Erstens. Es gibt weltweit einen Milliardenmarkt für Investitionen und kontinuierliche Unterhaltung von Maßnahmen in der Wasserwirtschaft. Dieser Markt findet ohne deutsche Beteiligung statt. Wer über Zukunftsfähigkeit redet, muss auch über internationale Wettbewerbsfähigkeit reden. Es geht auf Dauer nicht an, dass Deutschland sich in diesem Bereich nicht positioniert. Das ist übrigens einer der Gründe, warum der Bundeswirtschaftsminister der Meinung ist, dass hier Handlungsbedarf besteht. Ich kann ihm an dieser Stelle nicht widersprechen, vor allem deshalb nicht, weil in Deutschland das Know-how in Sachen Betrieb und Standortsuche von Wasserunternehmen exzellent ist. Da dürfen wir uns nicht verstecken. Hier haben wir wirklich etwas zu leisten und voranzutreiben.
Zweitens. Machen Sie sich nichts vor! Die deutsche Wasserwirtschaft hat einen jährlichen Umsatz von 30 bis 40 Milliarden DM. Wer glaubt, das sei für die internationalen Konzerne nicht lukrativ, der irrt. Wer die Situation zahlreicher deutscher Kommunen richtig einschätzt, der weiß, dass so manchem Kämmerer die Finger jucken, hier von den kommunalen Dominanzen Abstand zu nehmen. Beispiele dafür kennen wir nicht nur aus Rostock, sondern auch aus Niedersachsen.
Es kommt darauf an, dass wir diesen so wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge in die Lage versetzen, dem Wettbewerb standzuhalten. Es kommt darauf an, die ökologischen Anforderungen, die meine Vorredner beschrieben haben, mit der Wettbewerbsfähigkeit in Einklang zu bringen. Die Vorstellung, dass die Wettbewerbsfähigkeit in
Deutschland und in Niedersachsen auf jeden Fall gewährleistet ist, vermag ich nämlich nicht zu teilen.
Deshalb habe ich provoziert - das räume ich ein und eine Kommission eingesetzt, die in diesem Monat ihre Arbeit aufnimmt mit dem Ziel, die niedersächsische Wasserwirtschaft so aufzustellen, dass sie selbst in einem liberalisierten Markt, für den ich nicht plädiere und hinsichtlich dessen ich große Bedenken habe, ihre Überlebenschancen behält. Darauf kommt es an. Wir reden über ein sensibles Produkt, wir reden über den Kernbereich kommunaler Daseinsvorsorge. Als zuständiger Ressortminister ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass dieser Bereich auch in zehn Jahren noch regional dominiert werden kann und nicht einigen großen internationalen Konzernen anheim gefallen ist.
Aber, Herr Hogrefe, das geht nicht, indem man sich zurücklehnt und alles gutbetet. Das geht nur, indem man die tatsächlich vorhandenen Problemlagen auch deutlich beschreibt und landespolitische und regional angemessene Antworten findet. In einem Jahr werden wir Ihnen den Kommissionsbericht vorlegen. Dann können wir hier in der Sache diskutieren, wie wir die Zukunftsfähigkeit der niedersächsischen Wasserwirtschaft weiterhin gewährleisten wollen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Minister Jüttner in einem Punkt ausdrücklich beipflichten. Es reicht nicht, wenn wir hier in Niedersachsen über unsere Wasserversorgung reden und dabei nicht den Blick über die Grenzen unseres Landes hinaus richten. Ich wundere mich ein wenig über den Antrag der SPD-Fraktion, weil darin mit keinem Wort darauf eingegangen wird, dass das Europäische Parlament am letzten Donnerstag oder Freitag in Straßburg beschlossen hat - ich war dabei -, für die Europäische Union eine neue Wasser-Rahmenrichtlinie zu erlassen, über die sich die Kommission und das Parlament im Sommer im Wege eines Kompromisses verständigt haben und die noch in diesem
Monat in Kraft tritt. Diese Wasser-Rahmenrichtlinie regelt bis ins Einzelne alles, was innerhalb der Europäischen Union mit Wasser zu tun hat.
Sie regelt im Einzelnen, wie Wasser in einem Flussgebietssystem von der Quelle bis zur Mündung zu schützen ist. Wir tun das in Niedersachsen schon vielfach und haben damit auch schon vor Ihrer Regierungszeit angefangen, als wir nämlich 1990 das Wassergesetz beschlossen haben. Das ist hier sehr gut bekannt. Wir haben damals gemeinsam aus unterschiedlichen Positionen heraus daran gearbeitet.
Diese europäische Wasser-Rahmenrichtlinie regelt das aber in einem viel größeren Ausmaß, als wir das bislang gekannt haben, und geht dabei auch auf die Wasserversorgung ein. Wenn Sie sich diese Wasser-Rahmenrichtlinie anschauen und gleichzeitig die europäische Transparenzrichtlinie hinzuziehen, die allen öffentlich-rechtlichen Versorgern auferlegt, ihre Bücher offen zu legen, wenn irgendjemand dies wünscht - auch wenn ein Wettbewerber am Markt dies wünscht, müssen die Bücher bis ins Letzte aufgedeckt werden -, dann können Sie doch nicht davon ausgehen, dass diese vom Europäischen Parlament beschlossene Entwicklung, die in Niedersachsen in absehbarer Zeit, ob wir es wollen oder nicht, Gesetz wird, keine Auswirkungen auf die Wasserversorgungsstruktur in unserem Land haben wird.
Es ist vorhin schon gesagt worden: Im Nordwesten Niedersachsens sitzt der größte Wasserversorger Deutschlands. Daneben gibt es in Niedersachsen mehr als 300 Wasserversorger unterschiedlicher Größe, darunter auch ganz kleine. Herr Minister Jüttner hat die Begehrlichkeiten aufgezeigt. Die sind international gegeben. Die Augen der großen Unternehmen sind auf Deutschland und auch auf Niedersachsen gerichtet. Was mit den Harzwasserwerken begonnen hat, wird sich in anderen Bereichen fortsetzen.
Wenn Sie sagen, den Kämmerern juckt es aufgrund der Finanznot ihrer Gemeinden in den Fingern, dann müssen Sie einmal überlegen, woher die Finanznot kommt. Damit wären wir wieder bei der Politik des Landes gegenüber den Kommunen in Niedersachsen.
Meine Damen und Herren, ich wollte nur daran erinnern, und ich bitte sehr herzlich darum, bei den Beratungen in den entsprechenden Ausschüssen - ich hoffe, dass der Antrag zur Mitberatung auch an den Europaausschuss des Landtages überwiesen wird - die europäische Dimension der Wasserpolitik für Niedersachsen sehr genau in Augenschein zu nehmen. Diese neue Wasser-Rahmenrichtlinie liegt, soviel ich weiß, noch nicht in deutscher Übersetzung vor. Sie wird aber in allernächster Zeit in Europa Gesetz werden. Vorgesehen ist der September dieses Jahres. Ohne Berücksichtigung dieser europäischen Dimension brauchen wir uns in Niedersachsen über Wasserversorgung überhaupt nicht mehr zu unterhalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kommt ja selten vor, dass ich mit der CDU übereinstimme. Aber in dieser Frage ist die Übereinstimmung, denke ich, ziemlich groß, Herr Wulff.
(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das ist uns sehr unangenehm! - Mühe [SPD]: Beifall von der falschen Seite!)
Das hängt einfach damit zusammen, dass hier die CDU der Liberalisierung eines zentralen Bereichs der Daseinsvorsorge im Prinzip widerspricht. Das ist auch notwendig, weil Wasser nicht, wie Atemluft, ständig verfügbar und nicht, wie Strom, immer von gleicher Qualität ist. Wasser ist ein Produkt, das man braucht, Wasser ist unsere Existenzgrundlage. Die Wasserversorgung ist damit eine Aufgabe der Gemeinschaft.
In Niedersachsen ist die Wasserversorgung glücklicherweise immer noch überwiegend öffentlichrechtlich bzw. gemeinwirtschaftlich organisiert. Das hat sich hier so entwickelt. Sie ist erst in die Diskussion gekommen, als die größte norddeutsche Wasserreserve, nämlich das Harzwasser, durch diese Landesregierung verkauft worden ist. Wann saßen denn die Vertreter der französischen Konzerne in unseren Abgeordnetenzimmern auf den Tischen? - Das war doch genau in dieser Phase. Und welche Kommune in diesem Land war es? Es war die des Ministerpräsidenten, die als Erste ihren Wasser- und Abwasserbereich an einen französischen Konzern übertragen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag, über den wir hier reden und den ich mir sehr genau durchgelesen habe, enthält sehr viele unkonkrete Formulierungen. Ursache dafür ist, dass die eigentliche Zielsetzung verschleiert ist. Minister Jüttner hat die Zielsetzung aber klar gemacht. Es wird darauf verzichtet, dafür zu sorgen - auch auf Bundesebene -, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen ausgeschöpft werden, um die Liberalisierung des Wassermarktes zu verhindern. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden durch diese Landesregierung auch auf Bundesratsebene nicht ausgeschöpft.
- Doch, das ist so. Das geht auch an die Adresse der Grünen, Frau Steiner. - Wenn Sie ernsthaft der Meinung wären, dass diese Liberalisierung nicht gewollt ist, dann hätten wir auf Bundesebene eine ganze Reihe von Handlungsmöglichkeiten, die wir ausschöpfen könnten. Dadurch würden unsere Wasserversorger geschützt. Nun aber die Parole auszugeben, dass sich diese Wasserversorger dem internationalen Wettbewerb stellen sollen mit der Folge, dass unser Know-how exportiert wird, wird - wie Sie ganz genau wissen - nicht funktionieren können. Wir haben schon jetzt die Situation, dass der größte deutsche Energieversorger über den Verkauf der Harzwasserwerke hier in Deutschland im Wettbewerb bereits einen zentralen Punkt gesetzt hat. Dieser Energieversorger hat - wie es damals bei der Preussag mit den Wohnungen gewesen ist, worüber wir gestern schon diskutiert haben - Interessen. Er ist kein Wasserversorger. Der ist nicht mit der Heimat und den natürlichen Ressourcen der Leute verbunden. Dieser Energieversorger hat ganz konkrete geschäftliche Interessen. Diese geschäftlichen Interessen werden künftig auch die Wasserpolitik bestimmen, wenn wir
Wenn wir das nicht wollen, müssen wir zum Ordnungsrecht greifen und die bundesrechtlichen Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen. Die regionalen Versorger dürfen nicht glauben, dass sie auf den internationalen Markt gehen müssten, denn genau dafür sind sie nicht geeignet.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, mit diesem Antrag den Ausschuss für Umweltfragen federführend zu befassen. Zur Mitberatung soll dieser Antrag an die Ausschüsse für Sozial- und Gesundheitswesen, für Wirtschaft und Verkehr, für innere Verwaltung sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen werden. Soeben hatte Kollege Eveslage darum gebeten, dass mitberatend auch noch der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten tätig werden möge. - Wenn es keine gegenteiligen Auffassungen gibt, kann ich jetzt feststellen, dass das Haus damit einverstanden ist. Das ist dann so beschlossen. - Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.
Tagesordnungspunkt 26: Einzige (abschließende) Beratung: Ernennung des Ministerialrats Dipl.Sozialwirt Dr. Heinz Thörmer, Niedersächsische Staatskanzlei, zum Mitglied des Landesrechnungshofs - Antrag der Landesregierung - Drs. 14/1805 - Beschlussempfehlung des Ausschusses zur Vorbereitung der Zustimmung des Landtages nach Artikel 70 Abs. 2 der Verfassung - Drs. 14/1814
Gemäß § 56 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird ein Bericht über die Ausschussberatung nicht erstattet. Es wird ohne Aussprache abgestimmt.
- Das Amt, um das es jetzt geht, ist nicht ganz unwichtig. - Ich lasse jetzt abstimmen. Meine Damen und Herren, wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 1814 und damit der Ernennung des Ministerialrats Dr. Heinz Thörmer zum Mitglied des Landesrechnungshofs zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Damit ist Herr Dr. Thörmer bei einer Neinstimme zum Mitglied des Landesrechnungshofs bestimmt worden.
Verehrter Herr Thörmer, ich darf Ihnen die Glückwünsche des Hauses aussprechen. Ich wünsche Ihnen im Interesse des Landes viel Erfolg bei Ihrer Arbeit. Persönlich wünsche ich Ihnen bei Ihrer Arbeit auch viel Freude. Herzlichen Glückwunsch.
Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein und sehen uns wieder um 14.30 Uhr. Ich unterbreche die Sitzung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, Sie hatten eine erholsame Mittagspause. Wir fahren mit unserer Tagesordnung fort.
Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung: Menschen vor gefährlichen Hunden schützen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/1843
Zur Einbringung hat sich Herr Kollege Schumacher gemeldet. Herr Schumacher, ich erteile Ihnen das Wort.
des kleinen Volkan haben die Politik in den Ländern und damit auch in Niedersachsen zum sofortigen Handeln gezwungen. Die Politik war nicht nur aufgrund des entstandenen öffentlichen Drucks, sondern auch aus der Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern heraus gezwungen, sich dieser Problematik zügig anzunehmen.