Protokoll der Sitzung vom 10.10.2000

(Plaue [SPD]: Jetzt schreibt Frau Mundlos mit! Jetzt lernt sie etwas!)

und dadurch den Hochschulen auch mehr Kompetenz und mehr Wissen zur Verfügung zu stellen. Die werden das, was Sie hier so kraftvoll vertreten haben, glaube ich, nur müde belächeln.

(Zustimmung bei der SPD)

Wer Unternehmen in die Hochschulen locken will, der darf nicht mit dem Landesrechnungshof winken. Wenn Sie konsequent wären, dann müssten Sie jetzt auch fordern, dass die Volkswagen AG vom Landesrechnungshof überprüft wird. Mit dieser Forderung würden Sie sich absolut lächerlich machen. Natürlich wird die VW AG nicht vom Landesrechnungshof überprüft, aber sie ist deshalb nicht kontrollfrei oder prüffrei. Ich kann Sie da gern informieren: Die Rechtslage sieht vor, dass juristische Personen des privaten Rechts - nur an solchen können sich Hochschulen künftig beteiligen - regelmäßig von Wirtschaftsprüfern überprüft werden müssen. So sehen das Aktiengesetz und das GmbH-Gesetz das vor. So wird das auch hier der Fall sein. So wird das auch beim INI sein. So wird das auch bei den Innovationsgesellschaften sein.

Außerdem hat der Rechnungshof noch die Möglichkeit, über die Hochschule, über die Aufsichtsgremien der Hochschule, den Körperschaftshaushalt zu überprüfen, aus dem heraus die Beteiligung organisiert ist. Darüber hinaus kann der Rechnungshof selbstverständlich veranlassen, dass die Hochschule eine Sonderprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer durchführen lässt. Dann kommen die Unterlagen in die Hochschule, und der Rechnungshof kann den Prüfbericht in der Hochschule selbstverständlich einsehen.

Ich schätze den Landesrechnungshof als Berater und als Kontrolleur sehr, aber er ist nicht geeignet, die Kontrolle von privaten Unternehmen - es geht hier trotz der öffentlichen Beteiligung um private Unternehmen - durchzuführen. Deshalb bin ich der Mehrheit dankbar dafür, dass sie ein eindeutiges Gesetz verabschieden wird, das ein Signal für die Wirtschaft ist, sich in den Hochschulen zu engagieren, und nicht das Gegenteil.

(Beifall bei der SPD - Unruhe)

Meine Damen und Herren, ehe ich dem Kollegen Golibrzuch zusätzliche Redezeit erteile, möchte ich sagen, dass das Haus sehr, sehr unruhig ist. Ich bitte Sie, Ihre Gespräche möglichst einzustellen

und dem jeweiligen Redner oder der jeweiligen Rednerin zuzuhören.

(Unruhe)

Denken Sie dabei daran: Im Moment sitzen Leute auf der Tribüne, die vielleicht einmal Ihre Nachfolger und Nachfolgerinnen werden wollen. Es sind junge Leute vom gewählten Jugendparlament in Diepholz auf der Tribüne. Denen sollten Sie ein besseres Vorbild geben.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Kollege Golibrzuch, Sie haben zwei Minuten zusätzliche Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie beschwören hier etwas, was überhaupt nicht in Abrede gestellt wird. Sie sagen, der Rechnungshof solle die Unternehmen nicht prüfen, solle die Haushalts- und Wirtschaftsführung von Unternehmen nicht prüfen. Das ist völlig unstrittig. Das wollte der Rechnungshof auch nicht.

(Zustimmung von Frau Körtner [CDU])

Deswegen haben Sie von der SPD-Fraktion Ihren Gesetzentwurf an der Stelle auch korrigiert.

Worum geht es stattdessen? - Es geht darum, dass der Rechnungshof ein Interesse an einer Prüfung in struktureller Hinsicht hat. Diese Prüfung kann durch die Prüfung von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nicht ersetzt werden.

(Zustimmung von Frau Körtner [CDU])

Wir wollen doch nicht wissen, ob da die Zahlen stimmen, ob da irgendwo was unterschlagen wird - wir setzen voraus, dass da alles mit rechten Dingen zugeht -, sondern wir wollen wissen, in welcher Art und Weise sich der Leistungsaustausch zwischen Hochschule und Unternehmen, das in einer bestimmten Rechtsform gemeinsam mit der Hochschule agiert, entwickelt. Den Rechnungshof hier auszusperren heißt, einem Selbstbedienungsladen Tür und Tor zu öffnen.

(Zustimmung von Frau Ernst [CDU] und von Frau Körtner [CDU])

Herr Golibrzuch, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich habe kaum noch Redezeit.

Den Hinweis auf die Möglichkeit der Aufsichtsräte oder der Gesellschafter, die Prüfung vorzunehmen, kann man, wenn man die Geschichte dieser Klinik, über die wir hier reden, kennt, nicht ernst nehmen. Sie wissen, dass die Medizinische Hochschule große Vorbehalte gegen den in Rede stehenden Vertrag mit einer großen Privatklinik hatte. Weil man diesen Kooperationsvertrag als nicht ausreichend angesehen hat, hat man ihn abgelehnt. Dann kam ein Erlass. Vom Wissenschaftsminister ist man angewiesen worden, ungeachtet dieser Bedenken diesen Vertrag ohne jede Änderung zu unterschreiben. Nun erwarten Sie von den gleichen Leuten, die schon mit dem Vertrag nicht einverstanden gewesen sind, mit völlig unzureichenden Prüfungskompetenzen dieser Frage nachzugehen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

An dieser Stelle kann das Gesetz - so Leid es mir tut - unsere Zustimmung nicht finden. An vielen anderen Passagen ist es durchaus richtig. Auch da, wo noch Probleme stecken, sagen wir: Das nehmen wir mit in Kauf. - Aber an dieser Stelle ist das Gesetz eine Lex Samii. Sie schaffen hier zumindest die Möglichkeit für einen Selbstbedienungsladen, den der Rechnungshof nicht will, den die CDU nicht will und den die Grünen erst recht nicht wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der CDU)

Auch die CDU-Fraktion hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Frau Mundlos, Sie erhalten drei Minuten Redezeit. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines muss man hier doch ganz klar und deutlich festhalten: Zwischen dem Prüfauftrag, den der Landesrechnungshof in diesem bestimmten Fall haben soll, und dem Prüfauftrag, den Wirtschaftsprüfer haben, besteht ein wesentlicher Unterschied. Um wirklich deutlich zu machen, dass es

hier nur um einen eingeschränkten Prüfauftrag für den Landesrechnungshof geht, sind ja auch die §§ 66 bis 69 herausgenommen worden.

(Plaue [SPD]: Aus was?)

Vorgeschlagen war, nur einen Satz noch anzufügen, nach dem die Hochschule sicherzustellen hat, dass das Unternehmen eine Prüfungsvereinbarung mit dem Landesrechnungshof schließt.

In der Tat - um auf die Frage nach dem Referentenentwurf noch kurz einzugehen - hat Ihr Minister in den letzten Tagen in der Presse einiges verlauten lassen. Ich bin der Meinung, dass er dann, wenn er den Referentenentwurf und seine Pläne so vorstellt, das nicht nur den Hochschulen, sondern auch der Opposition zukommen lassen sollte, damit die darüber diskutieren kann.

Stichwort: Hochschulräte. Wenn hier neue zusätzliche Gremien gebildet werden, dann muss man sich schon fragen, wie Entscheidungswege verlagert werden sollen. Wenn es auch in anderen Bundesländern Hochschulräte gibt, dann muss man das auch da einmal hinterfragen. In der Tat kann ich jedenfalls nur feststellen, dass auch da eine Menge im Argen liegt, dass es auch da kneift.

(Unruhe bei der SPD)

Hier stellt sich doch die Frage der Verantwortlichkeit. Wenn wir den Hochschulen mehr Eigenverantwortung geben wollen, dann aber auch wirklich den Hochschulen selbst und nicht extern aufgesetzten Gremien.

(Beifall bei der CDU)

Auch die SPD-Fraktion hat um zusätzliche Redezeit gebeten.

(Minister Oppermann begibt sich zum Redepult)

- Herr Minister Oppermann möchte offenbar vor Ihnen reden, Herr Kollege Domröse. Wollen wir ihn lassen?

(Heiterkeit bei der SPD - Dr. Domrö- se [SPD]: Bitte! - Unruhe bei der CDU - Fischer [CDU]: Lassen wir doch den Gabriel; der möchte doch oft so gerne! - Heiterkeit bei der CDU)

Das passt jetzt ganz gut, weil ich der Kollegin Mundlos dann direkt entgegnen kann. - Das wollte ich aus Ihrem Munde natürlich hören, dass in Baden-Württemberg und in Bayern in der Hochschulpolitik einiges im Argen liegt. Herzlichen Dank dafür, dass Sie das bestätigt haben.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Frau Mundlos [CDU])

Das Dumme ist nur, Frau Mundlos, dass ich die beiden CDU- bzw. CSU-Kollegen in diesem Punkt in Schutz nehmen muss. Da haben sie nämlich etwas Richtiges gemacht, was Sie nicht erkannt haben. Das ist aber Ihr Problem.

(Beifall bei der SPD)

Die Hochschulräte haben dort einen Einfluss, der sehr angemessen und sehr maßvoll ist und durch den die Qualität der Hochschulen verbessert worden ist. Das wird im Übrigen nicht nur allgemein in der Öffentlichkeit so diskutiert, sondern das sagen auch das CHE und der Stifterverband. Das sind ja keine inkompetenten und unkundigen Institutionen, wenn es um ein Urteil über die Qualität wissenschaftlicher Einrichtungen in Deutschland geht. Das hat jedenfalls bisher noch niemand gesagt. Von daher würde ich mit entsprechenden Äußerungen vorsichtig sein.

Im Übrigen ist das hier ein Referentenentwurf. Selbstverständlich kommt noch ein Anhörungsentwurf. Auch der wird Ihnen dann selbstverständlich zur Verfügung gestellt, damit wir über dieses Thema vernünftig diskutieren können.

(Zurufe von der CDU)

Nun noch einmal zu Herrn Golibrzuch. Von wegen „Selbstbedienungsladen“.

(Golibrzuch [GRÜNE]: Die Möglich- keit eines solchen!)

Das ist die Diffamierung eines Unternehmens. Das betreiben Sie schon seit Monaten, weil Sie sich da sozusagen an Professor Samii festgebissen haben. Das ist im Rahmen der Meinungsfreiheit vielleicht Ihr gutes Recht, aber Sie müssen einmal sagen, was Sie mit dieser permanenten Kritik eigentlich bezwecken.

(Zuruf von Golibrzuch [GRÜNE])