Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So kommt man zu einem neuen Job. Aber im Ernst: Es steckt eine Menge gewichtiger gesellschaftspolitischer Debatte drin. Von daher sollten wir den notwendigen Respekt aufbringen.
Meine Damen und Herren, mit der Verpackungsverordnung wurde 1991 die Mehrwegquote für Getränkeverpackungen festgeschrieben. 72 % aller Getränke müssen in Mehrwegbehältnissen verkauft werden. Schon diese ursprüngliche Verpackungsverordnung sah die Einführung eines Pflichtpfandes für alle Einwegbehälter vor, wenn die Mehrwegquote im gesamten Getränkebereich unterschritten wird. Dies geschah im Einvernehmen mit der Branche. Es ist also eine angestrebte Selbstverpflichtung. 1998 hat die damalige CDU/CSU-FDPBundesregierung - veranlasst durch Frau Merkel die Verpackungsverordnung geändert und festgelegt, dass nur solche Einweggetränkeverpackungen mit Pfand belegt werden, die einen geringeren Mehrweganteil als im Jahre 1991 aufweisen. Die Folge wäre heute: Pfand auf Bierdosen, kein Pfand auf Limonadendosen. Pfand auf Einwegmineralwasserbehälter, kein Pfand auf Einwegfruchtsaftgetränkebehälter. - Diese Regelung der geltenden Verpackungsverordnung wird in wenigen Monaten greifen. Sie ist die schlechteste aller denkbaren Möglichkeiten. Sie würde die Verbraucherinnen und Verbraucher verwirren, weil umweltbelastende Verpackungen unterschiedlich behandelt würden. Dose wäre nicht gleich Dose. Das ist niemandem verständlich zu machen.
Der Bundesumweltminister ist deshalb zu Recht der Frage nachgegangen, welche Verpackungen ökologisch vorteilhaft sind und welche nicht. Das Ergebnis liegt in einer groß angelegten Ökobilanz seit August 2000 vor. Dosen, Einwegglasflaschen und Einweg-PET-Flaschen sind ökologisch betrachtet Nieten. Das Bundesumweltministerium hat aus diesem Ergebnis die Konsequenz gezogen, dass die genannten Verpackungen alle mit Pfand
Die Einführung eines Pflichtpfands - das habe ich während der gesamten Debatte betont - ist nicht die schlechteste Lösung, aber auch nicht die beste. Das Pflichtpfand ist deshalb nicht die schlechteste Lösung, weil nach meiner Überzeugung damit eine Lenkungswirkung entfaltet wird. Sie wird eine Lenkungswirkung bei den Herstellern haben, weil diese bei neuen Investitionen eher auf Mehrwegbehälter als auf Einwegsysteme mit aufwendiger Rücknahmeorganisation setzen werden. Eine Lenkungswirkung wird es aber auch bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern geben. Wer wirft schon sein Geld einfach auf die Straße, oder wer hebt Geld nicht gerne auf?
Die Pfandpflicht hat aber auch Nachteile: Der Aufwand ist riesig. Zusätzliche Rücknahmesysteme müssen entstehen. Die Finanzflüsse zwischen Herstellern, Handel und dualem System müssen neu geordnet werden. - Niedersachsen hat sich deshalb im vergangenen Jahr bemüht, nicht nur die zweitbeste Lösung zu befürworten, sondern die beste Lösung für das Verpackungs- und Abfallproblem zu finden. Unser Konzept beinhaltete das Festhalten auf einem hohen Niveau an Mehrwegverpackungen und eine Fehlverhaltensabgabe für die Hersteller von nicht ökologisch umweltverträglichen Verpackungen.
Unter den anderen Bundesländern fand dieses Konzept allerdings keine Mehrheit, weil Abgabekonzepte derzeit offensichtlich unpopulär erscheinen. Deshalb sind wir jetzt wieder bei der zweitbesten Lösung angelangt, dem Zwangspfand.
Wir wollen uns nun dafür einsetzen, dass zumindest die Umsetzung optimal läuft. Dafür ist, meine Damen und Herren, etwas Zeit nötig. Die Erfahrungen, die wir bei der Einführung des Dualen Systems gemacht haben, möchte ich uns gerne ersparen. Niedersachsen wird sich deshalb dafür einsetzen, dass das geplante Pflichtpfand auf ökologisch nicht vorteilhafte Verpackungen erst ab 1. Januar 2003 erhoben wird. Damit hat die Wirtschaft Planungsspielraum.
Der Handel und die Getränkehersteller bekommen dadurch die nötige Zeit, um kostengünstige Rücknahmesysteme für Einwegbehälter aufzubauen.
Durch die Aussetzung des Erhebungszeitraums haben Handel und Getränkehersteller bessere Chancen, die Kosten unterschiedlicher Rücknahmesysteme zu vergleichen. Letztendlich muss sich der Handel entscheiden, ob sich die Aufstellung von Rücknahmeautomaten lohnt oder ob die Integration der Einwegrücknahme in das bestehende Mehrwegsystem sinnvoller ist. Niedersachsen wird die nächsten Wochen nutzen, um Verbündete für diesen Vorschlag im Bundesrat zu finden. Wir wollen nicht - hierin sind wir uns einig – die Regelungen der derzeit gültigen Verpackungsverordnung. Die Rede von Herrn Plaue wird mit Sicherheit bei der Abwägung und der Entscheidung im Bundesrat eine gewichtige Rolle spielen, falls wir diese Mehrheit nicht organisiert bekommen.
(Beifall bei der SPD - Heiterkeit bei der CDU - Jahn [CDU]: Dass Herr Plaue das noch erleben durfte! – Weitere Zurufe von der CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob wir es dem Bundesrat antun sollten, die Rede von Plaue zu verteilen.
Wenn ich aber Herrn Plaue und Herrn Jüttner richtig verstanden habe, dann hat der Ministerpräsident in den letzten Wochen ausschließlich Blech geredet, als er sich zu dieser Sache eingelassen hat.
- Das muss man doch so verstehen. Der Ministerpräsident hat eindeutig erklärt: Niedersachsen wird dieser Verordnung nicht zustimmen. - Er wird also kein Zwangspfand erheben.
Herr Plaue und Herr Jüttner haben jedoch gerade gesagt, dass das selbstverständlich die beste Lösung ist, die im Moment zu erreichen ist. Sie haben gesagt, dass es niemand verstehen würde, wenn diejenigen, die das Ziel der Verpackungsverordnung erreicht haben, nicht mitbestraft würden, z. B. Coca Cola. Ich weiß nicht, wo das Problem ist. Wenn man gerecht sein will, dann sollte man sagen: Es werden die herangezogen, die diese Selbstverpflichtung nicht erreicht haben. Ich verstehe nicht, warum man auf der einen Seite bei Mineralwasserflaschen und Saftflaschen sagt, die Saftflasche muss genau so diskriminiert werden wie die Mineralwasserflasche,
aber auf der anderen Seite auf Flachmänner kein Pflichtpfand erhebt. Die Schnapsflasche wird subventioniert und privilegiert. Es wäre schön, wenn Sie mir erklären könnten, warum die Cola-Flasche, die Fanta-Flasche oder wie auch immer die Produkte heißen genauso schlecht behandelt werden müssen wie die Bierdose, nur weil es die Bierdose nicht geschafft hat, sich gegenüber dem Mehrwegsystem zurückzudrängen. Sie wissen ganz genau, woran das liegt.
Herr Kollege Möllring, darf ich Ihre Ausführung dahin gehend verstehen, dass Ihr Verbesserungsvorschlag - -
Nein, ich habe gesagt, dass es inkonsequent ist, auf Wasserflaschen Pfand zu erheben und auf Flachmänner kein Pfand zu erheben. Am vergangenen Samstag habe ich Müll gesammelt und dabei festgestellt, wie viele Flachmänner in den Gebüschen liegen. Diese Behälter werden von der Verordnung nicht berührt. Aber Wasserflaschen müssen zurückgetragen werden. Auf diese Diskrepanz habe ich hingewiesen. Außerdem habe ich darauf hingewiesen, dass es mir nicht einleuchtet - vielleicht habe ich aber auch ein anderes Bewusstsein -, dass die Bierdose genauso behandelt wird wie Dosen von nichtalkoholischen Getränken. Das ist für mich nicht einleuchtend. Es wäre sinnvoll, wenn der Herr Ministerpräsident bei seiner Meinung bliebe. Er ist ja nicht daran gebunden, was die SPD-Fraktion sagt. Herr Ringstorff hat es ja vorgemacht. Er kann ja sogar seinen Koalitionspartner in die Pfanne hauen. Vielleicht setzt sich ja doch noch der Verstand durch.
c) Serienvergewaltiger auf freiem Fuß: Potentielle Opfer schützen! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2473
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 24. April hat der Serienvergewaltiger Hans-Werner Heinz, 45 Jahre, einen unbegleiteten Ausgang zwecks Therapiebesuch in Hannover genutzt, um zu entweichen. Seitdem ist er, wie man weiß, spurlos verschwunden.
Zu seiner Person muss man vielleicht noch einmal Folgendes deutlich machen - ich darf das hier einfach einmal so wiedergeben -: 1979 Vergewal
tigung einer 16-jährigen Schülerin; dreieinhalb Jahre Haft. Schon ein Jahr später, noch in Haft, aber schon mit Hafturlaub bedacht, begeht er eine weitere Vergewaltigung, indem er eine 21-jährige Frau vergewaltigt; sechs Jahre Haft die Folge. 1990 Vergewaltigung einer 15-jährigen Schülerin; neun Jahre Haft zuzüglich Sicherungsverwahrung in Salinenmoor.
Man darf vielleicht so sagen: Heinz ist kein Täter, der aus irgendeiner Beziehungskrise heraus aktiv wird, sondern er ist mit hoher krimineller Energie ausgestattet. Er geht zielgerichtet, ausgesprochen gewalttätig, ja sogar sadistisch vor. Da darf man sich nicht wundern, dass dann, wenn ein solcher Täter entweicht, die Bevölkerung in der Region ausgesprochen sensibel ist, ausgesprochen darauf achtet, was wohl geschieht und wie sich die Dinge weiter entwickeln.
Ich meine, da können wir hier nicht eine Debatte führen, bei der es heißt „Na ja, irgendwo hat sich alles im Rahmen des Rechts abgespielt“, und danach wieder zur Tagesordnung übergehen. Die Bevölkerung verlangt schon Ergebnisse, Erklärungen und Antworten auf die Frage, wie das Ganze passieren konnte.
Meine Damen und Herren, zur Rechtslage als solcher in diesen Fällen gibt es offenbar einen weit verbreiteten Irrtum, über den man offen reden muss. Wenn jemand wegen einer Sexualstraftat zu soundso vielen Jahren Haft verurteilt und für die Zeit danach Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, dann denkt der normale Bürger: Aha, erst Haft und danach Sicherungsverwahrung, d. h. er wird weggeschlossen. - So ist es aber nicht, und wahrscheinlich ist es auch richtigerweise so nicht; denn Sicherungsverwahrung heißt - die gesetzlichen Vorgaben der §§ 61 ff. Strafgesetzbuch sind auch so angelegt -, dass durchaus eine Vollzugslockerung greifen kann, damit der frühere Täter auch wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden kann, weil er ja irgendwann entlassen wird. So ist es nun einmal. Ich will das gar nicht anprangern, ich will nur darauf hinweisen, dass die gesetzlichen Grundlagen so sind, dass unsere Bürger das vielleicht nicht in jedem Fall nachvollziehen und verstehen können.
ren, ob die Rechtsgrundlagen des Strafvollzugs, des Maßregelvollzugs, der Vollzugslockerungen richtig sind, ob diese Rechtsgrundlagen vielleicht etwas zu liberal sind, ob sie vor allem auch, wenn wir ehrlich sind, zu kompliziert sind.
Wenn etwas zu kompliziert ist, dann sind darin Fehlerquellen ausdrücklich angelegt, dann werden Juristen, Sachverständige und Anstaltsleiter mit dem Instrumentarium nicht so fertig, wie es die Öffentlichkeit beanspruchen darf. Eine solche Debatte über die Rechtsgrundlagen scheint mir erforderlich zu sein.
Wenn die Rechtsgrundlagen sehr liberal und auch sehr kompliziert sind, dann muss man von allen Beteiligten, Justizministerium, Strafvollstreckungskammern, vor allem aber Gutachtern, aber auch Anstaltsleitungen, erwarten, dass sie mit dem Instrumentarium ausgesprochen sachkundig, ausgesprochen verantwortungsbewusst umgehen, dass sie ausgesprochen gut miteinander harmonieren und dass sie sehr restriktiv - so möchte ich das hier fordern - an den jeweiligen Einzelfall herangehen. Hinter die Frage, ob das im vorliegenden Fall so gemacht worden ist, möchte ich ein ganz dickes Fragezeichen setzen. Lassen Sie mich dazu einfach einmal die eine oder andere Ebene beleuchten.
Zunächst zur Gutachterebene. Man darf wohl hinterfragen, ob Psychologen, Psychiater allein vom Fachlichen her immer stimmig sind, ob sie dann, wenn sie einen bestimmten Fall über Jahre hinweg begutachtet haben, in dem sich der Betroffene vielleicht auch intelligenterweise auf sie eingestellt hat, womöglich irgendwann therapieverliebt sind und den Betroffenen gesundschreiben.