Protokoll der Sitzung vom 14.03.2001

Wir halten das für eine Verletzung von Artikel 6 des Grundgesetzes.

(Beifall bei der CDU)

Ebenso haben wir rechtliche Bedenken wegen der Verletzung des Gleichheitssatzes. Zum einen ist fraglich, ob die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wirklich besser gestellt werden können als die nichtehelichen heterosexuellen Lebensgemeinschaften. Darüber hinaus bevorzugt das Gesetz die gleichgeschlechtlichen Zweierbeziehungen gegenüber allen anderen Verantwortungsgemeinschaften. Dazu kommen Bedenken aus Artikel 14 Abs. 1 des Grundgesetzes, in welchem das Erbrecht in besonderer Weise geschützt wird. Dieser Schutz wurde in die Verfassung aufgenommen, um den Übergang des Familienvermögens von den Eltern auf die Kinder zu sichern. Durch die auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften vorgesehene Erbfolge wird diese grundgesetzliche Regelung unterlaufen. Auch dies löst zumindest verfassungsrechtliche Bedenken aus. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Einzelregelungen, die genauso bedenk

lich sind. Dies gilt beispielsweise für das Ehegattensplitting, auch wenn dies eingeschränkt ist. Dies gilt für die Einbeziehung des Lebenspartners in die beitragsfreie Familienversicherung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Meine Damen und Herren, die aufgeführten Bedenken, die namhafte Verfassungsrechtler so vorgetragen haben, erfordern dringend eine verfassungsrechtliche Überprüfung. Das Bundesverfassungsgericht wird auf Antrag von Bayern und Sachsen in einem Normenkontrollverfahren dieses Gesetz aller Voraussicht nach für verfassungswidrig erklären.

(Unruhe)

Ich bedauere, dass die rot-grüne Koalition in Berlin damit eine Chance verspielt hat, im Konsens mit der Union und der FDP die rechtliche Situation von gleichgeschlechtlichen Paaren verfassungskonform zu verbessern.

(Beifall bei der CDU)

Eine gesellschaftspolitische Entscheidung solcher Tragweite hätte im Konsens der Parteien getroffen werden können und müssen, statt den Gerichten die Entscheidung zuzuweisen.

(Unruhe)

Deshalb lehnen wir das Rechtsinstitut der Eingetragenen Partnerschaft ab und fordern die Landesregierung auf, den zustimmungspflichtigen Teil im Bundesrat abzulehnen.

Die Union beteiligt sich daher aus guten Gründen auch nicht an der vom Vermittlungsausschuss eingesetzten Arbeitsgruppe.

Meine Damen und Herren von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, wer die beabsichtigten Änderungen will, muss die Verfassung ändern und für die erforderlichen Mehrheiten kämpfen. Die Verfassungswidrigkeit jedoch billigend in Kauf zu nehmen oder zu hoffen, dass niemand klagt oder dass das Bundesverfassungsgericht seine ständige Rechtsprechung ändert, ist für die hier in Rede stehende Thematik der falsche Weg. Damit nutzen Sie nicht den Interessen gleichgeschlechtlicher Paare, sondern das Gegenteil ist der Fall: Leider schaden Sie ihnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Frau Vockert [CDU]: Eine überzeugende Rede!)

Ich rufe jetzt die Wortmeldung von Frau ElsnerSolar auf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die langwährende Geschichte, für die Angleichung des Rechts für homosexuelle Lebensgemeinschaften zu kämpfen, ist endlich an einem entscheidenden Wendepunkt angekommen.

(Beifall bei der SPD)

Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften im Bundestag als eheähnliches Rechtsinstitut aus dem Februar dieses Jahres nimmt eine jahrhundertealte Verfolgungs- und Diskriminierungsgeschichte ein vorläufiges Ende. Ich meine sogar, es bietet sich die Möglichkeit eines Neuanfangs. Ich formuliere dies so vorsichtig, weil es nach diesem Anfang erkennbar ist, dass weitere Schritte notwendig sind. Der Kollege McAllister hat nicht nur darauf und auf die Vorbehalte in der CDU-Landtagsfraktion in Niedersachsen, sondern auch auf die Bestrebungen anderer CDU-geführter Bundesländer hingewiesen, die mit diesem für so viele Partnerschaften wichtigen Gesetzeskompromiss vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wollen.

In diesem ersten Schritt sollen Menschen, die in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften leben, wenn sie es wünschen, vor dem Gesetz nicht mehr als Fremde gelten. Sie sollen endlich einen Teil der Rechte erhalten, der für viele Menschen in heterosexuellen Partnerschaften so selbstverständlich ist, dass große Teile der Bevölkerung schon wieder darauf verzichten. Ich meine, dass das die Leitkultur der Ehe viel stärker beeinflusst als das Lebenspartnerschaftsgesetz.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das allerdings tun diese heterosexuellen Partnerschaften freiwillig, und dort lag bisher immer der Hase im Pfeffer. Vertretungsrecht im Krankheitsfall, Mietrecht, Namensrecht, Unterhaltsrecht, Unterhaltspflichten, Erbrecht, Nachzugsrecht für ausländische Partnerinnen und Partner sind gewünschte Erleichterungen in Ansätzen für den betroffenen Personenkreis, den wir mit ca. 10 % der Bevölkerung anzusetzen haben. Adoptions

recht, Einkommensrecht und vorsorgerechtliche Regelungen sind in der Hoffnung, einen bundesweiten gesellschaftlichen Konsens in dieser Frage zu erzielen, gleich außen vor geblieben. Umso schwerer wiegt es meiner Meinung nach, dass wir allein dieses wichtige Vorhaben weiter tragen müssen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, um den Menschen, die sich zur Übernahme von Pflichten bekennen, die Möglichkeit dazu zu geben. Niemand wird gezwungen, eine solche Verbindung einzugehen, niemandem wird etwas genommen, und niemandem wird ein Recht streitig gemacht. Die SPD-Landtagsfraktion stützt daher das Gesetzesvorhaben der rot-grünen Bundesregierung und sieht sich darin in Übereinstimmung mit der Landesregierung. Wir haben den Auftrag, uns im Interesse der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, ihrer Angehörigen und ihrer Kinder auch für die Umsetzung des zustimmungspflichtigen Teils dieser Gesetze einzusetzen. Ich habe schon während der Einbringung des Antrages darauf verwiesen, dass ich die Lauferei nach Karlsruhe für schädlich halte.

(McAllister [CDU]: Das liegt an Ih- nen!)

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass die von ihnen gewählten Politikerinnen und Politiker Probleme wahrnehmen, Lösungen diskutieren und dann entscheiden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Alle anderen Verfahrensweisen stärken die Politikverdrossenheit und irritieren Wählerinnen und Wähler. Darum fordere ich Sie auf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Hören Sie auf zu lavieren, und stimmen Sie diesem Antrag zu wie die anderen Mitglieder dieses Hauses auch.

(Beifall bei der SPD)

Frau Litfin möchte noch einmal etwas sagen. Bitte sehr!

(McAllister [CDU]: Sei nett!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege McAllister, Sie haben die Grünen als diejenigen identifiziert, deren Anliegen es immer gewesen ist, schwule und lesbische Beziehungen mit heterose

xuellen Beziehungen gleichzustellen, und uns aufgefordert, dafür zu kämpfen und Mehrheiten zu finden. Das haben wir getan. Wir haben jahrelang gekämpft, und wir haben nun Mehrheiten gefunden. Darauf sind wir stolz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das heißt also, eine Ihrer Forderungen haben wir erfüllt. Sie haben uns vorgeworfen, wir hätten es uns einfach gemacht und eine Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geschaffen. Wir haben es uns gerade wegen der Bedenken der CDU nicht einfach gemacht. Denn einfach wäre es gewesen, das BGB zu ändern, und zwar in dem Sinne: Die Ehe wird zwischen zwei Personen gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts geschlossen. - Dann hätten wir alle anderen Gesetze, die sich auf die Ehe beziehen, nicht ändern müssen. Das wäre das wesentlich einfachere Verfahren gewesen.

(McAllister [CDU]: Das ist verfas- sungswidrig!)

Aber, Kollege McAllister, auch wir hatten verfassungsrechtliche Bedenken, hatten jedoch auch das Bestreben, Ihnen und Ihrer Partei entgegenzukommen und Ihnen damit die Möglichkeit zu geben, zuzustimmen. Ich meine, dass auch bei einem eventuellen Gang vor das Verfassungsgericht die Gesetze, die jetzt beschlossen worden sind, Bestand haben werden. Ich wünsche mir, dass sie Bestand haben werden, weil ich persönlich zu gern die Silberhochzeit meiner schwulen Freunde mitfeiern möchte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechtsund Verfassungsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenstimmen. - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest: Der Antrag ist angenommen worden.

Ich rufe die beiden letzten Tagesordnungspunkte für heute auf, nämlich

Tagesordnungspunkt 16: Zweite Beratung: Unterausschuss für gesundheitlichen Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit und Entwicklung einer nachhaltigen Landwirtschaft - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2275 - Beschlussempfehlung des Geschäftsordnungsausschusses - Drs. 14/2275

Tagesordnungspunkt 17: Zweite Beratung: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Agrarstandort Niedersachsen - Zukunftssicherung der niedersächsischen Land- und Ernährungswirtschaft“ gemäß § 18 a GOLT - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2138 - Beschlussempfehlung des Ältestenrats - Drs. 14/2283

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der SPD wurde in der 72. Sitzung am 23. Februar 2001 an den Geschäftsordnungsausschuss und der Antrag der CDU in der 67. Sitzung am 24. Januar 2001 an den Ältestenrat zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.

Wir beginnen nun mit der Beratung. Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Groth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der fortgeschrittenen Zeit empfehle ich, dass wir zu den beiden Punkten eine kürzere Debatte führen.

Seit Dezember 2000, also seitdem in der Landwirtschaft und für die Verbraucher eine krisenhafte Lage besteht, nimmt meine Fraktion war, dass wir mit der Landesregierung ein gutes Krisenmanagement haben, und zwar insbesondere durch Minister Uwe Bartels.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung hat unseres Erachtens unverzüglich eine erste gute Reaktion gezeigt. Sie hat gesagt: Wir müssen die Kompetenzen derjenigen, die sich im Lande in verschiedenen Institutionen und Ämtern mit Fragen der Lebensmittelgesund

heit, der Futtermittelsauberkeit, des Tierseuchenschutzes und der Bekämpfung von Schädlingen befassen, bündeln und damit Kompetenzzentren schaffen und sicherstellen, dass das, was diejenigen erarbeiten, vernetzt und mehr korreliert wird, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Dafür hat das Kabinett gestern das Amt für Verbraucherschutz und Lebensmittelgesundheit mit fast 500 Mitarbeitern, die sich aus dem vorhandenen Mitarbeiterstamm rekrutieren, konstituiert. Wir halten das für eine gute und sinnvolle Entscheidung. Die SPD-Fraktion hat das in den vergangenen Monaten ausdrücklich unterstützt und mit gefördert.

Die Politik ist unseres Erachtens in dieser Zeit auf den Sachverstand von externen Praktikern und Wissenschaftlern angewiesen. Aus diesem Grunde hat die Landesregierung eine Kommission eingerichtet. Auch das finden wir richtig und sinnvoll, weil wir meinen, dass Innovationen, ohne sie heute inhaltlich benennen zu wollen, im Bereich der Landwirtschaft, der Lebensmittelerzeugung des Handels mit Lebensmitteln und des Herstellens von Futtermitteln am ehesten von außen gesehen und angesagt werden müssen und diese nur dann bzw. viel leichter in Gang kommen, wenn sie von außen formuliert und artikuliert werden. Auch die Einrichtung einer Kommission finden wir also richtig.