Protokoll der Sitzung vom 25.10.2001

(Beifall bei der CDU)

Wir haben mit unseren Anträgen versucht, für Niedersachsen eine einfache Regelung hinzubekommen. Ich freue mich auch, dass der Kollege Endlein, der ja Vorsitzender des Landkreistages ist, seinerzeit mit die Initiative für die so genannte Drittellösung ergriffen hat, nach der, was die Defizithaftung der Gewährsträger für die Tierkörperbeseitigung angeht, das Land, die Landkreise und die Tierseuchenkasse jeweils ein Drittel der Kosten zu übernehmen hätte. Leider ist diese Regelung von der SPD und auch von der Landesregierung nicht übernommen worden, sodass wieder einmal alles beim letzten Glied in der Kette, beim Landwirt, landen wird.

(Kethorn [CDU]: Die haben keinen Stellenwert bei der Landesregierung!)

- Die haben keinen Stellenwert. Das ist richtig.

(Widerspruch bei der SPD - Brauns [SPD]: Dafür bei uns!)

Ich meine, dass auch die Landkreise keinen Stellenwert bei der Landesregierung haben.

(Widerspruch bei der SPD)

Ländlich geprägte Landkreise sind nun mal mehr von der Last der Tierkörperbeseitigung betroffen als Kommunen in Ballungszentren. Gerade die Landkreise in ländlichen Regionen haben ohnehin große Probleme, ihren Haushalt auszugleichen. Sie

schieben aufgrund der Schieflage beim kommunalen Finanzausgleich in der Regel hohe Schuldenberge vor sich her. Wenn sie dann noch diese Lasten aus der Gewährsträgerschaft für die Tierkörperbeseitigungsanstalten zusätzlich schultern müssen, wird es für sie nicht einfacher. Ich meine, dass wir gut daran täten, den Landkreisen ein Stück der Last abzunehmen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es gibt in Niedersachsen Landkreise, die für die Verwertung und Entsorgung von Tierkörpern bis zu 6 Millionen DM aufbringen müssen. Ich glaube, dass wir gut daran tun, es anderen Bundesländern gleich zu tun, indem wir eine ähnliche Regelung treffen, wie es in anderen Bundesländern geschehen ist, und - das ist ein sehr wichtiger Punkt - auch dazu beitragen, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Beispielsweise mein Landkreis - ich hatte die 6 Millionen DM genannt - hat die Gebühren für die Entsorgung von Schlachtabfällen fast verdoppeln müssen, um die Kosten noch einigermaßen verteilen zu können. Die Folge ist aber, dass unsere Schlachtbetriebe, unsere Verarbeitungsbetriebe aufgrund dieser höheren Vorkosten - im Gegensatz zu süddeutschen Betrieben - nicht die Möglichkeit haben, sich am Markt entsprechend zu platzieren. Ich meine, dass wir hier im Agrarland Niedersachsen gut daran tun, unseren Landwirten und den ihnen nachgelagerten Bereichen, der Tierseuchenkasse, helfend unter die Arme zu greifen, damit sie im Sinne gleicher Wettbewerbschancen mit ihren Hauptkonkurrenten, den süddeutschen Ländern - sprich: Bayern -, konkurrieren können.

Meine Damen und Herren, es tut einem im Innern weh und ist recht schade, dass hier ein Antrag von Mitgliedern des Hauses, die auch in den Landkreisen Verantwortung tragen, abgelehnt wird. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Nächster Redner ist Herr Kollege Brauns.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem Eintreten des ersten BSE-Falls in Deutschland im November letzten Jahres ist nichts mehr, wie es war. Diese BSE-Geschichte hat in der Bevölkerung zu einer tiefen Verunsicherung ge

führt. Dinge, die bis dahin als sicher und verlässlich galten, haben sich scheinbar zu einem gesundheitlichen Risiko entwickelt. Das hat dazu geführt, dass einige wichtige Maßnahmen zur Sicherheit und teilweisen Neuorientierung des Verbraucherschutzes und der Landwirtschaft ergriffen werden mussten. Dazu wollen und werden wir unseren Beitrag leisten.

(Kethorn [CDU]: Habt ihr noch gar nicht!)

Ein wichtiger Bereich ist dabei auch die Tierkörperbeseitigung. Die Tiermehlproblematik, die von Herrn Ehlen angesprochen worden ist, ist meines Erachtens zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung und die SPD-Fraktion lassen unsere Landwirte nicht im Regen stehen,

(Beifall bei der SPD - Lachen und Widerspruch bei der CDU - Kethorn [CDU]: Das ist doch wohl Hohn!)

sondern wir helfen dort, wo es richtig und wichtig erscheint. Das haben wir auch in diesem Fall bewiesen. Die Landesregierung beteiligt sich in diesem Jahr mit 50 % an den Kosten der Beseitigung von verendeten Rindern, Schafen und Ziegen. Die Zuschüsse belaufen sich auf 6,5 bis 7 Millionen DM. Die Tierkörperbeseitigung ist nach den zurzeit geltenden Regelungen zu finanzieren. Für Schlachtabfälle aller Art müssen Schlacht- bzw. Zerlegungsbetriebe die Kosten übernehmen. Bei der Beseitigung des spezifischen Risikomaterials müssen wir zwei Bereiche unterscheiden. Dabei geht es zum einen um das Material, das in den Schlachtbetrieben anfällt. Hierfür gilt die Gebührensatzung des jeweiligen Landkreises. Die anfallenden Kosten sind von den Schlachtbetrieben zu zahlen.

Seit dem 1. Februar ist auch die Beseitigung der Kadaver von Kälbern von unter einem Jahr und Jungrindern gesetzlich geregelt. Die Kosten dieser Beseitigung hat gemäß § 3 Abs. 6 des Ausführungsgesetzes zum Niedersächsischen Tierkörperbeseitigungsgesetz der Tierhalter zu zahlen. Hinzu kommt, dass das Endprodukt Tiermehl nicht mehr abgesetzt werden darf. Das war so gewollt. Das ist per Gesetz geregelt. Die Tierseuchenkasse hat im Oktober letzten Jahres in Anbetracht der Diskussion über die Übernahme der Kosten entschieden, dass sie diese Kosten übernimmt. Hierfür hat sie

von sich aus 9 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Diese zur Verfügung gestellten Mittel waren allerdings aufgrund der Einbeziehung der Jungrinder und der sich daraus ergebenden starken Zunahme des SRM-Materials im April dieses Jahres aufgebraucht. Nunmehr hätten die Kostenrechnungen wieder an die Tierhalter ausgestellt werden müssen. Daraufhin haben wir gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Bartels nach Lösungsmöglichkeiten gesucht und Lösungen gefunden, die, so hoffen wir, alle Beteiligten zufrieden stellen. Die Gesamtkosten werden sich in diesem Jahr schätzungsweise auf ca. 22 Millionen DM belaufen. Davon hat die Tierseuchenkasse bereits 9 Millionen DM übernommen. Die Landesregierung hat sich bereit erklärt, bei den verbleibenden 13 Millionen DM unbürokratisch zu helfen, und angekündigt, 50 % der Restkosten zu übernehmen. Damit haben wir den Landwirten sehr geholfen. Was die Defizite angeht, die bei der Beseitigung normalen Tierkörpermaterials - also bei der Beseitigung normaler Schlachtabfälle, die nicht SRMMaterialien sind - entstehen, müssen die Kosten in Zukunft zu zwei Dritteln von den Landkreisen bzw. kreisfreien Städten und zu einem Drittel von den Tierseuchenkassen aufgebracht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem erreichten Ergebnis können wir uns im Ländervergleich gut sehen lassen. Es gibt zwar Bundesländer, die sich an den Kosten der Tierkörperbeseitigung beteiligen. Andere Bundesländer beteiligen sich hingegen nicht und zahlen keine Mark. Es gibt Bundesländer, in denen die Kommunen die gesamten Kosten zu tragen haben und in denen sich die Tierhalter in Form hoher Beiträge an der Tierseuchenkasse beteiligen müssen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wie unterschiedlich die Kostenregelungen in den Bundesländern gehandelt werden. In Anbetracht dieser Diskussion sind sich alle Bundesländer darüber einig, dass sich der Bund und die EU an den Kosten beteiligen müssten und sollten. Die bisher geführten Gespräche haben leider noch nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt. Es konnte aber erreicht werden, dass sich die EU an den Kosten der BSE-Tests bei Rindern, die älter als 30 Monate sind, beteiligt. Wir hoffen, dass die begonnenen Gespräche bald zu dem gewünschten Ergebnis führen und damit positiv abgeschlossen werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen: Es ist alles getan worden, um den

Tierhaltern zu helfen, sie mit ihren Problemen nicht allein zu lassen. Wir sollten nicht vergessen, dass die SRM-Beseitigung im Interesse des Verbraucherschutzes erfolgt. Es ist deshalb gerechtfertigt, die Kosten dieser Maßnahme nicht allein den Tierhaltern aufzubürden, sondern das Land sieht sich in seiner Verantwortung.

Namens meiner Fraktion bitte ich Sie, abweichend von der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den Änderungsantrag der SPD-Fraktion zu beschließen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Kethorn [CDU]: Unsere Unterstützung habt ihr nicht!)

Herr Kollege Klein, Sie sind der nächste Redner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir akzeptieren die Kostenregelung, die in Niedersachsen für dieses Jahr getroffen worden ist, und werden deshalb dem geänderten Antrag zustimmen. Wir lehnen aber eine weitere Kostenübernahme in diesem Bereich ab und werden deshalb auch den zweiten Antrag entsprechend der Ausschussempfehlung ablehnen.

Ich erinnere daran, dass die Ursachen für die Defizite, die jetzt hier diskutiert werden, vor allen Dingen in dem Fütterungsverbot für Tiermehl und Tierfette sowie in den besonderen Aufwendungen liegen, die für die getrennte Entsorgung der spezifischen Risikomaterialien entstehen. Von daher trägt auch die Argumentation des CDU-Antrages nicht, die Landwirte seien für dieses Geschehen nicht verantwortlich, sondern die Bundesregierung sei verantwortlich, weil sie die entsprechenden Gesetze dafür veranlasst und verabschiedet habe.

Ich denke, dass es ziemlich scheuklappenmäßig war, als der Kollege Hogrefe im März dieses Jahres davon geredet hat, dass hier ein übereiltes und in Panik beschlossenes Gesetz verabschiedet worden sei. Auch der Kollege Ehlen hat heute wieder von einem schnell oder unüberlegt verabschiedeten Gesetz geredet.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass heute die Verbraucher wieder Vertrauen in die Rindfleisch

produktion haben. Es war absolut notwendig. Ich möchte nur fragen, was passiert wäre, wenn es ein solches Gesetz nicht gegeben hätte. Dann hätten wir nämlich heute nicht die Situation, dass der Rindfleischkonsum wieder auf dem alten Stand ist, sondern der Schaden wäre durch ein Nichtabsetzen des gesamten Rindfleisches wesentlich größer.

Ich kann auch nicht akzeptieren, wenn immer wieder argumentiert wird, hier sei es zu enteignungsgleichen Eingriffen gekommen. Es ist festgestellt worden, dass von diesem Material, von Tiermehl, Tierfetten, eine tödliche Gefahr möglicherweise auch für den Menschen ausgeht. Niemand käme auf den Gedanken, jetzt etwa Bayer staatliche Zahlungen zu bewilligen, nur weil diese Firma ihr Medikament Lipobay nicht mehr absetzen kann.

Wir haben Grundsätze für die Verausgabung von Subventionen. Unser Ziel ist es dabei, diese Subventionen von der Produktion zu entkoppeln. Deswegen zum Beispiel der Ansatz der Modulation. Es geht darum, diese Subventionen in Basiszahlungen für Leistungen der multifunktionalen Landwirtschaft umzuwidmen, die nicht marktfähig sind.

Herr Kollege Klein, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich habe nicht genügend Zeit. - Deshalb wollen wir keine neuen Subventionen, die sich an die Produktion anhängen. Wir haben mit Bauchschmerzen die 6,2 Millionen DM akzeptiert, die das Land in diesem Jahr dazugegeben hat. Aber wir wollen eine Mittelkonzentration auf die Neuorientierung der Agrarpolitik. Staat und Kommunen können nicht auf Dauer der Landwirtschaft das unternehmerische Risiko abnehmen. Öffentliche Mittel sind nicht für Gewinnausfallversicherungen der Landwirtschaft da. Dieser CDU-Antrag und Ansatz wird auch nicht dadurch richtiger, dass einige Länder anders handeln.

Die Kosten zur Steigerung dieser Produktion sind kein kurzfristiges Problem. Verfütterungsverbot und SRM-Problematik werden uns langfristig erhalten bleiben. Es muss doch deswegen Ziel sein, diese Kosten in den Produktionsprozess zu internalisieren. Das heißt, alle Beteiligten der Wert

schöpfungskette müssen auch einen Beitrag leisten, nicht nur der Erzeuger, sondern auch die Verarbeiter, die Schlachtereien, der Handel sind hier insbesondere zu nennen. Nicht zuletzt muss der Verbraucher über einen höheren Preis seinen Anteil tragen.

(Vizepräsidentin Litfin übernimmt den Vorsitz)

Der Sektor ist deshalb aufgerufen, sein Kreativpotential ein bisschen zu aktivieren und zu schauen, wo man in diesem gesamten Verfahren Kosten senken kann. Er soll aber auch einmal danach schauen, ob es nicht neue wirtschaftliche Nutzungen außerhalb der Ernährungsschiene gibt. Es muss nicht immer alles in die Zementöfen laufen. Wir haben im Moment einen Ansatz, der vielleicht eine Perspektive ergeben könnte: In Malchin in Mecklenburg wird aus Tiermehl und Tierfett Biodiesel erzeugt. Ich denke, das ist ein Weg, den man prüfen und gehen kann. Aber man sollte nicht dauernd den Versuch machen, den Staat weiter zu melken. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Bartels, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem ersten Antrag, der hier von der CDU vorgetragen worden ist, versucht sie den Eindruck zu erwecken, als gäbe es in der Tat weitere Wettbewerbsverzerrungen in der Landwirtschaft in Niedersachsen. Ich habe über diesen Aspekt schon in der Vergangenheit mehrfach in diesem Hause geredet und deutlich gemacht, dass es diese von Ihnen behaupteten Wettbewerbsverzerrungen in dem Maße und vor allen Dingen mit dieser Auswirkung nicht gibt. Das ist nicht wahr.

Es gibt eine Untersuchung, die die damalige Bundesregierung - der damalige Bundesminister Borchert - gemacht hat. Es gibt auch eine Untersuchung, die auf Landesebene mit dem Berufsstand gemeinsam durchgeführt worden ist. Dabei haben wir gemeinsam festgestellt, dass es Unterschiede in den einzelnen Bundesländern gibt. Aber wenn wir alles zusammennehmen und einen Strich darunter ziehen, wird in der Landwirtschaft durch diese

Unterschiedlichkeiten über alles hinweg keine Ungleichheit festzustellen sein.

Wenn es so wäre, wie Sie immer behaupten, hätten wir außerdem nicht die Tatsache festzustellen, dass wir seit 1993 - das sagen Sie ja auch immer mit einem gewissen Stolz - das Agrarland Nr. 1 sind, dass wir die Spitze in der Wertschöpfung vor allen anderen Ländern übernommen haben. Das hängt mit Sicherheit auch mit der Art und Weise zusammen, wie wir Landwirtschaftspolitik in diesem Lande gestaltet haben. Das wäre sicherlich nicht das Ergebnis, wenn hier in Niedersachsen tatsächlich die dramatische Wettbewerbsverzerrung stattgefunden hätte, die Sie immer an die Wand malen. Diese Geschichte sollten wir also zu den Akten legen. Sie findet hier nicht statt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Plaue [SPD]: Sehr überzeugend, Herr Minister!)

Herr Ehlen hat zu dem zweiten Antrag gesagt, nach dem ersten BSE-Fall sei unheimlich viel geredet und getagt worden, aber entschieden und gemacht worden sei nichts. So seine Aussage hier. Meine Damen und Herren, auch das stimmt ausweislich der Ereignisse der letzten Monate überhaupt nicht, Herr Ehlen. Gott sei Dank sind wir Ihrem Rat nicht gefolgt und haben nicht sozusagen die Diskussion mit dem Bund zur Seite, ad acta gelegt, sondern wir haben immer wieder - auch bei der letzten Agrarministerkonferenz in Prenzlau noch einmal deutlich gesagt: Wir sehen den Bund bei der Bewältigung der BSE-Krise auch heute noch eindeutig in der Pflicht. Das sagen alle 16 Bundesländer in dieser Deutlichkeit.