Protokoll der Sitzung vom 22.02.2001

(Rolfes [CDU]: Wiederholungstäter!)

Es kann doch nicht der Sinn sein, dass in den Kommunen - egal, ob CDU-regiert, SPD-regiert, rot-grün-regiert, schwarz-gelb-regiert oder wie auch immer regiert - kommunale Selbstverwaltung nicht mehr stattfindet, weil Sie den kommunalen Finanzausgleich in verfassungswidriger Art und Weise nicht zu 100 % ausfüllen, noch nicht einmal zu 90 % ausfüllen, sondern nur zu 80 % ausfüllen.

Das ist schlichtweg verfassungswidrig, und das beklagen wir hier.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb ist es bedauerlich,

(Rolfes [CDU]: Das ist es!)

und Sie alle, die Sie selbst Kommunalpolitik machen, sollten sich dafür schämen, dass Sie diese Politik der Regierung mitmachen.

(Beifall bei der CDU - Frau Lau [SPD]: Ich verbitte mir eine solche Äußerung!)

Jetzt spricht Frau Kollegin Evers-Meyer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe Verständnis dafür, Herr Möllring, dass die Opposition das Thema Finanzausgleich mit ganz viel Herzblut behandelt

(Möllring [CDU]: Sie sind doch auch Landrätin!)

und Herr Eveslage und Sie, Herr Möllring, hier Ihre FAG-Standardreden halten.

(Möllring [CDU]: Das sind keine Standardreden!)

Die Opposition hat aber bisher noch keinen einzigen konkreten Vorschlag gemacht, wo zulasten des Landes und zugunsten der Kommunen Verschiebungen im Haushalt 1999/2000 möglich gewesen wären.

(Zustimmung von Möhrmann [SPD])

Jedenfalls befasste sich keiner Ihrer zahlreichen Änderungsanträge damit, geschweige denn damit, wie Sie diese wohl zu finanzieren gedenken.

(Fischer [CDU]: Das ist doch falsch!)

Frau Kollegin Evers-Meyer, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schirmbeck?

Nein, Sie hatten eben Zeit genug, meine ich, und wir haben auch schon viel darüber gehört. Aber sooft Sie das Ganze auch drehen und wenden: Der Ausstieg der CDU aus der FAG-Kommission war und ist der Beleg dafür, dass die CDU-Fraktion tatsächlich nicht bereit war, sich ernsthaft mit der Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichssystems auseinander zu setzen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Rol- fes [CDU])

Tatsächlich geht es doch um die unterschiedliche Auslegung der Entscheidung des Staatsgerichtshofs. Ist die Verteilungssymmetrie nun gewahrt oder nicht?

Die Unterschiede in der Bewertung sind so massiv, dass sie nicht überbrückbar sind. Übrigens hat das Niedersächsische Landesamt für Statistik vor kurzem festgestellt, dass durch das neue FAG eine Umverteilung zugunsten der finanzschwachen Gemeinden und Landkreise erreicht wird. - Genau das wollten wir doch, oder?

Die kommunalen Spitzenverbände sind der Ansicht, dass die Finanzzuweisungen des Landes an die Kommunen zur Gewährleistung ihrer finanziellen Mindestausstattung unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Landes zu gewähren seien. Danach erst greife die vom Staatsgerichtshof festgelegte Verteilungssymmetrie. Dem steht die auch von uns geteilte Meinung gegenüber, dass das Land verpflichtet ist, den Kommunen in Abhängigkeit von der eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit Finanzmittel zu gewähren.

(Möllring [CDU]: Das ist aber verfas- sungswidrig!)

Ein Ergebnis der Arbeit der Kommission ist, dass unsere Kommunen von 1995 bis 1997 in ihren Haushalten ein durchschnittliches Defizit in Höhe von rund 1,3 Milliarden DM aufwiesen - dazu kommen noch die aufgelaufenen Kassenkredite -,

(Vizepräsident Jahn übernimmt den Vorsitz)

bei einem gleichzeitigem Landesdefizit in Höhe von 3,2 Milliarden DM. – Was will ich damit sagen? Es muss doch wirklich langsam jedem klar sein,

(Möllring [CDU]: Das hat schon den Staatsgerichtshof nicht überzeugt!)

dass sich beide Seiten nicht mehr höher verschulden können.

Unabhängig von der zu erwartenden Gerichtsentscheidung zur Finanzausstattung der Kommunen muss von uns geprüft werden, welche Aufgaben reduziert werden können – das sage ich ausdrücklich als kommunale Schwester -, um auch den Kommunen Entlastungen zu verschaffen.

(Möllring [CDU]: Wollen Sie die Drogenberatung abschaffen? Wollen Sie die Aidsberatung abschaffen? Wollen Sie die Elternberatung ab- schaffen?)

Ich fasse für unsere Seite zum wiederholten Male zusammen - wenn Sie gestatten, Herr Möllring -: Die Arbeit der FAG-Kommission war sehr sinnvoll. Sie erarbeitete und bewertete immerhin eine ganze Reihe von Fakten, die für eine sachgerechte Beurteilung und Weiterentwicklung des Finanzausgleichs von großer Bedeutung sind. Die eventuell gehegte Erwartung, dass der kommunale Finanzausgleich durch die Ergebnisse der Kommission aufgestockt werden müsse, war falsch. Wir bedauern nach wie vor, dass das Verhältnis zwischen Kommunen und Land durch die Arbeit der Kommission nicht befriedet wurde. Die von den Verbänden erhobenen Vorwürfe sind zu klären.

Wir erwarten, dass der Inhalt der Arbeit der FAG-Kommission sowie die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände in die Prüfung zukünftiger Änderungen des FAG einbezogen werden. Wir erwarten, dass die Landesregierung die Kostenentwicklung der Kommunen im Bereich des übertragenen Wirkungskreises weiterhin aufmerksam beobachtet

(Rolfes [CDU]: Was sagt denn der Präsident des Landkreistags dazu?)

und die Regelungen für die Erstattungen an den Bedarf anpasst.

Zuletzt möchte ich sagen, dass es schön wäre, wenn das zu erwartende Urteil zu einer Befriedung zwischen dem Land und den klagenden Kommunen beitragen könnte.

(McAllister [CDU]: Das liegt an Ih- nen!)

Das Land braucht einen angemessenen Spielraum bei der Beurteilung der Verteilungssymmetrie. Grundlegende Veränderungen im vertikalen oder horizontalen System werden nicht nur Gewinner, sondern auch wieder neue Verlierer hervorbringen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Fi- scher [CDU])

Das Wort hat der Kollege Klein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte und die Entscheidung über den vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion sind de facto längst im November geführt bzw. getroffen worden. Wir befassen uns heute mit Wiederholungen. Insofern werden Sie sich auch bei mir mit Wiederholungen begnügen müssen.

Dabei ist festzuhalten, dass insgesamt die Finanzausstattung der Kommunen nicht zufriedenstellend ist.

(Heineking [CDU]: Richtig!)

Aber das kann uns nicht dazu verführen, diesem Antrag der CDU-Fraktion zuzustimmen.

(Schünemann [CDU]: Da machen Sie einen schweren Fehler!)

Ich fasse noch einmal zusammen: Dieser Antrag geht relativ einäugig mit den Ergebnissen der Arbeit der Kommission um. Er blendet die Finanzknappheit der öffentlichen Hand völlig aus. Er macht eine Wundertüte auf und sagt nicht, wer den Inhalt dieser Wundertüte bezahlen soll. Er beschränkt sich auf pauschale Forderungen, obwohl inzwischen Zeit genug gewesen wäre, diese Forderungen zu konkretisieren. Wenn wir allein an den Abschnitt Abbau von Leistungsverpflichtungen und Aufgabenabbau denken, dann ist doch festzuhalten, dass Sie kein einziges Beispiel genannt haben – wie ich meine, nicht zuletzt deshalb, weil das auch bedeutet, dass Sie damit bestimmte Leistungs- und Serviceeinschränkungen von den Menschen draußen im Lande verlangen. Das wird in Anbetracht der bevorstehenden Kommunalwahl sicherlich nicht in Ihr Konzept passen.

Auch für die Streicheleinheiten, die Sie mit diesem Antrag in Richtung Kommunen verteilen, dürfte wahrscheinlich die Kommunalwahl verantwortlich sein. Das Problem ist nur, dass man mit Streicheleinheiten keine Zinsen bezahlen kann. Von daher wird den Kommunen damit wenig geholfen sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wünschen uns die Fortschreibung der eingeleiteten und durchgeführten Kostenermittlungen, um den Datenbestand aktuell zu halten. Wir wünschen uns ein transparenteres FAG. Wir wünschen uns ein FAG, dessen Ausgleichswirkung in Bezug auf den heutigen Zustand nicht abgeschwächt wird. Wir wünschen uns ein Sanierungsprogramm für Gemeinden, die aus strukturellen Gründen keine Chance auf einen finanziellen Ausgleich haben, und wir wünschen uns – das verstehen wir unter Verteilungssymmetrie –, dass da, wo es auf Landesebene finanzielle Spielräume gibt, diese Spielräume auch immer genutzt werden, um einen fairen Anteil in den kommunalen Topf einzuzahlen.

Ich meine, wir haben zurzeit keine andere Wahl, als die Entscheidung des Staatsgerichtshofs abzuwarten. Wir können hoffen, dass einige der grundsätzlichen Streitpunkte, die dort verhandelt werden, auch aufgelöst werden, damit weiteren Gesprächsfortschritten zwischen Land und Kommunen nichts im Wege steht. Wir müssen aber auch hoffen, dass das Gericht der Versuchung widersteht, Einzelvorgaben zu machen, die möglicherweise auf der anderen Seite zehn klagenden Kommunen entgegenkommen und ihnen sozusagen mehr Geld ins Säckel schwappen lassen, die aber auf der anderen Seite bei 100 anderen Kommunen wieder neue Ungerechtigkeiten auslösen.

Wir möchten, dass nach der Entscheidung des Staatsgerichtshofs zusammengestellt wird, wie die Lage ist, und wir möchten, dass wir dann die Gespräche weiterführen. Wir meinen, vieles spricht dafür, dass diese Gespräche auf Augenhöhe weitergeführt werden sollen. Das heißt, wir wünschen uns eine Mediation, die durch eine unabhängige Moderation geleitet und fortgeführt wird. – Danke sehr.