Die Tatsache, dass der Nationalpark auf der Karte ausgedehnt worden ist und Ruhezonen vergrößert worden sind, wie Sie es uns eben vorgerechnet haben, kann überhaupt nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade die wichtigen Schutzzonen 1 und 2 zugunsten von Erholungszonen und verstärkter Freizeitnutzung heruntergestuft wurden.
- Jawohl, ich kann es Ihnen sagen: Jägermeisterfeten am Rande des Vogelschutzgebietes auf Norderney; das machen Sie damit möglich; das beeinträchtigt die Fauna und Flora, die den Lebensraum Wattenmeer so einzigartig macht.
Für den Naturschutz wertvolle Flächen, die gleichzeitig nach der FFH-Richtlinie geschützt worden sind, sollen auf Borkum und Norderney dem Bau und der Erweiterung von Golfplätzen geopfert werden. Ein völlig falsches Konzept von touristischer Attraktivität für die Insel wird dem Nationalpark übergestülpt.
Im Gesetzentwurf ist eine Ausdehnung der Landwirtschaft vorgesehen. Selbst für die landeseigenen Salzwiesen in der geschützten Ruhezone sichern Sie eine Beweidung rechtlich zu. Damit machen Sie eine Kehrtwende, die die Erfolge der letzten 15 Jahre zunichte macht.
Das Gleiche gilt für die Fischerei. Sie lassen Fischfang und Muschelfischerei in den Ruhezonen bestehen. Seit langem ist aber klar, dass eine schrittweise Beschränkung notwendig wäre, insbesondere bei der Miesmuschelfischerei.
Daran, meine Damen und Herren, hängen weder Arbeitsplätze noch ökonomische Interessen, sondern nur das Hobby einiger weniger. Warum wird die Jagd auf Wasservögel nicht endlich verboten?
Durch die Einbeziehung der vielen Sonderwünsche und Ausnahmeregelungen ist das Nationalparkgesetz im Ergebnis komplizierter geworden und wird einen erhöhten administrativen Aufwand bei Einzelentscheidungen nach sich ziehen. Das wird die Akzeptanz des Nationalparks nicht erhöhen, aber die Nationalparkverwaltung und die Naturschutzbehörden umfassend beschäftigen, allerdings nicht mit Naturschutz, sondern mit immer neuen touristischen Begehrlichkeiten der Inseln.
Der Gipfel der Nationalparkschacherei ist allerdings der gemeinsame Antrag von SPD- und CDUFraktion, die FFH-Gebiete gleichermaßen zu beschneiden wie die Flächen des Nationalparks. Ansonsten würden nämlich die Golfplatz- und Flugplatzprojekte durch EU-Recht verhindert. Dieser Antrag - das sage ich Ihnen - ist eine Aufforderung an die Landesregierung, das EU-Recht nach den Wünschen der Touristikplaner auf den Inseln hinzubiegen. Änderungen bei FFH-Flächen, die gemeldet wurden, müssen mit wissenschaftlichen Argumenten begründet werden.
Diese gibt es aber für die meisten Flächen nicht. Sie wollen beschließen, dass Niedersachsen von der Bundesregierung verlangt, sich in Brüssel zu blamieren, weil Sie Abstriche von bereits gemeldeten FFH-Flächen bei der EU-Kommission durchsetzen wollen. Das wird nicht funktionieren.
Zum Schluss kann ich nur sagen: Die vorliegende Fassung des Gesetzentwurfes beraubt den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ seiner Einzigartigkeit.
Der Schutz wird beschränkt statt ausgebaut. Für uns gibt es keinen Grund, einem derartig durchlöcherten Naturschutz grünes Licht zu geben. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf und den Antrag der
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als 1999 die Verordnung über den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ völlig überstürzt in ein Gesetz umgewandelt wurde, war den Betroffenen zugesagt worden, dass bei einer Novellierung ihre berechtigten Wünsche aus 15 Jahren Erfahrung berücksichtigt würden. Das Vertrauen, das die Inseln vielleicht damals in die Landesregierung gesetzt hatten, wurde allerdings völlig erschüttert, als man feststellte, dass die 1:1Umsetzung nicht stattgefunden hatte, da andere Karten vorlagen, als ursprünglich vorgesehen war. Meine Damen, meine Herren, nach dem, was sich damals abgespielt hatte, gingen wir alle fest davon aus, dass diesmal mit den Anlagen alles einwandfrei ist. Es wurde immer wieder in den Ausschussberatungen betont, dass alles einwandfrei sei. Am Mittwoch, eineinhalb Stunden vor der geplanten Gesetzesverabschiedung, hieß es plötzlich, dass sich zwei Koordinatenfehler eingeschlichen hätten. Auf Nachfrage, ob es noch mehr Fehler gebe, antwortete man: Eventuell gibt es noch zwei weitere Fehler. - Auf die weitere Nachfrage, ob wir weitere Fehler ausschließen könnten,
- Herr Beckmann, das kann ich ja wohl berichten; so war es ja - hieß es: Ganz sicher ist das nicht. Hinterher stellte sich heraus, dass 14 von 215 Koordinaten fehlerhaft gewesen sind. Meine Damen, meine Herren, diese Fehler sind gestern Abend bereinigt worden. Der Minister hat sich persönlich verbürgt, dass jetzt alles in Ordnung sei.
Wir gehen davon aus, dass das stimmt. Ansonsten gibt es einen Bericht darüber, was ein Minister machen soll, wenn er sein Amt nicht im Griff hat. Dies würden wir dann dem Minister empfehlen.
Meine Damen, meine Herren, der Gesetzentwurf, der zu Beginn vorgelegt wurde, hatte bereits sehr viele Nachbesserungen erfahren. Da aber die Inseln vor den Staatsgerichtshof gezogen sind und die CDU massiv Druck ausgeübt hatte, kam es immer wieder zu weiteren Nachbesserungen. Einige Nachbesserungen gesetzestechnischer Art - das Ganze war sicherlich keine gute juristische Arbeit waren dringend von Nöten. Darüber hinaus gab es natürlich sehr viele qualitative Nachbesserungen. Nach monatelangen, zum Teil quälenden intensiven Diskussionen ist nun ein Kompromiss gefunden worden. Mit einem Kompromiss leben die Nationalparkbewohner schon seit 1986. Die Kinderkrankheiten, die es beim Kompromiss von 1986 schon gegeben hat, sind ausgebügelt worden. Das war unzweifelhaft an einigen Stellen nötig. Außerdem hatte sich im Laufe der Jahre kleinkariertes Verwaltungshandeln eingeschlichen, meine Damen, meine Herren, das zu viel Ärger geführt hat. Im Wesen eines Kompromisses liegt, dass nicht alle 100-prozentig zufrieden sind. So ist es sicherlich auch bei diesem Gesetzentwurf. Eines halte ich aber für ganz wichtig: Wenn man sagt, dass die Inseln zum Nationalpark gehören - außerhalb Niedersachsens gibt es das nirgends -,
und ihre Lebensgrundlage ist der Tourismus, und ihr Kapital ist die Natur. Hierbei handelt es sich um eine prachtvolle wunderbare Natur, mit der die Insulaner seit Jahrhunderten umzugehen wissen, und zwar auch im Kampf mit dem Meer. Wir sollten doch nicht so tun, als wüssten die Insulaner nicht, welche Schätze sie haben. Deshalb finde ich es ärgerlich, wenn man ausschließlich von der Herausnahme einiger Zonen, aber nicht davon spricht, welche Zonen wieder hineinkommen.
Über die Erweiterung des Nationalparks hat Herr Inselmann bereits gesprochen. Wir haben sehr intensive Diskussionen über Erholung, Brauchtumspflege und Sportangebote zu Wasser und zu Lande geführt, und ich bin der Meinung, dass wir zu guten Ergebnissen gekommen sind.
Wir, ganz im Gegensatz zu Frau Steiner, halten es für richtig, dass die Berufsfischerei und die Miesmuschelfischerei ihre Zukunft haben. Denn auch das gehört zu den Lebensgrundlagen.
Wir sind auch froh, dass die kommunalen Entwicklungsflächen gesichert sind und dass ein tragfähiger Kompromiss zwischen kommunaler Selbstverwaltung und Nationalparkverwaltung gefunden wurde. Dieses verbesserte Miteinander, das es seit einiger Zeit gibt, meine Damen, meine Herren, muss erhalten bleiben, und der Gesetzentwurf ist so angelegt, dass es auch erhalten bleiben kann. Deshalb finden wir das positiv.
Eines ist natürlich klar: In einem Nationalpark muss auch mit Verboten gearbeitet werden. Auch das ist intensiv diskutiert worden. Um Ausnahmen ist heftig gerungen worden. Ich meine, unter dem Strich haben wir es geschafft, dass der Schutzzweck obenan stehen bleibt, und das ist auch richtig so.
Nun könnten wir alle eigentlich zufrieden sein und sagen, alles ist wunderschön, wir lehnen uns zurück, hoffen natürlich, dass viele Menschen in den Nationalpark kommen, dass sie dort ihren Urlaub verbringen, schwimmen, segeln, wandern und die Sonne genießen - oder auch den Regen; denn auch bei schlechtem Wetter ist es auf den Inseln sehr schön -, aber wir hoffen natürlich auch, dass die Menschen den Nationalpark wirklich kennen und schätzen lernen, und zwar durch die gute Informationsarbeit, die dort geleistet wird, durch Wattwanderungen, durch Naturbeobachtungen, d. h. dass hier ein Gleichgewicht entsteht. Ich meine, das ist ganz wichtig.
Es gibt aber noch zwei Punkte, die in diesem Zusammenhang anzusprechen sind, einen kleineren und einen größeren. Bei dem kleineren Punkt handelt es sich um Folgendes: Uns bedrückt immer noch ein bisschen die Frage des küstennahen Schiffsverkehrs. Dieser Verkehr ist durch die seeweitige Erweiterung doch etwas behindert worden. Das Schritt fahren bzw. das Umfahren des Gebietes - dabei waren wir uns darüber einig, dass das ökologisch nicht sinnvoll wäre - muss geregelt werden. Wir gehen davon aus, dass das Bundesministerium für Verkehr das sehr schnell machen wird. Die Zeichen dafür sind positiv.
Über allem hängt aber auch noch das Damoklesschwert der FFH-Richtlinie. Hier rächt sich jetzt bitter, dass das Land damals wirklich nach Gutsherrenart Meldungen durchgezogen hat ohne Rücksicht auf die Betroffenen, ohne ausreichende Beteiligung der Betroffenen und letzten Endes auch ohne ausreichende Transparenz in der Frage, was FFH überhaupt bedeutet. Hierzu wird gleich auch noch mein Kollege Dr. Stumpf reden.