Protokoll der Sitzung vom 16.11.2001

Der Landkreis Peine erreicht mit 1,8 Stellen eine Rückholquote von 22 %, während der Landkreis Goslar mit 5,3 Stellen eine Rückholquote von 29 % erreicht. Wie viel Personal müsste man Ihrer Meinung nach zusätzlich einstellen, damit sich das rechnet? Auch Personal kostet Geld!

Was glauben Sie?

Dieses Beispiel macht deutlich, dass wir uns tatsächlich in einem sehr komplexen Feld bewegen. Ich möchte das anhand eines Gegenbeispiels deut

lich machen. Die Stadt Wolfsburg, die durchaus finanzstark ist, hat eine Rückflussquote von 14 % - es kann niemand darlegen, dass diese Quote in dieser Region nicht steigerbar wäre -, während z. B. der Landkreis Lüchow, der eher zu den finanzschwachen Landkreisen gehört, im Jahre 2000 eine Rückflussquote von 32,1 % aufweist.

Wir alle wissen, dass es einen Zusammenhang mit der Art der Organisation der Umsetzung des Unterhaltsvorschussgesetzes gibt, also z. B. damit, ob ein Sachbearbeiter für die Auszahlung an die Unterhaltsberechtigte und gleichzeitig für die Rückholung bei dem Unterhaltsverpflichteten zuständig ist. Unterschiedliche organisatorische und personelle Regelungen führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Ich meine, wir als Land können etwas dazu beitragen, dass die positiven Beispiele aus bestimmten Kommunen anderen sehr transparent werden, sodass wir sie in ihren Bemühungen unterstützen können, eine höhere Rückholquote zu erzielen.

Wir sind uns in diesem Hause doch darin einig, worum es in keinem Fall gehen kann, nämlich nicht darum, dass wir Unterhaltspflichtige - in der Regel Männer

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

davon entlasten, ihren Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen. Daher steht die Frage der Zielerreichung im Vordergrund. Dazu haben wir eine sehr solide Ausgangsbeschreibung des Rechnungshofs, die es ermöglicht, zu einer höheren Rückflussquote im Land zu kommen. Diesem Ziel sollten wir uns verschreiben. Denn insgesamt muss die Moral der Unterhaltsverpflichteten eine andere werden. Mit dem Unterhaltsvorschussgesetz können wir nämlich nur einen Teil der materiellen Belastungen der Frauen und Familien abfangen. Deshalb muss eine andere Moral gegenüber denjenigen, die Frau und Kind im Stich lassen, insgesamt im Land herrschen. Ich wünsche mir, dass dies auch fraktionsübergreifend als Ziel verfolgt wird.

(Beifall bei der SPD)

Frau Körtner!

Frau Ministerin, vor dem Hintergrund Ihren Äußerungen hier und der ablehnenden Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände frage ich, die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände zitierend:

„Im Übrigen stößt die geplante Kostenverlagerungsabsicht des Landes auch auf verfassungsrechtliche Bedenken. Die Regelung über die Deckung der Kosten, die nicht einmal explizit im Gesetz steht, besteht hier darin, dass den Kommunen nahe gelegt wird, eine Rückholquote von 30 v. H. zu erreichen. Das ist im Ergebnis keine Regelung über die Deckung der Kosten, sondern eine fiktive Einnahmeerwartung zugunsten der Kommunen, die ohne nähere Betrachtung der tatsächlichen Gegebenheiten kalkulatorisch zugrunde gelegt worden ist. Eine solche Lösung dürfte mit den Aussagen, die der Niedersächsische Staatsgerichtshof in drei Urteilen zur Kostentragung im übertragenen Wirkungskreis getroffen hat, nicht in Einklang zu bringen sein.“,

mit welcher Begründung Sie diese Vorbehalte der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände ausräumen können.

(Beifall bei der CDU)

Das war die sprachliche Einschleifung eines langen Zitates innerhalb einer Frage, aber war gekonnt. Bitte schön, Frau Trauernicht!

Die von den kommunalen Spitzenverbänden vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken sind in meinem Haus geprüft worden. Wir teilen diese Bedenken nicht.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Im Kern hat der Staatsgerichtshof in seinen Entscheidungen ausdrücklich ausgeführt, dass keine 100-prozentige Kostenerstattung der Personal- und Zweckausgaben im übertragenen Wirkungskreis

erfolgen muss, sondern lediglich eine Kostendeckung.

(Anhaltende Unruhe)

Können die Vierergespräche ein bisschen leiser sein? - Jetzt fragt die Abgeordnete Vogelsang noch einmal.

Frau Ministerin, das von Ihnen vorhin zitierte Beispiel Lüchow-Dannenberg, wo eine sehr hohe Rückflussquote zu verzeichnen ist, macht für mich deutlich, dass es gerechtfertigt sein muss, aufgrund der strukturellen Unterschiede und auch aufgrund der Probleme beim Eintreiben von Rückzahlungen, die gerade in den Städten vorhanden sind, Übergangslösungen oder Staffelungen zu finden. Weshalb hat man darüber nicht nachgedacht, und ist man gewillt, es doch noch zu tun?

Frau Ministerin, haben Sie darüber nachgedacht?

Selbstverständlich, Herr Präsident. Ich hatte schon ausgeführt, dass es keinen kausalen Zusammenhang zwischen Strukturschwäche und Strukturstärke einer Region einerseits und der Rückflussquote andererseits gibt. Es besteht aber ein größeren Zusammenhang mit der Organisation, dem eingesetzten Personal und der Art der Arbeitsbewältigung.

Ein Faktor ist jedoch ganz entscheidend, und das ist die Frage: Ist bei den Männern wirklich etwas zu holen? Darüber brauchen wir nicht zu streiten, weil es dabei auch um die Höhe von Sozialhilfe etc. geht. Aber wir alle sind uns wohl darin einig, dass wir längst nicht alle Unterhaltsverpflichteten, bei denen noch etwas zu holen ist, erreicht haben, sodass erwogen wird, auch mit drastischen Mitteln, z. B. Führerscheinentzug und anderes, zu arbeiten, um das Ziel zu erreichen. Lassen Sie uns doch erst einmal gemeinsam diese Anstrengungen unternehmen. Wenn es bei einzelnen Kommunen trotz eines optimalen Einsatzes erhebliche Probleme gibt, dann, so meine ich, muss man miteinander ins Gespräch kommen.

Frau Pawelski!

Frau Ministerin, Sie reden hier von Prozenten. Ich hätte das gern ein bisschen griffiger, nämlich in Mark und Pfennig.

(Zuruf von Plaue [SPD])

Darum frage ich Sie: Was würde diese Regelung für die Landeshauptstadt Hannover bedeuten, die Ausgaben für das Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von mehr als 12 Millionen DM hat, aber nur 1,8 Millionen DM Einnahmen? Was würde das finanziell für die Stadt Hannover bedeuten?

(Plaue [SPD]: Das ist ein einfacher Dreisatz, Frau Kollegin! - Weitere Zu- rufe von der SPD)

- Verehrter Herr Kollege Plaue - -

Frau Pawelski, es ist eine Fragestunde, kein Geplänkel mit dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion.

(Weitere Zurufe von der SPD - Unru- he - Glocke des Präsidenten)

Sie können das ja auf dem Misburger Marktplatz aushandeln.

(Plaue [SPD]: Sie wohnt doch nicht mehr in Misburg!)

Frau Trauernicht, bitte!

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, es gehört nicht zu den Aufgaben der Landesregierung, dies auszurechnen, und wir gedenken auch nicht, in den Zuständigkeitsbereich der Landeshauptstadt Hannover einzugreifen.

(Zuruf von Frau Pawelski [CDU])

- Nein, das gehört nicht zu unseren Aufgaben.

(Frau Pawelski [CDU]: Sie belasten die Kommunen und wissen noch nicht einmal, womit!)

Frau Zachow!

Frau Ministerin, nachdem Sie ausgeführt haben, dass die Rückholquote wohl mehr von der Arbeitsbewältigung und vom Personal, aber nicht so sehr von der Struktur abhängig sei, frage ich Sie, ob sie angesichts der geringen Rückholquote in Wolfsburg glauben, dass das Jugendamt dort schlecht organisiert oder unterbesetzt ist, und ob die Sozialstruktur einer Großstadt dabei gar keine Rolle spielt.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin!

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, es liegt mir fern, mit solchen Hinweisen auf Fakten die Arbeit einzelner Jugendämter oder Städte zu bewerten. Darum geht es im Kern auch gar nicht. Vielmehr geht es darum, dass wir die Fakten zur Kenntnis nehmen und die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass die Unterhaltsverpflichteten zulasten des Staates nicht in der Weise herangezogen werden, wie dies möglich wäre. Das halte ich für einen untragbaren Zustand. Sie wissen selbst, dass das Land für den Unterhaltsvorschuss unglaublich viel Geld ausgibt. Es ist also unsere gemeinsame Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass diejenigen, die zum Unterhalt verpflichtet sind, auch tatsächlich ihren Beitrag leisten.

(Plaue [SPD]: Herr Rolfes, was sagen Sie dazu? Es kommt doch aus dem Finanzausschuss!)

Frau Abgeordnete Bührmann!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wundere mich schon ein bisschen über diese Debatte.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Man könnte glauben, es hätte keine Vordebatten über den Unterhaltsvorschuss gegeben.

Aber Sie hatten sich zu einer Frage gemeldet, Frau Abgeordnete.