Protokoll der Sitzung vom 25.10.2001

Herr Ehlen hat zu dem zweiten Antrag gesagt, nach dem ersten BSE-Fall sei unheimlich viel geredet und getagt worden, aber entschieden und gemacht worden sei nichts. So seine Aussage hier. Meine Damen und Herren, auch das stimmt ausweislich der Ereignisse der letzten Monate überhaupt nicht, Herr Ehlen. Gott sei Dank sind wir Ihrem Rat nicht gefolgt und haben nicht sozusagen die Diskussion mit dem Bund zur Seite, ad acta gelegt, sondern wir haben immer wieder - auch bei der letzten Agrarministerkonferenz in Prenzlau noch einmal deutlich gesagt: Wir sehen den Bund bei der Bewältigung der BSE-Krise auch heute noch eindeutig in der Pflicht. Das sagen alle 16 Bundesländer in dieser Deutlichkeit.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin - Kethorn [CDU]: Dann setzt das auch mal durch!)

- Ich komme darauf, Herr Kethorn. - Weil wir das so gesagt haben, haben wir es in der Tat hinbekommen, dass erstens der Bund - was er nicht wollte - die Futtermittel, die bei den landwirtschaftlichen Betrieben gelagert haben, zurückgenommen und entschädigt hat, ohne dass wir als Länder eine Mark draufzahlen mussten. Der Bund wollte eine Länderbeteiligung haben.

Wir haben zweitens immer deutlich gemacht, dass die Futtermittel, die in den Mischfutterwerken liegen, dann, wenn eine Entschädigung gezahlt werden muss, durch den Bund zu entschädigen sind. Der Bund hat dieses Gesetz auf den Weg

gebracht. Es ist ein Bundesgesetz. Er hat dann die Kosten für die Entschädigung zu tragen. Dies war immer übereinstimmende Meinung der Bundesländer.

Jetzt, seit wenigen Wochen, Herr Ehlen, Herr Kethorn, ist das so praktiziert worden, dass der Bund Vereinbarungen mit den Unternehmen getroffen hat, indem er zwei Drittel der Kosten, des Wertes sozusagen, und die Entsorgungskosten übernimmt. Wir hatten 100 % gesagt. Man hat sich jetzt auf zwei Drittel/ein Drittel verständigt. Aber die Länder sind von den Belastungen frei geblieben. Wir haben uns also an dieser Stelle durchgesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb kann man uns doch nicht schelten, meine Damen und Herren!

Drittens haben wir ein Rinderhilfsprogramm auf den Weg gebracht. Reden Sie das bitte nicht klein! Niedersachsen war das erste Bundesland, das in Brüssel diesen Antrag zur Notifizierung vorgelegt hat. Herr Ehlen, wir haben mehr als 1 600 Anträge von Landwirten bekommen und werden jetzt eine ganze große Zahl dieser Anträge bedienen können. Wir helfen dort, wo in der Tat die Not am größten ist. Das ist doch die Aufgabe des Landes - nicht einfach mit der Gießkanne zu streuen, sondern da, wo die Not am größten ist, werden wir helfen. Da werden die 10 Millionen DM eingesetzt, die wir aus Landesmitteln dazugegeben haben.

Meine Damen und Herren, zum anderen - Herr Brauns hat das eben deutlich gemacht - haben wir auch bei den Risikomaterialien geholfen - nicht zu 100 %; wünschenswert ist vieles. Wenn ich das Geld habe und im Überfluss lebe, kann ich so etwas machen. Wir haben es aber nicht im Überfluss. Auch aus dem Grunde, dass es diese Unterschiede auf Bund-Länder-Ebene zwischen Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern oder Niedersachsen nicht gibt, haben wir gesagt, dass das bundeseinheitlich geregelt werden muss. Ich bleibe dabei, dass es bundeseinheitlich geregelt werden muss.

Nun liegt eine EU-Verordnung auf dem Tisch, die möglicherweise Auswirkungen auf die Frage haben wird, was in Zukunft mit dem Tiermehl gemacht wird, ob es da nicht eine Differenzierung gibt. Warten wir doch erst einmal die neue Rechtsvorschrift im europäischen Rahmen ab, damit wir wissen, ob das im nächsten Jahr Auswirkungen auf

uns haben wird! Wenn es Auswirkungen haben sollte, Deutschland dies aber gleichwohl - obwohl wir Fleischmehl und Fleischknochenmehl einsetzen könnten, es nicht mehr vernichten müssten aus Sicherheitsgründen, aus Verbraucherschutzgründen nicht tut, dann müssen wir - ich wäre sehr dafür - mit dem Bund darüber reden, dass dann die Entsorgungskosten vom Bund mitgetragen werden.

Ich will unsere Position, die wir ein Jahr lang vertreten haben und für die ich bisher immer die Unterstützung aller Bundesländer bekommen habe, nicht leichtfertig aufgeben, auch vor dem Hintergrund des Rechtsrahmens, den ich gerade geschildert habe. Ich meine, wir sind auf einem guten Wege.

Wir haben in diesem Jahr 11 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Das entspricht 50 % der Kosten. Das kann sich im Vergleich zu den anderen Ländern sehen lassen.

Ich bedanke mich für den Entschließungsantrag und für den Änderungsantrag der SPD-Fraktion; er liegt genau auf unserer Linie. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erhält der Herr Kollege Ehlen eine zusätzliche Redezeit von drei Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einige Sachen klarstellen.

Herr Kollege Klein, es hört sich sehr gut an, wenn Sie sagen, dass wir Ihrer Meinung nach sehr viele Maßnahmen in die Wege geleitet hätten, um den Markt wieder in Gang zu bringen. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass der Landwirt, der Produzent 600 DM weniger einnimmt als vor dieser Zeit und dieses Geld braucht, um seine Familie zu ernähren. Das ist in anderen Bundesländern anders. Das muss man ganz klar sagen.

Herr Minister Bartels, Sie haben hier die Position Niedersachsens zu vertreten. Wir stehen voll dahinter. Ich sehe durchaus - das sage ich einmal so klar und ehrlich -, dass das ein schwieriger Job ist. Allerdings haben Sie ausschließlich vom Land gesprochen. Die Unternehmer und die Landwirte selbst stehen trotzdem alleine da. Das Land hat

sicherlich einen guten Schnitt gemacht, indem man sich nicht bewegt hat. Aber die Landwirte und die Unternehmer, die teilweise noch Tiermehl in ihren Silos haben, die nicht produzieren können und wahrscheinlich einen Totalverlust der Anlage hinnehmen müssen, müssen sehen, wie sie mit der Situation fertig werden.

Ich will noch eines sagen: Dadurch, dass wir zwischenzeitlich Maßnahmen geändert haben, sind auch die Kosten gemindert worden. Ich weiß nicht, ob Sie noch einmal antworten werden. Die Frage, die sich jetzt stellt, ist nämlich folgende: In der EU sind 4,5 Millionen Tests auf BSE durchgeführt worden. Bei Schlachttieren unter 42 Monaten hat es keinen einzigen BSE-Fall gegeben. Denkt man darüber nach, auch hier Kosten einzusparen, damit die Produzenten bzw. die Landwirte ein bisschen mehr Geld in der Kasse haben?

(Beifall bei der CDU)

Der Herr Minister möchte noch einmal Stellung nehmen.

Herr Ehlen, nur eine kurze Anmerkung: Die Landwirte haben eine 100-prozentige Erstattung erhalten und haben nicht, wie Sie gerade gesagt haben, Verluste hinnehmen müssen. Wenn sie Verluste hinnehmen mussten, dann ist es deren eigene Schuld; denn das Angebot des Bundes war eine 100-prozentige Rücknahme der Futtermittel und eine entsprechende Erstattung. Daran darf man nicht herummäkeln. Das war in Ordnung und ist gut gelaufen.

Was die BSE-Schnelltests angeht, haben wir aktuell eine Kostenabsenkung. Damals hat er 130 DM gekostet. Heute sind es nur noch 70 DM. Das ist eine drastische Reduzierung der Kosten, die wir haben vornehmen können. Ich denke, dass wir damit auch im Vergleich zu anderen Ländern, sofern staatliche Behörden diese Tests durchführen, gut dastehen.

Ich halte es für richtig, dass wir das Testalter auf 24 Monate - nicht 42, sondern 24 Monate; das ist ein Zahlendreher

(Ehlen [CDU]: Nein, nein!)

festgesetzt haben. Dadurch wird auch ein Stück mehr Sicherheit für unsere Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffen. - Herzlichen Dank.

Nunmehr möchte der Herr Kollege Hogrefe nach § 71 Abs. 2 zusätzliche Redezeit in Anspruch nehmen. Herr Hogrefe, zwei Minuten!

Herr Minister, auf das Hauptargument von Heiner Ehlen sind Sie nicht eingegangen. Das Hauptargument ist, dass pro Schlachttier Einbußen in Höhe von 500 bis 600 DM vorhanden sind. Bei 50 Schlachttieren pro Betrieb sind es immerhin 30 000 DM Einbuße. Wenn Sie auf Ihr 10Millionen-Programm verweisen, dann kann ich nur sagen: Teilen Sie einmal 10 Millionen DM durch 1 600 Anträge! Das entspricht pro Betrieb vielleicht einem Betrag von 6 000 DM. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein.

(Beifall bei der CDU)

Was die Schuldfrage angeht, Herr Kollege Klein, bleibe ich dabei: Die staatlichen Kontrolleure haben hier versagt. Sie sind die Schuldigen für die BSE-Krise, aber nicht die Landwirtschaft.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung und bitte Sie um Aufmerksamkeit für die Abstimmungen.

Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 2801 und, falls dieser - wider Erwarten - abgelehnt werden sollte, dann über die Beschlussempfehlung ab.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 2801 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenstimmen! Das Erste war die Mehrheit.

Wir haben noch über den Antrag der Fraktion der CDU abzustimmen. Wenn Sie der Nr. 2 der Empfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der Drucksache 2764 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU ablehnen möchten, dann bitte ich um Ihr

Handzeichen. - Die Gegenstimmen! - Das Erste war die Mehrheit.

Wer der Nr. 3 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der Drucksache 2764 zustimmen und damit die in die Beratung einbezogenen Eingaben für erledigt erklären möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Auch hier war das Erste die Mehrheit.

Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 27 und kommen zu

Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: Zukunft Fahrradland Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/2758

Der Antrag wird eingebracht durch den Kollegen Wenzel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den nächsten vier Jahren wird es in Niedersachsen keinen Radwegebau mehr geben.

(Mühe [SPD]: Quatsch!)

- Das ist ein Zitat von Ihrem Ministerpräsidenten, Herr Mühe, der auf einer öffentlichen Veranstaltung in Hameln nassforsch erklärt hat – nachzulesen in der Heimatzeitung von Wolfgang Schultze -, dass in den nächsten vier Jahren nichts mehr passieren soll.

Glücklicherweise kommt es nur halb so schlimm wie geplant. Frau Ministerin Knorre, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie den Ministerpräsidenten hier ganz schnell ausgebremst und auf bestehende Rechtsverpflichtungen hingewiesen haben. Im Ergebnis soll der Radwegebau in Niedersachsen an den Landesstraßen im Zeitraum von vier Jahren nur halbiert werden.

Aber auch dieses Vorhaben ist sehr problematisch. Niedersachsen ist Straßenbaulastträger für 8 300 Kilometer Landesstraßen. Niedersachsen kann sich dieser rechtlichen Verpflichtung nicht einfach entziehen. In § 9 des Niedersächsischen Straßengesetzes wird festgestellt, dass „die Träger der Straßenbaulast die Straßen so zu bauen, zu unterhalten,

zu erweitern oder sonst zu verbessern haben, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen.“ Das umfasst nach eindeutiger Rechtslage auch die Pflicht zur Anlage von Radwegen als integrative Bestandteile einer Landesstraße. Wie wir aus den Anmeldungen der Landkreise und Gemeinden zum Radwegebau an Landesstraßen erkennen können, ist dieses Verkehrsbedürfnis im Lande sehr groß. Das Verkehrsbedürfnis, das im Gesetz eindeutig definiert wurde, ist sogar so groß, dass sich die Landesregierung bislang immer geweigert hat, die so genannte Prioritätenliste zum Radwegebau zu veröffentlichen. Damit hat man versucht, das gesamte Ausmaß der Defizite im Radwegebau zu verschleiern. Auch die Liste, die kürzlich dem Ausschuss vorgelegt wurde, zeigt nicht auf, welche Radwege jetzt unter den Tisch fallen sollen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung hat schon länger versucht, sich ihrer Verpflichtungen im Radwegebau zu entziehen. Die Ausweitung der so genannten Gemeinschaftsradwege mit der fifty-fifty-Finanzierung war der Versuch, die finanziellen Lasten auf die Landkreise und Gemeinden abzuwälzen, obwohl sich diese bereits um Kreisstraßen, Gemeindeverbindungswege und innergemeindliche Straßen kümmern müssen. In der Summe sind das wesentlich mehr Kilometer, als wir Landesstraßen zu verantworten haben.

Der neueste Versuch des Herrn Ministerpräsidenten - leider ist er nicht persönlich anwesend;