Meine Damen und Herren, das war nicht etwa ein Kooperationsprojekt zwischen Aventis und Monsanto, den beiden Herstellern dieser Wirkstoffe, sondern das Ganze geschah - man höre und staune - völlig unbeabsichtigt und völlig unbemerkt. Es
geschah so unbemerkt, meine Damen und Herren, dass das Saatgut dann auch noch an 48 verschiedene Stellen in Europa gekarrt wurde, um dort auf entsprechenden Versuchsfeldern ausgesät zu werden.
Meine Damen und Herren, das wird natürlich auch Flächen in Niedersachsen betreffen; denn Niedersachsen ist bekanntlich absoluter Spitzenreiter bei den Freisetzungen in Deutschland.
Erst in Großbritannien, in Frankreich und in Holland bemerkte man dann, als man die Liberty-toleranten Pflanzen mit Roundup abtöten wollte, dass die sich darum gar nicht scherten und überhaupt nicht daran dachten abzusterben. Erst in dem Augenblick wurde im Grunde genommen dieser große Fehler bemerkt.
Mit diesem Vorgang hat sich ein weiteres Risikoszenario bestätigt, das die Gentechnikkritiker seit langem unter dem Stichwort „Superunkraut“ angesprochen haben, nämlich die unbeabsichtigte Ausbildung und die schnelle Verbreitung von breiten Herbizidresistenzen nicht nur bei den Kulturpflanzen, sondern möglicherweise auch bei verwandten Wildpflanzen mit unabsehbaren Folgen für die Landwirtschaft selbst und nicht zuletzt auch für die Ökologie in der freien Natur.
- So ist es. - Statt dieser versprochenen Chemiereduzierung - das ist ja ein Versprechen, das inzwischen ohnehin schon Schritt für Schritt zurückgenommen werden musste - zeichnen sich neue Giftschlachten ab; denn ein neues Superunkraut braucht natürlich auch wieder ein neues Superherbizid. Das ist ja klar.
Klar ist auch, dass solche Entwicklungen die Genmultis wie Monsanto oder Aventis überhaupt nicht schrecken; denn für sie bedeutet das neue Geschäfte und neue Gewinne.
Unter diesen Voraussetzungen kann es natürlich auch nicht verwundern, dass die KWS schon wieder abwiegelt, also sagt, alles sei unter Kontrolle, niemand sei geschädigt worden. Angeblich hat es auch keine weiteren Auskreuzungen gegeben, da die Rüben ja nicht geblüht hätten.
Meine Damen und Herren, jeder Hobbygärtner weiß, dass zweijährige Pflanzen gelegentlich Schosser ausbilden, die dann auch schon im ersten Jahr blühen. Ich frage Sie: Wer schon nicht in der Lage ist, innerhalb seiner Hochsicherheitsgewächshäuser solche Fehlbestäubungen zu verhindern, wie soll der denn dann Kontrolle über 48 Freisetzungsstandorte in ganz Europa haben?
Dummdreist nenne ich es auch, wenn die KWS in ihrer Pressemitteilung darauf hinweist, dass sowohl für Liberty als auch für Roundup Freisetzungsgenehmigungen vorliegen, und damit implizit unterstellt wird, dass eine Rübe, die beide Eigenschaften in sich vereinigt, dann eben doch nicht so schlimm sein kann und dass da ja nun auch nicht so viel passieren kann.
Meine Damen und Herren, das ist absoluter Wissenschaftsdilettantismus und Volksverdummung, was da betrieben wird.
Gleichzeitig findet man kein Wort über personelle Verantwortlichkeiten für die Schlamperei, man findet kein Wort über Revisionen in den Forschungs- und Produktionseinrichtungen, man findet auch kein Wort dazu, dass in den anderen Freisetzungsprojekten einmal nachgeschaut worden ist, ob dort auch Ähnliches passiert ist, man findet kein Wort dazu, ob nicht eventuell auch konventionelles Saatgut betroffen ist. - Das alles so, als gäbe es die im Gentechnikgesetz geforderte Sorgfaltspflicht nicht und als gäbe es das Vorsorgeprinzip im Bio-Safety-Protolkoll nicht.
Wir, meine Damen und Herren, fordern eine umfassende Sicherheitsüberprüfung der KWS und die sofortige Einstellung aller Freisetzungsversuche.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Freisetzungsversuchen mit gentechnisch veränderten Zuckerrüben gibt es - wie könnte es anders sein? - in Deutschland ein geregeltes Verfahren. Vor der Freisetzung wird auf Antrag der Betreiber ein Genehmigungsverfahren für einen Musterstandort durchgeführt. Genehmigungsbehörde ist das Robert-Koch-Institut in Berlin. Dies legt die Bedingungen fest, unter denen die Freisetzung durchgeführt werden darf, damit es keine schädlichen Einwirkungen auf Mensch und Umwelt gibt. Die zuständigen Landesbehörden sind zu einer Stellungnahme aufgefordert, die Bundesbehörde muss jedoch kein Einvernehmen mit der Landesbehörde herstellen.
Bisher wurden in Niedersachsen im Rahmen dieser Meldungen an 26 Standorten Freisetzungen der Zuckerrüben vorgenommen, die gegen das Herbizid Liberty resistent sind. Die Aufsicht über die Einhaltung der Bedingungen für die Freisetzungen haben die Gewerbeaufsichtsämter.
Nun zum aktuellen Geschehen: Am 18. September hat die betroffene Firma Aventis das Robert-Koch-Institut darüber informiert, dass Saatgut für die Liberty-resistente Zuckerrübe zu etwa 0,5 % auch eine Resistenz gegenüber dem Totalherbizid Roundup aufweist. Am 19. September hat das Institut das Niedersächsische Umweltministerium darüber informiert. Das Gewerbeaufsichtsamt Göttingen hat daraufhin im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit die Firma Aventis mit Schreiben vom 26. September um Stellungnahme bis zum 15. Oktober aufgefordert. Eine Antwort steht noch aus.
Das NLÖ hat bereits bei der Aussaat der Rüben - wie üblich - Rückstellproben entnommen; sie stehen für weitere Analysen jederzeit zur Verfügung.
Die Verunreinigung des Saatgutes ist dadurch entstanden, dass es bei der züchterischen Vermehrung des Saatgutes bei der KWS in Einbeck zu einer Kreuzbestäubung der gentechnisch veränderten Liberty-Rübe mit Pollen der ebenfalls gentechnisch veränderten Roundup-Rübe gekommen sein muss. Dies ist geschehen, obwohl der Stand der züchterischen Technik durch die Benutzung von Isolatoren bzw. Isolatorhauben nach Auskunft der Firma berücksichtigt wurde.
Wie ist nun die Verunreinigung des Saatgutes einzuschätzen? Mit Schreiben vom 6. Oktober hat uns das Robert-Koch-Institut mitgeteilt, dass nach seiner Einschätzung zu keiner Zeit - ich zitiere eine Gefährdung der Umwelt durch die entstandene Doppelresistenz bestanden hat. Auch geht das Robert-Koch-Institut davon aus, dass keine Auskreuzungen in benachbarte Pflanzenpopulationen stattgefunden haben.
Dieser Bewertung schließt sich das Niedersächsische Umweltministerium an. Im Genehmigungsbescheid für die Freisetzung der betroffenen LibertyRübe sind Auflagen enthalten, die einer Ausbreitung von gentechnisch veränderten Rübenpollen und Pflanzen entgegen wirken. Rüben sind zweijährige Pflanzen, die erst im zweiten Anbaujahr Blütenstände und somit Pollen bilden. In unseren Breiten werden die Rüben aber im ersten Jahr und somit vor der Blüte geerntet. Gelegentlich auftretende vorzeitige Blütenstände, so genannte Rübenschosser, müssen nach den Auflagen der Freisetzungsgenehmigung sofort entfernt werden. Dadurch wird der Entstehungen von Pollen entgegen gewirkt. Die gentechnisch veränderten Rüben selbst sind nach dem Versuchsende durch Kleinhäckseln vermehrungsunfähig zu machen. Dieses wird durch eine Nachkontrolle abgesichert.
Dennoch, meine Damen und Herren, muss festgestellt werden: Die Anpflanzung der Zuckerrüben mit der ungewollt entstandenen Doppelresistenz hätte eigentlich einer eigenen Genehmigung bedurft. Beide Herbizidresistenzen sind für sich bereits in eigenen Freisetzungsversuchen genehmig gewesen, nicht aber deren Kombination. Die niedersächsischen Aufsichtsbehörden werden der Frage nachzugehen haben, ob hier schuldhaft Sorgfaltsstandards der Gentechnik verletzt worden sind oder ob es sich um eine Verunreinigung handelt, die selbst bei Wahrung aller Standards der Züchtungstechnik letztlich nicht auszuschließen ist.
Wie ich bereits erwähnt habe, ist das zuständige Gewerbeaufsichtsamt Göttingen bereits in der vorletzten Woche in dieser Richtung tätig geworden. Über Eines müssen wir uns allerdings im Klaren sein. Die Entscheidung, gentechnisch verändertes Saatgut zu entwickeln und im Freiland zu
erproben, ist mit dem Gentechnikgesetz schon lange gefallen. Wir können diese Entwicklung nicht zurück drehen, wie es sich mancher Gegner der Gentechnik wünscht. Wir können auch nicht so tun, als sei allein der Fakt, dass gentechnisch veränderte Organismen in die Umwelt entlassen werden, schon der Schadensfall.
Eines ist klar: Es lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit verhindern, dass es bei Freisetzungen zu Auskreuzungen kommt. Das haben auch unsere eigenen Begleitforschungen ergeben. Darauf haben wir häufig genug aufmerksam gemacht. Die Frage allerdings ist, welche Schlussfolgerungen wir aus dieser Erkenntnis ziehen. Meines Erachtens muss die Politik entscheiden, was tolerierbar ist und wo Grenzwerte festgelegt werden müssen. Dieser unbequemen Aufgabe werden sich Bundes- und europäische Politik auf Dauer nicht entziehen können. Bei dieser Festlegung von Toleranzen und Grenzwerten kann es nach meiner Überzeugung nicht nur darum gehen, auf eine unmittelbare Gefährdung der Umwelt abzustellen. Vielmehr muss die Entstehung und Ausbreitung von neuen gentechnisch veränderten Organismen in der Umwelt unabhängig von schädigenden Eigenschaften eine eigene Berücksichtigung finden. Die von der Bundesregierung geplanten Monitoringprogramme, an denen sich auch Niedersachsen beteiligt, sind ein wichtiger Schritt in dieser Richtung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute zum wiederholten Male mit dem sensiblen Thema Gentechnik zu tun. Die CDU-Fraktion verwahrt sich gegen die Absicht, hier wieder ein Geschäft mit der Angst zu betreiben. Wir verwahren uns auch gegen den Versuch, ein niedersächsisches Unternehmen in Misskredit zu bringen. Wie wir eben vom Umweltminister gehört haben, sind die an die Genehmigungspraxis und die Durchführung dieser Versuche zu stellenden Anforderungen eingehalten worden. Zum anderen hat das Unternehmen über den dort eingetretenen Zustand frühzeitig informiert.
Wir sind der Meinung, dass wir auf dem Weg, mit möglichst geringem Aufwand möglichst viele gesunde Nahrungsmittel zu erzeugen, nicht nachlassen dürfen. Mit der KWS haben wir nun ein Unternehmen, das sowohl in Deutschland als auch weltweit seinesgleichen sucht. Wir in Niedersachsen täten sicherlich nicht gut daran, wenn wir dieses Unternehmen, das nahezu das Einzige ist, das auf dem internationalen Markt mitmischt und dort aufgrund seiner guten Produkte und seiner guten Leistungen einen guten Namen hat, vom Markt drängen würden, indem wir hier Ängste schüren.
Abgesehen von der wissenschaftlichen Begründung, die der Minister hier eben angeführt hat, möchte ich noch auf eine andere Sache hinweisen. Wir wollen versuchen, mithilfe der Gentechnik, mithilfe von Veränderungen auch in der kommerziellen Landwirtschaft möglichst naturschonend zu arbeiten. Wenn wir nun feststellen, dass es mit Roundup oder Liberty - Basta - und weniger Pflanzenschutzmitteln möglich ist, bessere Erfolge zu erzielen, als dies in der Vergangenheit der Fall war, dann sind wir hier auf dem richtigen Weg.
- Auf die Resistenz komme ich gleich noch zu sprechen. - Ich möchte hiermit nur sagen, dass es sich bei Roundup bzw. Basta oder Liberty um ein natürliches Glufosinat handelt, um ein Ammonium, das aus einem Pflanzenpilz gewonnen wird. Wenn es auf den Boden kommt, zerfällt es wieder zu Kohlendioxid und Wasser. Somit haben wir hier ein sehr umweltverträgliches Mittel in der Hand, das wir meiner Meinung nach nicht behindern sollten. Wir können damit zum einen die Natur schonen; zum anderen können wir die Ausgaben für Pflanzenschutzmittel damit um die Hälfte reduzieren.
Jetzt noch ein paar Worte zur Resistenz. Wer sich mit Zucht auskennt, der weiß, dass sich bei der Zucht auch in der Vergangenheit immer wieder Resistenzen aufgebaut haben. Man ist derzeit dabei, bei der Zucht von Kartoffeln, bei den Nematoden, die Resistenz von Wildpflanzen in unsere Kultursorten wieder einzukreuzen, die in den vergangenen Jahren verloren gegangen ist. Wir haben darüber hinaus hinnehmen müssen, dass das Jacobs-Creutz-Kraut, zu der Zeit, zu der im Maisbau
noch Atracin eingesetzt werden durfte, eine Resistenz gegen Atracin entwickelt hat. Hier mache ich den Grünen einen Vorwurf: Sie haben sich wissenschaftlich wahrscheinlich so hoch verstiegen, dass Sie inzwischen zu weit weg von der Praxis sind. Das ist für einen Landwirt unter heutigen Umständen überhaupt kein Problem. Man kann Unkräuter mit einfachen anderen Mitteln bekämpfen. Aber die Horrormeldung, dass wir hier Superunkraut züchten, das letztlich unbeherrschbar ist, trifft bei weitem nicht zu. Ich glaube, dass wir für den Umgang mit der Gentechnik die weltweit besten Regelungen haben. Ich halte es für eine Unverschämtheit, niedersächsische Unternehmen in Misskredit zu bringen und die Verbraucher zu verunsichern. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der Meinung, wir sollten die Dinge hier versachlichen. Herr Klein, wir - Sie und auch wir - werden es nicht schaffen, aus der Gentechnik wieder auszusteigen. Vielmehr müssen wir auf diesem Gebiet im Interesse der Gesundheit, der Landwirtschaft und der Natur mit gutem Erfolg weiter arbeiten.
Was ist eigentlich passiert? - Bei Genversuchen in Gewächshäusern der KWS Saat AG in Einbeck sind Zuckerrüben gegen das Herbizid Roundup resistent geworden. Die Ursache dafür ist, dass Pollen von Roundup-resistenten Rüben trotz Absperrmaßnahmen unbemerkt durch Pollenflug übertragen wurden. Die Rüben wurden nach Beendigung der noch nicht abgebrochenen Versuche, wie es das Gentechnikgesetz vorschreibt, zerhackt und sofort vernichtet und in den Boden eingearbeitet. Dadurch werden eine Vermehrung und auch die Gefahr, die Sie immer ansprechen, verhindert.
Des Weiteren ist das verwendete Saatgut sofort gesperrt worden. Der kommerzielle Zuckerrübenanbau in der Landwirtschaft ist in keiner Weise betroffen, da die Einstäubungen nicht in zertifiziertem Saatgut aufgetreten sind, sondern lediglich Versuchssaatgut für die Freilandversuche im Sinne des Gentechnikgesetzes betroffen ist. Ferner ist es
unseren Erkenntnissen nach ausgeschlossen, dass sich die Versuchspflanzen weiter ausgekreuzt haben, da sich die Versuchspflanzen in der vegetativen Phase befanden, also nicht geblüht haben. Das ist ein wichtiger Unterschied.
Meine Damen und Herren, die Ursache für die unbeabsichtigte RR-Toleranz konnte inzwischen weitgehend aufgeklärt werden. Der Anteil der beanstandeten Pflanzen liegt bei 0,5 %. Die Auswirkungen auf die biologische Sicherheit sind nach Aussagen der Fachleute des Robert-Koch-Instituts praktisch Null. Inzwischen wendet KWS neue Methoden zur Analyse großer Stichproben an. Dies wiederum erlaubt die molekularbiologische Analyse aller Partien bei gleichzeitiger Senkung der Nachweisgrenze. Hierdurch kann eine deutlich erhöhte Qualitätssicherheit im Hinblick auf die Samenreinheit gewährleistet werden. Es wurde inzwischen sichergestellt, dass künftig auch Versuchssaatgutlieferungen das erweiterte Qualitätssicherungssystem durchlaufen.