Protokoll der Sitzung vom 21.06.2000

Man könnte den Antrag in Anlehnung an Ludwig Thoma aber kürzer fassen. Sie erinnern sich an die

Geschichte: Der Bayer Alois sitzt auf einer Wolke und erfüllt seine himmlischen Pflichten, indem er ohne Unterlass „Halleluja, Halleluja“ ruft, bis es ihm zu blöd wird und er nur noch sagt: Luja, sag i, luja, sag i. - Das kann auch Ihnen passieren, wenn Sie noch mehr solcher Anträge einbringen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Mir kommt dieser Antrag weniger als die Vorlage zu einer Beratung denn als die Anstimmung eines Jubelchors vor. Ich möchte kurz zusammenfassen, was wir hier eigentlich beschließen sollen: Der Landtag stellt fest, dass die Landesregierung gearbeitet hat. Der Landtag begrüßt, dass die Landesregierung das Gespräch mit den in den Nationalparken lebenden Menschen gesucht hat und zu Lösungen gekommen ist. Der Landtag dankt allen, die an den Konsensgesprächen mitgewirkt haben.

(Beifall bei der SPD)

Die Lösung sei optimal, weil allen gegeben und niemandem genommen werde. - Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, in diesen Jubelchor werden die Grünen nicht einstimmen. Wir fühlen uns durch einen solchen Antrag, gelinde gesagt, Herr Inselmann, veräppelt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Mittlerweile liegt uns ja die Unterrichtung durch die Landesregierung vor, auf die sich das Jubilate Ihrer Fraktion bezieht. Sie stellen darin fest, dass einerseits - das ist eine tolle Lyrik - durch die Einbeziehung ökologisch bereichernder Flächen der Naturschutz vorangebracht werde, andererseits aber auch den Interessen vor Ort im Hinblick auf die touristische Entwicklung und die verkehrliche Anbindung Rechnung getragen werde. So ausgewogen, wie sich das in Ihrem Antrag anhört, ist es aber leider nicht.

Wir begrüßen natürlich, dass eine Erweiterung der geschützten Fläche vorgesehen ist, dass der Nationalpark auf die Küste übergreifen soll und dass das Naturschutzgebiet Dollart endlich einbezogen werden soll.

(Inselmann [SPD]: Das ist doch schon mal was!)

Aber die Verkleinerung und Neuzuschnitte der Schutzzonen auf den Inseln sind erheblich. Ganze Strandbereiche sind wieder weiß, d. h. sie sind aus

den Ruhezonen herausgenommen. Dass existierende Flugplätze aus dem Nationalparkgebiet herausgenommen werden, ist nicht verwunderlich; denn da passen sie eigentlich auch nicht hinein. Aber warum müssen denn Landebahnverlängerungen mit eingeplant werden?! - Jede Insel hat versucht, ein Golfplatzprojekt unterzubringen; den meisten ist es gelungen. Die Inselgemeinden haben gefeilscht nach dem Prinzip: Ein paar Quadratmeter mehr zur Umwidmung in die Ruhezone, wenn wir dafür unseren riesigen Golfplatz bekommen.

Natürlich beneide ich Herrn Davidsohn auch nicht um seine 39 Gesprächsrunden, davon viele mit Vertretern, die nicht den Nationalpark verändern, sondern ihn am liebsten abschaffen wollen und in einer Art und Weise zündeln, wie, Frau Pruin, Ihre Fraktion das ja auch häufig gern getan hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Inselgemeinden sehen die Möglichkeit der Tourismusentwicklung im Nationalpark nämlich eingeschränkt. In Wirklichkeit hecheln sie mit ihren Vorstellungen einem vermeintlichen Trend hinterher, nämlich dem Trend Golfplätze, und glauben, dadurch ihre Attraktivität erhöhen zu können, und das in schöner Konkurrenz gleich zur nächsten Nachbarinsel. Ich kann mir gut vorstellen, wie das aussieht, wo das enden kann: Die Landebahnen werden verlängert, die Sportflieger kommen häufiger - die müssen ja auch immer ihre Stunden abdienen, um ihre Flugerlaubnis weiterhin zu haben -, am Wochenende fliegen die kurz in Langeoog oder in Borkum ein, golfen ein bisschen, düsen wieder ab, und zwar ohne im Zweifelsfall dort übernachtet zu haben.

(Zuruf: Genau so wird es kommen!)

Das Problem liegt doch nicht im Nationalpark, nicht in der Existenz von Zonen zum Schutz der Natur und des Wattenmeeres, sondern liegt in der fehlenden Tourismuskonzeption, in der fehlenden gemeinsamen Tourismuskonzeption der Inseln.

Wenn ich die Veränderungen vom Eindruck her bewerten sollte, was ich in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit aber nicht in vollem Umfang tun kann, dann würde ich sagen: Das Ganze läuft auf eine Entkopplung des Nationalparks von den Bereichen der Kommunen für Tourismus hinaus. Die vorgesehenen Änderungen bedeuten trotz der Erweiterungen an anderen Stellen in vielen Punkten insgesamt eine Schwächung und eine Abwertung des Nationalparks. Ein ganz be

sonderes Highlight ist im Übrigen noch darin zu sehen, dass die Verlagerung von Kompetenzen auf die Landkreise vorgesehen ist.

(Frau Pruin [CDU]: Das ist wichtig!)

Das wird die Nationalparkverwaltung weiter schwächen und die Begehrlichkeiten der Kommunen und deren Hineinregieren noch verstärken. Das heißt: Die Perspektive der Entwicklung einer Nationalparkregion ist weit weg, und es ist nicht verwunderlich, dass bereits jetzt im innerdeutschen Ranking der Nationalpark am schlechtesten bewertet wird.

Zum Schluss noch eine Anmerkung - auch wenn es sich schon fast gar nicht mehr lohnt, darüber zu reden - zu diesem Verfahren: Wir haben den Zeitungen von Ende Mai ohne Ende entnehmen können, was vonseiten der SPD-Fraktion über die Unterrichtung dargestellt wird, welche Gespräche mit den Kommunen geführt wurden. In der Zeitungsberichterstattung - Sie brauchen sich das nur anzuschauen - wird alles als vollendete Tatsache gehandelt.

(Beifall bei der CDU)

Sie glauben doch nicht wirklich, dass Sie in der Diskussion im Ausschuss, wenn sich dort ergibt, dass man auch anders gewichten könnte, etwas von diesen Kompromissen, die Sie da eingegangen sind, wieder zurücknehmen werden. So etwas zu behaupten wäre doch wirklich Augenwischerei.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Herr Swieter, der sich eigentlich auch auskennen müsste, geht sogar so weit, schon den Gesetzentwurf der Landesregierung mit all den wunderbaren Neuerungen zu begrüßen, die dieser Gesetzentwurf mit sich bringe.

(Vizepräsident Jahn übernimmt den Vorsitz)

Von daher wissen wir, woher der Wind ungefähr weht und was wir von der kommenden Beratung zu halten haben. Ich frage mich wirklich, was wir da eigenltich noch beraten sollen, wozu wir hier im Parlament eine Beratung führen sollen. Für Schaufensterdebatten? - Nach sechs Jahren Alleinregierung ist Ihnen die Arroganz der absoluten Mehrheit ganz schön zu Kopfe gestiegen.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Das Wort hat noch einmal der Kollege Inselmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es bedauerlich, dass sich die Grünen nicht mit uns freuen wollen, aber wir können uns auch allein freuen, Frau Steiner.

(Frau Steiner [GRÜNE]: Das macht ihr heute Abend sowieso!)

Auch das macht Spaß, keine Sorge.

Im Übrigen hat das nichts mit Arroganz zu tun. Aber wir sind natürlich schon selbstbewusst, wenn wir etwas Gutes geleistet haben. Ich finde, dass die Landesregierung hier eine sehr gute Vorleistung für uns erbracht hat. Das ist eine sehr gute Materialsammlung, eine sehr gute Darstellung dessen, was auf den Inseln gewünscht wird und was zum Teil ja auch die Umweltverbände wünschen. Insofern liegt hiermit ein Kompromiss vor.

Natürlich werden wir diesen Kompromiss um das ergänzen, was die Gespräche erbringen, und auch um die Anregungen und Bedenken ergänzen, die die Anhörung erbringen wird. Das ist doch klar. Wir als Parlament sind doch Herr oder Frau des Verfahrens. Ich verstehe auch nicht, dass Sie von so wenig Selbstbewusstsein getragen sind. Wir wollen gern dabei helfen, Ihnen das Selbstbewusstsein wieder beizubringen, d. h. wir machen das gemeinsam im Ausschuss, und zwar konstruktiv mit der Landesregierung.

Meine nächste Bemerkung bezieht sich auf das, was Frau Pruin angesprochen hat. Ich nehme als Beispiel Langeoog: Mehr als 75 % der Forderungen der Insel sind nach dem Bericht erfüllt. - Sie haben hier gesagt, dass deren Forderungen nicht haben umgesetzt werden können. In Wahrheit sind mehr als 75 % der Forderungen erfüllt.

Auch den Beschluss der Inselgemeinden zur Klage haben Sie unfairerweise nur halb zitiert. Natürlich haben sie gesagt, sie reichten die Klage ein, um die Frist zu wahren. Sie haben aber auch gesagt, dass sie die Klage zurücknehmen, wenn der Bericht umgesetzt wird, Frau Pruin. Das ist der Beschluss der Inselgemeinden. Das ist doch schon einmal ein

Vertrauensbonus für die Landesregierung und auch für uns im Parlament, wenn die sagen: Was in dem Bericht steht, das ist eine Konsensmöglichkeit, die wir bereit sind zu akzeptieren. - Ich finde, Frau Pruin, das muss man positiv werten. Das ist doch schon einmal ein Zeichen, dass dort mit dieser Sache konstruktiv umgegangen wird, übrigens konstruktiver, als Sie das hier getan haben.

Meine nächste Bemerkung bezieht sich auf den Dollart. Ich habe das schon einmal gesagt, Frau Pruin. Wir sind nicht im Jahre 1996, sondern im Jahre 2000. Wir haben ein Verfahren, und der Dollart ist in dem Bericht der Landesregierung enthalten. Wenn jetzt gute Argumente dafür gebracht werden, dass Flächen dazukommen sollen oder herausgenommen werden sollen, dann werden wir das machen. Aber wir haben das auf das eigentliche Naturschutzgebiet bezogen. Das hat ja auch gute Gründe. Die Stichworte „Holland“ bzw. „Grenze“, die Sie angesprochen haben, sind in diesem Zusammenhang überhaupt nicht relevant, sondern es geht nur um die Fläche des Dollart, d. h. um das reine Naturschutzgebiet.

Das ist aber nicht das Problem. Das können wir machen, Frau Pruin. Das ist wohl auch nicht das, was kritisiert wird. Es wird bei den Gesprächen mit den Küstengemeinden um Verfahrensfragen gehen, die wir auch klären werden.

Als Letztes komme ich zur EU-Gesetzgebung. Das hat Frau Steiner natürlich auch wieder nicht richtig dargestellt. Warum müssen die Landebahnen denn verlängert werden? - Sie müssen es, weil es eine neue EU-Gesetzgebung gibt. Wenn wir das nicht machen würden, dann müsste man für jede Flugbewegung, die dort stattfindet, jeweils eine Startund Landeerlaubnis von der Bezirksregierung Weser-Ems einholen. Solchen Unsinn machen wir nicht mit. Deshalb haben wir im Sinne der Inselgemeinden gesagt: Das wird herausgenommen, und die Landebahnen werden verlängert.

(Beifall bei der SPD)

Ich meine, dass auch der Naturschutz damit leben kann. Es ist völlig unsinnig, eine Landebahn unter Naturschutz stellen zu wollen. Solche Dinge, Frau Steiner, führen - -

(Zuruf von Frau Steiner [GRÜNE])

- Das ist aber das, was die Naturschutzverbände fordern. Sie sagen: Die Landebahn generell unter Schutz stellen; kein Flugverkehr mehr auf den

Inseln. Solch ein Unsinn trägt dazu bei, dass die Akzeptanz für den Nationalpark schwindet. Das machen wir nicht mit. Genau das Gegenteil wird passieren, wenn wir das so machen, wie wir es vorgeschlagen haben: Die Akzeptanz wird steigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Pruin möchte ihre winzige Restredezeit noch nutzen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Inselmann, zunächst einmal möchte ich sagen: Sie wollten unser Selbstbewusstsein stärken. Stärken Sie erst einmal Ihr eigenes.

(Beifall bei der CDU)

Sie sagten: Wenn der Bericht denn umgesetzt wird, dann sind alle zufrieden.