Bisher haben wir an der mittleren Elbe noch keine großen Konflikte zwischen Wassersport und Naturschutz gehabt. Es ist aber absehbar, dass sie entstehen werden.
(Minister Jüttner betritt den Plenarsaal - Möllring [CDU]: Da ist er ja! Sehen Sie, ich muss das nur sagen, dann kommt er auch schon!)
Der Kanutourismus an der Elbe hat in den vergangenen Jahren rapide zugenommen. Dabei ist die Elbe ein schwieriges Kanugewässer, das nicht von Anfängern befahren werden sollte. Auch die Zahl von Sportboottouristen, die im Sommer etwa aus dem Berliner Raum mit ihren Motorbooten die Elbe nach Hamburg befahren oder auf dem Weg in die Ostsee die Müritz-Elde-Wasserstraße oder den Elbe-Lübeck-Kanal befahren, steigt stetig an. Und es gibt auch bereits Angebote für geführte Kanutouren an der Elbe, die großen Zuspruch haben.
Die Elbe ist seit 1990 sauberer geworden. Heute kann in der Elbe wieder gebadet werden. Dies wird die Attraktivität eines im Biosphärenreservat liegenden Flusses, der ein Erlebnis verspricht, weiter erhöhen.
Das Gesetz über das Biosphärenreservat befindet sich derzeit in der Beratung. Wir meinen, dass es nicht der geeignete Weg ist, den Bereich des Wassersports über Betretensregelungen im Gesetz regeln zu wollen. Die im Gesetz vorgesehene Kooperation und die Möglichkeit, freiwillige Vereinbarungen zu schließen, reichen nicht aus. Wenn schon die Nutzung der Kanugewässer und der Zuflüsse der Elbe über Vereinbarungen mit allen Beteiligten geregelt sind, dann muss auch die Elbe in diese Vereinbarung mit einbezogen werden. Alles andere wäre der Öffentlichkeit und den Sportlern nicht vermittelbar.
Wir wollen im Gesetz klar festlegen, dass der Wassersport über eine freiwillige Vereinbarung zu regeln ist. Das muss im Übrigen nicht nur für den Wassersport gelten, sondern kann auch für andere Sportarten wie beispielsweise Reiten geschehen.
Ein weiterer Problempunkt in der Diskussion ist der Bau fester Liegeplätze und der Ausbau von Sportboothäfen. Dieser Ausbau ist mit hohen Kosten für Land und Gemeinden verbunden, fördert aber nur geringfügig den Tourismus. Daher stehen wir dem Ausbau von schwimmenden Dauercampingplätzen sehr kritisch gegenüber.
Wir haben erhebliche Zweifel, dass sie die Wirtschaft in der Region befördern. Nach unserer Einschätzung verursachen sie mehr Kosten, als sie den Gemeinden und Gewerbetreibenden an Einnahmen einbringen. Deshalb dürfen wir bei einer Vereinbarung auch die Sportboottouristen nicht außen vor lassen.
Insbesondere bei der Elbtalaue gilt: Eine Kooperation mit den Nachbarländern ist notwendig. Es darf nicht sein, dass an einem Elbeufer erlaubt ist, was am anderen verboten ist, dass die Kennzeichnung von Ufer zu Ufer verschieden ist. Es kann auch nicht sein, dass die angrenzenden Länder ein UNESCO-Biosphärenreservatsbüro eröffnen, dass sich aber Niedersachsen nicht daran beteiligt und dafür keinen Pfennig in den Haushalt einstellt.
- Das können wir ja gleich klären! - Im Gegenteil müssen sich die Anliegerländer gegenüber dem Bund für eine Befahrensregelung der Elbe einsetzen, die die Ziele des Biosphärenreservats berücksichtigt. Auch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes muss zu der Einsicht gebracht werden, dass Wassermotorräder – so genannte Jetscooter - nicht in ein Biosphärenreservat gehören.
Grundsätzlich wollen wir erreichen, dass so viel wie möglich über das Instrument der freiwilligen Vereinbarung festgelegt wird. Vorbilder dafür gibt es genug. In Schleswig-Holstein hat eine Arbeitsgruppe einen Verhaltenskodex entwickelt, der die gegensätzlichen Interessen von Naturschutz und Wassersport im Nationalpark ausgleicht. In einem Biosphärenreservat ist das Neben- und Miteinander von Schutz und Nutzung, von sozialer und umweltgerechter nachhaltiger Entwicklung das Ziel. Wir verstehen darunter, dass Kooperation Vorrang vor hoheitlichem Handeln haben muss. In diesem Sinne fordern wir die Landesregierung auf, tätig zu werden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Tourismus ist ungeachtet aktueller Krisen weltweit die Wachstumsbranche Nummer eins. In Deutschland liegen die Zuwachsraten weit über denen des allgemeinen Wirtschaftswachstums. In Niedersachsen hat sich ein großer Rohstoffgewinnungsund -verarbeitungskonzern zu einem weltweit tätigen Tourismusunternehmen gewandelt. Zwischen Nordseeküste und Harz werden Milliarden in der Freizeitwirtschaft umgesetzt. Hunderttausende Menschen finden hier einen Arbeitsplatz. In unserer dicht besiedelten und intensiv genutzten Landschaft suchen die Menschen in ihrer Freizeit nach Ruhe, Entspannung und einer urwüchsigen Natur. Aber sie suchen auch nach Selbstverwirklichung, dem Abenteuer und dem Austesten eigener Grenzen.
Tourismus und Ökologie, das ist ein Spannungsfeld, das ich an einem Beispiel schildern will. Ich wohne im Harz und erlebe zu den Ferienzeiten und an jedem Wochenende mit geeigneter Witterung den Ansturm der verschiedenen Nutzergruppen. Der Harz wurde frühzeitig zum Naturpark erklärt und bot schon immer vielfältige Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Es wurde an allen dafür vorgehaltenen Felsen geklettert - mit oder ohne Seil. Dies hat dazu geführt, dass teilweise Spuren längst vergangener Kulturen an diesen Felsen beschädigt wurden. Vögel wurden von ihren hoch gelegenen Brutplätzen vertrieben.
Für den Tourenskisport im Winter wurde früher jeder geeignete Waldweg genutzt - auch in Rückzugsgebieten für die Waldtiere und auch über empfindliche Hochmoorflächen hinweg. Sogar organisierte Autorennen - der Harzer Bergpreis - wurden im Naturpark ausgetragen.
Noch rechtzeitig wurde vor Ort und in der Landesregierung erkannt, dass man nicht das zerstören darf, was auch noch für künftige Generationen wichtig ist und wovon man auch in Zukunft leben will. So wurden seit 1994 mit dem Nationalpark Harz wichtige Flächen unter besonderen Schutz gestellt, ohne dass sie aber der interessierten Öffentlichkeit gänzlich entzogen worden wären. Der lang erwartete Wegeplan steht übrigens kurz vor der Fertigstellung.
Für den Klettersport wurde ein attraktiver Teilbereich des Okertals ausgewiesen. Zusätzlich ist dort sogar zu bestimmten Zeiten Wildwasserkanusport möglich, wenn nämlich die Harzwasserwerke den Wasserspiegel der Okertalsperre senken. Den Skiläufern steht neben den Abfahrtpisten ein attraktives Loipennetz auch im Nationalpark zur Verfügung. Professionelle Wettkampfstätten für Biathlon und Sprunglauf wurden mit Landesmitteln geschaffen. Autorennen - der Harzer Bergpreis finden schon lange nicht mehr statt. Dafür sind uns aber die Motorradfahrer geblieben, die auf den öffentlichen Straßen ihre eigenen Grenzen und die ihrer Maschinen austesten. Für die neuere Trendsportart Mountainbiking mit stark wachsenden Zuwachsraten werden zurzeit Strecken ausgearbeitet, die Konflikte mit der Natur und mit Wanderern vermeiden sollen.
Frau Steiner, mit dem Schaffen von Angeboten für diese Gruppen allein ist es nicht getan. Der Harz hat auch damit zu kämpfen, dass auf den gut ausgebauten Verkehrswegen die Leute bei gutem
Wetter morgens kommen und abends das Gebirge wieder verlassen, es also genutzt, aber wenig für die dortige Infrastruktur beigetragen haben.
Meine Damen und Herren, die geschilderten Maßnahmen wurden nach intensiver Abstimmung zwischen Landesregierung, Kommunen, Verbänden, Vereinen und interessierter Öffentlichkeit umgesetzt und haben breite Akzeptanz gefunden. Ich habe exemplarisch den Harz herausgegriffen, weiß aber, dass die Situation im Weserbergland ähnlich ist.
Bei der Betrachtung der Wasserflächen in Niedersachsen sollten wir uns nicht auf das Elbetal beschränken. Aus meiner Arbeit im Umweltausschuss weiß ich, dass der Nutzungsdruck der Freizeitsportler auf alle niedersächsischen Binnengewässer groß ist. Aber auch hier sind die Probleme zwischen sportlicher Nutzung und Erhaltung der natürlichen Lebensräume nur im Dialog zu regeln. Dieser Dialog findet statt.
Die Beratung der drei vorliegenden Anträge zum Internationalen Jahr des Ökotourismus 2002 im Ausschuss wird ergeben, dass Niedersachsen hier besonders gut aufgestellt ist: Nationalpark Harz, Nationalpark Wattenmeer - das Elbetal hätte auch einen Nationalpark bekommen können, wenn er denn gewünscht gewesen wäre - hier werden Probleme zwischen Tourismus und Ökologie hervorragend gelöst. Dies ist den Aktivitäten dieser Landesregierung und der Kooperation der Betroffenen zu verdanken. Sollte sich bei der Ausschussberatung herausstellen, dass wir an der einen oder anderen Stelle noch mehr Unterstützung geben können, so ist meine Fraktion dazu natürlich bereit.
Ich beantrage folgende Änderung zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sich mit den Anträgen der Ausschuss für Freizeit, Tourismus und Heilbäderwesen befassen. Zusätzlich soll der Wirtschaftssausschuss die Anträge mitberaten. Im Übrigen soll es bei der vorgeschlagenen Ausschussüberweisung bleiben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen diese Anträge der Fraktion der Grünen grundsätzlich. Allerdings bitten wir darum, die Thematik nicht allein an dem Internationalen Jahr des Ökotourismus 2002 festzumachen; denn wir meinen, dass diese Thematik grundsätzlicher behandelt werden muss.
Wir bedauern ein wenig, dass der Schwerpunkt auf dem Tourismus liegt. Ich glaube, dass dadurch bei der Landesregierung eine Verschiebung in Richtung Tourismus erfolgt. Ich glaube aber, dass Natur und Sport im Vordergrund stehen. Wir sollten die Zielrichtung der Anträge zumindest in Form eines wesentlichen Untertitels dahingehend aktualisieren, dass wir darauf hinweisen, dass die Thematik Sport und Umwelt und im Rahmen dieser Thematik wiederum Sport in Natur und Landschaft im Vordergrund stehen. Wenn wir das machen, haben wir eine Grundlage für konstruktive Ansätze.
Ich gehe nun gern im Einzelnen auf Ihre drei Anträge ein. Die größte Übereinstimmung besteht mit Sicherheit bezüglich des Antrages zum Mountainbike-Sport. Dieser ist in seinen Grundzügen in Ordnung. Es ist wichtig, die große Zahl der Mountainbike-Sportler nicht wild in Natur und Landschaft zu lassen, sondern diese Aktivströme zu kanalisieren, sie zu ordnen. Gerade in den Bereichen, die für Mountainbiker interessant sind, im Harz, im Mittelgebirgsraum, ist es notwendig, Naturparke und sportliche Nutzung, MountainbikeNutzung, parallel zu entwickeln. Nur im Konsens zwischen Sport, Freizeit und Natur kann man zu Lösungen kommen, die allen drei Bereichen zuträglich sind und nicht einen Bereich in besonderer Weise beeinträchtigen.
Auf den Klettersport möchte ich nur kurz eingehen. Dazu wird mein Kollege Gansäuer noch nähere Ausführungen machen. In der Gesamtbetrachtung ist es wichtig, zu berücksichtigen, dass der Deutsche Alpenverein im Bereich des Klettersports in den letzten Jahren eine ganz erhebliche Entwicklung zu verzeichnen hat. Dagegen stehen regionale Sperrtendenzen. Bestimmte Felsen werden - bei zunehmender Sportlerzahl - gesperrt. Das ist kontraproduktiv. Der Druck auf die noch zum Klettern freigegebenen Felsen wird immer größer. Dadurch kommen wir in einen Teufelskreis. Letztlich werden auch diese Felsen noch geschlossen,
Ein Konzept liegt übrigens bereits vor, Frau Steiner. Wir brauchen kein neues Konzept. Der Deutsche Alpenverein hat ein Konzept erarbeitet. Es muss vielleicht geringfügig modifiziert werden, ansonsten muss es nur umgesetzt werden. Wenn wir die Landesregierung davon überzeugen können, sind wir auf dem richtigen Weg.
Sicherlich ist es nicht verwunderlich, wenn ich mich dem Kanuwandern zuwende. Hier gibt es wohl aber auch die meisten Probleme. Ihr Antrag enthält, so meine ich, zwei Fehler, die wir in den Ausschussberatungen grundsätzlich abarbeiten müssen. Es kann nicht sein, dass sich der Antrag nur auf die Elbtalaue bezieht. Die Elbtalaue ist nur ein ganz kleines Segment im gesamten niedersächsischen Problembereich Kanusport und Umwelt. Wenn Sie die Möglichkeit suchen, Zielsetzungen im Zusammenhang mit dem Biosphärenreservat zu formulieren, dann müssen Sie das auch wirklich tun. In Ihrem Antrag ordnen Sie den Kanusport dem Biosphärenreservat unter. Das geht nicht. Wir müssen in unseren Beratungen zum Biosphärenreservat eine gleichwertige Behandlung der naturbezogenen und auch der sportlichen Interessen und der wirtschaftlichen Interessen berücksichtigen. Ich zitiere hierzu einmal kurz aus einem Kommentar zu § 14 des Bundesnaturschutzgesetzes, der die Biosphärenreservate betrifft: Im Biosphärenreservat steht nicht der konservative Naturschutz im Vordergrund, sondern das Bemühen des wirtschaftenden Menschen, auf die Belange der Natur Rücksicht zu nehmen, um so zu einem harmonischen Miteinander von Natur und Mensch zu gelangen. Sie verfolgen einen ganzheitlichen, über den Naturschutz hinausgehenden Ansatz, indem neben dem Naturschutz gleichrangig auch den ökonomischen, sozialen, kulturellen und ethischen Aspekten der historisch geprägten Landschaften Geltung verschafft werden soll.
Ich wiederhole: Soziale und kulturelle Aspekte sind gleichwertig neben dem Naturschutz zu betrachten. Darauf müssen wir eingehen. Wir haben das erfolgreich im Zusammenhang mit der Realisierung der Nationalparkgesetze Wattenmeer und Harz getan. In diesem Zusammenhang ist das, so meine ich, recht gut gelungen. Im Biosphärenreservat haben gerade die sozialen und kulturellen und damit auch die sportlichen Interessen einen höheren Stellenwert, als dies in einem National
Die Planungen zum Biosphärenreservat müssen den Sport von Grund auf mit einbeziehen. Wir müssen das subsidiär mit behandeln. Nur so kommen wir zu einem gemeinschaftlichen Erfolg.
Die zweite Fehleinschätzung in Ihrem Antrag begehen Sie mit der beispielhaften Darstellung der Verhaltenskodices in Bezug auf den Bootssport auf der Unterelbe und die Fließgewässer im Regierungsbezirk Lüneburg. Bezüglich der Unterelbe - das akzeptiere ich - sind die Bezirksregierung Lüneburg auf der einen Seite sowie der Landeskanuverband und der Deutsche Kanuverband als Vertreter des organisierten Sports auf der anderen Seite beispielhaft vorgegangen. Hier ist etwas Konstruktives gemacht worden. Ich danke auch der Regierungspräsidentin ganz herzlich für ihren persönlichen Einsatz in diesem Bereich. Aber insbesondere im Bereich der Fließgewässer im Regierungsbezirk Lüneburg besteht wirklicher Handlungsbedarf. Hier befinden wir uns bei Weitem noch nicht auf einem konsensnahen Feld, Frau Steiner, sondern hier muss noch daran gearbeitet werden. Die oberste Instanz, der Gesetzgeber, und die oberste Fachbehörde müssen daran arbeiten, dass hier etwas Konstruktives passiert und dass dem Sport die ihm zustehende Rechtfertigung zukommt.
Ich denke mit etwas Wehmut an die damaligen Beratungen unseres Sportgesetzes zurück. Wenn wir dieses Thema damals in das Sportgesetz eingebunden hätten und der Landtag dies akzeptiert hätte, dann hätten wir heute eine Grundlage und bräuchten darüber nicht mehr zu reden. Dann hätten wir das in trockenen Tüchern.
Wir sind gut beraten, den Gesamtkomplex Sport und Naturschutz unter Fortschreibung des Antrags aus dem Jahr 1985 - damals ist dieses Themenfeld hier in diesem hohen Hause schon behandelt worden - weiter zu aktualisieren. Die Erfahrungen aus der Umsetzung des Antrags aus dem Jahr 1985 sind bis heute allerdings nicht so positiv. Deshalb besteht Handlungsbedarf. Deshalb begrüßen wir auch diesen Antrag. Wir brauchen einen weiterführenden qualifizierten Rahmen, damit wir diese drei Anträge zielorientiert beantworten können. Wir müssen in diesem Rahmen dafür sorgen, dass
Vollzugsbehörden - wie dies heute zum Teil geschieht - ihre Entscheidungen nicht emotional und willkürlich treffen, sondern wir müssen gewisse Vorgaben machen und den Vollzugsbehörden vor Ort die Spezifika überlassen. Nur so kriegen wir das Themenfeld Natur, Sport und Freizeit letztendlich in den Griff.
Ich hoffe, dass wir in den Ausschüssen weiterführende und konstruktive Beratungen haben werden; denn das Ziel, das Sie mit Ihren Anträgen angestoßen haben, ist es wert, erreicht zu werden. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.