Protokoll der Sitzung vom 25.10.2001

Ich freue mich, dass der Landtag diese Debatte parallel zur Arbeit der Umweltverwaltung führt, und ich bin sicher, dass wir in der nächsten Wahlperiode das Thema der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie noch einige Male im Plenum zu diskutieren haben werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Ich darf das Hohe Haus darauf hinweisen, dass der Kollege Schwarzenholz kein Antragsrecht hat, sodass wir jetzt über das abzustimmen haben, was Ihnen der Ältestenrat vorschlägt. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Umweltfragen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, an den Ausschuss für Häfen und Schifffahrt sowie an den Ausschuss für innere Verwaltung zu überweisen. Wenn Sie so handeln wollen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Vielen Dank. Sie haben so beschlossen, wie es Ihnen der Ältestenrat vorgeschlagen hat.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Ein weiterer Baustein für mehr Tierschutz Mastgeflügelhaltung in Niedersachsen Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/2761

Der Antrag wird durch den Kollegen Groth eingebracht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verbraucherschutz beginnt bei der Art und Weise der Tierhaltung. Diesem Grundsatz folgend haben die SPD-Mitglieder im Unterausschuss für Verbraucherschutz bisher nicht nur die von der Landesregierung eingesetzte Kommission zur Zukunft der Landwirtschaft begleitet, sondern sie haben auch an einigen Positionspapieren gearbeitet, um Haltungsbedingungen im Land zu verbessern. Der heutige Antrag ist in diesem Sinne ein weiterer Baustein. Mit den Legehennen haben wir uns bereits im Besonderen befasst. Heute geht es um die Verbesserung der Haltungsbedingungen für Mastgeflügel.

Die durch BSE und Schweinepest ausgelösten Krisen haben eine zunehmende Nachfrage nach Geflügelfleisch ausgelöst. Die Halter in Niedersachsen sind in Deutschland führend. Deshalb hat Niedersachsen eine Vorbildfunktion bei der Haltung wahrzunehmen und bisher auch wahrgenommen. Wir müssen in Bezug auf dieses Thema immer alles zeitnah tun, um - anders als bei den Legehennen - höchstrichterliche Interventionen pro Tierschutz zu vermeiden.

Aus diesem Grunde begrüßen wir die Absicht der Bundesregierung, die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu verändern. Weiterhin begrüßen wir, dass die Landesregierung zu diesem Thema auf der Grundlage der Empfehlungen des Europarats eine Vielzahl von Vereinbarungen im Diskurs mit der Geflügelwirtschaft ausgehandelt hat. Darin sind Lüftungsbedingungen, Beschaffenheit der Einstreu, Einhaltung von Tag- und Nachtrhythmen, Beleuchtung, Besatzdichte und andere Fragen geregelt, und zwar zum Teil besser als z. B. in Dänemark.

Die Ergebnisse aus diesen Vereinbarungen müssen regelmäßig dokumentiert werden. Die Kontrolle der Selbstkontrolle ist landesweit sicherzustellen. Ziel muss es sein, diese Standards aus Niedersachsen bundesweit abzusichern.

Aus unserer Sicht ist intensiv daran zu arbeiten, dass EU-weit einheitliche Regelungen für die Mastgeflügelhaltung geschaffen werden. Deshalb wollen wir die Landesregierung auffordern, sich auf EU-Ebene über die Bundesregierung für eine weitere Verbesserung einzusetzen. Es bedarf weiterer Forschungen. Die Strukturierung von Ställen muss intensiver untersucht werden. Mit Hilfe modifizierter Systeme muss mehr gegen noch vorhandene tierschutzwidrige Maßnahmen unternommen werden. Wir sind der Meinung, dass das immer noch stattfindende Schnabelkürzen bei einigen Tierhaltungen unbedingt gestoppt werden muss. Zuchtlinien müssen weiterentwickelt werden.

(Zuruf von der CDU: Freilandlege- hennen!)

- Zuchtlinien müssen dennoch weiterentwickelt werden - das hat in diesem Fall nichts mit den Legehennen zu tun -, damit sich derartige Maßnahmen erübrigen. Einheitliche Haltungsbedingungen in der EU müssen deshalb über die Landesregierung und die Bundesregierung eingefordert werden. Insbesondere sind einheitliche Aussagen zur Besatzdichte einzufordern, die auf EU-Ebene noch fehlen. Weiterhin muss auch zur Mastintensität einiges klarer gesagt werden, als es derzeit der Fall ist. Darüber hinaus muss auch an einer Verbesserung der Vitalität der Tiere und an der Sozialverträglichkeit in den verschiedenen Haltungsformen gearbeitet werden.

In diesem Sinne hoffen wir auf eine intensive Beratung in den beiden Fachausschüssen und darauf, dass wir uns in weiter Runde einig sind, dass sich bei der Mastgeflügelhaltung im Lande noch einiges verbessern wird, obwohl die Landesregierung diesbezüglich bisher sicherlich Vorbildliches geleistet hat.

(Beifall bei der SPD)

Der Kollege Biestmann spricht für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gehört schon ein bisschen Mut dazu, dass sich die SPD-Fraktion mit einem Initiativantrag mit dem Titel „Ein weiterer Baustein für mehr Tierschutz - Mastgeflügelhaltung in Niedersach

sen“ nach dem soeben erlebten Desaster mit der Legehennenhaltungsverordnung im Bundesrat erneut in die öffentliche Beratung einer ähnlich gelagerten Problematik traut. Vielleicht ist das auch ein Zeichen dafür, dass sich in Ihrer Fraktion bzw. in der Landesregierung nun endgültig die Kräfte durchgesetzt haben, die die Verbesserung des Tierschutzes als politischen Selbstzweck sehen, ohne darauf zu achten, ob diese Art von Tierschutz auch tatsächlich beim Verbraucher ankommt.

(Beifall bei der CDU)

Tierschutz bzw. die Verbesserung von Tierschutzrichtlinien und Tierhaltungsverordnungen greift nur dann, wenn eine ausreichende Zahl von Tierhaltern und Landwirten auch unter neuen Bedingungen eine wirtschaftliche Grundlage behält, um zumindest im EU-Wettbewerb bestehen zu können. Eine virtuelle Tierschutzpolitik, wie sie von Ministerpräsident Gabriel mit der Bundesratsentscheidung manifestiert worden ist und wie sie von Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast initiiert wird, schadet dem Verbraucher und entzieht den 16 000 Geflügelhaltungsbetrieben in Niedersachsen ihre wirtschaftliche Grundlage.

(Beifall bei der CDU)

Die Folge davon sind zunehmende Drittlandexporte zu verbraucherschutzrechtlichen und tierschutzrechtlichen Bedingungen, wie wir sie nicht wollen und auf die wir kaum Einfluss haben.

(Zurufe von der SPD: Das wird auch nicht richtiger, wenn Sie das dauernd wiederholen!)

Gestatten Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass ich noch einmal auf das Stimmverhalten Niedersachsens im Bundesrat bei der Verabschiedung der nationalen Legehennenhaltungsverordnung eingehe, weil die SPD in diesem Antrag auf diese Problematik abhebt.

Wir haben es uns im Agrarausschuss des Landtages mit der Formulierung einer gemeinsamen Position nicht leicht gemacht. Auf beiden Seiten war viel guter Wille vorhanden. Die Debatte war von der Einsicht bestimmt, möglichst schnell von den herkömmlichen Käfighaltungssystemen wegzukommen und im Rahmen EU-richtlinienkonformer Übergangszeiten Anreize und Alternativen zu schaffen, damit Geflügelhaltungsbetriebe und Landwirte schon vorzeitig auf Freilandhaltung

und Bodenhaltung, aber eben auch auf Kleingruppenhaltung und Appartements umsteigen können.

Die CDU-Landtagsfraktion konnte sich in der letzten Woche in ihrer Gesamtheit davon überzeugen, dass gerade die Kleingruppenhaltung in Versuchen der Tierärztlichen Hochschule auf dem Versuchsgut Ruthe von der begleitenden Wissenschaft als tierschutzgerechtes Haltungssystem empfohlen wurde.

Die gleiche Position, geht es nach den Verlautbarungen von Minister Uwe Bartels, vertrat die Niedersächsische Landesregierung. Minister und Landesregierung hatten unsere volle Unterstützung in dieser Frage, wie im gemeinsamen Antrag von CDU und SPD im Agrarausschuss deutlich wurde.

Die urplötzliche Kehrtwendung der Landesregierung im Vorfeld der Bundesratsentscheidung ist nicht nur eine Missachtung des Parlaments und seiner Ausschüsse, sondern hat auch den zuständigen Fachminister Uwe Bartels, der noch vor der letzten Kabinettssitzung aus dem Verkehr gezogen wurde, nachhaltig geschädigt.

(Beifall bei der CDU)

Ministerpräsident Gabriel hat als erster politischer Repräsentant des Agrar- und Veredelungslandes Nr. 1 in Deutschland - Niedersachsen - zum Ausdruck gebracht, dass ihm die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Geflügelhaltungsbetriebe seines Landes nebensächlich sind und sein Minister seiner Meinung nach von Anfang an den falschen Kurs gefahren hat. Durch diese Politik sind in unserem Land ohne Not 5 000 Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt worden. Es ist unverantwortlich gewesen, in welcher Weise die Niedersächsische Landesregierung in dieser Frage niedersächsische Interessen im Bundesrat vernachlässigt hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es bestürzt uns sehr, im Nachhinein zu erfahren, dass Niedersachsen mit seinem eigenen Stimmverhalten sozusagen als Zünglein an der Waage die entscheidenden sechs Stimmen für die Künast-Verordnung geliefert hat - bei einem Abstimmungsergebnis von 36 zu 33.

(Möhrmann [SPD]: Wie hat sich ei- gentlich das Saarland verhalten?)

Das bedeutet im Vergleich zu dem im Agrarausschuss des Bundesrates beschlossenen Bundesrats

entwurf eine Reduzierung der Übergangszeit von Ende 2009 auf Ende 2006. Damit stellte sich Niedersachsen auch inhaltlich gegen den vorherigen Antrag.

Wir stellen Minister Bartels und dem Ministerpräsidenten die Frage: Wo liegen die Gründe für ein derartiges Handeln? Außerdem: Haben der Bundeskanzler Druck auf Niedersachsen und - so wird es aus Berlin kolportiert - Ministerpräsident Gabriel in dieser Frage Druck auf andere SPD-geführte Bundesländer ausgeübt?

(Ehlen [CDU]: Unmöglich!)

Jedenfalls lässt sich nach dem Ablauf der letzten Bundesratssitzung, in der sich Niedersachsen gar nicht erst zu Wort meldete, die Version nicht mehr aufrechterhalten, die CSU- bzw. CDU-geführten Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg ließen Niedersachsen im Regen stehen. Sie haben gegen den Künast-Entwurf gestimmt!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wir sind für mehr Tierschutz in der Mastgeflügelhaltung.

(Frau Harms [GRÜNE]: Aber nicht jetzt!)

Wir sind aber nicht dafür zu haben, jetzt sozusagen mit einem Parforceritt durch alle Tierhaltungssysteme, losgelöst von bisherigen Haltungssystemen und bisher einvernehmlichen Regelungen, unter Missachtung aller bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse einem Pseudotierschutz das Wort zu reden, der dazu führt, dass weitere landwirtschaftliche Existenzen vernichtet und Nahrungsmittel zu nicht akzeptablen Bedingungen importiert werden.

Unter dem Begriff „niedersächsischer Weg“ hat sich die Niedersächsische Landesregierung mit der Geflügelwirtschaft 1997 darauf verständigt, im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen Mindestanforderungen zugunsten des Tierschutzes in der Geflügelmast durchzusetzen. Diese Vereinbarungen haben sich in der Praxis bewährt und sind für den Tierschutz ein Fortschritt, den wir begrüßen. Der damalige Staatssekretär Bartels sprach von einer durchgreifenden Verbesserung auf dem Weg zum Idealen. Die Präambeln dieser Vereinbarungen sehen vor, dass eine gemeinsame Weiterentwicklung der Haltungsformen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse Ziel der Vereinbarungen ist. Bestandteil dieser Vereinbarungen sind ein angemessenes Maß an Kontrolle durch Veteri

närbehörden und Bestandsuntersuchungen im Rahmen der Geflügelfleisch-Hygieneverordnung sowie eine tierschutzgerechte Bestandsdichte. Wir begrüßen auch den wiederkehrenden Informationsaustausch im Rahmen runder Tische zwischen tierschutzrelevanten Behörden, den Tierschutzorganisationen und der Geflügelwirtschaft.

Meine Damen und Herren, die CDU stellt sich angesichts dieser guten Ansätze einer Tierschutz fördernden und fachlichen Diskussion im zuständigen Agrarausschuss. Immerhin entfällt die Hälfte der Hähnchenproduktion des gesamten Bundesgebiets auf Niedersachsen, und das soll auch weiterhin so sein. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Klein.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht - wie der Kollege Biestmann - das Thema verfehlen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte zu dem Beitrag des Kollegen Biestmann nur einen Satz sagen: Ich finde es gut, dass mit der neuen Hennenhaltungsverordnung die Käfighaltung abgeschafft worden ist.