Das sind keine Bagatelldelikte, sondern das erfordert Strafrechtsbestimmungen, die auch Freiheitsstrafen umfassen. Da haben Sie unsere volle Unterstützung.
Es ist kein Ruhmesblatt - es ist die Aufgabe der Opposition, darauf hinzuweisen -, dass zwei Monate nach Feststellung des ersten BSE-erkrankten Rindes in Deutschland noch immer nicht die finanzielle Verantwortung für die unverzichtbaren Folgemaßnahmen geklärt ist. Da die neue Ministerin in der letzten Woche abermals ihre Teilnahme an
der Umwelt- und Landwirtschaftsministerkonferenz abgesagt hat, muss ich hier feststellen - und das ist die Wahrheit -, dass in dem ganzen Kompetenzwirrwarr bis heute nicht klar geregelt ist, wer für die Ausführung dieser kostenintensiven Maßnahmen verantwortlich ist.
Ich glaube auch, dass wir sehr behutsam miteinander umgehen müssen, wenn es um den besten Weg zur Wiederherstellung des Marktgleichgewichts geht. Mit dem, was Sie eben in Richtung de Kommunalpolitiker gesagt haben, die die Auffassung vertreten hatten, nicht die Herde, sondern die Kohorte zu keulen - und die damit sozusagen über andere Wege nachgedacht haben -, sind Sie über das Ziel hinaus geschossen. Natürlich sind das ethische Fragen. Natürlich kann man nicht einerseits - auf unsere Initiative - den Tierschutz in die Niedersächsische Verfassung aufnehmen und andererseits mir nichts, dir nichts sagen, es gibt keine Alternative zur Keulung der gesamten Herde. Ich persönlich bin zwar der Meinung des Ministerpräsidenten, dass man im Moment die Herde keulen muss,
aber ich begründe das anders. Es ist eben ein Unterschied, ob man die, die diesen Weg beschreiten, diffamiert oder ob man sagt, es gibt Argumente für beides, aber in der Abwägung entscheiden wir uns momentan für die Keulung der Herde.
Das Gleiche gilt für das Marktstützungsprogramm. Ich glaube, dass der Vorstoß richtig ist, alle Rinder im Marktstützungsprogramm zu testen und auch über die Verwertung des Fleisches nachzudenken. Aber das Entscheidende ist, dass Maßnahmen getroffen und Entscheidungen gefällt werden; denn jeder Tag des Abwartens führt dazu, dass die Ställe überquellen und dass die Probleme der Landwirtschaft existenzgefährdend und vernichtend anwachsen. Wir brauchen schnelle und klare Entscheidungen. Dazu möchte ich noch einmal auffordern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landwirtschaft ist - das ist gesagt worden - der zweitwichtigste Wirtschaftszweig in Niedersach
sen. Jeder fünfte Erwerbstätige in Niedersachsen ist in der Landwirtschaft und ihren vor- und nachgelagerten Bereichen tätig. Deshalb haben wir am 7. Dezember die Einsetzung einer EnqueteKommission „Agrarstandort Niedersachsen“ vorgeschlagen, um uns hier im Parlament gemeinsam mit Fachleuten Gedanken über die Zukunft des Agrarstandortes Niedersachsen zu machen. Das ist auch unsere Aufgabe; jedenfalls ist es unsere Meinung, dass das unsere Aufgabe ist. Wir alle wissen, welche Bedeutung dieses Thema im Hinblick auf die Globalisierung der Märkte, die Osterweiterung der Europäischen Union und die WTO-Verhandlungen hat. Das alles sind für Niedersachsen und für unsere Landwirtschaft entscheidende Fragen.
Diese Fragen dürfen aus unserer Sicht nicht am Parlament vorbei allein von der Exekutive, von der Regierung nur mit Unterrichtung des Parlaments behandelt werden.
Wir haben diesen Versuch auf allen Feldern erlebt. Ich erinnere an den Finanzausgleich. Da ist gesagt worden: Die Landesregierung macht das schon. Sie braucht die Hilfe der Opposition nicht. – Es ist eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden. Die hat nur ein einziges Mal getagt und ist über die für unser Land existentiellen Fragen des Länderfinanzausgleichs kaum informiert worden. Wir erleben jetzt sozusagen eine Bombardierung mit der Einrichtung von Institutionen, Gremien, Agrargremien, Beiräten, Runden Tischen sowie mit der Berufung von Experten, Sachverständigen, Beauftragten, Sonderermittlern. Ich erinnere nur an die Bundeswehrstrukturkommission. An einem Tag wurde das Ergebnis vorgelegt, und am nächsten Tag kam ein anderes der Regierung. Alles das wird seitens der Exekutive untergehalten. Letztlich entscheidet die Exekutive. Das ist auch richtig so, aber für viele Fragen hat die Legislative zu entscheiden, und das ist so auch notwendig; denn wir sind die Volksvertretung. Von uns erwarten die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen, dass wir die Regierung kontrollieren und dass wir Entscheidungen in die richtige Richtung beeinflussen. Wenn uns diese Chance genommen wird, dann ist damit eine existentielle Frage unseres Landesparlaments und des Wertes unserer Arbeit angesprochen. Ich kann nur dazu auffordern, sich diesem Thema zuzuwenden.
Sie haben offensichtlich Angst, dass eine EnqueteKommission im Parlament Versäumnisse, möglicherweise auch Versäumnisse von Ihnen, aufarbeiten könnte. Sie haben offensichtlich Angst vor dem Sachverstand, der im Parlament versammelt ist. Wenn Sie sagen „Acht Mitglieder aus dem Landtag überstimmen dann die Fachleute, die es eigentlich am besten wissen“, dann offenbart das ein Demokratieverständnis, das wir uns nicht zu Eigen machen.
Ein Parlament, ein vom Volk gewähltes repräsentatives Parlament, hat die Aufgabe, sich einzuschalten. Bei solchen Vorstößen kneifen Sie immer dann, wenn es ernst wird. Bei der EXPO haben Sie gesagt: ohne Parlament, das macht der Aufsichtsrat. – Wir haben gesehen, was daraus geworden ist, was die Finanzen anbetrifft.
Bei der Frage des Wirtschaftsstandorts haben Sie gesagt: Das machen wir in der Regierung; das brauchen wir nicht im Parlament zu behandeln. – Bei der Frage des Agrarstandorts sagen Sie: Das machen wir in der Regierungskommission; das brauchen wir nicht im Parlament zu behandeln. – Darauf kann ich nur erwidern: Wenn Sie jedes Mal kneifen, wenn das Parlament beteiligt werden soll, dann erreichen Sie, dass man Sie am Ende fragen wird, ob man uns nicht gleich ganz auflösen könnte.
Dass Sie als SPD-Fraktion das mitmachen und volles Vertrauen nur in die Exekutive, nur in die Landesregierung und deren Sachverständigenkommission setzen, ist ein Armutszeugnis für die SPD-Fraktion in diesem Hause, für die Mehrheitsfraktion in diesem Hause.
Es ist unsere Aufgabe als Landtag, daran mitzuarbeiten, das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen; durch Transparenz von Lebensmitteln, Futtermitteln und Produktionsweisen, Erhöhung der Kontrolldichte und nachhaltig härtete Bestrafung bei Verfehlungen. Es ist unsere Aufgabe als Parlament, mit einer Enquete-Kommission unter
Hinzuziehung von Betroffenen und Sachverständigen die Agrarpolitik der Europäischen Union auf der Grundlage einer naturnahen, bodengebundenen und wettbewerbsfähigen Landbewirtschaftung und einer artgerechten Tierhaltung weiterzuentwickeln. Es ist unsere Aufgabe im Parlament, sich mit Fragen zu befassen wie denen der landwirtschaftlichen Förderung – darüber hat das Parlament zu entscheiden in dem Rahmen, der den Ländern auch in der Agenda 2000 als Freiraum eröffnet ist und den übrigens Baden-Württemberg besser nutzt als andere Bundesländer; davon könnten wir viel lernen; das könnten wir mit einbringen -, der einseitig orientierten Produktförderung oder der Förderung von Leistungen wie der flächenbezogenen Bewirtschaftung, um bestimmte Faktoren zu beeinflussen, die zu bestimmten Entwicklungen geführt haben oder führen könnten, und unter Einbeziehung der Pflege der Kulturlandschaft als einer zusätzlichen Einkommensquelle für die Landwirtschaft. Das sind Fragen, über die wir im Parlament – nicht nur im Agrarausschuss, sondern im Parlament und in einer übergreifenden EnqueteKommission – arbeiten sollten.
Angesichts dessen, dass Sie zu allen großen Themenfeldern des Landes Enquete-Kommissionen ablehnen, nur eine einzige Enquete-Kommission von Ihnen durchgesetzt worden ist – da haben wir mitgemacht, weil wir sagen: EnqueteKommissionen sind gut auch zur Aufwertung des Parlaments –, frage ich mich: Welchen Sinn macht es eigentlich, dass Sie mit uns in der einen Enquete-Kommission weiter arbeiten wollen? Was sollen wir eigentlich in der Enquete-Kommission zur Parlamentsreform, wenn Sie immer dann, wenn es spannend wird, wenn es schwierig wird, wenn es langfristig wichtig wird, sagen: „Nein, damit soll das Parlament nicht befasst werden; das macht die Regierung alleine“?
Ich sage Ihnen in allem Ernst: Sie, Herr Gabriel und die SPD-Mehrheitsfraktion, vertun am heutigen Tag eine gewaltige Chance, in einer so wichtigen Angelegenheit wie der Zukunft unserer Landwirtschaft einen Konsens der Demokraten hinzubekommen. Nur Sie mit Ihrer Mehrheit können eine Enquete-Kommission, wie wir sie beantragt haben, auf den Weg bringen.
- Er schlägt vor, dass zunächst einmal seine Kommission arbeitet und wir unterrichtet werden. Was daraus wird, haben wir bei anderen Kommissionen gemerkt.
Die Unterrichtung reicht uns nicht, weil wir nicht Befehlsempfänger der Landesregierung sind. Wir sind ein Gestaltungsparlament; hier ist der Ort der Auseinandersetzung.
Natürlich interessiert mich der Expertenrat, aber mich interessiert mindestens genauso die Auffassung so mancher Grüner zur Agrarpolitik, zum Ökolandbau, zu ökologischen Kriterien, und deswegen will ich die Grünen dabei haben. Aus dem gleichen Grund will ich die CDU dabei haben. Ob ich Sie von der SPD dabei haben will, fragen Sie mich jetzt besser nicht – wir wollen ja ehrlich miteinander umgehen -, weil Sie ja sagen, wir bräuchten gar nicht mit dabei zu sein, wir hätten eh keine Ideen und hätten nichts dazu beizutragen. Das ist Ihre Sicht der Dinge, und die finden wir empörend arrogant.
Dadurch, dass Sie das Parlament ausschalten, das Fachwissen aus dem Haushaltsausschuss, aus dem Wirtschaftsausschuss zu Förderprogrammen, aus dem Tierschutzbereich – dazu haben wir ja inzwischen viel Sachverstand versammelt -, aus dem Umweltausschuss, aus dem Europaausschuss – der reist ja immer wieder nach Brüssel, um etwas zu erreichen -, das Wissen aus dem gesamten Parlament ausschließen, weil Sie ja sagen „Von denen erwarte ich mir nichts“,
erweisen Sie, Herr Gabriel, wieder einmal ganz, ganz kleines Karo in diesem Land und ein zweifelhaftes Demokratieverständnis.
Sie sollten bei Durchsicht unserer Initiative vom 30. April 1996 heute ein Stück weit begreifen, dass man Opposition nicht nur erdulden und ertragen muss, wie Sie es ja täglich empfinden. Wir haben neulich den 100. Geburtstag von Georg Diederichs gefeiert; Herr Gabriel und ich waren dort. Da wurde an Folgendes erinnert: Der Niedersächsi
sche Ministerpräsident Schorse Diederichs hat immer, als Oppositioneller wie als Regierender, darauf hingewiesen, dass es zur politischen Kultur gehört, dass eine Regierung, eine Mehrheit die Opposition nicht nur erträgt und erduldet, dass sie sie vielmehr aktiv wollen muss, bereit sein muss, sie aktiv einzubinden – zum Wohle und im Interesse des Landes. – Wenn Sie weiterhin Vorschläge aus den Reihen der Opposition nur deshalb verwerfen, weil sie aus der Opposition kommen, sich ihnen nur deshalb verweigern, weil sie aus der Opposition kommen, dann schaffen Sie ein Klima des Miteinanders, das der Sache und der Lösung der Probleme nicht zuträglich ist.
Mit Ihrer Öffentlichkeitsarbeit, mit Ihrem Umgang mit dem Parlament, mit Ihrer Ablehnung der Enquete-Kommission, mit Ihrer Weigerung, sinnvolle Vorschläge aus unseren Reihen aufzunehmen und umzusetzen, gehen Sie einen schwierigen Weg; denn dann ist Politik nur noch von Taktik dominiert und nicht von der Lösung der Sachprobleme, und von denen haben wir viele im Zusammenhang mit BSE.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns einig darüber, denke ich, dass wir heute ein wichtiges, vielleicht das wichtigste Thema der niedersächsischen Landespolitik diskutieren. Es ist wichtig für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Niedersachsen. Es ist – auch das muss man leider feststellen – für die Produzenten, für diejenigen, die im Bereich der Landwirtschaft arbeiten und dort ihre Erwerbsquelle haben, existenzbedrohend. Wer eine solch wichtige Debatte, die in dem Agrarland Nr. 1 Niedersachsen, wie es ja immer wieder gesagt wird, doch ihre Bedeutung haben soll, Herr Kollege Wulff, nicht anders zu beginnen weiß als mit persönlichen Angriffen auf den Ministerpräsidenten, der zeigt deutlich, wie er Sacharbeit machen will.