Protokoll der Sitzung vom 29.03.2000

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Mit dem Gesetzentwurf soll sich federführend der Ausschuss für innere Verwaltung befassen. Die Mitberatung soll erfolgen in den Ausschüssen für Wirtschaft und Verkehr, für Umweltfragen, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist so beschlossen.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 6: Zweite Beratung: Nationalparkgesetz - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1033 neu - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umweltfragen - Drs. 14/1423

Dieser Antrag war in der 34. Sitzung an den Ausschuss für Umweltfragen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen worden. Berichterstatter ist der Kollege Schack, dem ich jetzt das Wort erteile.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Beschlussempfehlung in der Drucksache 1423 empfiehlt Ihnen der Ausschuss für Umweltfragen, den Antrag der Fraktion der CDU abzulehnen.

Zu Beginn seiner Beratungen ließ sich der Umweltausschuss von Vertretern des Umweltministeriums ausführlich über die in Rede stehenden Abweichungen des Kartenwerks zum Nationalparkgesetz von den Darstellungen der Nationalparkverordnung „Niedersächsisches Wattenmeer“ unterrichten. Darüber hinaus ließen sich die Ausschussmitglieder vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst die hierdurch entstandene Rechtslage erläutern.

Die Vertreter der Antrag stellenden Fraktion legten im Verlauf der Ausschussberatungen eine Neufassung ihres Antrages vor und erklärten dazu, dass ihre Fraktion den Vorwurf, der Umweltminister

hätte das Nationalparkgesetz manipuliert, inzwischen zurückgenommen habe. Nach ihrer Auffassung sei es jedoch nach wie vor so, dass zahlreiche Festlegungen im Nationalparkgesetz von den maßgeblichen Vorgaben in der Nationalparkverordnung abwichen. Sie betonten, die Neufassung ihres Antrages enthalte ausdrücklich keine Bewertung, wie diese Abweichungen zustande gekommen seien und inwieweit zielgerichtetes Verhalten vorgelegen habe. Das solle dahingestellt bleiben. Festzuhalten bleibe aus Sicht der CDUFraktion allerdings, dass die ursprünglichen Zusicherungen seitens der SPD-Fraktion, der Landesregierung und des Umweltministers, die Verordnung im Verhältnis von 1 : 1 in Gesetzesform umzusetzen, nicht eingehalten worden seien.

Das fraktionslose Ausschussmitglied brachte zunächst seine Enttäuschung über die Neufassung des Antrages der CDU-Fraktion zum Ausdruck und bemerkte, dass für die im Ausschuss geführte Debatte kein Anlass mehr bestände, nachdem der Umweltminister Fehler eingestanden und „die Karten auf den Tisch gelegt“ habe. Offensichtlich habe jedoch die CDU-Fraktion nicht der Versuchung widerstehen können, dieses Thema auf den Nordsee-Inseln „auszureizen". Sofern die Antrag stellende Fraktion den Betroffenen vor Ort allerdings ernsthaft hätte helfen wollen, hätte sie ihre Vorschläge nach seinem Dafürhalten als Gesetzentwurf und nicht als Entschließungsantrag einbringen müssen. Da der Umweltausschuss das Thema mit großer Detailgenauigkeit abgearbeitet habe, plädierte der Abgeordnete dafür, dem Plenum die Ablehnung des Antrages der CDUFraktion zu empfehlen.

Die Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen machte deutlich, dass nach ihrer Einschätzung die von der CDU-Fraktion dargelegten Inhalte längst korrigiert worden seien. Die Beratungen hätten gezeigt, dass es Veränderungen gegeben habe und auch noch ein Korrekturbedarf bestehe. Ihre Fraktion gehe jedoch davon aus, dass entsprechende Korrekturen auch vorgenommen werden würden und die CDU-Fraktion daher gut beraten wäre, wenn sie ihren Antrag zurückzöge. Die von der SPD-Fraktion in ihrem Änderungsvorschlag erhobene Forderung habe sich durch die bisherige Arbeit des Umweltministeriums erledigt und sei deshalb nach Einschätzung der Grünen ebenfalls entbehrlich.

Der Sprecher der SPD-Fraktion machte demgegenüber deutlich, dass auch die Neufassung des

Antrages der CDU-Fraktion von seiner Fraktion als Unverschämtheit empfunden werde. Die Inhalte dieser Fassung seien im Grunde dieselben wie im Ursprungsantrag. Es sei nicht erkennbar, dass die CDU-Fraktion die ursprünglich erhobenen Vorwürfe zurückgenommen habe. Dementsprechend lehne die SPD-Fraktion auch die Neufassung mit aller Entschiedenheit ab. Denn in den Beratungen sei eindrucksvoll widerlegt worden, dass es sich bei den Abweichungen um Manipulationen oder bewusste erhebliche Veränderungen im Gesetzestext und im Kartenwerk handele. Offenbar habe die CDU-Fraktion nicht die Größe, den Ursprungsantrag zurückzuziehen.

Um einer „Legendenbildung“ dahin gehend vorzubeugen, dass infolge der Übertragungsfehler im Kartenwerk Chaos herrsche, beabsichtigte die SPD-Fraktion im weiteren Verlauf der Beratungen zunächst, den Antrag der CDU-Fraktion in einer in ihrem Sinn geänderten Fassung anzunehmen.

(Frau Pawelski [CDU]: Ist das ein Be- richt oder eine Rede? Sie bewerten doch auch! Das dürfen Sie doch gar nicht! - Gegenruf von Adam [SPD]: Das ist doch der Berichterstatter!)

- Das ist der Bericht, so wie er vorliegt, meine Damen und Herren.

(Frau Pawelski [CDU]: Vielleicht hat er ihn verändert! Es kann doch sein, dass Sie den verändert haben!)

Nichts anderes trage ich vor. Sie können das später wortwörtlich nachvollziehen und auch den Stenografischen Bericht einsehen.

(Unruhe - Zurufe von der CDU - Glo- cke des Präsidenten)

- Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, ich verlese und trage den Bericht über die von uns geführte Ausschussberatung vor, nichts anderes. Wenn Sie das anders bewerten, ist das Ihre Sache.

(Frau Pawelski [CDU]: Nein, Sie be- werten!)

Ich meine, das ist ein sachlicher Bericht, der hier vorgetragen wird. Mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident - -

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Einen Augenblick, bitte. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Wertschätzung für die Berichterstattung ist in diesem Parlament unüberhörbar. Das bedeutet für beide Seiten, dass ich Sie darum bitte, dass der Berichterstatter zu Ende sprechen kann. Über alles andere werden wir uns zu gegebener Zeit an gegebener Stelle unterhalten.

(Adam [SPD]: Richtig, Herr Präsi- dent!)

Der Berichterstatter fährt fort und wird seinen Bericht zu Ende bringen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich fange also noch einmal an.

(Heiterkeit)

Bitte nicht ganz von vorn!

Nicht ganz von vorn, Herr Präsident. - Um einer „Legendenbildung“ dahin gehend vorzubeugen, dass infolge der Übertragungsfehler im Kartenwerk Chaos herrsche, beabsichtigte die SPDFraktion im weiteren Verlauf der Beratungen zunächst, den Antrag der CDU-Fraktion in einer in ihrem Sinn geänderten Fassung anzunehmen. Dieser Änderungsvorschlag sah vor, die Landesregierung zu bitten, im Rahmen der angestrebten Prüfung und Bewertung der zum Gesetz über die Nationalparks „Niedersächsisches Wattenmeer“ und „Harz“ eingegangenen Anregungen und Bedenken auch Übertragungsfehler in dem Kartenwerk, das den Beratungen und der Verabschiedung des Gesetzes zugrunde lag, aufzulisten und die notwendigen Änderungsvorschläge kartenmäßig darzustellen. Da die SPD-Fraktion nach den Ausführungen ihres Sprechers jedoch keine Zweifel daran habe, dass die Landesregierung im Rahmen der Abarbeitung der zum Gesetz über die Niedersächsischen Nationalparks angenommenen Entschließung in der Drucksache 810 dieser Bitte ohnehin nachkommen werde, sprach sie sich schließlich für eine generelle Ablehnung des Antrages der CDU-Fraktion aus und zog den im Ausschuss unterbreiteten Änderungsvorschlag zurück.

Der Ausschuss für Umweltfragen empfahl sodann mit den Stimmen der Vertreter der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Vertreter der Fraktion der CDU, den Entschließungsantrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Umweltfragen bittet darum, seiner Beschlussempfehlung in der Drucksache 1423 zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD - Adam [SPD]: Sehr gut! Das ist ein Berichterstatter!)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Beratung, in der dann mögliche unterschiedliche Auffassungen vorgetragen werden können. Das Wort hat Frau Kollegin Pruin.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein gutes Dreivierteljahr her: Damals debattierten wir hier das Nationalparkgesetz. Schon damals hat die CDU-Fraktion die Eile kritisiert, mit der das Gesetz auf den Weg gebracht wurde - eine Eile, die unnötig war, weil wir eine gut funktionierende und vor allem von den Menschen vor Ort getragene Nationalparkverordnung hatten.

(Frau Pawelski [CDU]: So ist es!)

Die Eile war auch schädlich, weil diese Nationalparkverordnung nicht - wie versprochen - 1 : 1 in das Gesetz überführt wurde, sondern - wie sich kurz nach der Verabschiedung herausstellte - zum Teil erhebliche Veränderungen im Kartenwerk vorgenommen worden waren.

(Inselmann [SPD]: Legendenbildung ist das!)

Die konkreten Punkte hat mein Kollege Dr. Stumpf bereits in der ersten Beratung ausführlich dargestellt. Die Eile, mit der das Gesetz beschlossen werden sollte, hatte einen vermeintlichen Grund. Verhindert werden sollte, dass die Nationalparkverordnung durch eine entsprechende Klage per Gerichtsurteil aufgehoben werden könne. Aber damals wollte niemand klagen. Niemand auf den Inseln und auch auf dem Festland hatte die Absicht, die Verordnung zu Fall zu bringen. Denn diese während der Regierungszeit von Ernst Alb

recht in Kraft versetzte Verordnung war akzeptiert. Die Menschen standen dahinter

(Inselmann [SPD]: Das ist ja ganz neu!)

- hören Sie zu, Herr Inselmann!- und wussten, dass diese Regelung der Natur und ihnen als Bestandteil der Natur gleichermaßen Nutzen bringt und zu diesem Zeitpunkt bereits seit über einem Jahrzehnt Nutzen gebracht hatte.

Das Gesetz wurde verabschiedet und wies im Vergleich zur Nationalparkverordnung zum Teil erhebliche Veränderungen auf - Änderungen im Kartenwerk, die nicht gewollt waren. Es handelt sich wohlgemerkt nicht um die morphologischen Änderungen, die abgesprochen und eingearbeitet wurden.

In ersten Stellungnahmen Mitte August hieß es vonseiten des Umweltministeriums, die alten Druckvorlagen seien nicht mehr vorhanden gewesen. Dann hieß es, es seien Fehler bei der Farbgebung unterlaufen. Dieses Eingeständnis ist schon fast als niedlich zu bezeichnen. Denn Fehler bei der Farbgebung passieren manchmal auch meiner fünfjährigen Enkelin bei ihren Bildern. Bei ihr ist das nicht weiter schlimm; denn ihre Bilder werden nicht zu geltendem Recht. Bei den Farbgebungsfehlern des Umweltministeriums hingegen ist das schon ein wenig anders. Inzwischen wissen wir auch, dass es nicht verwechselte Buntstifte waren, sondern dass zum Teil erhebliche Änderungen materieller Art vorgenommen wurden.

Mit dem Gesetz wollte die Landesregierung die Nationalparke klagesicher machen. Zumindest für den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ ist ihr dies nicht gelungen - im Gegenteil. Waren sich die Kommunen und Bewohner auf den Inseln und dem küstennahen Festland bis zur Verabschiedung des Gesetzes in ihrer Meinung für den Nationalpark einig, so drohen seit der In-Kraft-Setzung Klagen vor dem Staatsgerichtshof.

So ist es schon interessant zu sehen, mit welchem Eifer das Umweltministerium zu retten versucht,

(Zuruf von Minister Jüttner)

was noch zu retten ist, Herr Jüttner, und in den Inselkommunen Versprechungen macht, die nur mit Wundertüten zu vergleichen sind. Von Golfplätzen und anderen schönen Dingen ist die Rede. Ich würde mich freuen, wenn diese Versprechun

gen auch eingehalten würden. Dann hätten sich nämlich der Einsatz und der Druck der CDUFraktion, den sie seit Monaten in dieser Angelegenheit ausübt, gelohnt.

(Beifall bei der CDU - Inselmann [SPD]: Was denn?)

Aber unser Kollege Inselmann hat die Sache mit dem Versprechen auf den Punkt gebracht: Herr Davidsohn kann versprechen, was er will. Die Entscheidungen aber treffen wir. - Das hat er gesagt.

(Zuruf von Inselmann [SPD])