Sie hat gesagt: Ein solches Gesetz wollen wir jetzt nicht. Wir haben Anhörungen durchgeführt, unsere Erwägungen angestellt und uns dann entschieden: Das machen wir nicht. - Das haben wir im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Region Hannover akzeptiert. Jetzt sind wir aber in einer völlig neuen Situation. Dieser Situation stellen Sie sich nicht. Deswegen werden wir, wie ich glaube, sehr spannende Beratungen im Ausschuss haben. Ich bin neugierig, wie Sie diese Positionswandlung gegenüber Anstalten des öffentlichen Rechts dem Arbeitnehmerflügel Ihrer Partei verständlich machen werden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hagenah, ich glaube, diese große Aufregung ist nicht erforderlich. Sie haben Frau Evers-Meyer, wie ich glaube, auch etwas falsch interpretiert, wenn Sie den Eindruck erwecken, dass die Bereitschaft zur Diskussion über dieses Thema nicht vorhanden wäre. Ich habe ja sehr großes Verständnis dafür, dass sich die Oberbürgermeisterkandidatin der Grünen
- sie ist auch sehr gut beraten, wenn sie nichts sagt - sozusagen eines Themas annehmen lässt - so formuliere ich es einmal -, das in der Stadt durchaus in der Diskussion ist.
Ich glaube, es wäre eine völlig falsche Interpretation dessen, was Frau Evers-Meyer gesagt hat, wenn Sie sagen, man sei nicht bereit, darüber zu diskutieren. Wir haben ja darüber diskutiert. Wir haben im Zusammenhang mit der Bildung der Region Hannover und auch der jüngst beschlossenen Weiterentwicklung des Gemeindewirtschaftsrechtes darüber diskutiert.
In der Sache geht es Ihnen - dies wird in der Begründung des Antrages deutlich, Herr Hagenah; das muss man schon sagen - um Schwierigkeiten, die von Beteiligten im Zusammenhang mit der Bildung der Region Hannover befürchtet werden. Hierzu gibt es mittlerweile - das wissen Sie - auch eine Eingabe der Landeshauptstadt an den Landtag. In der Antwort auf die Eingabe werde ich das zum Ausdruck bringen, was in der Tendenz auch Frau Evers-Meyer zum Ausdruck gebracht hat, nämlich dass wir derzeit nicht beabsichtigen, eine Änderung des niedersächsischen Gemeindewirtschaftsrechts vorzunehmen, deren Konsequenzen nicht absehbar sind.
In Ländern wie Bayern und Nordrhein-Westfalen, die als Flächenländer am ehesten mit Niedersachsen vergleichbar sind, liegen eben noch keine Er
fahrungen vor, die es uns erlauben würden, zu sagen, es handele sich bei der Anstalt des öffentlichen Rechts um ein Institut, dessen wir uns mit Nachdruck annehmen sollten. Es ist auch so, dass die Bildung von Anstalten des öffentlichen Rechts insbesondere in Bayern in ganz engem Zusammenhang damit steht, dass man dort die privatrechtliche Erledigung öffentlicher Aufgaben durch Kommunen weitaus restriktiver handhabt als bei uns. Sie wissen, dass unsere Praxis der Genehmigung von wirtschaftlicher Betätigung unserer Kommunen an dem Einzelfall orientiert ist und im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr stark ausgeweitet worden ist.
Ich kann und will nicht ausschließen - dies liegt genau auf der Linie von Frau Evers-Meyer; es ist nicht selten der Fall, dass SPD-Fraktion und Landesregierung sich auf einer Linie bewegen -, dass nach Auswertung der Erfahrungen in anderen Bundesländern auch wir die Bildung von Anstalten des öffentlichen Rechts in Erwägung ziehen werden. Dieses kann aber nur - auf diese Feststellung lege ich großen Wert - innerhalb eines Gesamtkonzepts zur Reform des Gemeindewirtschaftsrechts geschehen. Es würde sich nämlich um eine grundlegende Änderung handeln, die auch Folgen für die heutige privatrechtliche Erledigung von Aufgaben durch Kommunen haben kann.
Es ist jedenfalls gänzlich unverantwortbar, das Gemeindewirtschaftsrecht, ohne über ein Gesamtkonzept zu verfügen, zu ändern, nur weil - ich sage es einmal sehr vorsichtig - einige Beteiligte bei der Bildung der Region Hannover den Eindruck haben, damit könnten Probleme geregelt werden, die im Moment nur hier eine Rolle spielen. Deswegen möchten wir darüber nur im Rahmen eines Gesamtkonzeptes diskutieren und eine Veränderung erwägen. Vielleicht ist der Antrag ein Anlass dazu, über Gemeindewirtschaftsrecht als Gesamtkonzept in den Ausschüssen zu diskutieren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Die Vorlage soll federführend dem Ausschuss für innere Verwaltung überwiesen werden. Mitberatend sollen der Ausschuss für Sozial- und Gesundheits
wesen, der Ausschuss für Umweltfragen, der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und der Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht beteiligt werden. Wenn Sie so beschließen möchten, bitte ich um Ihr Handzeichen. Vielen Dank. Sie haben so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung: Zukunft der Seefahrtschule Leer - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2547
Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: Zukunftssicherung des Fachbereiches Seefahrt im Rahmen der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2554
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Seefahrtschule Leer hat alles, was sich Herr Oppermann künftig von den Hochschulen in Niedersachsen erwartet: Es gibt eine hohe Identifikation der Absolventen mit ihrer Hochschule, die sich in einer tiefen Kooperation der örtlichen Wirtschaft mit den Einrichtungen von Forschung und insbesondere von Lehre niederschlägt. Das führt dazu, dass wir in Leer - das ist wohl außergewöhnlich den zweitgrößten Reederstandort, nur ganz knapp hinter Hamburg liegend, haben. Das hat damit zu tun, dass sich die Absolventen der Seefahrtschule in Leer in einem wirtschaftlichen Umfeld niedergelassen haben, in dem wirklich in großem Stil maritime Tätigkeiten ausgeübt werden, in dem wir Schiffsmakler, Schiffsjuristen und Havariekommissare haben, in dem es zahlreiche Befrachtungsaktivitäten gibt und in dem jährlich Umsätze in der Größenordnung von 1,5 Milliarden DM abgewickelt werden. Ich meine, das ist ganz wichtig, wenn man über die Zukunft dieser Ausbildungsstätte redet.
Trotz dieser Verankerung, die wohl so tief ist wie sonst nirgendwo in Niedersachsen, trotz der Geschichte und der Tradition Leers auch als Standort der Seefahrtschule hat die Schule dort Probleme. Sie hat Probleme, die zum einen in dem Verlust der Eigenständigkeit der Seefahrtausbildung im Zuge der Fusion der drei Fachhochschulstandorte im Nordwesten begründet sind. Sie hatte bis vorgestern zum anderen Probleme aufgrund der quälenden Ungewissheit über die finanzielle Zukunft der Fachhochschule Nordwest. Ich bin mit der neuen Regelung sehr zufrieden, die man jetzt sicherlich aufgrund des Drucks aller Fraktionen erreicht hat.
- Nein, es ist überhaupt nicht alles geregelt. Herr Haase, wenn Sie glauben, dass alles geregelt sei, haben Sie wirklich keine Ahnung. Es war jahrelang das Problem der SPD-Fraktion, dass sie glaubte, ohne Konzepte und nur dadurch, dass mehr Geld in die Region gepumpt wird, dort in der Region etwas zu erreichen. Die strukturellen Probleme dort haben Sie nicht gelöst.
Auch wenn die Debatte über die finanziellen Folgen der Zwangsfusion und der leistungsbezogenen Mittelvergabe für die Fachhochschule zu einem guten Ende geführt worden ist, bleiben noch Probleme. Die Ausstattung der Seefahrtschule Leer ist nicht optimal. Wir haben in Leer mehr als 200 Studenten und nur sechs Professoren und eine Stiftungsprofessur. In Elsfleth, an dem zweiten Ausbildungsstandort in Niedersachsen, gibt es im Vergleich dazu rund 280 Studierende und mehr als die doppelte Zahl von Professoren, nämlich 16. Angesichts dessen ist, wie ich meine, die Forderung berechtigt, dass die beiden Ausbildungsstandorte Leer und Elsfleth in gleicher Weise gefördert werden. Es darf keine Förderung zulasten des einen oder zulasten des anderen Standortes geben.
Die Nachfrage nach Nautikern und Kapitänen ist zurzeit riesengroß. Die Branche fragt jährlich bis zu 750 Kapitäne ab. Derzeit können allerdings hierzulande pro Jahr nur 150 ausgebildet werden. Das heißt, dass auf Jahre hinaus die Nachfrage gesichert ist. Wir sind durchaus bereit, über eine Entzerrung der Studiengänge nachzudenken. Ich kann mir ohne Probleme vorstellen, z. B. den Stu
diengang Reedereilogistik in Elsfleth zu konzentrieren und in Leer neue Studiengänge im Bereich des maritimen Wirtschaftsingenieurs oder der Offshoretechnik zu entwickeln. Ich bedauere es, dass der allen Fraktionen vorgeschlagene Versuch, eine qualitative Neuausrichtung der Seefahrtschule herbeizuführen, gescheitert ist.
Gewünscht hätte ich mir, dass man sich im Sinne der Seefahrtschule Leer auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt,
weil ich meine, Kollege Collmann, dass mit der finanziellen Ausstattung der Fachhochschule die Probleme nicht gelöst sind.
Die Entwicklung neuer Studiengänge fällt in die Verantwortung der Fachhochschule. Die Perspektive dafür ist jetzt besser, weil man das entsprechende Geld und die entsprechende Planungssicherheit hat.
Die Frage nach der qualitativen Verbesserung der Lehre, nach neuen Stellen in Leer und nach der baulichen Investition, die ohne Zweifel erforderlich ist, bleibt jedoch offen. Die Ausstattung, und zwar auch die bauliche Ausstattung der Seefahrtschule in Leer, ist zurzeit nicht in dem Umfang wettbewerbsfähig, wie wir uns das wünschen. Wir wollen einerseits die Verantwortung der Hochschulen bei der Entwicklung neuer Studiengänge und andererseits die Verantwortung des Landes bei der personellen und baulichen Ausstattung dieser Seefahrtschule einfordern.
Wir wollen - das schlagen wir in unserem Antrag vor - die Wirtschaft beim Wort nehmen. Die Wirtschaft hat angeboten, bis zu fünf zusätzliche Stiftungsprofessuren in Leer zu finanzieren. Darüber hinaus hat die Wirtschaft angeboten, einen möglichen Neubau der Seefahrtschule in Hafennähe zu finanzieren. Sicherlich muss man das eine oder andere Angebot der Wirtschaft hinterfragen, z. B. die Laufzeiten der angebotenen Stiftungsprofessu
ren. Allerdings ist auch das Land gefordert, der Wirtschaft nicht nur eine gesetzliche Standortgarantie zu geben, sondern auch die Qualität der Ausbildung auf Dauer abzusichern. Ich meine, dass wir einerseits die Wirtschaft beim Wort nehmen müssen, die Stiftungsprofessuren und die Neubauinvestitionen zu finanzieren, dass wir aber andererseits auch das Land verpflichten müssen, eine entsprechende Gegenleistung zu geben. Ich bin sicher, dass ein entsprechender Vertrag über Stiftungsprofessuren und über einen Neubau der Seefahrtschule zwischen den Reedern und dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur das Signal ist, auf das die örtliche Wirtschaft wartet.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zu Beginn darauf hinweisen, Herr Golibrzuch, weshalb wir einen gemeinsamen Antrag nicht zustande bekommen haben, der ja von Ihnen angeboten wurde. Ich finde es zwar sehr ehrenwert, dass Sie das gemacht haben. Aber nach unserer Auffassung greift Ihr Antrag nicht weit genug, und zwar deswegen, weil wir die Gesamtsituation der Seemannsausbildung in Niedersachsen betrachten müssen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund hoher Investitionen, z. B. am Seefahrtschulstandort in Elsfleth.
Ich meine, man muss den Zusammenhang herstellen und versuchen, die Situation zu verbessern. Das ist der wesentliche Grund, weswegen wir uns nicht auf einen gemeinsamen Antrag verständigen konnten.
Meine Damen und Herren: Seefahrt tut Not. Ein alter Wahlspruch der Küste gewinnt wieder an Bedeutung, wenn man sich anschaut, wie sich die Situation der Seemannsausbildung darstellt. Etwas moderner lautet der Wahlspruch: Ausbildung für die Seeschifffahrt tut Not.