Protokoll der Sitzung vom 15.11.2000

die jetzt stückweise umgesetzt werden und mit echtem Geld bedient werden,

(Schurreit [SPD]: So ist es!)

der hat nicht das Recht, das hier so zu kritisieren.

(Beifall bei der SPD – Beckmann [SPD]: Der sollte zumindest etwas be- scheidener sein!)

Drittens. Wer beklagt, dass der Zustand von Landesstraßen nicht so gut ist, wie man sich das vorstellt, und über zehn Jahren hinweg zu dem Bereich keinen einzigen Haushaltsantrag stellt,

(Wullff (Osnabrück) [CDU]: Landesstraßen?)

der gerechnet und finanziert ist, der macht sich unglaubwürdig.

(Zustimmung bei der SPD)

Deswegen, Herr Kollege Wulff, wäre es, glaube ich, besser gewesen, Sie hätten anerkannt, dass es Ministerpräsident Gabriel und Minister Fischer gelungen ist, zum ersten Mal seit vielen Jahren im Zuge der Verwendung von UMTS-Mitteln für Verkehrsprojekte für das Land Niedersachsen einen Anteil zu erreichen,

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Wie viel UMTS-Mittel hatten wir denn früher?)

den wir in all den vergangenen Jahren, in denen Sie ja wahrscheinlich erheblich gekämpft haben, nie haben durchsetzen können.

(Zustimmung bei der SPD)

Von daher verstehe ich die Einlassung, die Sie hier abgegeben haben, nicht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Rolfes?

Herr Präsident, ich habe nur wenige Minuten Redezeit.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Wir geben Ihnen von unserer Zeit etwas ab! – Gegenruf von Plaue [SPD]: Sie haben gar keine mehr!)

Ich würde Sie herzlich bitten, noch einmal darüber nachzudenken, ob das, was Sie hier vortragen, im Interesse des Landes ist und ob Sie das, was Sie vollmundig behaupten, nachher auch wirklich einlösen können.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat der Herr Ministerpräsident um das Wort gebeten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ein paar sachliche Erklärungen zu den Vorwürfen geben, insbesondere zu dem von Herrn Wulff eingeklagten Erbe. Wir haben in der Tat ein Erbe angetreten, allerdings ein nicht ganz einfaches.

Das erste Erbe, meine Damen und Herren, sind 1,5 Billionen DM Staatsverschuldung beim Bund.

(Schurreit [SPD]: So ist es!)

Deswegen war es vernünftig, dass der Bundesfinanzminister die 100 Milliarden DM Einnahmen aus dem Verkauf der UMTS-Lizenzen zur Tilgung eingesetzt hat. 1982, als die CDU den damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt als „Schuldenmajor“ bezeichnet hat, hatten wir etwa 350 Milliarden DM Schulden. Nach sieben Jahren, also vor der deutschen Einheit, hatten Kohl und Waigel das fast verdoppelt.

(Decker [CDU]: Das haben Sie in Niedersachsen in zehn Jahren auch geschafft!)

Inzwischen sind wir bei 1,5 Billionen DM Staatsverschuldung im Bund.

(Zurufe von der CDU)

Wenn man das Vokabular der CDU nimmt, dann sind Kohl und Waigel damals als Schuldengeneralfeldmarschälle abgetreten.

(Zustimmung bei der SPD – Unruhe)

Deswegen ist es vernünftig,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

dass der Bundesfinanzminister die Sondereinnahmen genutzt hat, um Schulden zu tilgen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Er soll ja auch tilgen!)

Das zweite Erbe, meine Damen und Herren: Sie wissen, wie das in Wahlkämpfen ist. Da geht der zuständige Minister - in diesem Fall war es der damalige Bundesverkehrsminister Wissmann gern über Land, überreicht Planfeststellungsbeschlüsse, schneidet Trassenbänder durch, eröffnet die ersten Teilstücke von Autobahnen. Weil er dabei so viel zu tun hat, kommt er nicht dazu, im Bundeshaushalt die dafür notwendigen Gelder einzusetzen. Ergebnis ist, dass u. a. CDULandtagsabgeordnete nach der Bundestagswahl geschrieben haben – ich kann die Briefe gern mitbringen -, sie seien doch relativ entsetzt darüber, dass die Ortsumgehungen, die immer versprochen worden seien, nun nicht finanzierbar seien.

Meine Damen und Herren, die CDU hat 1998 im Bundeshaushalt für den Bundesverkehrswegeplan 80 Milliarden DM zu wenig eingestellt – für die Strecken, die sie selbst öffentlich anerkannt hat und zu denen sie erklärt hat, sie würden kommen.

(Zustimmung bei der SPD)

Das ist das Erbe, meine Damen und Herren!

Deswegen verstehe ich, dass CDULandtagsabgeordnete mich bei meinem Besuch in Oldenburg begrüßt haben, sich mit Pressefotografen hingestellt und gesagt haben: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, vielen Dank dafür, dass durch Ihre Verkehrspolitik z. B. die Ortsumgehung Bersenbrück geschafft worden ist. – Das habe ich verstanden. Deswegen war es mir auch ganz angenehm, dass sich CDU-Kollegen mit mir fotografieren lassen wollten.

(Beifall bei der SPD – Wulff (Osna- brück) [CDU]: Das ist sowieso angenehm!)

Das ist, finde ich, in Ordnung, weil die unter der CDU-Bundesregierung die Ortsumgehung Bersenbrück nicht finanziert bekommen haben, weil gemessen an dem, was man öffentlich versprochen hat, 80 Milliarden DM zu wenig da waren. So geht es einem, wenn man durch die Lande reist und Versprechungen macht, aber kein Geld in den Bundeshaushalt einstellt.

Das dritte Erbe, das ganz Norddeutschland bei der Bahn und bei der Schiene hat, ist, dass über 20 Jahre hinweg im Wesentlichen in den Süden investiert worden ist. Das ist ein Riesenproblem, weil, wenn es um das Thema „Ausbau und Sanierung des Schienennetzes“ geht, natürlich dort, wo jahrelang Schienen gebaut worden sind, ein höherer Sanierungsbedarf besteht. Deshalb bekommt der Norden Deutschlands da enorme Probleme.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das ist doch Ihr Problem!)

- Genau, das ist jetzt unser Problem,

(Zuruf von Wulff (Osnabrück) [CDU])

aber es ist das Erbe von Ihnen, Herr Wulff!

(Beifall bei der SPD)

Das ist das Ergebnis dessen, was der CSUFinanzminister und die CDU-Verkehrsminister über Jahre gemacht haben. Norddeutschland ist 16 Jahre lang bei Straße und bei Schiene massiv benachteiligt worden. Deswegen ist es gut, Herr Wulff, dass es mit dieser Bundesregierung zum ersten Mal gelungen ist, durchzusetzen, dass Niedersachsen 105 Millionen DM mehr für den Straßenbau bekommt, als ihm nach den normalen Schlüsseln zustünde.

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Das ging nur unter Rot-Grün. Die CDU hat immer den Süden bedient und hat Niedersachsen, hat Norddeutschland insgesamt völlig vernachlässigt, meine Damen und Herren. Das ist die Realität in Deutschland!

(Beifall bei der SPD)

Dann zum Thema A 31. Der Umgang von Herr Wulff mit dem Thema entspricht offensichtlich nicht ganz – sagen wir einmal vorsichtig – den Tatsachen und den Informationen. Also, was ist da