Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

Im Übrigen sind all diese notwendigen Veränderungen auch möglich, ohne dass wir einen eigenen Ausschuss dafür einrichten.

Meine Damen und Herren, mit dem vierten Punkt in der Begründung machen die Grünen ganz deutlich, dass sie nicht nur einen Petitionsausschuss wollen, sondern dass sie so etwas wie einen Systemwechsel wollen. Sie wollen die Stellungnahmen der Ministerien durch so genannte unabhängige Sachverhaltsermittlung und Beurteilung der Sachverhalte durch die Landtagsverwaltung ersetzen. Abgesehen davon, dass das vermutlich eine kostenintensive Personalaufstockung bedeuten würde, zeigen Ihre Formulierungen ein ganz deutliches Misstrauen gegenüber den Sachbearbeitern in den Ministerien; so empfinden wir es. Ein solches Misstrauen halten wir nicht für gerechtfertigt.

Sachverhaltsermittlungen, Beurteilungen und - ähnlich wie es die Kollegen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein berichtet haben – möglichst auch noch fertige Lösungsvorschläge durch die Verwaltungsmitarbeiter - da frage ich: Wo bleibt eigentlich die Verantwortung der Abgeordneten für die Petitionen?

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen diese Verantwortung nicht abgeben. Wir wollen auf keinen Fall auf den Fach- und Sachverstand unserer Fachausschüsse verzichten. Genau dieser Sachverstand ginge verloren, wenn insgesamt z. B. nur noch 15 Abgeordnete dieses Hauses alle Fachbereiche für Petitionen abdecken müssten, die wir jetzt in verschiedenen Fachausschüssen bearbeiten. Auch die von Ihnen – und nicht nur von Ihnen – positiv beurteilte Einflussnahme auf die politische Willensbildung ginge zumindest teilweise verloren, da die Fachausschüsse die Informationen zum großen Teil aus Petitionen beziehen und daraus Initiativen starten. Die Informationen kämen in den Fachausschüssen nicht mehr so regelmäßig und so schnell an wie bisher. Ich glaube, das wäre ein großer Nachteil für

die Bürger, und es wäre ein großer Qualitätsverlust.

Sie begrüßen die angeblich so neuen Kommunikationsformen zwischen Bürgern und Parlament, die in anderen Bundesländern bestehen. Die Kommunikationsformen, bei denen man als ganzer Ausschuss, als einzelner Berichterstatter mit Petenten Kontakt aufnimmt, existieren in diesem Landtag längst, und sie werden auch genutzt.

Der Zeitpunkt für einen solchen Antrag ist der falsche. Man sollte nicht versuchen, es auf diese Art zu machen. Es ist der Versuch, die vermeintlichen Rosinen aus dem Kuchenteig zu picken, bevor der Kuchen überhaupt gebacken ist. Dieser Antrag liegt uns jedoch vor. Ich beantrage für die SPD-Fraktion, ihn nicht nur an den Geschäftsordnungsausschuss zu überweisen, sondern ihn zur Mitberatung an alle Fachausschüsse zu überweisen, damit sich alle Fachausschüsse damit beschäftigen können, ob sie zukünftig noch Petitionen beraten wollen oder nicht.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Möllring [CDU]: Das war ein guter Vorschlag!)

Der Kollege Schröder hat sich noch einmal zu Wort gemeldet!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Müller, wenn unser Verfahren so überlegen ist, warum hat es sich in den letzten Jahrzehnten nicht bundesweit durchgesetzt? Wieso sind wir eigentlich die einzigen, die so verfahren? Wieso hat Niedersachsen sozusagen als Spitzenreiter für andere Parlamente keine Vorbildfunktion?

(Möllring [CDU]: Die Spitze ist im- mer einsam! - Mühe [SPD]: Da hat er Recht! – Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Es liegt den verschiedenen Auffassungen offenbar ein sehr unterschiedliches Verständnis von Petitionsarbeit zugrunde. Was ist eigentlich schlecht daran, wenn man sich nicht allein darauf verlassen muss, was das Ministerium für eine Stellungsnahme schreibt, sondern wenn man die Möglichkeit hat, dass Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen Fragen

aufschreiben oder auch Vorschläge machen, wie eine andere Entscheidung aussehen könnte.

(Beifall bei der CDU)

Das ist die Praxis in den anderen Parlamenten.

(Frau Leuschner [SPD]: Das machen wir doch auch!)

Deshalb gibt es einen vergleichsweise großen Stab in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder auch im Deutschen Bundestag. Die Kontrollfunktion, die wir als Landtag haben, bedeutet nicht, dass das, was das Ministerium aus guten oder weniger guten Gründen als seine Meinung vertritt, wenn sich jemand über die Behörde beschwert, für uns ein Evangelium wäre. Man kann auch Alternativen dagegensetzen. Meiner Meinung nach gehört das zu einer solchen Petitionsbearbeitung mit dazu.

Ich finde es auch nicht schlecht, wenn wir, wie es in anderen Bundesländern offenbar der Fall ist, auch einmal einen Ortstermin im Land machen. Warum sollte ein solcher Petitionsausschuss – wie es in NRW praktiziert wird – nicht auch einmal beispielsweise in Oldenburg oder in Braunschweig tagen? Was ist daran verkehrt?

(Zurufe von der SPD - Wernstedt [SPD]: Das können wir doch jetzt schon machen!)

- Herr Kollege, das ist nicht ganz vergleichbar. Deswegen finde ich es gut, dass wir diese Diskussion hier führen. Ich finde es gut, dass wir sie weiterführen. Die Eindrücke, die wir über die Arbeit anderer Ausschüsse gewonnen haben, sollten wir auch an die übrigen Kolleginnen und Kollegen einschließlich der verschiedenen Fachausschüsse in diesem Haus weitergeben.

Ich finde es auch nicht falsch, diesen Antrag jetzt zu stellen. Wir haben einen Auftrag für die Enquete-Kommission, der sehr weit gefasst ist. Er reicht von eher marginalen Geschäftsordnungsänderungen bis zu Fragen der föderalen Ordnung auf Bundes- und Europaebene. Das ist ein sehr weit gespanntes Programm. Die Kommission wird ihren Bericht im September nächsten Jahres vorlegen. Der neue Landtag wird möglicherweise schon im Dezember, spätestens jedoch im Februar gewählt.

Wir haben bisher die Erfahrung gemacht, dass ein neu gewählter Landtag, egal, wie er sich zusammensetzt, viel Vordringlicheres zu tun hat, als sich mit der Neukonstruierung von Ausschüssen oder

einer kompletten Neufassung der Geschäftsordnung zu befassen. Wenn wir diesen Antrag in den nächsten Wochen und Monaten gründlich und in Ruhe beraten, haben wir eine ausreichende Grundlage, um die Entscheidung zu treffen, ob wir uns der überwiegender Mehrheit der anderen Bundesländer anschließen oder diesen spezifischen Sonderweg weitergehen wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Geschäftsordnungsausschuss soll mit der federführenden Beratung beauftragt werden. Die SPD-Fraktion hat gebeten, sämtliche Fachausschüsse mitberatend zu beteiligen. Wenn Sie so beschließen wollen, bitte ich um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Sie haben so beschlossen.

Wir kommen zu den zusammengefassten Tagesordnungspunkten 28, 29 und 30:

Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: Internationales Jahr des Ökotourismus 2002 - Mountainbike-Sport fördern und naturverträglich gestalten Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/2847

Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung: Internationales Jahr des Ökotourismus 2002 Naturverträglicher Kanuund Sportboottourismus im Biosphärenreservat Elbtalaue - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/2848

und

Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Internationales Jahr des Ökotourismus 2002 - Konzeption für naturverträglichen Klettersport in Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/2849

Die drei Anträge werden eingebracht durch die Kollegin Frau Steiner, der ich das Wort erteile.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Jahr 2002 ist von der UNO zum Jahr des Ökotourismus ausgerufen worden. Das muss Ansporn für Initiativen - auch in Niedersachsen - sein. Dass wir dabei nicht bei null anfangen, sehen Sie vor der Tür,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

wo sich die Regionen mit ihren Entwicklungskonzepten vorstellen. Hier gibt es viele vorbildliche Initiativen zur Förderung naturverträglicher touristischer Infrastruktur. Wir erwarten aber von der Landesregierung im kommenden Jahr mehr, nämlich Projekte und Investitionen im Bereich Naturtourismus und Ökotourismus.

Wir machen Ihnen heute drei Vorschläge für beispielhafte Projekte, bei denen die Interessen von Sport und Naturschutz in Einklang gebracht werden sollen: Radsport im Harz, Wassersport an der mittleren Elbe und Klettern in den Mittelgebirgsfelsen Niedersachsens.

Während es im Westen Niedersachsens und an der Küste gute Angebote für Fahrradtouristen gibt, sieht es im Harz schlecht aus. Schaut man ins Internet, so kann man eine ganze Reihe von Vorschlägen für Mountainbike-Touren im Harz finden, die Bike-Verleiher oder auch sportbegeisterte Privatleute unter dem Motto „Mein Lieblingstrail im Harz“ ins Netz gestellt haben. Da lässt sich dann feststellen, dass die Routenvorschläge auch durch die besonders sensible Zone I des Nationalparks führen. Hier ist ungeregelt und naturwüchsig eine Entwicklung im Gange, über die man nicht mehr einfach hinwegsehen darf. Kommunen wie Altenau und Braunlage denken über die Ausweisung eigener Mountainbike-Wegenetze nach.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Mit der Nationalparkverwaltung hat unseres Wissens noch keine der Kommunen über solche Projekte gesprochen.

Es geht uns nicht darum, den Bikern den Spaß am Sport zu verderben und sie auszuschließen. Aber wir brauchen eine wirksame und vernünftige Steuerung, die die Anforderungen von Naturschutz und Tourismus berücksichtigt. Der Harz kann ein attraktives Angebot wie ein Mountainbike-Wegenetz gut vertragen. Wir kennen ja die Probleme des Tourismus im Harz. Hiermit könnte eine neue, junge Zielgruppe angesprochen werden, die der Harz auch nötig hat.

Im Nationalpark Bayerischer Wald - vielgelobt und als Vorbild für andere Nationalparks betrachtet ist das Radfahren grundsätzlich verboten. Eine solche Regelung halte ich für den Harz und für unseren Nationalpark nicht für wünschenswert und durchsetzbar. Man kann nicht auf der einen Seite hunderttausende Menschen jährlich mit der Brockenbahn auf den höchsten Gipfel befördern und auf der anderen Seite den Bike-Sportlern verwehren, dort mit dem Fahrrad hinzufahren. Ein gut beschildertes Wegenetz kann sicherstellen, dass die Hauptrouten des Mountainbiking im Harz nicht durch den Nationalpark verlaufen, sondern hauptsächlich im Bereich des Naturparks. Dies schränkt den Fahrspaß für Sportler keineswegs ein, schützt aber die Natur.

Als Träger des Nationalparks Harz ist die Landesregierung bzw. die Bezirksregierung Braunschweig in einer besonderen Verantwortung. Vorbildhaft sollte deshalb die Landesregierung den Aufbau eines Wegenetzes für den Mountainbike-Sport gemeinsam mit den Kommunen, Tourismusverbänden und den Interessenverbänden der Radsportler und Mountainbiker initiieren und finanzieren. Zusätzliche Mittel müssen dafür nicht organisiert werden - es ist absolut kostenneutral -; Sie müssen nur die vorhandenen Tourismusmittel zielgenau einsetzen.

Nun zum Antrag „Naturverträglicher Klettersport in Niedersachsen“. Der Deutsche Alpenverein hat ein Gutachten erarbeitet, das von Naturschutzbehörden und den Umwelt- und Naturschutzverbänden als Grundlage für eine Kletterkonzeption in Niedersachsen anerkannt wird. Die Chancen sind groß, dass ein solches Konzept von Naturschutz und Klettersport gemeinsam getragen wird. Hier sind von engagierten Fachleuten Vorarbeiten geleistet worden, die für viele Konfliktpunkte bereits

Lösungen vorsehen. Die Gutachter des Deutschen Alpenvereins haben nicht einseitig die Interessen des Sports verfolgt, sondern ernsthaft nach naturverträglichen Lösungen und Steuerungsmöglichkeiten gesucht. Dort, wo es schon Absprachen zwischen Naturschutz- und Kletterverbänden gibt etwa im Eckertal im Harz -, funktioniert die Zusammenarbeit bisher ausgezeichnet.

Mit unserem Antrag fordern wir vom Umweltministerium, das gerade nicht vertreten ist, schlicht ein, dass es seinen Aufgaben nachkommt.

(Möllring [CDU]: Warum ist der denn nicht da? Dann zitierten Sie ihn doch einmal!)

Es ist unverständlich, warum seit zwei Jahren Vorlagen beim Ministerium und bei den Fachbehörden in der Schublade liegen und sich bisher noch nichts getan hat.

„Naturverträglicher Kanu- und Sportboottourismus in der Elbtalaue“ ist das Thema des dritten Antrags.

(Möllring [CDU]: Stellen Sie einen Antrag, dass er kommt!)

- Herr Möllring, das mache ich schon selber, wenn ich es für notwendig befinde.