Protokoll der Sitzung vom 15.11.2000

(Beifall bei der CDU)

Das, was Sie hier vortragen, ist ein unsittliches Angebot. Sie entscheiden ohne Grund, den Arm zu

amputieren, belassen es jetzt bei Unterarm und Hand und wollen sich dann dafür feiern lassen, dass nur die Hand amputiert wird. Das können Sie mit uns hier nicht veranstalten!

(Beifall bei der CDU)

Zweite Bemerkung: Bei Gesamtbetrachtung des Themas könnten Sie ja auch mal einräumen, dass Sie hier etwas ernten, was andere, nämlich wir, gesät haben.

(Widerspruch bei der SPD - Plaue [SPD]: Das kann doch wohl nicht wahr sein!)

Ohne unseren erbitterten Kampf gegen Sie bei der Liberalisierung der Telekommunikation und bei dem Aufbrechen des Postmonopols hätte es die 100 Milliarden DM UMTS-Linzenzerlöse niemals gegeben. Insofern ernten Sie, was wir gesät haben.

(Beifall bei der CDU)

Dritte Bemerkung: Sie haben ja so tolle Minister, dass Sie sie entlassen, und haben ja dem Wirtschaftsminister gerade gedankt. Sie sagen in der Aktuellen Stunde: „Wir haben uns durchgesetzt.“ Stattdessen sind Sie eingeknickt.

(Schurreit [SPD]: Wobei?)

Wir haben die Situation, dass die Bundesregierung ständig bestellt und Länder und Kommunen bezahlen müssen und dass die Bundesregierung ständig einnimmt und andere dafür aufkommen lässt. Im Zusammenhang mit der deutschen Einheit sind Länder und Kommunen solidarisch zur Kasse gebeten worden. Dann muss aber eine einmalige Einnahme von 100 Milliarden DM auch Ländern und Kommunen zugute kommen, indem man beispielsweise den Fonds Deutsche Einheit entsprechend bedient.

(Beifall bei der CDU)

Finanzminister Aller hat in einer Vorlage für den Haushaltsausschuss ausgeführt, dass dies eine Zinsersparnis von 460 bis 700 Millionen DM jährlich bedeutet hätte. Dagegen sind die Milliönchen für Verkehrsprojekte, die wir aus den Zinserlösen bekommen, allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.

Ein Weiteres kommt hinzu, weshalb Sie die Aktuelle Stunde wirklich nicht hätten anmelden sollen: Die Millionen, die jetzt aus den Zinserlösen nach

Niedersachsen fließen, sind geringer als die Steuermindereinnahmen, die zu erwarten sind, weil ja diese Firmen für den Erwerb der Lizenzen entsprechend weniger Steuern zahlen werden. So peinlich stellen sich die Zahlenrechnungen dar.

(Beifall bei der CDU)

Vierte Bemerkung: Die Niedersächsische Landesregierung hat seit 1993 keine Überarbeitung Ihres damaligen, inzwischen verstaubten Verkehrsprogramms vorgenommen. Die Investitionen für die Landesstraßen sind um fast 50 % reduziert worden. Für kommunale Straßen stehen noch schlappe 121 Millionen DM im Landeshaushalt, obwohl dort Anträge für 1,1 Milliarden DM vorliegen.

Wir bedauern sehr, dass die Öffentlichkeit seit Wochen mit Falschmeldungen verunsichert wird: ob es um die Frage Interregioverbindungen ging, wo der Ministerpräsident falsche Informationen gegeben hat, oder ob es jetzt um die EmslandAutobahn geht. Es kann nicht angehen, dass eine Überschrift „Gabriel schenkt der Region 30 Millionen DM“ entsteht, dass im Text steht, dass die Region jetzt nicht mehr 135 Millionen DM, sondern nur noch 105 Millionen DM aufzubringen habe, und dass anschließend der Oberkreisdirektor des Landkreises Emsland, der die Initiative zusammengebracht hat, die Falschmeldung des Ministerpräsidenten mit dem Satz klarstellen muss, dass die Region selbstverständlich auch weiterhin 135 Millionen DM für die Emsland-Autobahn werde aufbringen müssen. Solche Falschmeldungen, mit denen in Balkenüberschriften der Eindruck erweckt wird, jetzt nach der EXPO fließe das Geld in die Fläche, sind grob wahrheitswidrig.

(Decker [SPD]: Siehe Krankenhäuser in Hannover!)

Denn ein Nachrechnen ergibt, dass gerade 25 % der Landesinvestitionen in die Fläche fließen. Auf diesem Feld werden wir uns mit Ihnen engagiert auseinander setzen; denn wir lassen so etwas nicht durchgehen.

(Beifall bei der CDU)

Sie, meine Damen und Herren, werfen hier mit Nebelkerzen, mit virtuellen Millionen-Geschenken und Erfolgsmeldungen Nebel ins Land, und dann, wenn er sich verzieht, bleibt die Enttäuschung zurück. Insofern halten Ihre Zahlen einer kritischen Überprüfung nicht stand.

(Beifall bei der CDU)

Es hat sich der Abgeordnete Wenzel gemeldet.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon witzig: Wenn es um das Geld für Straßen geht und wenn man hört, was auch eben wieder vom Podium zum Besten gegeben worden ist, dann stelle ich mir vor, wie der kleine Christian und der kleine Jochen in der Sandkiste sitzen und jeder sagt „Das ist mein Auto.“ So kommt es mir vor, wenn hier jeder behauptet, im Besitz der Wahrheit zu sein.

Ich möchte noch einmal klar stellen: Hinsichtlich der Verwendung des UMTS-Geldes hat sich erfreulicherweise die grüne Bundestagsfraktion durchgesetzt. Sie hat dafür gesorgt, dass 6 Milliarden DM für die Sanierung von Bahnstrecken, für die Beseitigung von Langsamfahrstellen und für Signaltechnik eingesetzt werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Dieses Zukunftsinvestitionsprogramm sieht außerdem 1,8 Milliarden DM für Bildung, 1,2 Milliarden DM für Gebäudesanierung und moderne Heizkessel und 300 Millionen DM für Forschung und Entwicklung im Bereich der Wasserstofftechnologie und Brennstoffzelle vor. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich ein Meilenstein und ein großer Schritt voran.

Niedersachsen wird davon überdurchschnittlich gut profitieren. Niedersachsen wird die Möglichkeit haben, weit mehr als eine halbe Milliarde DM im nächsten Jahr in die Bahn investieren zu können. Die entsprechenden Maßnahmen werden voraussichtlich morgen auch öffentlich vorgestellt werden.

Meine Damen und Herren, jahrelang ist bei der Bahn zu wenig gemacht worden. Das haben mittlerweile viele Abgeordnete auch in ihren Regionen gesehen, wo Langsamfahrstellen auf manchen Strecken dazu führen, dass man beim Bahnfahren den Eindruck hat, Blümchen pflücken zu können. Aber wir wissen auch, es wird nicht ausreichen, in ausreichender Höhe die Investitionsmittel zur Verfügung zu stellen.

Wir müssen der Bahn auch endlich Chancengleichheit gegenüber dem Verkehrsträger Straße und dem Verkehrsträger Flugzeug geben. Das bedeutet eine Anpassung bei der Mineralölsteuer. Bei den Trassenpreisen müssen wir deutlich herunter. Bei der Mehrwertsteuer haben wir zum Teil den Höchstsatz in Europa. Ich sehe auch nicht ein, dass der BGS von der Bahn bezahlt werden muss. Denn wo kommen wir denn dann hin? Wenn man diesen Maßstab anlegen würde, müsste demnächst ja auch für Autobahnpolizisten cash bezahlt werden, wenn Sie auf die Autobahn auffahren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn wir das tun, dann hat der InterRegio wieder eine Chance, und dann brauchen wir nicht mit solchen Pseudoerfolgsmeldungen über Land zu gehen wie: Da fährt wieder einer. – Dieser eine stand nie infrage, aber all die anderen werden wegfallen. Da ist bisher nichts erreicht worden.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass sich Niedersachsen engagiert, wenn es um die Verwendung der Mittel für Forschung und Entwicklung im Bereich Brennstoffzelle geht. Wir waren erschreckt über die Antwort aus dem Wirtschaftsministerium. Da sagt man doch glatt, man kenne keine Hersteller von Brennstoffzellen und auch keine Unternehmen, die sich in diesem Bereich in Niedersachsen engagierten.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das ändert sich ja jetzt!)

Diese Antwort hat in der Branche für große Belustigung gesorgt. Wir freuen uns jetzt auf die Antwort auf unsere zweite Anfrage, die wir zum nächsten Plenum nachgeschoben haben; vielleicht kommt da mehr Substanz.

Zum Schluss noch ein Satz zum Thema A 31. Sie hätten jetzt die Chance gehabt, zu sagen: Wir machen eine Finanzierung. Wir beenden den Lückenschluss und entlasten die Kommunen. Wir nehmen das Geld, das im Rahmen des Investitionsprogramms UMTS auch für die Straße zur Verfügung steht, und stellen diesen Lückenschluss fertig. – Stattdessen ist bis heute noch nicht klar, was wirklich rübergeschoben wird. Die Kommunen können es sich eigentlich überhaupt nicht leisten, in eine Bundesaufgabe hineinzufinanzieren. Hier haben Sie, glaube ich, ganz deutlich die falschen Prioritäten gesetzt.

Stattdessen gehen Sie an die Mottenkiste und holen alte Projekte wieder hervor, so die A14/A39.

(Schurreit [SPD]: Das ist notwendig für die Region! Das weißt du ganz genau!)

Das war mit viel Geld schon zwei- bis dreimal begutachtet worden, und jetzt wollen Sie das noch einmal begutachten lassen, obwohl Sachsen-Anhalt da eigentlich eine klare Position vertreten hat. Wir sollten uns da auch ein bisschen an dem orientieren, was Sachsen-Anhalt an Prioritäten gesetzt hat. Das hat im Übrigen auch der frühere Bundesverkehrsminister Wissmann so gesehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war ein Rekord: exakt fünf Minuten. – Das Wort hat jetzt der Herr Kollege Möhrmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wulff, Sie sollten noch einmal überlegen, finde ich, ob das Statement, das eben in dieser Frage abgegeben worden ist, so durchdacht war, dass es auch einer objektiven Beurteilung standhält.

Erstens. Sie haben gesagt, die UMTS-Milliarden führten in Niedersachsen zu einem Ausfall von Steuereinnahmen. – Wenn das so wäre, dann dürften Sie hier nicht behaupten, dass es besser gewesen wäre, man hätte den Fonds Deutsche Einheit bedient, weil das dann ein Nullsummenspiel gewesen wäre. Also, was soll das? – Sie fordern die Verwendung dieser Milliarden erstens für den Fonds Deutsche Einheit, zweitens für Verkehrsprojekte, drittens für Lehrereinstellungen,

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Also Herr Möhrmann!)

und gleichzeitig sagen Sie, eigentlich habe man gar keine Mehreinnahmen. Widersprüchlicher geht es nicht!

(Beifall bei der SPD)

Das Zweite, meine Damen und Herren. - Wer hier in Niedersachsen mehr als zehn Jahre in der Opposition sitzt und eine Bundesregierung mitzutragen

hatte, die bei Verkehrsprojekten im Wesentlichen von Ankündigungen gelebt hat,

(Decker [CDU]: Gucken Sie in Ihren eigenen Haushalt hinein!)

die jetzt stückweise umgesetzt werden und mit echtem Geld bedient werden,