Protokoll der Sitzung vom 10.10.2000

(Beifall bei der CDU)

Unser konstruktiver Änderungsantrag, den wir heute vorgelegt haben, macht da nur den Anfang unserer kritischen, aber sicherlich konstruktiven Mitarbeit.

(Dr. Domröse [SPD]: Reden Sie jetzt wieder über den § 134?)

Sollten Sie diesen Änderungsantrag ablehnen, Herr Dr. Domröse, bleibt uns nur übrig, dem Gesetzentwurf in der jetzigen Form unsere Zustimmung aus den anfangs dargelegten Gründen - und nur aus diesen dargelegten Gründen, nur weil das eingeschränkte Prüfrecht für den Landesrechnungshof fehlt - zu versagen.

(Starker Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Golibrzuch.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen ausdrücklich, dass den niedersächsischen Hochschulen durch die Bildung von Körperschaftshaushalten grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt wird, sich an Unternehmen zu beteiligen. Wir können nur unterstreichen, dass das ökonomische Verwertungsinteresse, das hiermit verbessert wird, auch die Einnahmemöglichkeiten der Hochschulen verbessert. Umso ärgerlicher ist es für uns, dass unserer Fraktion in der Tat auf Grund einer einzigen Regelung in diesem zu verabschiedenden Gesetzentwurf eine Zustimmung nicht möglich ist.

Worum geht es? - Die SPD-Fraktion hat in ihrem ursprünglichen Gesetzentwurf für die Möglichkeit gesorgt, Unternehmen Beteiligungen an Hochschulen einzuräumen. Dort steht ausdrücklich, dass der Rechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung dieser Unternehmen nach § 134 Abs. 5 Satz 1 zu prüfen hat.

Der Rechnungshof hat daraufhin, was wir richtig finden, gesagt, dass er eine so weit reichende Prüfungskompetenz nicht haben wolle. Er möchte nicht, dass Unternehmen abgeschreckt werden. Er möchte ausdrücklich nicht, dass die Unternehmen überfordert werden. Er möchte auch nicht, dass die Hochschulen überfordert werden. Zu guter Letzt hat er sich selbst nicht in der Lage gesehen, eine

solch weit reichende Prüfungskompetenz wahrzunehmen.

Deshalb hat der Rechnungshof mit der SPDFraktion ein Geschäft gemacht. Er hat angeboten, dass diese doch recht weit reichende Formulierung aus dem Gesetzentwurf herausgenommen und stattdessen eine sehr eng umrissene Prüfungskompetenz des Rechnungshofs verankert werden solle, und zwar in dem Sinne, dass in den Fällen, in denen Hochschulen und Unternehmen gegenseitige Leistungsbeziehungen eingehen, der Rechnungshof künftig nicht nur die Möglichkeit haben solle zu prüfen, welche sächlichen und personellen Mittel von der jeweiligen Hochschule dem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Vielmehr habe er völlig logisch - auch die Frage zu prüfen, welche sächlichen und personellen Gegenleistungen von dem Unternehmen der Hochschule zur Verfügung gestellt werden. - So weit ist das völlig nachvollziehbar.

Nicht nachvollziehbar ist für uns, warum die SPDMehrheit im Ausschuss dem Rechnungshof diese minimale Prüfungskompetenz verweigern möchte. Auf Nachfrage ist deutlich geworden, worum es geht – wir hatten eine sehr ausführliche Diskussion darüber -, als nämlich ein Abteilungsleiter des Wissenschaftsministeriums aufstand und sagte: Das könne man schon deshalb nicht machen, weil man Professor Samii, einem sehr renommierten Mediziner hier in Hannover - -

(Zurufe von der SPD)

- Das können Sie im Protokoll nachlesen. - Herr Dr. Palandt hat ausdrücklich gesagt, man habe Herrn Samii bei Vertragsabschluss etwas anderes zugesagt, nämlich dass dem Landesrechnungshof hier keine Prüfkompetenz eingeräumt werden solle, inwieweit das Unternehmen, dass sich in die Medizinische Hochschule einkauft, sächliche und personelle Gegenleistungen erbringt.

An dieser Stelle ist uns eine Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf nicht möglich. Es kann nicht sein, dass der Rechnungshof berät, dass er bis zur Selbstaufgabe berät, dass der Rechnungshof völlig zu Recht – auch durch seine Beratungsleistung – dafür sorgt, dass die Folterinstrumente der Landeshaushaltsordnung, also die §§ 66 bis 69, nicht zur Anwendung kommen sollen, dass ihm aber die minimale Prüfungskompetenz, was die Leistungsbeziehungen zwischen Unternehmen und Hochschulen betrifft, was die Frage angeht, inwieweit

für die Hochschule und nicht nur für das Unternehmen damit ein Vorteil verbunden ist, vollständig entzogen werden soll. Eine solche Regelung ist mit uns nicht zu machen, und zwar vor allem auch vor dem Hintergrund nicht, dass wir erhebliche Bedenken haben, ob diese Privatklinik, um die es hierbei geht und bei der man dem Rechnungshof das Prüfungsrecht verweigern möchte, für sich allein wirtschaftlich lebensfähig ist.

Als weitere Regelung, die gleich mit verabschiedet werden soll, soll die Möglichkeit eröffnet werden, dass die Hochschulen über Körperschaftshaushalte ohne jede Genehmigung seitens des Ministeriums Verpflichtungen zu Darlehen bzw. zu Bürgschaften eingehen, dass sie sich verschulden, zum Beispiel um dann über den Körperschaftshaushalt investive Leistungen in solchen Privatunternehmen zu unterstützen. Dass hier keine Kontrolle durch den Landesrechnungshof erwünscht ist, können wir aus der Sicht der beteiligten Unternehmen nachvollziehen. Aus der Sicht des Landes können wir das aber ausdrücklich nicht nachvollziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Dr. Domröse.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bedanke ich mich bei allen drei Fraktionen dafür, dass der Gesetzentwurf im Kern einstimmig für gut erklärt worden ist. Das ist ein deutliches Signal an die Hochschulen, dass wir nämlich die Entwicklung, von der Minister Oppermann hier gesprochen hat, einstimmig begrüßen und dass wir einvernehmlich wollen, dass es in den Hochschulen eine neue Bewegung gemeinsam mit der Wirtschaft gibt, Unternehmungen aus den Hochschulen heraus in die Wirtschaft hinein – und umgekehrt – zu gründen. Für dieses Signal bedanke ich mich. Auf die Differenz werde ich noch einmal eingehen.

Ich will deutlich machen, dass das Gesetz – das ist wirklich nur eine kleine Novelle; wir verändern im Grunde nur einen einzigen Paragrafen – eine Einladung ist. Das ist eine Einladung zunächst einmal an die Hochschulen, sich den gesellschaftlichen Aufgaben in neuer Art und Weise zu stellen, näm

lich den Aufgaben, Arbeitsplätze für Selbständige zu schaffen und Wissenstransfer nach draußen zu ermöglichen.

(Zurufe von der CDU)

- Seien Sie mir nicht böse. Ich will Ihnen das gern noch einmal erklären, weil ich schon das Gefühl habe, dass das an der einen oder anderen Stelle nicht verstanden worden ist. Im Übrigen möchte ich das auch meinen Kolleginnen und Kollegen erklären, die nämlich vorhin nicht begriffen haben, worüber Frau Mundlos eigentlich geredet hat. Herr Endlein, der einen Anspruch darauf hat, dass er der Debatte folgen kann, wollte gern wissen, worüber Sie gesprochen haben. Das steht nämlich gar nicht zur Debatte.

(Jahn [CDU]: Das ist sehr unfair, was Sie da machen!)

Das ist eine Einladung an die Hochschulen, sich dem Wissenstransfer, der Schaffung von Arbeitsplätzen gemeinsam mit der Wirtschaft in neuer Form zu stellen. Nicht mehr!

(Frau Trost [CDU]: Wir haben auch nichts dagegen!)

- Ich habe das deutlich vorweg gesagt, Frau Trost, damit Sie von mir nicht immer wieder eine Lobhudelei hören müssen. Ich habe mich eingangs dafür bedankt, dass wir alle gemeinsam das so sehen. Wir wollen den Hochschulen neue Instrumente an die Hand geben, um das mit der Wirtschaft gemeinsam zu machen. Wir hoffen natürlich, dass die Hochschulen davon reichlich Gebrauch machen werden, und zwar auf direktem Wege mit der Wirtschaft durch eigene Gründung von Unternehmen, durch Mitbeteiligungen an Unternehmen, ohne dass man irgendwelche verkrampften Winkelzüge braucht, um zu dem selben Ergebnis zu gelangen.

Das Gesetz, meine Damen und Herren, ist auch in einer weiteren Hinsicht eine Einladung. Es ist eine Einladung an Stifter im weitesten Sinne - seien es private, seien es gewerbliche -, Teile ihres Vermögens oder ihres Geldes den Hochschulen zur Verfügung zu stellen. Mit der Neuregelung wird nämlich klargestellt, dass das Geld nicht in den Staatshaushalt fließt und damit nicht der Entlastung des Finanzministers dient, sondern dass die Hochschulen mit ihren Körperschaftshaushalten selbst in der Lage sind, damit weitestgehend unternehmerisch zu handeln.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

An dieser Stelle möchte ich noch einmal deutlich machen, dass wir natürlich das Vertrauen, das wir den Hochschulen in diesem Zusammenhang entgegenbringen, nicht missbraucht wissen möchten. Es gibt eine ganz klare Grenze. Dort, wo in der Hochschule Leistungen erbracht werden, die normalerweise unter dem Begriff „Forschungsförderung im Drittmittelbereich“ oder unter dem Begriff „eigener Erwerb“ zu sehen sind, muss es natürlich nach wie vor eine Rechnungsstellung zugunsten des Landeshaushaltes geben. Das darf nicht in der Weise miteinander vermischt werden, dass die Hochschule auf der einen Seite Leistungen erbringt, die eigentlich bezahlt werden müssten, auf der anderen Seite aber im Zusammenhang mit dem Körperschaftshaushalt das Geld am Landeshaushalt vorbeigeführt wird. Das darf nicht sein! Deshalb haben wir in Übereinstimmung mit dem Landesrechnungshof den Hinweis aufgenommen, dass § 31 des Gesetzes selbstverständlich weiterhin gilt, dass nämlich Drittmittelforschung über den Landeshaushalt abzuwickeln ist.

Meine Damen und Herren, das ist auch eine Einladung – vielleicht sogar die wichtigste – an die Wirtschaft, sich ihrerseits an die Hochschulen heranzumachen, sich der Kompetenzen und der Ressourcen, die in den Hochschulen vorhanden sind, zu bedienen, um mit den Hochschulen gemeinsam Neues zu entwickeln. Genau an diesem Punkt fängt es an, kritisch oder streitig zu werden. Man kann der Wirtschaft nicht sagen: Nun kommt bitte auf die Hochschulen zu, macht eure Aufgaben doch gemeinsam mit den Hochschulen, und als Belohnung dafür – ich bitte, das satirisch zu verstehen – übertragen wir die staatlichen Regelungsinstrumente, wie beispielsweise die Prüfung durch den Landesrechnungshof, auf die wirtschaftlichen Unternehmen. Dann lachen die uns aus. Das ist in der Diskussion auch ganz deutlich gesagt worden. Deshalb, Frau Mundlos, sieht der Gesetzentwurf am Ende der Beratung anders aus, als wir ihn ursprünglich einmal eingebracht haben. Uns ist nämlich klar geworden, dass man das nicht machen kann. Die Wirtschaft, die wir einladen wollen, mit uns gemeinsam die Aufgaben zu lösen, würde es als völlig falsches Signal verstehen, wenn wir ihr sagen würden: Nun werden die staatlichen Instrumente der Kontrolle auch auf die Wirtschaftsunternehmen angewandt. - Das funktioniert nicht.

(Frau Körtner [CDU]: Doch nur für dieses schmale Segment!)

Ich bedaure es genauso wie Sie, dass wir mit dem Landesrechnungshof an dieser Stelle keine Einigkeit erzielt haben. Der Landesrechnungshof ist schließlich unser Gremium, das für uns über die Einhaltung der Gesetze und die sinnvolle Verwendung von staatlichen Mitteln achten soll. Der Rechnungshof ist uns aber die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, welche Situation er sich wohl vorstellen könnte, in der es etwas gibt, was nicht mit den Prüfungsmethoden in der Hochschule und nicht durch Kenntnisnahme von Wirtschaftsprüfungsberichten staatlich vereidigter Wirtschaftsprüfer, sondern nur durch direktes Hineingehen in die Wirtschaft zu ermitteln ist.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Diese Antwort ist er uns schuldig geblieben. Deswegen, finde ich, konnten wir dem Landesrechnungshof an dieser Stelle auch nicht entgegenkommen.

Ich will noch einmal deutlich sagen, dass wir das an anderen Stellen sehr wohl getan haben. Den § 31 habe ich erwähnt.

Ich habe nicht erwähnt - Sie auch nicht -, dass wir u. a. eine Selbstbeschränkung in der Hinsicht vorgenommen haben, dass die Beteiligung nur an Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person des privaten Rechts erfolgen darf. Das bedeutet im Klartext, dass wir möglicherweise den Mittelstand ausgrenzen. Das ist uns an dieser Stelle nicht ganz leicht gefallen, aber zur Klarheit haben wir das miteinander so vorgesehen.

Alles in allem, Frau Mundlos, meine Damen und Herren: Dies ist natürlich ein weiterer Schritt in Richtung von mehr Vertrauen in die Hochschule, mehr Eigenverantwortung in der Hochschule, mehr Mut zur Eigenverantwortung für Hochschulen. Deswegen verstehen wir auch nicht, dass Sie ausgerechnet an dieser Stelle gekniffen haben. Ich freue mich schon auf die Debatte zu Tagesordnungspunkt 20 - da fordern Sie selber mehr Eigenverantwortung für die Hochschulen ein -, in der wir Ihnen genau das wie einen Spiegel vorhalten werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Lassen Sie mich einen Schlusssatz zu dem sagen, was Sie in der Hauptsache vorgetragen haben. – Sie haben anscheinend eine Debatte über eine Novellierung des Hochschulgesetzes beginnen wollen, zu der uns als Parlament überhaupt noch

kein Entwurf vorliegt. Sie haben über ein Phantom geredet, über ein Papier, das Sie angeblich nicht kennen, aber offensichtlich haben und gleichzeitig zugesandt bekommen wollen. Wenn Sie mit uns über diese Frage reden wollen, dann tun Sie das in Form von Entschließungsanträgen, und tun Sie das mit uns gemeinsam natürlich auch dann, wenn jener Gesetzentwurf beraten wird, aber nicht in dieser Art und Weise; Sie haben das eigentliche Thema hier völlig verlassen und wollen offenbar eine Generaldebatte führen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Oppermann!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Mundlos, Sie haben hier lange über den Referentenentwurf zur Novellierung des Hochschulgesetzes insgesamt gesprochen und mich anschließend gebeten, ihn Ihnen doch endlich zuzusenden. Daraus schließe ich, dass Sie über einen Sachverhalt gesprochen haben, der Ihnen gar nicht bekannt ist.

(Zustimmung bei der SPD – Dr. Domröse [SPD] lacht)

Ehrlich gesagt: So hörte sich Ihr Beitrag auch an.

Ich fand es übrigens besonders witzig, dass Sie hier so vor der Räte-Universität gewarnt haben. Sie müssen wahrscheinlich etwas genauer aufpassen, wenn Sie so etwas sagen. Hochschulräte gibt es bislang in Bayern, in Baden-Württemberg, in Sachsen und in Berlin. Ich will Ihren Kollegen in den vier Bundesländern gern ausrichten, dass sie da den Untergang der deutschen Hochschule auf den Weg gebracht haben,

(Mühe [SPD]: Des gesamten Abend- landes!)

nur weil sie herausragende Persönlichkeiten aus der Kultur, aus der Wirtschaft oder auch aus der Wissenschaft an die Hochschule heranführen, um gesellschaftlichen Einfluss zu ermöglichen

(Plaue [SPD]: Jetzt schreibt Frau Mundlos mit! Jetzt lernt sie etwas!)