Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

Herr Präsident, ich konnte ja nicht wissen, dass in der Zeit meiner Rede ein Präsidentenwechsel stattgefunden hat. Entschuldigen Sie bitte. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Klein, Sie haben jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen, dass sich die SPD-Fraktion mit dem vorgelegten Antrag zu der Notwendigkeit bekennt, im Rahmen der Agrarwende eine verstärkte Förderung des ökologischen Landbaus in Niedersachsen umzusetzen, und wir akzeptieren die Einsicht, dass dieses Ziel trotz eines bestehenden Landesprogramms in den letzen Jahren nicht mit dem allergrößten Nachdruck verfolgt worden ist.

Wir haben unsere Vorstellungen dazu mit dem Konzept "Landwirtschaft 2010" eingebracht und haben dieses Konzept inzwischen im Ausschuss weiter präzisiert. Unsere Zielsetzung dabei ist klar:

Niedersachsen muss beim Ökolandbau Spitzenreiter werden. Bei der wirtschaftlichen Wertschöpfung seiner Land- und Ernährungswirtschaft hält Niedersachsen im Vergleich aller Bundesländer die Spitze, aber beim Anteil am Ökolandbau hat Niedersachsen die rote Laterne. Niedersachsen muss auch hier Spitzenreiter werden; denn die Biolandwirtschaft erfüllt als integriertes System wie kein anderes die umfassenden gesellschaftlichen Ansprüche an eine die Lebensqualität bereichernde landwirtschaftliche Produktion.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die bisherigen Ansätze der Landesregierung sind eher halbherzig. Deshalb brauchen wir zusätzliche Anstrengungen, z. B. eine vorrangige und zusätzliche - sprich: erhöhte - Berücksichtigung des ökologischen Landbaus bei allen Förderlinien des Landes, insbesondere die deutliche Aufstockung des Agrarumweltprogramms in PROLAND.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen aber auch die Umstellung aller niedersächsischen Domänen auf Ökolandbau.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einen entsprechenden Beschluss hat es unter RotGrün schon einmal gegeben. Was aus solchen Beschlüssen wird, wenn Grün die Regierung verlässt, können wir jetzt daran sehen, dass sich in dieser Richtung nichts mehr getan hat.

(Frau Harms [GRÜNE]: Der Korb muss also erst noch verdient werden!)

Wir brauchen des Weiteren einen zielorientierten Ausbau der Spezialberatung. Hierbei denken wir vor allem an den Ökoring. Wir brauchen eine zusätzliche Ausbildung für Ökoberater, und wir brauchen, um ein niederschwelliges Angebot zu unterbreiten, auch eine kostenlose Erstberatung für umstellungswillige Landwirte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch die Förderung von im Lande verteilten Demonstrationsbetrieben kann eine gute Hilfe sein. Sie kann sowohl der Ausbildung der Landwirte dienen als auch Informationen an die Verbraucher weitergeben.

Hinzu kommt die Forderung nach einem verbesserten Hochschulangebot für die Ausbildung im ökologischen Landbau und nicht zuletzt nach einem niedersächsischen Sonderforschungsplan Ökolandbau, in dessen Rahmen Tier- und Pflanzenzüchtung, Innovations- und Technologieentwicklung sowie gentechnikfreier Ökolandbau weiter erforscht werden müssen. Ökolandbau ist ja eine moderne Landwirtschaftsform, in der auch Hightech, aber eben nicht Gentech einen Platz hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich brauchen wir auch Verbesserungen im Ministerium selbst, damit diese Aufgaben dort zügig angegangen werden können.

Insoweit ist die Erzeuger- und Angebotsseite angesprochen. Eine dauerhaft positive Entwicklung kann es aber nur dann geben, wenn sich parallel dazu an der Ladentheke - besser gesagt: am Supermarktregal - etwas tut. Deshalb brauchen wir auch einen Nachfrageschub für niedersächsische Ökoprodukte. Verarbeitung, Handel und Verbraucher entscheiden als Nachfrager durch ihre Auswahl und die Bereitschaft, angemessene Erzeugerpreise zu zahlen, über die ökologische, die soziale

und die tierschutzgerechte Qualität der landwirtschaftlichen Produktion.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb müssen Qualitätsprodukte in diesem Sinne sicher erkannt und bewertet werden können und müssen ihre Vermarktungs- und Verarbeitungsstrukturen verbessert werden. Das Land ist auch hier aufgefordert, in vielfältiger Weise aktiv zu werden, z. B. durch Initiativen für eine Biomilchmolkerei, wie sie inzwischen auch schon eingeleitet worden sind, aber z. B. auch für die Schaffung von Schlachtmöglichkeiten für Biogeflügel, weil die üblichen 36-Tage-Hähnchen nun wirklich nicht das Vorbild für eine gesunde biologische Ernährung mit Biogeflügel sein können.

Wir fordern Pilotprojekte zum Ausbau der Vermarktungsstrukturen für Ökoprodukte und den Ausbau einer Vermarktungsberatung im Rahmen eines Kompetenzzentrums Ökolandbau.

Wir möchten eine Info-Marketing-Offensive für ökologisch erzeugte Produkte mit Imagekampagnen, Verkaufsförderaktionen, mit Messepräsenz, neuen Marketingprojekten mit Informationsprogrammen für Journalisten und Informationsmaterial für Fachleute und Verbraucher. Man kann da viel tun, und die anderen Länder haben da auch schon viele gute Beispiele geliefert.

Besonders wichtig sind aber auch Initiativen für ein verbrauchernahes Angebot nach dem Motto: Ökolebensmittel in den Supermarkt! - Die Gesellschaft für Konsumforschung hat gerade festgestellt, dass 88 % aller Menschen irgendwann einmal mehr oder weniger regelmäßig bei Aldi einkaufen und dass sie die Lebensmittel, die neuen Lebensmittel mit Agrarwendequalität, dort finden wollen, wo sie üblicherweise einkaufen. Also gehören solche Lebensmittel natürlich auch in die Aldi-Läden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich brauchen wir auch die Förderung der alten Konzepte im Direktvermarktungsbereich. Wir können mit gutem Beispiel vorangehen, indem wir in kommunalen und staatlichen Verpflegungseinrichtungen vorrangig ökologisch erzeugte Produkte verwerten.

Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass es sehr wichtig ist, hier neutrale, unabhängige Organisationen zu stärken, die Verbraucheraufklä

rung betreiben. Das heißt: Wir brauchen mehr finanzielle Mittel für die Verbraucherschutzorganisationen und für die Durchführung einer landesweiten Kampagne zur Konsumwende.

Sie sehen: Es gibt einen relativ großen Deckungsgrad zwischen unseren Vorstellungen und dem Antrag der SPD-Fraktion. Vielleicht gelingt es uns ja, hier eine einheitliche Linie zu erreichen. Mich würde das jedenfalls freuen. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und von Stolze [SPD])

Der nächste Diskussionsbeitrag wird von Kollegin Hansen geleistet. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der Diskussion um BSE und MKS ist in der Landwirtschaft nicht mehr alles so, wie es früher war. Nein, ein Umdenken und Umlenken hat schon stattgefunden. Aber nicht erst dadurch. Die Düngeverordnung und einiges andere mehr haben schon einen Weg in die richtige Richtung aufgezeigt.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Stolze, wir wollen nicht die ÖkoLandwirtschaft verhindern, wir wollen sie auch fördern, aber nicht über Gebühr fördern. Darauf werde ich noch eingehen.

(Stolze [SPD]: Das habe ich nirgend- wo gesagt!)

Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wurde ausgetauscht, aber die Politik in Gänze kann nicht ausgetauscht werden. Gewisse Rahmenbedingungen müssen wir einhalten. Das gibt die EU ja schon vor.

Wenn auch die oberste Verbraucherschützerin, Frau Ministerin Künast, pressewirksam ein Kalb streichelt und sagt „Wir brauchen Klasse statt Masse“, sage ich für die CDU-Fraktion: Wir brauchen Masse mit Klasse!

(Beifall bei der CDU)

Nur so kann die Mehrheit der Bevölkerung langfristig gesund ernährt werden. Alle Bürgerinnen und Bürger, alle Verbraucher haben Anspruch auf

gesunde Nahrungsmittel, auf Sicherheit und Verbraucherschutz, auf Transparenz aller Methoden und Rahmenbedingungen der Produktion und Verarbeitung, nicht nur diejenigen, die sich finanziell mehr leisten können.

(Beifall bei der CDU)

Die deutschen Landwirte haben dazu beigetragen, dass gesunde Produkte auf den Markt kamen. Sie können nichts dafür, dass einige wenige schwarze Schafe am Markt nicht ordnungsgemäß gehandelt haben.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das waren aber viele schwarze Schafe, Frau Kollegin!)

- Aber mehr aus der verarbeitenden Industrie! EU-Kommissar Fischler sagte auf unserem Agrarkongress in Berlin: Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Im Weiteren sagte er: Wozu brauchen wir neue Qualitätssiegel, wenn jeder Landwirt die notwendigen Rahmenbedingungen durch gute fachliche Praxis erfüllt?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wie immer mit den Anträgen, die hier von der Opposition eingebracht werden: Die Welt ist immer erst wieder in Ordnung, wenn die SPD-Fraktion einen Antrag stellt.

(Beifall bei der CDU)

Ich hatte erwartet, dass der Kollege Klein für die Grünen gesagt hätte „Wi sind all doo“. Der Antrag der Grünen lag schon im Dezember vor. Wir wollten den Antrag im Ausschuss erörtern und beraten, und wir haben auch schon beraten. Dieses neuen Antrages hätte es gar nicht bedurft.

Setzt man sich nunmehr mit den Einzelheiten auseinander, was ich jetzt versuchen werde, stellt sich mir die Frage: Was hat denn das Land in den letzten zehn Jahren getan? - Über mehr Ökologie geredet, aber nicht gehandelt!

(Beifall bei der CDU)