Meine Damen und Herren, die Ursache für die unbeabsichtigte RR-Toleranz konnte inzwischen weitgehend aufgeklärt werden. Der Anteil der beanstandeten Pflanzen liegt bei 0,5 %. Die Auswirkungen auf die biologische Sicherheit sind nach Aussagen der Fachleute des Robert-Koch-Instituts praktisch Null. Inzwischen wendet KWS neue Methoden zur Analyse großer Stichproben an. Dies wiederum erlaubt die molekularbiologische Analyse aller Partien bei gleichzeitiger Senkung der Nachweisgrenze. Hierdurch kann eine deutlich erhöhte Qualitätssicherheit im Hinblick auf die Samenreinheit gewährleistet werden. Es wurde inzwischen sichergestellt, dass künftig auch Versuchssaatgutlieferungen das erweiterte Qualitätssicherungssystem durchlaufen.
Meine Damen und Herren, sofort nachdem dieser Vorfall bekannt wurde, hat die Firma Aventis das Robert-Koch-Institut in Berlin informiert. Anschließend wurde unverzüglich das Niedersächsische Umweltministerium benachrichtigt. Das Umweltministerium hat festgestellt, dass die Anpflanzung der Zuckerrüben mit der ungewollt entstandenen Doppelresistenz eines eigenen Genehmigungsverfahrens bedurft hätte. Dieses hat es nicht gegeben.
Ob alle Sorgfaltstandards der Gentechnik eingehalten wurden, muss geprüft werden; der Minister hat das angedeutet. Hier und heute von einem Skandal zu reden, ist aufgrund der Sachlage nicht gerechtfertigt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Brauns, dass Sie Ihrer Kontrollfunktion in diesem Parlament Genüge tun, wenn Sie sich im Wesentlichen darauf beschränken, hier die Pressemitteilungen der KWS zu verlesen, wage ich zu bezweifeln.
Ich weise darauf hin, dass sich in den letzten Jahren sämtliche Risikoszenarien bestätigt und erhärtet haben, die vorher von dieser Branche als bedeutungslos und unwahrscheinlich dargestellt worden sind. Das ist nicht allein meine unmaßgebliche Meinung, sondern das können Sie auch schwarz auf weiß in dem Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung des Bundestages nachlesen.
Das gilt für die Überlebensdauer von DNA im Boden, das gilt für die Auskreuzungswahrscheinlichkeit, für die Wirkung auf Nicht-Zielorganismen - beim BT-Mais -, das gilt für die Häufigkeit der Spritzungen, die immer falsch eingeschätzt worden ist, und das gilt auch für den horizontalen Gentransfer über Bakterien: Jedes Mal hat diese Branche dicken Backen riskiert und musste anschließend den Schwanz einziehen und klein beigeben.
Und was passiert auf der anderen Seite, meine Damen und Herren? Wir sehen, dass die Politik offensichtlich auf breiter Ebene bestrebt ist, weiterhin für eine Akzeptanz dieser Technik zu sorgen. Das macht ja auch unser Landwirtschaftsminister. Er will jetzt ein neues Forum einrichten. Heute heißt es „Forum“, früher, unter Schröder, hieß es „Diskurs“. Gebracht hat es nichts. Es hat nicht verhindert, dass den Menschen weiterhin gegen ihren Willen diese Technik aufgezwungen wird.
Herr Bartels hat auch einen neuen Akzeptanzöffner gefunden, nämlich die Herstellung pharmazeutischer Rohstoffe. Das ist natürlich so ein Bindeglied zwischen der roten und der grünen Gentechnik und eignet sich wunderbar, die Akzeptanz für die rote Gentechnik auch in die grüne Gentechnik zu überführen. Nur, meine Damen und Herren, wie ist denn der Ablauf? Das fängt mit dem pharmazeutischen Wirkstoff in irgendeiner Pflanze an, das geht mit dem Impfstoff, der im Euter eines Schafes produziert wird, weiter, und das setzt sich fort
beim Menschen-Schwein-Klon oder bei Kindern, die als Ersatzteillager für ihre kranken Geschwister gezeugt werden.
Diese Entwicklung haben wir doch schon. Das sind keine Visionen, das sind keine Horrorszenarien, sondern das ist die konkrete Wirklichkeit, wie wir sie hier und heute, auf dieser Erde und an diesem Tag, erleben.
Meine Damen und Herren, schauen wir uns doch einmal die vielbeschworene Sicherheit an. Wie sieht das Sicherheitskonzept denn aus? Es geht um eine Risikobewertung - das ist im Gentechnikgesetz festgelegt -, die den Einzelfall bewertet und die das so genannte Schritt-für-Schritt-Prinzip verfolgt. Was heißt das eigentlich? Das heißt, wir setzen z. B. einen neuen gentechnisch veränderten Organismus frei, wir warten eine Weile, und wenn keiner tot umfällt, dann machen wir weiter und übernehmen sozusagen den nächsten Schritt. Das ist die Sicherheitsphilosophie, die heute hinter dieser Technik steht.
Es gibt keine Möglichkeit, Langzeitfolgen oder komplexe Fernwirkungen damit zu erfassen. Es gibt keinen Katalog, der festlegt, welche Eigenschaften transgener Pflanzen nach welchen Methoden untersucht werden müssen. Und es gibt keine generellen Bewertungskriterien dazu. Ja, Herr Minister Jüttner, man ist sich in Europa noch nicht einmal darüber einig, was eigentlich eine Schädigung ist. Die Bundesrepublik geht davon aus, dass sich eine Schädigung auf den Standard bezieht, den die konventionelle Landwirtschaft herstellt; das heißt, alles, was die konventionelle Landwirtschaft heute an Spritzmitteln und Techniken einsetzt, ist der Standard, und alles was schlimmer ist als dieses, ist Schädigung. - Die Schweden gehen ganz anders vor. Die sagen: Unser ökologischer Landbau ist der Standard, und alles, was diesen schädigt, ist als Schädigung anzusehen.
Genau so machen es die Österreicher. Sie setzen sogar noch einen drauf und beziehen sozioökonomische Überlegungen mit ein.
Meine Damen und Herren, daran müssen wir arbeiten. Es geht nicht darum, weiter dafür zu sorgen, dass gegen den Willen der Menschen eine
Technik durchgesetzt wird, die im Moment einen Berg an Risiken schafft, aber keinerlei Nutzen mit sich bringt, und zwar weder für den Verbraucher noch - langfristig - für den Landwirt.
(Beifall bei den GRÜNEN - Frau Harms [GRÜNE]: Schon gar nicht für den Landwirt! - Oestmann [CDU]: Sie schaden sich mit dieser Aussage doch selbst!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Umweltminister Jüttner, man merkte Ihnen Ihr Unbehagen bei diesem Vortrag an.
Ich glaube, dass Wolfgang Jüttner bewusst gewesen ist, was er vorgelesen hat, und dass ihm dabei nicht wohl war. Das ehrt ihn. Was ihn nicht ehrt, ist die Politik, die er daraus als Schlussfolgerung zieht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn hier über Zuckerrüben diskutiert wird, dann diskutieren wir über eine Kulturpflanze, an der sich deutlich machen lässt, wie unsinnig Gentechnik sein kann. Wozu müssen die Erträge im Bereich der Zuckerrüben auf diese künstliche Art und Weise nach oben getrieben werden?
- Natürlich geht es darum! Sie erzeugen damit eine höhere Zuckerrübenmenge. Allerdings bekommen nicht Sie als Landwirte den Profit, sondern den machen die Aufkäufer und die Saatgutverkäufer, weil aufgrund der höheren Produktion natürlich auch die Erträge zurückgehen.
- Doch, doch. Ich komme aus einem Ort, in dem es eine der größten niedersächsischen Zuckerrübenfabriken gibt. Wir sehen das dort sehr genau.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es passiert etwas anderes. Hier ist ein Versprechen, das gegeben worden ist, gebrochen worden. Der Hersteller hat uns versprochen, dass das, was jetzt passiert ist, unmöglich ist.
Bei allen diesen Risikotechnologien muss man doch überlegen, ob man diese Risiken angesichts des Zwecks, den man mit dieser Technik erzielen will, verantworten kann. Bei der Zuckerrübe wird die Absurdität deutlich. Es gibt keine Notwendigkeit, solche Risiken bei der Herstellung von Zucker, von Industriezucker, in Kauf zu nehmen.
Wir erleben an diesem Punkt etwas anderes. Wir erleben, dass die Landwirtschaft international, vor allem in der Dritten Welt, einem Monopol der Hersteller dieses gentechnikveränderten Saatguts ausgeliefert wird. Sämtliche Kulturpflanzen, die früher in aller Breite existiert haben, sollen verdrängt werden. Wir erleben eine Artenvernichtung und eine Risikotechnologie, die offensichtlich nicht beherrschbar ist. Und Sie reden dieses Risiko klein in einem Bereich, in dem es absolut überflüssig ist, ein solches einzugehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin kein Lobbyist von KWS. Nur, ein bisschen Sachlichkeit muss bleiben, Herr Klein.
Es macht sich ja immer gut, wenn man sagt, hier würden nur Konzerne gefüttert, die machen das große Geld, und die Bauern werden davon abhängig. Ich kann dazu an dieser Stelle nur sagen: Das ist totaler Quatsch. Nehmen wir einmal die Anwendung von Totalherbiziden im Rübenanbau. Wenn der anbauende Landwirt das Kraut manuell entfernen lässt, kostet ihn das für einen Hektar bei 100 Arbeitsstunden à 10 DM 1.000 DM. Die Anwendung des Totalherbizids kostet ihn pro Hektar hingegen nur 130 DM. Daran können Sie ganz einfach ablesen, worin der wirtschaftliche Vorteil liegt.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.
Tagesordnungspunkt 2: 25. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben Drs. 14/1885 – Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drs. 14/1921 – Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/1922 (neu)
Wie üblich, haben wir vereinbart, heute nur die Eingaben zu behandeln, die unstrittig sind. Ich rufe also zunächst die Eingaben aus der 25. Eingabenübersicht in der Drucksache 1885 auf, zu denen - ich sagte es schon - keine Änderungsanträge vorliegen. Gibt es Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse also über selbige Drucksache, nämlich über die Drucksache 1885, abstimmen. Wer insoweit der Ausschussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? - Das ist bei einer Neinstimme angenommen.
Tagesordnungspunkt 3: Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen zur Änderung des Abkommens über die Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten des Gesundheitswesens in Norddeutschland - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 14/1495 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozial- und Gesundheitswesen - Drs. 14/1865
Der Gesetzentwurf wurde am 28. März 2000 zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen überwiesen. Der Kollege Groth ist als Berichter