Protokoll der Sitzung vom 16.05.2001

Ich verkenne nicht, Herr Groth - um auf das einzugehen, was Sie in Ihrer Rede gesagt haben -, dass es in dem Bemühen um einen gemeinsamen Antrag auch Übereinstimmungen gegeben hat, die wir begrüßen und die Vechta letztlich in der Sache

auch weiter bringen. Gleichwohl wird die CDUFraktion dem von der SPD-Fraktion vorgelegten Antrag nicht zustimmen können, weil nicht eindeutig ist, wie und in welcher Konzeption zusätzliche Studienangebote angestrebt werden.

Herr Groth, mich stimmt nachdenklich, dass Sie sich hier hinstellen, in aller Kompromissbereitschaft über alle Wendungen und Formulierungen bereit sind zu diskutieren, aber im Ausschuss nicht bereit waren, über die letzte Silbe mit uns zu sprechen. Das hat uns sehr nachdenklich gestimmt.

Aus unserer grundsätzlichen Haltung zur zukünftigen Entwicklung von Vechta mit den notwendigen Punkten, die ich hier angeführt habe, waren wir im Ausschuss nicht in der Lage, Ihrem Änderungsantrag zuzustimmen.

Ich wünsche trotzdem, dass wir hier konsensfähig bleiben und dass wir für Vechta in der Zukunft noch etwas erreichen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Golibrzuch hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Studienbedingungen in Vechta sind eigentlich hervorragend. Das hat uns in jüngster Zeit auch das CHE noch einmal bestätigt. Die hervorragende Ausstattung, das Professoren/Studierenden-Verhältnis, die Ausstattung mit Bibliotheken und im Multimedia-Bereich, all das schafft eigentlich die Voraussetzungen dafür, dass an einem solchen kleinen Hochschulstandort eine hohe Attraktivität für ein Studium nicht nur im Lehramtsbereich gegeben ist. Es ist bedauerlich, dass in den zurückliegenden Jahren diese hervorragenden Bedingungen, die am Standort Vechta gegeben sind, durch den Streit innerhalb der Hochschule, durch den Streit zwischen Hochschulleitung und Hochschulrat, aber auch durch eine ungewisse Zukunftsperspektive für die Hochschule Vechta überlagert worden sind.

Insofern ist der heutige Beschluss des Landtages, meine ich, so etwas wie ein Signal dafür, dass die Hochschulleitung nunmehr klare Vorgaben hat, innerhalb deren sie die künftige Hochschulplanung entwickeln kann. Für uns war dabei ganz besonders wichtig - Herr Kollege Groth hat das ange

deutet -, dass man der Hochschule nicht strikte Vorgaben vonseiten des Landes macht, in welche Richtung die Hochschulplanung zu erfolgen hat. Das war mal so angedacht, zu sagen „Wir nehmen euch die Gerontologie und verlagern sie per Erlass nach Osnabrück, wir nehmen euch die Umweltwissenschaften weg und verlagern sie nach Oldenburg“, sodass letztlich nur der Lehramtsbereich dort bleibt. Für uns war wichtig zu sagen: Nein, wir wissen um die beschränkten Ressourcen der Hochschule, aber die Hochschulleitung selbst soll entscheiden, in welcher Form sie den Vorgaben des Wissenschaftsrates, ein homogenes Studienangebot zu schaffen, Folge leisten will. Das ist jedenfalls auch unser Verständnis von Hochschulautonomie.

Trotz dieses Landtagsbeschlusses, der leider nicht einstimmig ist - für uns war natürlich auch ganz wichtig, dass die Hochschule selbst gesagt hat, sie kann mit dieser Beschlussempfehlung des Wissenschaftsausschusses nicht nur leben, sondern sie empfindet das auch als Rückendeckung -, bin ich ganz sicher, dass die Zukunft für die Hochschule Vechta nicht leicht sein wird. Das hat nicht nur etwas mit Ressourcenausstattung zu tun - ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass jetzt auch die zusätzlichen, bisher gesperrten Stellen vonseiten des MWK freigegeben werden sollen -, sondern das hat auch mit Bedingungen zu tun, die teilweise auch innerhalb der Hochschule geschaffen worden sind.

Ich glaube, dass der Wissenschaftsrat Recht hat, wenn er darauf hinweist, dass z. B. der Anteil ausländischer Studierender in Vechta viel zu niedrig ist. Ich habe zumindest Zweifel, ob es dann eine so kluge Entscheidung gewesen ist, bei der Schließung von Magisterstudiengängen etwa Anglistik und Germanistik zu schließen und damit gerade für ausländische, insbesondere für osteuropäische Studierende - Vechta hat Partneruniversitäten in Lettland, in Polen, also in Osteuropa keinen Anreiz mehr zu schaffen, in Vechta im Magisterstudiengang Anglistik oder Germanistik zu studieren. Ich hätte mir etwas anderes gewünscht.

Ich glaube auch, dass allein der Agri-BusinessBereich nicht in der Lage ist, hinreichend Studierende zu ziehen. Er ist zweifellos ein wichtiges Standbein und wäre auch aufgrund des originären Profils der Region, in der sich die Hochschule befindet, ein ausbaufähiges Standbein. Allerdings sehe ich hier auch eine Konkurrenz zur Berufsaka

demie, wo sich die Stadt sehr stark engagiert. Ich vermisse auch bei der Stadt und beim Kreis, bei der Region Vechta, bei den politischen Entscheidungsträgern die Rückendeckung für die Hochschule, z. B. zusätzliche Angebote im Bereich der berufsbezogenen wissenschaftlichen Weiterbildung in der Ernährungswirtschaft zu machen. Das wäre ja ein Schwerpunkt, der durchaus im Sinne von Grün und Rot auch auf Bundesebene liegt, hier Angebote für die Landwirte anzusiedeln.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ein letzter Punkt: Um das Ausbildungsangebot für den Lehrerbereich in Vechta zu arrondieren, wäre es aus unserer Sicht erforderlich, über die Ausbildung für den Grund-, Haupt- und Realschulbereich hinaus auch über eine Verlagerung von Gymnasialausbildung nach Vechta zu reden. Das scheitert natürlich an den Eigeninteressen der dann betroffenen anderen Hochschulen. Genau so wenig, wie es nicht möglich ist, etwa die Gerontologie von Vechta nach Osnabrück zu verlagern und im Gegenzug dafür Stellen zu erhalten, die man dann ja wieder für eine eigene Entwicklung einsetzen könnte, ist es leider Gottes auch nicht möglich, dass die Universität Oldenburg Gymnasiallehrerausbildung und Stellen nach Vechta gibt und dafür Umweltwissenschaften bekommt. Ich bedauere das.

Mit diesem Beschluss des Landtages - leider wird es kein einstimmiger Beschluss sein - ist aber zumindest eine Rückendeckung für die Hochschule in einer sehr schwierigen Situation gegeben. Es liegt jetzt auch an der Hochschule - an der Hochschulleitung und am Hochschulrat -, aus diesen Vorgaben und aus diesem Landtagsbeschluss etwas Gescheites zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die restliche Redezeit der SPD möchte der Kollege Dr. Domröse nutzen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass alle, die an den Beratungen teilnehmen möchten, das bitte von den Plätzen aus tun sollten, und darum bitten, dass sich die Stehgruppen dort hinten allmählich auflösen.

Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nahtlos an das anschließen, was Herr Golibrzuch gesagt hat. Er hat zu Recht bedauert, dass die Region nicht hinter der Hochschule steht und dass es Aufgabe der Hochschule selbst ist, jetzt mal in die Puschen zu kommen. Warum passiert das denn dort nicht? - Weil solche Brandstifter wie Sie dort völlig unrealistische Dinge von sich geben.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Herr Biestmann, Sie schaffen dort einen Nährboden von völlig unrealistischen, träumerischen Vorstellungen. Ich werde Ihnen das gleich an zwei Beispielen deutlich machen.

(Coenen [CDU]: Ordnungsruf!)

Daraus entsteht die Stimmungslage, dass man dort z. B. versucht, das Land in die Verpflichtung zu nehmen.

(Coenen [CDU]: „Brandstifter“ ist ungeheuerlich!)

Herr Biestmann stellt sich hier hin und sagt - so viel versteht er noch von Hochschulpolitik -, dass wir mal zu Recht gesagt hätten, wir haben die modernste Hochschule, die wird wirklich in die Autonomie entlassen. - Herr Biestmann, vergessen Sie alles, was Sie danach gesagt haben! Wir werden mit dem neuen Hochschulgesetz unsere Hochschulen in eine Autonomie entlassen. Aber dann hört die Diskussion auf, dass das Land dafür die Verantwortung trägt, dass die Entscheidungen dort nicht richtig gefällt sind. Die autonomen Hochschulen haben die richtigen, nach vorne führenden Entscheidungen zu treffen. Wir setzen die Rahmenbedingungen dafür. Das ist die klare Antwort, die darauf gegeben werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Herr Biestmann, was faseln Sie denn hier von einem „breiten Fächerspektrum“?

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Welche Vorstellungen erwecken Sie denn damit? Was glauben Sie denn, was auf diesem kleinen Standort entstehen kann? - Wir haben breite Fächerspektren in Oldenburg und in Osnabrück - um einmal von dieser Region zu reden. Vechta muss

ein Spektrum ausbauen, das auf die Größe der Hochschule, auf die Größe der Region zugeschnitten ist und auch dargestellt werden kann. Das sind nicht mehr als zwei Schwerpunkte, egal, wie viele Stellen Sie dorthin bringen. Mehr bekommen Sie nicht zustande, es sei denn, Sie wollten Vechta zur Weltstadt ausbauen. Das machen Sie bitte aber erst einmal mit Ihren Abgeordneten in der Region.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie daraus das Zentrum, den Nabel Niedersachsens gemacht haben, dann überlegen wir uns auch, ob wir dort eine Uni von der Größe Göttingens hinbringen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir sind uns im Hause wohl darüber einig, dass jeder für sein Temperament selbst verantwortlich ist, und das ist gut so. Ich werde mich hüten, Rügen für das Wort „faseln“ oder etwas Ähnlichem zu erteilen. Aber bei dem Begriff „Brandstifter“ ist die Grenze erreicht, an der man darüber nachdenken sollte, ob man sich selbst auch gerne gefallen lassen würde, so genannt zu werden.

(Dr. Domröse [SPD]: Ich akzeptiere das!)

Insofern würde ich Sie bitten, einmal darüber nachzudenken und zu versuchen, dass wir das Verfahren gemeinsam in einem vernünftigen Umgangston abwickeln.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Beratung. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Ausschussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 42: Erste Beratung: Kindern Zukunft geben Anonyme Geburten zulassen und gesetzlich regeln - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2456

(Unruhe)

Ist es eventuell möglich, dass diejenigen, die den Raum jetzt verlassen möchten, das leiser machen? - Der Antrag wird von der Kollegin Schliepack eingebracht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jährlich werden in Deutschland 40 bis 50 Säuglinge ausgesetzt; nur die Hälfte von ihnen überlebt. Das sind die offiziellen Zahlen. Aber die Dunkelziffer der ausgesetzten Kinder oder getöteten Neugeborenen wird von Experten

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

auf etwa 800 pro Jahr geschätzt.

Einen Augenblick, Frau Kollegin. Es gibt noch Bedarf, einigen das Herausgehen zu erleichtern, weil sie noch im Gang stehen. Da muss ein Stau sein. - Bitte sehr!