Protokoll der Sitzung vom 12.10.2000

Um Geld geht es auch - Herr Klein hat es schon erwähnt - im Wesentlichen in dem Antrag der CDU-Fraktion. Wer trägt die Kosten, die in dieser Situation anfallen? Das ist der Punkt.

Ich möchte es kritisch anmerken: Brüssel ist gewissermaßen über uns gekommen, und Berlin hat sich nicht oder nur wenig gegen das, was über uns gekommen ist, gewehrt.

(Zustimmung bei der CDU - Wojahn [CDU]: Sehr gut - Biestmann [CDU]: Bodo, du warst schon immer gut!)

- Das muss man auch einmal sagen, Herr Biestmann. - Denn - das ist auch schon gesagt worden es gibt in Deutschland kein einheimisches Rind, das von BSE befallen wurde. Wir befinden uns aber in der Situation, dass wir die EUEntscheidungen exekutieren und auch die Folgen tragen müssen.

Es geht, wie gesagt, um die Mittel für die Entsorgung gefallener Tiere. Ein kurzes Wort - ich weiß nicht, ob sich Herr Biestmann über die Situation vor und nach der EU-Entscheidung geäußert hat -: Vorher war es so, dass ein Drittel der Entsorgungskosten die Tierseuchenkasse und zwei Drittel die Landkreise getragen haben. Nach der EUEntscheidung bleiben 100 % der Entsorgungskos

ten bei den SRM-Tiereigentümern sozusagen hängen.

Einige - insofern gehe ich auf den Zwischenruf ein - hatten dieses Thema schon in ihren jeweiligen Kreistagen behandelt. Unsere Vorlage in Rotenburg lautete: Alle Entsorgungskosten soll der Tierhalter tragen. - Wir haben - wie andere Kreistage auch - die Entscheidung darüber vertagt und wollten zunächst abwarten, was sich möglicherweise auf Landesebene entwickelt.

(Kethorn [CDU]: Hast du dich in der SPD-Fraktion dann durchsetzen kön- nen?)

Nun komme ich zu einem persönlichen - einem lösbaren - Problemchen. Ich habe im Kreistag zugesagt, mich hier für die beantragte Drittellösung zu verwenden. Es ist aber vergessen worden - deshalb möchte ich es erwähnen -, dass ich auch ein Zweites gesagt habe. Nach guter alter Tradition, wie ich es in 30 Jahren gelernt habe, pflege ich mich - wenn es um Abstimmung in Sachfragen geht - an die Mehrheitsentscheidung meiner Fraktion bzw. meiner Fraktionen zu halten.

(Zuruf von Ehlen [CDU])

- Das habe ich im Kreistag auch gesagt, Heiner.

(Kethorn [CDU]: Wie lautet die Mehrheitsentscheidung denn nun? - Das werden wir sehen. Wir werden heute Aus- schussüberweisung beantragen und dann in aller Ruhe über den Antrag beraten. Es müssten auch Gesetze geändert werden, wenn eine Beteiligung des Landes in Erwägung gezogen werden soll. (Zuruf von Wojahn [CDU])

Meine Damen und Herren, ich kann heute schon sagen: Die SPD-Fraktion hat keine Neigung zu einer Kostenregelung, wie sie von der CDUFraktion beantragt wurde. Ich will das auch begründen.

Bisher war es über Jahre in allen Fraktionen Konsens, dass sich das Land an der Tierkörperbeseitigung, was die Kosten betrifft, nicht beteiligt. Ist das richtig oder falsch?

(Brauns [SPD]: Richtig!)

Wir haben ein gewisses Interesse daran, dass dieser Konsens möglicherweise beibehalten wird. Aber

wir wollen angesichts der finanziellen Schwierigkeiten der Rinderhalter und der Halter von Schafen bei der Lösung des Problems behilflich sein. Lassen Sie uns deshalb im Ausschuss sorgfältig darüber beraten, wie die Kosten für die Entsorgung der Risikomaterialien fair behandelt werden können.

Wir werden dann auch sehen - das ist ebenfalls bereits angesprochen worden -, wie in dieser Angelegenheit in anderen Bundesländern verfahren wird. Sie werden sehen, dass sich da ein buntes Bild ergibt.

Wir werden auch im Ausschuss über die Möglichkeiten - das will ich einmal so dezent andeuten der Tierseuchenkassen sprechen. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss zu einem guten Ergebnis kommen werden. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Wojahn [CDU]: Die Tür ist noch offen? - Gegenruf von Brauns [SPD]: Die Tür ist noch offen! Wenn du willst, lassen wir die Tür noch offen! - Weitere Zurufe von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Räke. - Das Wort hat Herr Minister Bartels. Herr Minister, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe schon, die Ausschussberatung hat offensichtlich bereits begonnen.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion versucht sozusagen, uns einen Ratschlag zu geben, und leitet das mit der Überschrift „Landesregierung hat weitere Wettbewerbsverzerrung für die niedersächsische Landwirtschaft zu verantworten“ ein. Sie können das zwar häufig wiederholen, aber wahrer wird es deshalb nicht.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben das auch hier wieder einmal gemacht.

Lassen Sie uns doch gleich über die Ursachen unterhalten, die zu dieser Situation geführt haben. Ich würde aber denjenigen, die uns Ratschläge

geben, raten, sich zunächst einmal sehr sorgfältig mit der Materie zu befassen.

(Biestmann [CDU]: Aber wir hätten es anders gemacht, Herr Minister!)

Wenn Sie das getan hätten, Herr Biestmann, dann hätten Sie z. B. festgestellt, dass sich die Wettbewerbsverzerrungen nicht aus der Kostenbelastung für die Beseitigung des bei einer Schlachtung anfallenden Risikomaterials ergeben - das haben Sie zwar in Ihrem Antrag geschrieben; dessen Beseitigung erfolgt aber in allen Bundesländern auf Kosten des Schlachtbetriebs oder des Zerlegebetriebs -, sondern es geht um die Gebührenerhebung für die Beseitigung der verendeten Rinder, Schafe und Ziegen, die von der EU-Entscheidung erfasst werden. Das ist ein Unterschied. Deshalb bitte ich darum, den Entschließungsantrag nicht schludrig, sondern sorgfältig zu erarbeiten.

(Brauns [SPD]: Sehr gut, Herr Minis- ter!)

Sie können das ja nachlesen. Ich helfe Ihnen gern, damit Sie das ein bisschen besser verstehen.

(Brauns [SPD]: Sehr gut! Dann gibt es Nachhilfeunterricht!)

Meine Damen und Herren, es ist auch nicht so - -

(Zuruf von der CDU)

- Sie haben auch noch einen anderen Fehler darin gemacht. Aber vielleicht verschweige ich ihn auch, wenn Sie ganz lieb sind.

(Biestmann [CDU]: Wir beraten über die Lösung! - Eveslage [CDU]: Strei- chen Sie es mit Rotstift an! Das haben Sie aus Ihrer Vergangenheit als Leh- rer!)

- Lieber Herr Eveslage, das sollten Sie mir nicht vorwerfen. Da haben wir sicherlich die gleiche Vergangenheit.

(Zuruf von der CDU)

- Das weiß ich nicht. Das kann ja noch kommen.

Sie haben angeführt, dass die Verbände, die Fachverbände und die CDU einhellig sozusagen gegen Brüssel marschiert seien. Auch dazu muss ich sagen: Das stimmt nicht. - Wir sind mindestens genauso stark - wenn nicht gar stärker - aufgetreten, um in Brüssel sehr deutlich zu machen, meine

Damen und Herren, dass wir mit der Entscheidung, die in Brüssel getroffen worden ist, überhaupt nicht einverstanden sind und diese ablehnen.

Ich habe mich nicht der Stimme enthalten. Denn ich bin gar nicht in Brüssel. Auch das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Es muss schließlich auch etwas Wahrheit in die Diskussion hineinkommen.

(Zurufe von der CDU)

Den Vorwurf, dass die Belastungen der Tierhalter von der Niedersächsischen Landesregierung zu verantworten sind, weise ich zurück. Wir haben in aller Deutlichkeit gesagt, dass wir die Entscheidung der Kommission und des Ministerrats für falsch halten, dass wir der Auffassung sind, dass sie eine zweifelhafte rechtliche Basis hat - das habe ich immer wieder gesagt, lange bevor Sie sich zu Wort gemeldet haben -, und dass wir überhaupt keine fachliche Rechtfertigung für das jetzige Vorgehen der Europäischen Union feststellen können. Die Gründe sind schon von anderen Rednern angeführt worden, die sich zu Wort gemeldet haben. Ich will nur ergänzend hinzufügen, dass wir auch die Bundesregierung sehr frühzeitig aufgefordert hatten, gegen diese Entscheidung zu klagen. Das hat sie bedauerlicherweise nicht getan. Wir sind der Auffassung, dass dagegen geklagt werden kann. Ich habe dies dem Bundesminister und dem Bundeskabinett mitgeteilt und gebeten, eine Klage zu führen. Das ist bedauerlicherweise nicht geschehen. Es bleibt nun abzuwarten, ob beispielsweise eine seitens der Betroffenen in Vorbereitung befindliche Klage zum Erfolg führen wird.

Aber dessen ungeachtet habe ich keine andere Möglichkeit, als die Entscheidung der EUKommission umzusetzen, was natürlich zu den entsprechenden Folgen führen wird. Diese Folgen ergeben sich wiederum aus dem geltenden Recht, nämlich aus § 3 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz. Darin ist eindeutig und verbindlich festgelegt worden, dass die kostenfreie Entsorgung von Tierkörpern von Vieh nicht für die Beseitigung von Tierkörpern gilt, die wegen ihrer Einstufung als Risikomaterial ganz oder teilweise nicht verwertbar sind. Die Entsorgung dieser Materialien muss somit nach der in Niedersachsen zurzeit gegebenen verbindlichen Rechtslage kraft Gesetzes von den Verursachern - d. h. von den Besitzern - finanziert werden.

Es ist also nicht so - wie Sie es in Ihrem Antrag geschrieben haben -, dass wir planen, die Landwirte stärker zu belasten, sondern die Rechtslage, die vor drei Jahren in diesem Parlament geschaffen worden ist, zwingt uns dazu.

Ich darf an die Rechtslage und die Diskussion erinnern. Die Landkreise haben damals klar und eindeutig gesagt, dass sie am liebsten ganz aus der Mitverantwortung aussteigen würden. - Das haben wir verhindern können.

Die Tierseuchenkasse hat ganz eindeutig gesagt: Wir werden nicht mitfinanzieren; wir lassen uns nicht zusätzlich mit heranziehen.

(Kethorn [CDU]: Da bleibt nur noch das Land übrig!)

Das war die Situation, meine Damen und Herren. Deswegen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, das wir Ihnen damals vorgelegt haben.

Nun zur Rechtslage in den anderen Bundesländern - Herr Biestmann hat ja gesagt, dass es alle Länder anders und viel besser machen -: Bayern, Thüringen und Brandenburg sind die drei Länder, die sich mit einem Drittel an den Kosten beteiligen.