Bevor der zuständige Ressortminister die Wasserwirtschaft in Niedersachsen als nicht wettbewerbsfähig darstellt, mehr Wirtschaftlichkeit fordert und mit der EU-Wasserrichtlinie droht, hätte er zunächst einmal darüber nachdenken sollen, ob dies gegenüber den Betroffenen gerecht und angemessen ist. Fair wäre es aus unserer Sicht, zunächst einmal die unumstrittenen Stärken der derzeitigen Struktur der Wasserversorgung in Niedersachsen zu benennen, und zwar an erster Stelle die große Versorgungssicherheit, die in der Regel akzeptable Preisgestaltung, das flächendeckende Versorgungsnetz, den schonenden Umgang mit dem in vielen Regionen knappen Gut und vor allem die ortsnahe Versorgung und das auf Verantwortung und Nachhaltigkeit gegründete Bewirtschaftungskonzept.
Meine Damen und Herren, gerade die älteren Mitglieder dieses Hauses bzw. der Landesregierung werden sich sicherlich noch daran erinnern, dass alles dies in unserer Kindheit überhaupt nicht selbstverständlich war. Die Wasserversorgung war in vielen ländlichen Regionen und insbesondere im Küstenbereich ein Riesenproblem, und in den Städten gab es die unselige Chlorierung. Da wir die Leistungsfähigkeit der kommunalen Ebene auf diesem Gebiet der Daseinsvorsorge also schätzen gelernt haben und da wir wissen, was es dort auch an ehrenamtlichem Engagement gibt, sagen wir zunächst einmal: Herzlichen Dank für das, was hier von unseren Vätern und Großvätern geschaffen wurde.
Meine Damen und Herren, aus Verbrauchersicht gibt es für eine so genannte Liberalisierung der Wasserversorgung eigentlich überhaupt keinen Grund. In Deutschland zahlt man, gemessen am Lebensstandard, mit die geringsten Wasserentgelte in ganz Europa. Wenn England und Frankreich hier immer als Beispiele für Liberalisierung zitiert werden, dann sage ich Ihnen, dass in diesen Ländern, in denen wenige Großunternehmen das Marktgeschehen bestimmen, die Trinkwasserpreise wesentlich höher und die Qualität und die Versorgungssicherheit schlechter sind.
Die SPD-Fraktion hat hier noch einmal deutlich gemacht, dass sie offenbar am Regionalprinzip in der Trinkwasserversorgung festhalten will. Ich möchte das hier ausdrücklich begrüßen. An den Minister appelliere ich, dass sich auch sein Haus dem anschließen möge; denn durch dieses Regionalprinzip hat die Bevölkerung die Gewähr für ein individuelles Trinkwasser aus heimischer Quelle.
Sehen wir uns doch einmal an, wie das abläuft, wenn wie in Rostock ein Großunternehmen den Auftrag bekommt, die Bevölkerung zu versorgen: Dann wird aus reinem Flusswasser, aus Warnowwasser, durch Filtrierung, Chlorierung und Ozonierung ein so genanntes Basic-Wasser ohne jeden Bodenkontakt hergestellt. Daraus einen vernünftigen Tee zu brauen, ist sicherlich nicht einfach, meine Damen und Herren.
Ich möchte auf ein anderes Verdienst der mittelständischen Wasserversorgung in unserem Land hinweisen: den sparsamen Umgang mit Wasser. In den letzten zehn Jahren hat sich der Wasserverbrauch pro Kopf in Deutschland von 145 l auf 125 l verringert, und zwar deshalb, weil die Verkäufer dieses Wassers aktiv für den sparsamen und umweltgerechten Umgang mit diesem knappen Gut geworben haben.
Meine Damen und Herren, angesichts der Wasserknappheit in diesem Jahrhundert ist es doch wohl eine Hauptaufgabe, mit diesem Gut sparsam umzugehen. Nun stellen Sie sich einmal vor, wie ein großes Wirtschaftsunternehmen das dann seinen Kapitalgebern erklären soll.
Gerade aus ökologischer Sicht will die CDUFraktion eine Stärkung der regionalen Verantwortung in der Wasserwirtschaft. Nur so ist nämlich zu gewährleisten, dass in Kooperation mit den Landnutzern ein wirklich langfristiges Konzept zum vorsorgenden Schutz der Wasservorräte und der Wasserspeicher Platz greift. Die vor Ort gewählten Ratsmitglieder, die Verbandsvorstände, die ja Land und Leute kennen und Verantwortung für beide Seiten tragen, sowohl für einen moderaten Wasserpreis als auch für den Erhalt der Umwelt, sind aus unserer Sicht die Garanten dafür, dass hier vorsorgend gehandelt wird.
Meine Damen und Herren, gegen eine Beteiligung privater Unternehmen haben wir überhaupt keine Bedenken, ja, wir halten sie sogar für wünschenswert. Aber die Verantwortung muss bei den Regionen und bei den Kommunen bleiben. Außerdem muss natürlich Wettbewerbsgleichheit bestehen bleiben.
Geprüft werden sollte aus unserer Sicht, ob kommunalen Unternehmen - auch, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern - in Abweichung von § 108 Abs. 1 der Niedersächsischen Gemeindeordnung die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, auch außerhalb ihrer bisherigen Gebiete tätig zu werden. Ebenso, meinen wir, sind Hemmnisse zu beseitigen, die jetzt noch verhindern, dass Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung optimal aus einer Hand betrieben werden.
Meine Damen und Herren, eines will ich hier aber auch ganz deutlich sagen: Für das Einräumen von Durchleitungsrechten sehen wir beim Trinkwasser keinen Grund. Trinkwasser ist eben nicht wie Strom eine Massenware, sondern es ist ein Naturprodukt mit Eigenart und Regionalbezug.
Zusammengefasst: Während sich die Sozialdemokraten zumindest im Bund zunehmend einseitig für Großunternehmen einsetzen, kümmern wir uns mit Nachdruck um die Stärkung mittelständischer Strukturen,
und um die Stärkung mittelständischer Strukturen geht es in ganz besonderem Maße beim Trinkwasser; denn dort geht es um Nachhaltigkeit, um Versorgungssicherheit, um örtliche und regionale Verantwortung sowie um ein Denken in Generationen.
alle Fraktionen einig. Da muss ich natürlich auch noch etwas Lyrik beitragen und darauf hinweisen: Wasser ist ein Naturprodukt, es ist Lebensmittel Nr. 1 und Teil der Daseinsvorsorge. Seine ordnungsgemäße Entsorgung ist sogar eine hoheitliche Aufgabe. Wollen wir dem Ziel einer nachhaltigen Wasserversorgungspolitik gerecht werden und sauberes, reines Wasser in ausreichender Menge auch für nachfolgende Generationen sichern, dann müssen wir einen schonenden und ressourcensparenden Umgang mit Wasser durch die heutige Generation erreichen.
Vor dem Hintergrund der Konzentrationsbestrebungen auf dem europäischen Wassermarkt berühren die Debatten zur Privatisierung der Wasserversorgung und zur Liberalisierung des Wassermarktes unmittelbar das Ziel einer nachhaltigen Wasserwirtschaft. Schon jetzt zeichnet sich ein klarer Trend ab: Die großen Energieversorger drängen auch auf den Wassermarkt. Sie wollen das lukrative Geschäft nicht allein den beiden weltgrößten Wasserversorgern aus Frankreich überlassen, sondern selbst einkaufen. Bei ihren Einkaufstouren erwartet sie in den kommenden Jahren hierzulande ein reichhaltiges Angebot, da viele Städte klamm sind und anstehende Investitionen fürchten.
- Beifall klatschen! - Ein Betreibermodell mit „Public-Private-Partnership“ sehen immer mehr deutsche Kommunen als Weg, um dringend benötigtes Kapital in ihre Not leidenden kommunalen Haushalte zu spülen. Gleichzeitig lässt das Bundeswirtschaftsministerium prüfen, was eine Aufhebung des Gebietsmonopols für den Wassermarkt bedeuten würde. Das würde heißen, dass die Verbraucher nicht mehr an einen einzigen örtlichen Anbieter gebunden wären, sondern wie beim Strom unter verschiedenen Anbietern auswählen könnten. Deswegen, Herr Hogrefe, würde ich mir an Ihrer Stelle auch ziemlich genau überlegen, ob ich an der Stelle anfangen würde, etwas zu verändern.
Bisher ist der Markt in Deutschland recht klar gegliedert: Drei Viertel der 7.000 regionalen Wasserversorger sind öffentlich-rechtlich im Besitz von Kommunen organisiert. Im verbleibenden privaten Viertel befinden sich viele Stadtwerke, die ganz oder zum Teil in kommunaler Hand sind. Die Struktur in Niedersachsen mit seinen 346 Wasserversorgungsunternehmen ist dem vergleichbar. Durch jahrelange Arbeit - das wurde hier auch
schon betont - haben die Wasserwerke erreicht, dass man fast überall in Deutschland das Wasser aus der Leitung trinken kann, was in anderen europäischen Ländern nicht unbedingt der Standard ist. Dafür wurden Abkommen mit den Landwirten geschlossen, damit in den Wassereinzugsgebieten weniger Nitrate ins Grundwasser kommen. Auch bestimmte Reinigungstechniken haben sich als Normalstandard etabliert, sodass auf die Sicherheitschlorung verzichtet werden kann.
Würde nun der Wassermarkt vollständig liberalisiert - vergleichbar dem Strommarkt - und würde der Gebietsschutz aufgehoben, dann fielen dem als erstes ökologische Gratisleistungen zum Opfer. Ein vorsorgender Grundwasserschutz findet keinen buchhalterischen Eingang in die Gewinnrechnung, sondern wird als Verlust ausgewiesen. Ein sparsamer Wasserverbrauch widerspricht dem unternehmerischen Grundsatz der Gewinnoptimierung. Das alles würde das Prinzip der Nachhaltigkeit konterkarieren. Nachhaltige Wasserwirtschaft muss aber heißen: Wir wollen weiterhin frisches, lebendiges Trinkwasser, regional gefördert und vermarktet. Wir wollen kein bundesweit einheitliches chemisch gleiches Trinkwasser mit nur durchschnittlicher Qualität. Die Trinkwassergewinnung muss sich daher in Zukunft am Prinzip der Schadstoffminimierung und am Regionalitätsprinzip orientieren. Deshalb lehnen wir Grünen eine vollständige Privatisierung der Wasserversorgung ab, ebenso wie die Aufhebung des Gebietsschutzes.
Ich möchte auch darauf hinweisen - das wurde von den Vorrednern auch schon betont -, dass die Mär von den sinkenden Gebühren aufgrund von Privatisierung durch die Realität widerlegt worden ist, wie wir in England und Frankreich gut beobachten konnten. Diese Ablehnung der Privatisierung heißt aber nicht, dass wir alles beim Alten lassen und die bisherigen Strukturen unverändert konservieren wollen. Der zunehmende europäische Wettbewerb erzwingt eine Neustrukturierung der deutschen Wasserwirtschaft.
Notwendig sind die Entwicklung von Verbundstrukturen und die Zusammenschlüsse von kleinen Unternehmen des Umlands
Meine Damen und Herren, wir unterstützen im Grundsatz den Vorschlag der SPD-Fraktion. Die Zukunft der Wasserversorgung in Niedersachsen muss auch im Parlament erörtert und die Standards müssen auch dort festgelegt werden. Aber eine Frage habe ich an die Verfasser des Antrages doch: Müssen wir denn gleich wieder den Umweltminister per Entschließung dafür loben,
wo doch nahe liegt, dass er das tun muss und dass die Aufgabenstellung gar nicht allein durch sein Ministerium bewältigt werden könnte?
und von den Wasserversorgern muss Modernisierung und Kooperation eingefordert werden. Das ist die effektivste Vorsorge, um zu vermeiden, dass es im nächsten Jahr zu umfangreichen Übernahmen von Wasserversorgern durch Großunternehmen kommt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Steiner, ich bitte um etwas Verständnis. Unsereins wird so selten gelobt. Da will man die Gelegenheit auch nutzen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir reden hier über eines der wichtigsten Themen, die in den nächsten Jahren auf der Tagesordnung stehen. Ich könnte mich allerdings auch zurücklehnen und nach dem Motto von Herrn Hogrefe verfahren, der gesagt hat: Alles ist gut, die Quantität des Wassers
stimmt - dafür ist der liebe Gott zuständig -, die Qualität des Wassers stimmt - dank der niedersächsischen Wasserpolitik der letzten Jahre -, nichts wird sich ändern.
Meine Damen und Herren, wer das glaubt, der lebt auf einem falschen Stern. Richtig ist, was hier in dem Antrag über die Notwendigkeit von Dezentralität in der Wasserpolitik geschrieben wird. Richtig ist, dass die Qualität unseres Trinkwassers vergleichsweise hoch ist. Das stimmt alles. Das geht zurück auf die solide Arbeit der über 300 Unternehmen, die in Niedersachsen damit befasst sind.
Richtig ist aber auch, meine Damen und Herren, dass in Europa gegenwärtig eine Debatte über die Liberalisierung und über die Herbeiführung von Wettbewerb geführt wird, die sich gewaschen hat. Ich will auf zwei Dinge hinweisen:
Erstens. Es gibt weltweit einen Milliardenmarkt für Investitionen und kontinuierliche Unterhaltung von Maßnahmen in der Wasserwirtschaft. Dieser Markt findet ohne deutsche Beteiligung statt. Wer über Zukunftsfähigkeit redet, muss auch über internationale Wettbewerbsfähigkeit reden. Es geht auf Dauer nicht an, dass Deutschland sich in diesem Bereich nicht positioniert. Das ist übrigens einer der Gründe, warum der Bundeswirtschaftsminister der Meinung ist, dass hier Handlungsbedarf besteht. Ich kann ihm an dieser Stelle nicht widersprechen, vor allem deshalb nicht, weil in Deutschland das Know-how in Sachen Betrieb und Standortsuche von Wasserunternehmen exzellent ist. Da dürfen wir uns nicht verstecken. Hier haben wir wirklich etwas zu leisten und voranzutreiben.