Protokoll der Sitzung vom 12.10.2000

Welt“ vom 23. September 2000 - lehnt die Bundesregierung „Überlegungen für einen Verkauf der strategischen Ölreserve des Bundes weiterhin ab, so ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums“. Dieser Äußerung aus der Bundesregierung stehen Informationen, z. B. im „Focus“ Nr. 39 vom 25. September 2000, entgegen, dass der Bund in den Jahren 1999/2000, zu einer Zeit, als der Preis pro Barrel Öl nur bei etwa 20 $ lag, bereits etwa ein Drittel der in Deutschland gelagerten Ölreserven veräußert hat. Demnach wären gar nicht mehr genügend Mengen aus der strategischen Reserve des Bundes für eine Intervention verfügbar, weil der Bund ohne Not sich bereits von einem großen Teil der Reserve zu Zeiten des Tiefstpreises getrennt hat.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Trifft der geschilderte Sachverhalt zu?

2. Wie bewertet sie das Handeln der Bundesregierung?

3. Welche Mengen stehen heute noch für eine Intervention zur Verfügung?

Die Antwort gibt Herr Dr. Fischer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Eveslage, in der Bundesrepublik ist die Erdölbevorratung für Krisenfälle gesetzlich geregelt, und zwar in dem Erdölbevorratungsgesetz. Nach diesem Gesetz hat der Erdölbevorratungsverband in Hamburg die Pflicht, Erdölprodukte wie Motoren- und Flugbenzin, Dieselkraftstoff, leichtes und schweres Heizöl oder Rohöl in einer Menge zu bevorraten, die dem Verbrauch in der Bundesrepublik in 90 Tagen entspricht.

Zu einer Krisenbevorratung für den Verbrauch in 90 Tagen haben sich sowohl die Europäische Union als auch die Mitglieder der Internationalen Energie-Agentur verpflichtet.

Zurzeit werden in Deutschland etwa 12 Millionen t Rohöl und ca. 15 Millionen t Erdölprodukte bevorratet. Das bevorratete Rohöl und die Erdölprodukte stehen im Eigentum des von mir eben schon genannten Verbandes.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie kann nach § 30 des Erdölbevorratungsgesetzes Mengen der 90-Tage-Reserve freigeben „zum Zwecke der Verhütung unmittelbar drohender oder der Behebung eingetretener Störungen in der Energiewirtschaft“. Eine Freigabe ist weiterhin möglich, wenn die Bundesrepublik dazu durch Rechtsakte der EU oder der Internationalen Energie-Agentur verpflichtet wird.

Ob eine Störung der Versorgung vorliegt, wird vom Verwaltungsrat der Internationalen EnergieAgentur nach gründlicher Analyse des Marktes und der Versorgungssituation der Mitgliedsländer festgestellt. In Abhängigkeit vom Umfang einer Störung sind gestaffelte Bestandsfreigaben vorgesehen.

Die Internationale Energie-Agentur hat in einer Sitzung am 20./21. September dieses Jahres festgestellt, dass im Moment keine materielle Knappheit an den Ölmärkten vorhanden ist. Eine Versorgungsstörung, die zu einer Freigabe der 90-TageReserve berechtigen würde, liegt damit nicht vor.

Nun kommt ein Zweites. Von der strategischen Ölreserve zu unterscheiden ist die so genannte Bundesrohölreserve. Diese wurde innerhalb des Zeitraums von 1974 bis 1981 vom Bund in einer Menge von 7,32 Millionen t angeschafft und in einem Salzstock bei Wilhelmshaven eingelagert. Diese Reserve bestand unabhängig von den 90Tage-Beständen des Energiebewirtschaftungsverbandes.

1997 hatte die damalige CDU-geführte Bundesregierung den Verkauf der bundeseigenen Reserven beschlossen - bei Preisen, die bei einem Drittel der jetzigen Rohölpreisen liegen. Grund für die Entscheidung war neben fiskalischen Interessen auch die Einschätzung, dass eine Bevorratung über die 90-Tage-Vorräte durch den Bund nicht notwendig sei, zumal die Erdölunternehmen und die Verbraucher selbst in der Regel Vorräte zur Abdeckung eines Bedarfs von 25 Tagen vorhalten.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat im September 1999 die zwischenzeitlich ausgesetzte Veräußerung der Bundesrohölreserve wieder aufgenommen. Zur Veräußerung standen damals noch etwa 4,5 Millionen t. Der Verkauf ist inzwischen fast abgeschlossen. Vom Restbestand von etwa 577.000 t werden im November 2000 noch ca. 410.000 t verkauft. Die

restliche Menge wird Anfang nächsten Jahres auf den Markt gebracht.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen, Herr Eveslage, wie folgt:

Zu 1: Nein.

Zu 2: Das Handeln der Bundesregierung ist nicht zu beanstanden.

Zu 3: Ich verweise auf meine einleitenden Bemerkungen.

Wortmeldungen für Zusatzfragen sehe ich nicht. Damit ist die Fragestunde beendet.

Ich bitte die Mitglieder der Landesregierung, die Antworten zu den Fragen, die nicht mehr beantwortet werden konnten, an der Bank der Landtagsverwaltung abgeben zu lassen.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Wir kommen zu:

noch:

Tagesordnungspunkt 2: 25. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben Drs. 14/1885 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1921 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1922 (neu)

Über die Ausschussempfehlungen zu den Eingaben in der Drucksache 1885, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, haben wir bereits in der 58. Sitzung am 10. Oktober entschieden. Wir beraten jetzt nur noch über die Eingaben aus der Drucksache 1885, zu denen die genannten Änderungsanträge vorliegen.

Hinsichtlich der Redezeiten besteht folgende Vereinbarung: SPD und CDU zehn Minuten, Grüne fünf Minuten, Landesregierung fünf Minuten.

Zunächst hat Herr Dr. Biester das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zu der Eingabe des Anwalts- und Notarvereins Wilhelmshaven.

Ich beginne mit der Vorbemerkung, dass man dann, wenn man über die Justiz in Wilhelmshaven spricht, natürlich in erster Linie daran denkt, dass dort im Jahresabstand Ausbrüche aus der Untersuchungshaftanstalt stattfinden. Aber die Eingabe des Anwaltsvereins zeigt, dass es bei der Justiz in Wilhelmshaven auch andere Probleme gibt, nämlich im Bereich des Personals beim dortigen Amtsgericht.

Die Petition hat nicht jemand eingereicht, der einmal einen sporadischen Eindruck von der Justiz bekommen hat, sondern Petent ist der Anwaltsund Notarverein, eine Vereinigung der berufsangehörigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die beim Amtsgericht Wilhelmshaven tätig sind und die wie keine anderen einen tiefen Einblick in das haben, was bei der Justiz in Wilhelmshaven stattfindet.

Der Anwaltsverein beklagt völlig zu Recht, dass es damit begann, dass im Bereich der Mahnabteilung unvertretbare Rückstände auftraten. Die Rückstände führten dazu, dass es für einen Rechtsanwalt klüger war, ein Klageverfahren einzuleiten, um an einen Titel zu kommen, als das dafür eigentlich übliche Mahnverfahren.

Es ging damit weiter, dass einfachste Vorgänge wie Kostenfestsetzungsanträge etwa ein Jahr dauerten, bis sie beschieden werden konnten. Dann erfolgten keine Eintragungen im Vereinsregister mehr. Dann fanden keine Termine im Rahmen der Zwangsversteigerungen mehr statt. Dann war niemand mehr da beim Grundbuchamt, der in der Lage war, dortige Anträge einzutragen. Die Anträge wurden entgegengenommen, sie wurden nach Datum des Eingangs sortiert, aber es war kein einziger - ich wiederhole: kein einziger - Rechtspfleger beim Grundbuchamt.

Meine Damen und Herren, das sind die Folgen, wenn bei einem Amtsgericht an sich 15,84 Rechtspflegerstellen erforderlich sind, wenn aber tatsächlich nur zehn Rechtspflegerstellen vorhanden sind. Dann funktioniert die Justiz an diesem Gericht nicht mehr, und dann kommt es zu unvertretbar langen Verzögerungen.

Das, was wir beim Amtsgericht Wilhelmshaven anlässlich dieser Petition festgestellt haben, ist aber kein Einzelfall, sondern eine Entwicklung, die wir bei den Amtsgerichten in Niedersachsen leider insgesamt feststellen müssen. Wir wissen aus den Besuchen sowohl des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen als auch des zuständigen Arbeitskreises der CDU-Landtagsfraktion, dass die Belastung insbesondere im Rechtspflegerbereich deutlich zu hoch ist. Hinzu kommt - darüber haben wir bereits früher gesprochen -: Wenn Sie denn endlich ein Urteil haben, dauert es wieder viele, viele Monate, bis Sie es vollstrecken können, weil Gerichtsvollzieher nicht in ausreichender Zahl da sind, weil die Abarbeitung der Aufträge durch die Gerichtsvollzieher viel zu lange dauert.

Wenn Sie das zusammenfassen, müssen Sie zu dem Schluss kommen, dass die Justiz in Niedersachsen zunehmend Not leidend wird, dass die Verfahren der Rechtsdurchsetzung und der Rechtsfindung einfach zu lange dauern.

Meine Damen und Herren, dies kann man dann nicht damit bescheiden, dass man, wie im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen geschehen, sagt „Sach- und Rechtslage“; denn das heißt ja nichts anderes als: Das ist eben so, weiter so, sagt den Leuten, wie haben nicht genug Personal.

Damit akzeptieren Sie einen solchen Zustand, der nicht akzeptabel ist, und deshalb ist der einzig richtige Weg, diese Petition zu bescheiden, derjenige, für „Berücksichtigung“ zu votieren, also die Landesregierung aufzufordern, hier zu Veränderungen zu kommen.

Ich habe heute Morgen über die Kollegin Bockmann erfreulicherweise die Nachricht aus dem Justizministerium erhalten, dass eine Änderung vorgesehen ist, dass man beabsichtigt, zum 1. Dezember einen weiteren Rechtspfleger einzustellen, so der Prüfling die Prüfung besteht. Dann wird die Belastung nicht mehr 1,58 pro Rechtspfleger betragen, sondern „nur noch“ 1,48. Das ist immer noch zu hoch. Damit liegen wir zwar im Durchschnitt des Oberlandesgerichtsbezirks Oldenburg, aber damit ist die Justiz immer noch nicht in Ordnung. Allerdings ist das aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich eine erste Berücksichtigung des Belanges des Petenten.

Ich meine deshalb: Wenn die Landesregierung sagt, sie führt personelle Veränderungen herbei, sollte es auch der SPD-Fraktion möglich sein,

gemeinsam mit uns für „Berücksichtigung“ zu votieren.

(Beifall bei der CDU)

Zu derselben Eingabe spricht die Abgeordnete Frau Bockmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche zu dem Änderungsantrag betreffend die Eingabe 2680/01/14. Ich möchte vorab darauf aufmerksam machen, Herr Wulff, dass der CDU hier ein netter Fauxpas unterlaufen ist. Dieser Änderungsantrag ist zwar von einem Fraktionsvorsitzenden unterzeichnet worden, allerdings von einem Fraktionsvorsitzenden namens Busemann.

(Oh! bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Biester hat eben - ich sage einmal - fast ein Horrorszenario für das Wilhelmshavener Amtsgericht aufgezeichnet. Mich wundert das ein bisschen, denn wenn wir eine Diskussion über die Justizreform führen, wird unser Rechtssystem und insbesondere das in Niedersachsen immer als eines der besten der Welt dargestellt. Das passt nicht zusammen, das ist eine dunkle Darstellung, die nicht der Realität entspricht.

Uns ist vom Justizministerium signalisiert worden, dass eine zusätzliche Stelle eingerichtet wird, eine zusätzliche Stelle extern aus Thüringen. Die Übernahme soll am 1. Dezember 2000 erfolgen. Ich denke, damit wird das Problem gelöst sein. Da wir dies im Ausschuss noch nicht haben erörtern können, sind wir der Auffassung, dass eine Rücküberweisung in den Ausschuss erfolgen sollte. Das Justizministerium hätte dann noch einmal die Möglichkeit, darzustellen, wie die Stelle herüber geholt werden soll. Dann werden wir, so denke ich, alle mit einem glücklichen Ende leben können; dann wird diese Eingabe nämlich bestimmt für erledigt erklärt werden können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat Frau Abgeordnete Schwarz das Wort. Sie spricht zur Petition 2611.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beziehe mich auf die Petition 2611 der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg. Worum geht es? Wieder einmal haben wir das Thema „mehr Autonomie für die Hochschulen“. Der Senat der Universität wendet sich gegen bestimmte Maßnahmen der Landesregierung, da diese der Zielsetzung des Modellvorhabens zur globalen Steuerung von Hochschulhaushalten zuwider laufen würden. Insbesondere werden bei der Einbeziehung der Hochschule in zentrale Steuerungsmaßnahmen des Landes die Punkte Liegenschaftsmanagement, Verlagerung von Zuständigkeiten an das Informatikzentrum Niedersachsen, Zentralisierung des Einkaufs von Telekommunikationsleistungen und Energie sowie Anbindung an das zentrale Haushaltsvollzugssystem aufgeführt.