Protokoll der Sitzung vom 29.03.2000

(Fasold [SPD]: Welche Schule ist das?)

Wissen Sie, wie man das früher in der Bibel genannt hat? - Das war die wundersame Brotvermehrung. Das ist hier die wundersame Unterrichtsvermehrung.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, was die Frage eines Nachtragshaushaltes betrifft, so hat der Landesrechnungshof eindeutig auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes hingewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer grundlegenden Entscheidung festgestellt, dass ein Nachtragshaushalt aufzustellen sei, wenn sich die Haushaltsansätze als unzureichend erwiesen hätten oder sich sachliche Bedürfnisse ergäben, die das Haushaltsgesetz noch gar nicht enthalte. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig festgestellt, dass das Budgetrecht dem Notbewilligungsrecht vorgeht. Jetzt werden 500 neue Leerstellen geschaffen.

(Meinhold [SPD]: Lehrerstellen!)

- Zunächst einmal Leerstellen, auf denen die beurlaubten Lehrer saßen. Darauf kommen dann die Lehrer, die im Herbst eingestellt werden sollen. Nun soll das unabweisbar sein. Wir haben einen entsprechenden Antrag gestellt, der abgelehnt wurde. Seit zehn Jahren diskutieren wir das. Jetzt

hat auch Gabriel das begriffen. Das soll jetzt unabweisbar sein.

Eine Bildungsoffensive ist das alle Mal nicht. Wenn das eine Bildungsoffensive und nicht die Beendigung unterlassener Hilfeleistung sein soll,

(Beifall bei der CDU)

dann wäre es doch sinnvoll, sich zusammen zu setzen und das zu machen, was die Grünen beantragt haben, was aber abgelehnt wurde – jetzt ist noch Zeit –, indem unserem Antrag auf Aufstellung eines Nachtragshaushaltes zugestimmt wird. Lehrerversorgung, Ausbildungskonzept für Lehrer, Stärkung der Berufsschulen, Verlässliche Grundschule, die Frage, wie es mit den Orientierungsstufen weitergehen soll – das alles ist ein Paket, was mit zu berücksichtigen ist.

(Zuruf von Möhrmann [SPD])

Ich werde in diesem Zusammenhang auch noch ein paar Worte zu den Rechten des Parlamentes sagen müssen. Wir haben nachgefragt, wie das finanziert werden soll, und haben eine Vorlage dazu bekommen. Danach werden über 1.000 Vollzeiteinheiten eingespart.

(Fasold [SPD]: Was?)

Bei Herrn Bartling werden 355 Stellen eingespart.

(Möllring [CDU]: Polizisten!)

In der Justiz werden 175 Stellen eingespart. Das sind insgesamt 530 Stellen zulasten der inneren Sicherheit, und zwar in einem Jahr, in dem die EXPO stattfindet.

(Voigtländer [SPD]: Wollen Sie eine höhere Verschuldung?)

In der Finanzverwaltung werden 189 Stellen eingespart. Ich sage Ihnen noch ganz schnell, was die „Nordwest-Zeitung“ dazu geschrieben hat.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

„Das Chaos der Finanzverwaltung in Niedersachsen befürchtet der Landesverband der Deutschen Steuergewerkschaft. Sollte die rot-grüne Bundesregierung in Berlin die Unternehmenssteuerreform so beschließen, wie in dem zurzeit vorliegenden Referentenentwurf angedacht, kann die Finanzverwaltung den Laden zumachen, be

fürchtet der Landesverbandsvorsitzende Werner Lüerssen. In Niedersachsen führe Finanzminister Heinrich Aller (SPD) die Steuerverwaltung in zerstörerischer Weise. Lüerssen kritisiert die Zusage Allers im Landeskabinett, die Ausgabe für die Bildungsinvestitionen von 75 Millionen DM solidarisch mitzutragen. Allein in der Steuerverwaltung würden zwischen Mai und Juni 110 Plätze nicht wiederbesetzt.“

(Möhrmann [SPD]: Das ist das fal- sche Thema, Herr Kollege!)

Das sind die konkreten Auswirkungen. Vor diesem Hintergrund wird einfach mit dem Rasenmäher drübergegangen und gesagt: Da wird abgeschert, und zwar egal, ob die Aufgaben noch wahrgenommen werden. Das interessiert uns nicht. - Im Grunde ist das Parlament zu faul, einen Nachtragshaushaltsplan und - das ist unser Recht - das Budget aufzustellen. Dieses Recht müssen wir wahrnehmen. Mit Notbewilligungsmaßnahmen haben Sie ja schon seit Jahren Erfahrungen.

(Möhrmann [SPD]: Ihr müsst Anträge stellen! - Gegenruf von Möllring [CDU]: Wir haben Anträge gestellt!)

Sie haben ja eigentlich nur mit Bewirtschaftungsmaßnahmen Haushalte geführt.

Herr Kollege Rolfes, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja, ich habe aber noch 53 Sekunden.

Die haben Sie schon überschritten. Ich bitte Sie, nun zum Schluss zu kommen.

Ach so, die habe ich überschritten. Ich verspreche Ihnen, zum Schluss zu kommen.

(Mühe [SPD]: Das ist ja nicht mehr anzuhören!)

Wenn wir vor diesem Hintergrund keinen Nachtragshaushalt aufstellen, um eine Bildungsoffensive vernünftig abzusichern, dann weiß ich nicht, wo Ihre Verantwortung für Landespolitik liegt. Nehmen Sie diese Verantwortung wahr, und gehen Sie an die Arbeit, einen vernünftigen Nachtragshaushalt aufzustellen.

(Starker Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Golibrzuch, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht uns natürlich nicht darum, darüber zu streiten, ob diese Lehrerinnen und Lehrer schon zu einem früheren Zeitpunkt hätten eingestellt werden müssen. Sie wissen, dass wir das immer gefordert haben. Wir haben dazu Anträge gestellt. Wir haben das auch im Haushalt so gewollt. Wir finden, es war überfällig, und wir begrüßen das. Das ist für uns kein Grund zu streiten. Das wissen Sie auch.

Ich finde aber - hier kann ich unmittelbar an dem anknüpfen, was der Kollege Rolfes ausgeführt hat -, dass dieser Erlass, mit dem die Gegenfinanzierung sichergestellt werden soll, in der Tat problematisch ist. Ohne Frage ist es so, dass wir in weiten Bereichen der Landesverwaltung Effizienzreserven haben - um es einmal so zu formulieren und dass sich bei der Veranschlagung von StellenSoll und Stellen-Ist ein erheblicher Puffer ergeben hat, der mit diesem Erlass abgeschöpft werden soll. Ich finde es aber nicht überzeugend, dass jetzt, wenn auch in unterschiedlicher Weise, alle Ressorts zur Kasse gebeten werden. Diese werden aber nicht nur zur Kasse gebeten, sondern sie müssen auch Stellen abliefern. Ich meine, es ist richtig - hier muss man nicht jeder Propaganda und nicht jeder Lobbyistengruppe glauben -, dass es in einzelnen Bereichen hochproblematisch ist, wie die Gegenfinanzierung sichergestellt werden soll.

In vielen Bereichen - ich habe es bereits gesagt sind Effizienzreserven vorhanden. Ich meine aber - darüber werden wir ja am Freitag noch reden -, dass die Auswirkungen für die Finanzverwaltung katastrophal sind. Ich meine auch, dass es nicht in Ordnung ist, wie man bei den Richtern Stellen zusammenstreicht. Von daher ist das richtig, was wir schon vor einem viertel Jahr beantragt haben. Wir haben gesagt: Wir wollen diese zusätzlichen

Lehrerinnen und Lehrer, aber lasst uns eine seriöse Gegenfinanzierung machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Lassen Sie uns das durch zusätzliche Streichung im Bereich der Beihilfe, indem wir das umsetzen, was andere Bundesländer bereits machen - darüber haben wir oft geredet; ich muss das nicht ausführen -, gegenfinanzieren. Ich prophezeie Ihnen: Sie werden es im nächsten Jahr ohnehin tun müssen. Sie können einen solchen Kahlschlag quer durch alle Ressorts, insbesondere in der Einnahmeverwaltung des Landes, also bei den Finanzämtern, nicht noch einmal machen, weil es widersinnig und kontraproduktiv ist und weil es letztlich den Landeshaushalt Einnahmen kostet.

Von daher ist es für mich nicht ersichtlich, jedenfalls nicht in dieser Breite, warum man jetzt den Weg über personalwirtschaftliche Maßnahmen geht. Ich sage noch einmal: In einzelnen Bereichen ist das sicherlich richtig. Deswegen üben wir daran auch keine pauschale Kritik. Aber es versagt in der Feinsteuerung. Deshalb wäre es richtiger gewesen, den Weg eines Nachtragsetats zu wählen, wie das die Opposition oft genug gefordert hat.

Wir müssen ja dabei nicht nur über die Gegenfinanzierung der so genannten Bildungsoffensive reden. Sie wissen genauso gut wie wir, dass Ihnen der Landeshaushalt an vielen Stellen aus dem Ruder läuft. Es gibt z. B. im Bereich der Sozialhilfe, der Aufstockung der BBS-Stellen und des KitaGesetzes zusätzliche Ausgaben. Das ist alles das, was im Haushalt so nicht veranschlagt war. Wir haben aber natürlich an der einen oder anderen Stelle auch zusätzliche Einnahmen. Nun kann man ja versuchen, das irgendwie mit dem Haushalt durchzufummeln. Trotzdem wäre es korrekt - das ist auch eine Frage des Budgetrechtes des Parlaments -, das über einen Nachtragshaushalt zu machen. Das hängt Ihnen auch an. Der Landesrechnungshof hat Ihnen dazu einiges ins Stammbuch geschrieben, und zwar nicht nur zum haushaltswirtschaftlichen, sondern auch zum haushaltsrechtlichen Aspekt dieser Sache. Sie haben sich dabei allzu trickreich verhalten. Sie haben uns hier ein Problem beschert. Über die Finanzverwaltung werden wir - wie gesagt - am Freitag reden.

Ich glaube, dass mit diesem Erlass eine dauerhafte Gegenfinanzierung der Bildungsoffensive nicht sichergestellt ist. Ich glaube auch, dass Sie letztlich

den Einschüchterungen des Finanzministeriums erlegen sind. Die wollten um keinen Preis einen Nachtragshaushalt machen. Ich glaube ferner, dass insbesondere die völlig unsinnige Entscheidung, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts in Sachen BEB Revision einzulegen, der Tatsache geschuldet ist, dass man sonst einen Nachtragshaushalt nicht hätte vermeiden können. In der Sache überzeugt das nicht. Deswegen werden wir heute selbstverständlich auf der Linie unseres alten Antrages der Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht folgen, sondern den Antrag der CDUFraktion unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Herr Kollege Meinhold, Sie sind der nächste Redner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, dass Herr Busemann und Herr Klare, die ja die Bildungspolitik bei der CDU-Fraktion so nachhaltig unterstützen, nicht da sind.

(Frau Vockert [CDU]: Es geht um den Haushalt!)

Aber bei der CDU kann es jeder. Herr Rolfes hat es ja auch getan.

(Zuruf von der CDU: Hat er doch gut gemacht!)

Herr Rolfes, wichtiger ist der zweite Teil gewesen. Lassen Sie mich kurz darauf eingehen. Das ist das Zentralproblem der Finanzierung. Ich finde, Herr Golibrzuch hat den Finanzierungsvorschlag gerade in einer Art und Weise angesprochen, die sehr überzeugend ist. Wie es der Ministerpräsident angekündigt hat, werden wir die Bildungsoffensive ohne jede Mark zusätzlicher Schulden durchführen. Das ist der Unterschied, Herr Rolfes, zu Ihren Ausführungen. Wir werden diesen Haushalt für die Bildungsoffensive nicht mit einer zusätzlichen Mark Schulden belasten.

(Zuruf von Rolfes [CDU])