Niedersächsischen Gemeindeordnung bzw. der Landkreisordnung, um die Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen institutionell abzusichern?

(Möhrmann [SPD]: Für wen fragen Sie das jetzt? - Mühe [SPD]: Wir müssten das beschließen!)

Können Sie dazu Auskunft geben?

Sie wissen, dass diese Frage in dieser Debatte immer mal wieder auftaucht. Das gehört aber nicht zum kinderpolitischen Konzept der Landesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Damit kommen wir zur

Frage 5: Förderung von Projekten der Gewaltprävention im Jugendbereich

Herr Abgeordneter Pörtner, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Auf der Grundlage des Beschlusses des Landtages vom 22. Januar 1998 sind im Doppelhaushalt 1999/2000 Mittel zur Förderung von Projekten der Gewaltprävention im Jugendbereich zur Realisierung des Präventionsprogramms eingesetzt worden. Auf eine Anfrage (Drucksache 14/1015) teilte die Landesregierung mit, dass „beabsichtigt sei, für dieses Präventionsprogramm zusätzlich Mittel der Europäischen Union einzuwerben, die eine Ausweitung des zunächst geplanten Rahmens ermöglichen“ sollen. „Parallel dazu sollen die Vorbereitungen des Programms jedoch möglichst noch in diesem Jahr beginnen (...).“

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist das Präventionsprogramm - zwei Jahre nach Beschlusslage des Landtages - nun angelaufen?

2. Für welche konkreten Projekte sind wo und in welcher Höhe Mittel zur Verfügung gestellt worden?

3. Wie viel zusätzliche Mittel der Europäischen Union sind eingeworben worden, und in welchem Rahmen ist das Programm dadurch ausgeweitet worden?

Auch diese Frage beantwortet die Frau Kultusministerin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entwicklung des Präventionsprogramms entsprechend der Entschließung des Landtages vom 22. Januar 1998 ist Ende 1998/Anfang 1999 erfolgt und im Herbst 1999 abgeschlossen worden. In der Zwischenzeit, im März 1999 beginnend, ist die Möglichkeit aufgegriffen worden, sich an dem Projekt der Europäischen Union zur Einrichtung präventiver Nachmittagsangebote an Schulen auf der Basis der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe zu beteiligen, wie ich vorhin schon erwähnte. Damit sind weitere Mittel für das Präventionsprogramm eingeworben worden.