Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern in diesem Hause eine neue Ministerin erlebt, die jetzt für diese Aufgabe zuständig ist. Sie können gerne einmal im Protokoll nachlesen, wenn Sie das nicht mehr in Erinnerung haben, was Frau Ministerin Trauernicht zum Thema Kinder-, Jugend-, Familienpolitik und ehrenamtlichem Engagement gesagt hat.
Ich könnte daraus zitieren; aber, Frau Ministerin Trauernicht, Sie wissen mit Sicherheit noch, was Sie gesagt haben. Ich fordere Sie auf: Wenn Ihre Rede glaubwürdig sein soll, dann sollten Sie jetzt die Courage haben und alle zum entsprechenden Handeln auffordern.
Theorie und Praxis, Anspruch und Wirklichkeit! Sie haben jetzt die erste Gelegenheit zu beweisen, dass Sie es ernst meinen. Dazu kann ich Sie nur auffordern.
Meine Damen und Herren, bevor ich dem Kollegen Schwarzenholz das Wort erteile, möchte ich noch eine Bemerkung machen. Frau Kollegin Litfin hat in dieser Diskussion den Begriff „Stalinismus“
gewählt. Ich habe noch nicht prüfen können, ob das einen Ordnungsruf wert ist. Aber wir kennen uns persönlich alle ganz gut. Ich bitte herzlich darum, dass solche Begriffe, die ich nicht zu erläutern brauche, unter Demokraten nicht verwandt werden. Sie sind nicht angemessen.
Danke. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ja jetzt namentliche Abstimmung beantragt wurde, möchte ich erklären, wie ich mich verhalten werde. Ich stimme natürlich der Intension der CDU-Fraktion zu, weil mit der Kürzung der Haushaltsmittel in diesem Bereich der Bevölkerung das politische Signal gegeben wird: Hier wird politisch abgestraft. Das ist das, was in der Bevölkerung ankommt.
Der Grund dafür, dass ich mich aber auch gemeldet habe, ist, dass ich sehr zusammengezuckt bin, Frau Kollegin Litfin - Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze -, als Sie diese - -
(Dr. Domröse [SPD]: Darauf ver- zichtet sie aber gerne! - Fischer [CDU]: Man kann sich seine Freunde nicht aussuchen! - Weitere Zurufe von der SPD und von der CDU)
- Stopp. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich bitte ausreden. - Der Vorwurf des Stalinismus hat, glaube ich, dieser Sache nicht gut getan. Es geht hier nicht an, einen Vergleich mit einem politischen System, das menschenverachtend unter Inkaufnahme der Zerstörung von Milli
onen Menschenleben agiert hat, herzustellen. Eine Querbeziehung zu einer politischen Fehlleistung der Landesregierung herzustellen, ist unzulässig. Davon distanziere ich mich ausdrücklich. Ich glaube, dass das dieser Diskussion nicht gut getan und auch den Interessen der Elternverbände geschadet hat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme das inkriminierte Wort mit dem Ausdruck meines Bedauerns zurück
und möchte hier erwähnen, Kollege Mühe, dass ich immer sehr dankbar dafür bin, wenn Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktion hier das Wort ergreifen, um gegen die Anträge der Opposition Stellung zu beziehen. Sie haben gesagt: Nicht die Eltern sollen die Aufgabe übernehmen, sondern das Landesjugendamt, die Bürokratie soll das machen. Das bedeutet doch: Sie wollen nicht, dass die Menschen ihre Aufgaben eigenverantwortlich regeln, sondern Sie wollen, dass das verwaltet wird.
Das, Kollege Mühe, ist das Gegenteil von Zivilgesellschaft und von Bürgergesellschaft, die wir doch alle anstreben. Unterstützen Sie die Leute, die bereit und in der Lage sind, Verantwortung für ihre und für anderer Menschen Kinder zu übernehmen, und geben Sie der LAGE das bisschen Geld, damit sie ihre gute Arbeit fortsetzen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Litfin, Sie sind augenscheinlich nicht kenntnisreich im KJHG. In diesem Gesetz wird vorgeschrieben, dass die zuständige Landesbehörde - das Landesjugendamt - diese Aufgabe zu übernehmen hat
und dass diese Arbeit mit fachlich qualifizierten Frauen und Männern durchzuführen ist. Dort sitzen Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Fachleute, die im gesamten Bereich bestens ausgebildet sind, die seit vielen Jahren die Heimaufsicht wahrnehmen und das in hervorragender Weise können. Das ist das eine.
(Zurufe von der CDU und von den GRÜNEN - Eveslage [CDU]: Sie ha- ben nicht begriffen, worum es geht!)
Ich möchte mich jetzt noch den Ausführungen von Frau Vockert zuwenden. Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, dass das, was hier passiert, an pure Heuchelei grenzt.
Seit 1992/93 hat die CDU-Fraktion in diesem Niedersächsischen Landtag das von den Grünen und der SPD gemeinsam eingebrachte und verabschiedete Kindertagesstättengesetz bekämpft
(Beifall bei der SPD - Frau Vockert [CDU]: Das hatte andere Gründe! - Frau Pawelski [CDU]: Wir wollten nur mehr Geld! Wir haben das Gesetz ansonsten nicht bekämpft!)
mit der Zielrichtung: Alles Schlechte kommt von oben. – Genau so sind Sie durch die Kommunen gezogen. Sie haben dieses Gesetz immer bekämpft, und ich könnte genügend Zitate nennen, einschließlich des Zitats von Herrn Wulff an Herrn Glogowski, wir bräuchten Ihnen nur 23 Leute aus unserer Fraktion zur Verfügung zu stellen, schon wäre das Gesetz gekippt. Heute verlangen Sie von uns, dass wir genau das tun, was Sie immer bekämpft haben.
Die Niedersächsische Landesregierung hat in den vergangenen Jahren mit Unterstützung von Rot und Grün ein Kindertagesstättenprogramm auf den Weg gebracht, das glänzend und hervorragend ist und das sich von den Ergebnissen her sehen lassen kann. Das wissen Sie auch. Trotzdem haben Sie diese Bereiche bekämpft. Jetzt, meine Damen und Herren, haben wir über den KFA die Finanzierung geregelt. Mehr als 220 Millionen DM werden jährlich aus diesem Bereich in den KFA gegeben und von dort aus für die Kindertagesstätten in Niedersachsen vernünftig, gerecht und sozial verteilt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht hier um einen einzigen Punkt, und Herr Mühe hat es ja gerade zugegeben. Die Eltern haben mit ihren Initiativen hunderttausende Unterschriften in unserem Land gegen Ihre Politik und gegen Ihre Vorhaben im Zusammenhang mit den Standards gesammelt. Da die das gemacht haben, erfolgreich waren und Sie zum Einknicken gebracht haben, streichen Sie ihnen jetzt die Mittel, weil Sie Wohlverhalten prämieren und Positionen, die mit Ihren nicht übereinstimmen, bestrafen wollen.
Weil das in diesem Lande um sich greifen könnte, dass Wohlverhalten durch Haushaltsentscheidungen und durch Personalentscheidungen belohnt und kritischer Geist, Gesicht zeigen und Zivilcourage bestraft werden, meine Damen und Herren, wollen wir in namentlicher Abstimmung festgehalten wissen, wer sich einer solchen Politik verweigert und wer sich dieser Politik anschließt.
(Beifall bei der CDU - Eveslage [CDU]: Jetzt wird Mühe noch gestei- gert! - Weitere Zurufe von der CDU und von den GRÜNEN)