Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

(Zustimmung von Frau Vockert [CDU])

Mit der Streichung der Mittel für die LAGE wird noch einmal die Rachsucht der Landesregierung deutlich. Ich meine aber, der Volksentscheid wird kommen. Dann werden wir weitersehen.

Liebe Genossen und Genossinnen, ich meine, es reicht auch nicht aus, Niedersachsen als Kinderland zu propagieren und dafür einen Wettbewerb auszurufen. Sie müssen sich der Probleme annehmen, die auf der Straße liegen, und dafür auch Finanzmittel zur Verfügung stellen. Gerade wenn es um den Bereich Beteiligung geht, haben wir im Haushalt nur ein Viertel der Mittel, die z. B. in Schleswig-Holstein zur Verfügung stehen.

Um die Lebenslage von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, müssen die kulturellen und sozialen Ressourcen der Familien gezielt unterstützt werden. In der Jugendhilfe, der Sozial-, Gesundheits-,

Bau- und Verkehrspolitik muss intensiv und koordiniert darauf hingearbeitet werden, die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen, insbesondere derjenigen, die in Armut leben, zu verbessern.

Eine besondere Aufgabe kommt den Kindertageseinrichtungen und den Schulen zu, weil in diesen Einrichtungen die benachteiligten Kinder gezielt gefördert werden. Doch gerade bei diesen Einrichtungen hat sich die Landesregierung in den letzten Jahren aus der Verantwortung gestohlen und die Mittel verknappt.

Es macht sich in der öffentlichen Wahrnehmung nicht so gut, wenn über Armut und massive Sozialisationsdefizite offen gesprochen wird. Da ist es natürlich einfacher, auf populistische Themen zu setzen und sie aufzunehmen.

Ich möchte an dieser Stelle das seit langem geplante Interventionsprogramm noch einmal anführen. Es ist doch absurd, Haushaltsmittel bereitzustellen, die nicht abgerufen werden, und letztendlich noch investive Zuschüsse zu verteilen, damit man nicht nach außen sagen muss: Liebe Leute, wir haben aufs falsche Pferd gesetzt; wir sind Stammtischparolen gefolgt. - Geben Sie sich einen Ruck, Frau Ministerin Trauernicht! Schmeißen Sie diese Altlasten der Regierung über Bord! Nehmen Sie unseren Änderungsantrag zum Haushalt an, und stellen Sie die Mittel für individuelle Maßnahmen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung den Jugendhilfeträgern zur Verfügung! Wir haben vor Ort kreative, engagierte Fachleute, die mit ihren Ideen oftmals an den Finanzen der Kommunen, an den jeweiligen Rechnungsprüfungsämtern scheitern, wenn es darum geht, Maßnahmen für entwicklungs- und beziehungsgestörte Kinder und Jugendliche maßzuschneidern. Ich habe da noch etwas Hoffnung, weil ich glaube, mit Herrn Pfeiffer und Frau Trauernicht im Team kann man da noch etwas reißen.

Weshalb richten wir mit dem Geld nicht eine zentrale Clearingstelle ein, wie vom Landespräventionsrat vorgeschlagen? Wir brauchen eine fachlich abgesicherte Diagnose über die Situation von Kindern, um dann weitere Jugendhilfemaßnahmen einzuleiten. Denn Jugendhilfeeinrichtungen haben wir im Lande, die aufgrund ihrer konzeptionellen Ausrichtung sehr wohl in der Lage sind, die langfristig verbindliche Sicherung von Betreuungskontinuität zur Verfügung zu stellen.

Kritisch hinterfragen will ich auch noch einmal die Sinnhaftigkeit des Präventionsprogramms der Landesregierung. Hier wurde in unseren Augen mit ziemlich heißer Nadel gestrickt. Man muss sich nur einmal das Programm ansehen. Dann sieht man: Es ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, ein Tropfen in jedem Landkreis. Das ist Kommunalwahlkampf pur. Hier würde ich den Tipp geben: Weniger ist manchmal mehr, wenn es gezielt eingesetzt wird.

Bei der Förderung der Jugendverbände betont die Landesregierung zum wiederholten Male, dass es sich dabei um freiwillige Aufgaben handelt. Die Mittel werden aber um 10 % gekürzt, um dann wieder aus den Mitteln speziell für die Mädchenförderung aufgestockt zu werden. Wir können da nur sagen: Nachtigall, wir hören dich trapsen. Hier wird versucht, Mädchenförderung gegen Jugendverbandsförderung auszuspielen. Wir beharren auf unserem Änderungsantrag, weil es nicht reicht, Mädchenförderung in Sonntagsreden schönzureden, sie aber still und heimlich auf ein Verschiebegleis zu setzen und damit das langsame Einfahren in die Endstation einzuleiten. Das heißt nämlich: Ende der Mädchenförderung. Da sollten wir gemeinsam sehr aufpassen.

Zum Schluss: Das Beharren auf dem gekürzten Status quo im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik kann so nicht weitergehen. Wir haben unsere Änderungsanträge eingebracht. Wir brauchen eine neue Systematik in der Kinder- und Jugendförderung. Das erwarten wir auch von der neuen Ministerin. Wir brauchen eine Systematik, die Verlässlichkeit dokumentiert und die nicht einfach Wahlkampfgeschenke verteilt. Niedersachsen muss Kinderschutzland werden, wie Herr Pfeiffer schon richtig sagte.

Noch kurz ein Satz zum Sport: Es ist keine Leistung der Landesregierung, dass es ein Sportstättenprogramm gibt. Das ist die Leistung der Menschen, die ihr Geld in Sportwetten investiert haben

(Plaue [SPD]: Jetzt bist du auf dün- nem Eis! Das musst du zugeben!)

und damit größtenteils die dringend notwendigen Sportstättensanierung in Angriff genommen haben.

(Plaue [SPD]: Ganz dünnes Eis!)

- Das ist so. Guckt euch mal die Finanzen an! Das ist nicht unbedingt das Landesgeld. Ich meine, hier sollten wir uns bei den Bürgern bedanken, die so

fleißig gewettet haben, und nicht bei der Landesregierung, die hier ein Programm gewuppt hat.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es ist also kein Glanzstück, wie Kalle Mühe sagte. Ich meine, im Bereich Sportförderung muss noch heftig geputzt werden.

Noch ganz kurz zum Schulsport: Dazu hat Kalle auch etwas Schönes gesagt, was aber im Widerspruch zu einer Aussage des Ministers Schily steht, der am Dienstag im Radio sagte: Rettet den Schulsport! - Es passt nicht ganz, wenn die SPD hier sagt „Alles in Butter; der Schulsport funktioniert“ und Herr Schily auf Bundesebene sagt: Rettet den Schulsport. Ich kann mich dem Appell von Herrn Schily nur anschließen: Stellen Sie im Rahmen der Unterrichtsversorgung ausreichend Sportpädagogen und Sportstunden zur Verfügung, und behandeln Sie den Schulsport nicht als Stiefkind in der Bildungspolitik! Denn das ist auch praktizierte Kinder- und Jugendpolitik und Gesundheitsprävention. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, damit es auch für das Präsidium nach der Mittagspause und für die Landtagsverwaltung klar ist: Die Fraktionen sind übereingekommen, dass die Redezeit der SPD jetzt sozusagen ins Minus läuft und auf die Bereiche heute Nachmittag angerechnet wird. Ich wollte das nur sagen, damit das nachher nicht zu Turbulenzen führt.

Jetzt hat der Kollege Viereck das Wort, der normalerweise eine Redezeit von einer Minute und 21 Sekunden hätte. Aber da wir das niemandem zumuten wollen, verfahren wir so, wie eben angekündigt. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei uns ist alles im grünen Bereich.

(Beifall bei der SPD)

Das ist nicht etwa politisch gemeint, sondern das ist die Aussage des Landesjugendrings nach den Haushaltsplanberatungen im Ausschuss für Jugend und Sport. Dabei, meine Damen und Herren, ist das vorliegende Zahlenwerk nicht nur Ausdruck

von Kontinuität, sondern gleichermaßen auch von zeitgemäßer inhaltlicher Neuorientierung der Kinder- und Jugendpolitik in Niedersachsen.

Die SPD-Landtagsfraktion hat Wort gehalten. Wie bei der Vollversammlung des Landesjugendrings in Oldenburg zugesagt, bleibt der Jugendbereich trotz Einsparauflagen bei den so genannten freiwilligen Leistungen durch gemeinsame Bemühungen von Landesregierung, Jugendministerin und Fraktion ungeschoren. Dies gilt auch für das so genannte SSG-Programm - wir alle haben dazu ja Briefe der Jugendbildungsreferenten aus den strukturschwachen Gebieten bekommen -, die Förderung des Landesjugendrings und für die Sach- und Personalkosten für die anerkannten Träger der Jugendarbeit.

Mit der Aktion „Niedersachsen, ein Land für Kinder“ und dem Wettbewerb „Niedersachsen – Kinderland“ setzt das Land neue Impulse im Bereich der Kinderpolitik, und dies, meine Damen und Herren, liebe Kollegin von den Grünen, mit beachtlicher Beteiligung aus dem ganzen Land. Die Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen werden verbessert. Dies ist schon gestern bei der Einbringung von Änderungen der Niedersächsischen Gemeindeordnung durch die SPD-Fraktion deutlich geworden. Wir werden die Beteiligung der Kinder gesetzlich absichern. Landesweit sind im Rahmen der Moderatorenausbildung bereits rund 130 pädagogische Fachkräfte im Bereich der altersgerechten Beteiligung ausgebildet, und dies geht weiter.

Ein Erfolgsmodell dieser Landespolitik ist die Jugendsozialarbeit. Auch zukünftig wird die aktive Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit einen Schwerpunkt bilden. Mit landesweit insgesamt 93 Jugendwerkstätten wird rund 4.500 jungen Menschen eine konkrete Lebensperspektive gegeben, und damit wird auch ein ganz konkreter Beitrag in Richtung Prävention geleistet. In der neuen EUFörderperiode bis 2006 stehen Landes- und ESFMittel in einer Größenordnung von ca. 225 Millionen DM für diesen Bereich zur Verfügung. Hinzu kommt mit 28 RAN-Stellen ein dichtes Netz von Beratungseinrichtungen, das geknüpft werden konnte, wobei sich die betreffenden Mitarbeiter schwerpunktmäßig um benachteiligte junge Menschen kümmern.

Meine Damen und Herren, das Uelzener Modell zur sozialpädagogischen Betreuung jugendlicher

Straftäter ist unverändert mit 4,5 Millionen DM ausgestattet.

Die Dynamik der Kinder- und Jugendarbeit in Niedersachsen wird bei der Förderung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich. Mit Stand vom 31. August dieses Jahres ist Niedersachsen die Nummer eins. Ich meine, das sollte man an dieser Stelle durchaus hervorheben. In absoluten Zahlen sind das mehr als 10.000 Jugendleiterinnen und Jugendleiter. Das sind mehr als 30 % aller bundesweit in diesem Bereich Tätigen - ein Spitzenplatz! Einen besseren Beleg für die erfolgreiche Arbeit der niedersächsischen Jugendverbände kann es wohl nicht geben.

Dass unser Politikbereich - von einigen Anmerkungen abgesehen - politisch weitgehend unbestritten ist, ist sicherlich ein gutes Zeichen für einen breiten Konsens der Fraktionen im Bereich von Jugend und Sport.

Meine Damen und Herren, die Kollegin Vockert war vor wenigen Tagen in Wolfsburg. Da Reisen im Allgemeinen bildet, ist das eigentlich nur zu begrüßen. Der Hintergrund dieser Reise war allerdings der bevorstehende Oberbürgermeisterwahlkampf, und da ist man sich nicht zu schade, dort tätig zu werden und zur Verunglimpfung des politischen Gegners einen Beitrag zu leisten. Frau Vockert, Ihnen wird der Besuch in der Stadt nicht leicht gefallen sein in einer Zeit, in der der CDUFraktionsvorsitzende wegen der Beschaffung eines Kinderpornos von allen Ämtern zurücktreten musste. Daher wird es Sie sicherlich freuen, an dieser Stelle zu hören, dass der Kinder- und Jugendschutz in Niedersachsen mit 3,1 Millionen DM in vollem Umfang erhalten bleibt. Wir kümmern uns um die Opfer. Dies gilt auch für die Förderung von derzeit 28 Beratungsstellen für Kinder und Jugendliche, die von Gewalt betroffen sind.

Neue Akzente und Förderprogramme sind aber nicht nur im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik, sondern auch im Sport vorhanden. Das 100Millionen-DM-Sportstättensanierungs- und –modernisierungsprogramm - mit Mitteln des LSB sind es 133 Millionen DM - ist hier schon erwähnt worden. Das ist ein Mehr an Mitteln, die dem Sport zu Gute kommen - ein Glanzstück, wie Kalle Mühe schon gesagt hat. Dadurch wird ein nachhaltiger Beitrag zur Verbesserung der Sportstätten im Sportland Niedersachsen geleistet. Wenn die Grünen hier weiter klotzen wollen, bitte sehr, wir

warten auf Vorschläge! Der Run auf dieses Programm durch Vereine und Kommunen belegt eindrucksvoll den Erfolg dieser neuen Initiative.

Gleiches gilt für das Projekt „Bewegte Schule“, das zu einer intensiven Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen beiträgt. Das belegen auch die Zahlen auf unsere Anfrage zum Bereich Sport.

Für Jugend und Sport enthält der Haushalt 2001 neue Ideen und Impulse. Er steht für Kontinuität, Verlässlichkeit und zeitgemäße Neuorientierung. Der Dank dafür gilt in erster Linie natürlich der bisherigen Jugendministerin Jürgens-Pieper,

(Beifall bei der SPD)

gleichzeitig aber auch der Nachfolgerin Trauernicht für die Bereitschaft zu guter Zusammenarbeit. Wir setzen an der Stelle für den Sport auf Kontinuität mit Heiner Bartling. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Vockert, Sie haben jetzt das Wort. Das Gefährliche ist, dass die Redezeit nicht begrenzt ist; denn Ihre Nachfolger werden sich bedanken, wenn Sie die Zeit überziehen.

(Heiterkeit - Klare [CDU]: Die Nach- folger sitzen hier, Astrid! Das ist klar!)

Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Danke für den Hinweis. Mir ist schon bewusst, dass die Zeit sehr knapp ist.

Die Jugend ist unsere Zukunft, wir werden niemals auf Kosten unserer Kinder sparen - solche und ähnliche Sprüche haben Sie sicherlich noch gut im Ohr, kennen wir alle von dieser Landesregierung. Wollen wir doch einmal schauen, wie sich das im Haushalt, speziell jetzt im Haushaltsplanentwurf 2001, darstellt, d. h. wie viel Mittel für diesen Bereich tatsächlich zur Verfügung gestellt werden! Schauen wir uns also z. B. die Kinderpolitik an, zu der eben gerade auch der Kollege Viereck gesprochen hat:

Unter dem Punkt Kinderpolitik finden wir im Haushalt einen einzigen Titel, der da lautet: Landeswettbewerb kinderfreundliche Gemeinde. Dafür sind 225.000 DM veranschlagt. Dann gibt es noch die nicht zu vergessenden 184.000 DM für die Landesgeschäftsstelle des Kinderschutzbundes und die Zuschüsse für die Kinderschutzzentren, wie Herr Viereck das hier eben richtig angeführt hat. Das war es dann aber auch schon, meine Damen und Herren. Damit will man sich dann hier im Lande hinstellen und sagen: Niedersachsen –Kinderland, Kinderfreundlichkeit. - „Armes Vaterland“ kann ich nur sagen, wenn ich mir diese Haushaltsansätze ansehe. Das hat nun wirklich nichts mit Kinderland und Kinderfreundlichkeit zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Wie Frau Janssen-Kucz eben schon gesagt hat, ist es eindeutig so, dass es in Niedersachsen - das ist in keinem anderen Bundesland so - keine spezifische Kindergartenförderung mehr gibt. Die Personalkostenzuschüsse sind bekanntlich in den kommunalen Finanzausgleich überführt worden, d. h. dafür haben wir keinen Ansatz mehr. Was im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs hier zur Verfügung gestellt wird, bildet im Übrigen im bundesweiten Vergleich das absolute Schlusslicht.