(Rolfes [CDU]: Dann hätten wir heute nicht mehr darüber gesprochen! Dar- auf können Sie sich verlassen!)
Ich weiß ganz genau, was Sie gesagt hätten. Sie hätten uns hier nämlich vorgehalten, dass wir niedersächsisches Geld leichtfertig aufs Spiel gesetzt hätten. Deshalb will ich Ihnen, meine Damen und Herren, Folgendes sagen. Als ich in den Landtag kam, fing es damit an, dass die übrigen Bundesländer auf die Förderabgabe neidisch waren. Damals war unser finanzpolitischer Sprecher und stellvertretender Fraktionsvorsitzender Helmut Kasimier. Helmut Kasimier hat sich damals - ganz anders, als Sie es heute tun - an die Seite der damaligen Landesregierung Albrecht gestellt und hat gesagt: Dieses Land Niedersachsen braucht das Geld. Es ist ungerecht, es in den Finanzausgleich einzustellen. Wir brauchen es dringend, um unsere Infrastruktur zu verbessern. - Sie verfahren heute ganz anders.
Das ist das, was Herr Plaue und Herr Aller Ihnen vorgeworfen haben. Denken Sie mal daran: Es geht nicht nur um den kurzfristigen politischen Effekt, sondern es geht um das Wohl des Landes Niedersachsen. Das aber haben Sie hier vergessen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Darum beenden wir die Beratungen für heute. Morgen setzen wir die Beratungen ab 10.30 Uhr mit der Debatte über aus
Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung: Entwurf eines Landesvergabegesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drs. 14/2893
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Datum vom 5. März dieses Jahres hat die SPD-Landtagsfraktion zu diesem Thema einen Entschließungsantrag eingebracht. Ich sage gleich: mit einer etwas anderen Überschrift, jedoch mit dem im Wesentlichen gleichen Inhalt. An den Fakten hat sich nichts geändert, sodass es zwingend notwendig ist, ein Bundesvergabegesetz zu bekommen. Sowohl die Bauindustrie, meine Damen und Herren, als auch der Baugewerbeverband und die IG BAU fordern ein solches Gesetz ein.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal die Begründung verdeutlichen: Die Bauwirtschaft befindet sich konjunkturell bereits seit Jahren nicht nur in Niedersachsen in einer sehr angespannten Lage. Insbesondere der Wohnungsbau - speziell der Geschosswohnungsbau - ist hiervon außerordentlich stark betroffen. Wohnungsleerstände in großen Teilen Niedersachsens sind hierfür die Ursache. Daher müssen die Probleme der mittelständischen Bauwirtschaft gezielt angegangen werden.
Die wettbewerbsverzerrenden Wirkungen von illegaler Beschäftigung und Lohndumping sind seit langem bekannt. Erste Schritte zum Umsteuern hat Niedersachsen bereits sehr frühzeitig unternommen. Auf dem Erlasswege wurde die Tariftreue zur Bedingung für öffentliche Auftragsvergaben gemacht, damit ausgeschlossen wird, dass illegale Beschäftigung oder Lohndumping durch Auftragsvergaben des Landes oder der Kommunen gefördert werden. In jüngster Zeit hat die Landesregierung daneben auch Regelungen zur Bekämpfung von Korruption und Grundsätze zum Ausschluss unangemessen hoher oder niedriger Angebote getroffen. Neben der Verantwortung für die Rah
menbedingungen auf dem Bausektor ist dabei auch der Gedanke maßgebend, dass die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion hat.
Das am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Vergaberechtsänderungsgesetz hat nach langer Diskussion, die schließlich vor dem Vermittlungsausschuss endete, EU-Regelungen zum Vergabe- und Wettbewerbsrecht in deutsches Recht umgesetzt. Dieses Gesetz lässt sowohl bundes- als auch landesgesetzliche Regelungen zur weiteren Ausgestaltung des Vergaberechts zu. Während die meisten Länder wie auch Niedersachsen eine bundesgesetzliche Regelung erwartet haben und diese abwarten wollten, hatte die Bundesregierung zunächst noch Beratungsbedarf.
Meine Damen und Herren, erinnern Sie sich bitte daran, dass wir uns dann in der zweiten Beratung einvernehmlich unter den Fraktionen - ich betone: einvernehmlich unter den Fraktionen - darauf geeinigt haben, dass es von absoluter Notwendigkeit ist, ein bundeseinheitliches Vergabegesetz zu bekommen, damit sich mit dieser Thematik nicht 16 Bundesländer befassen müssen. Wir wissen ja, wie es dann an den Grenzen aussieht: Praktisch hält sich niemand daran, weil es keine vernünftige übergeordnete Gesetzgebung gibt.
- Danke, Flocki! - Das hat die Bundesregierung veranlasst, zu handeln. Ich sage hier einmal selbstbewusst: Wir Niedersachsen sollten an dieser Stelle deutlich unterstreichen, dass unsere Intervention, aber auch unsere Möglichkeiten, die wir in Berlin haben, dazu geführt haben, dass das Kabinett in Berlin nunmehr eine Entscheidung getroffen hat. Ich möchte das einmal zitieren. Es heißt dazu heute:
„Die Bundesregierung hat ein Vergabegesetz auf den Weg gebracht. Eine Entscheidung steht gegenwärtig noch aus“
Meine Damen und Herren, wie ich eben schon angekündigt habe: Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde am heutigen Tage vom Bundeskabinett beschlossen.
So weit, so gut. Damit könnten wir absolut zufrieden sein, würde es da nicht einen Wermutstropfen geben. Auch das werde ich hier erwähnen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte den Entwurf am Dienstag jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass die Neuregelung zu bürokratisch sei und Arbeitsplätze in Ostdeutschland vernichte. Verehrter Herr Hagenah, ich bin der Meinung, dass jetzt ihr Grünen hier im Landtag gefordert seid. Ihr habt das einvernehmlich mitgemacht. Ich erinnere mich noch sehr gut an Ihre Reden hierzu, in denen Sie ausgeführt haben, wie wichtig es für Sie ist, dass wir gerade auf diesem Sektor wieder Recht und Ordnung bekommen. Jetzt fordern Sie das bitteschön auch bei Ihren Leuten in Berlin ein. Ich gehe davon aus und erwarte, dass Ihnen das gelingen wird. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, dass wir es hinkriegen. Es kann ja nicht verkehrt sein, wenn noch einmal über eine mit möglichst wenig Bürokratie verbundene Umsetzung des Bundesvergabegesetzes nachgedacht wird.
Wenn dies dann möglicherweise dazu beiträgt, dass das Gesetz besser wird, mag eine zusätzliche Runde im Finanzausschuss dem Gesetz am Ende möglicherweise sogar noch zugute kommen.
Ich weise auf gemeinsame Erklärungen beider Fraktionen und Fraktionsvorsitzenden im Bund hin, dass sie dieses Vergabegesetz wollen. Ich glaube, es kann hier kein Zweifel daran bestehen, dass dies auch gemeinsam durchgetragen wird. Letztendlich warten wir als Grüne in Niedersachsen schon seit zwei Jahren darauf, dass die Fraktionen auf unseren Antrag, den wir damals eingebracht haben, endlich anspringen. Ich bin froh darüber, dass wir heute den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion endlich auf dem Tisch haben, auch wenn er aus unserem damaligen umfänglichen Antrag, mit dem u. a. ein Vergabegesetz gefordert worden ist, nur den ersten entscheidenden Punkt aufgreift. Die anderen Punkte sind noch abzuarbeiten.
Zwar sind die öffentlichen Auftraggeber auch schon heute gesetzlich verpflichtet, alles dafür zu tun, dass ihre Aufträge in ordentlicher Weise abgewickelt und nur von nach Tarifvertrag bezahlten Arbeitnehmern ausgeführt werden. Wir alle wissen aber, dass die Realität leider anders aussieht. Deshalb müssen wir dem, was schon gesetzlich verankert ist, durch ein Stück mehr Bürokratie Nachdruck verleihen. - Nun gut, wenn es letztendlich hilft, dann muss das auch sein.
Ich will allerdings nicht unerwähnt lassen, dass wir auf diesen Gesetzentwurf in Niedersachsen auch schon kritische Reaktionen erhalten haben. Ausgerechnet der Städte- und Gemeindebund hat sich eine Stellungnahme aus Der Steuerzahler zu Eigen gemacht, nach der den öffentlichen Haushalten durch das Gesetz, dessen Entwurf wir heute beraten, eine Kostenexplosion droht; damit würde, so heißt es, die sparsame und wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Gelder ausgehebelt.
Meine Damen und Herren, diese Stellungnahme verkehrt die Realität nun wirklich ins Gegenteil. Wir wollen doch gerade erreichen, dass die kommunalen Haushalte durch eine ordentliche Abgabe steuerzahlender Firmen wieder an den Steuerfluss angeschlossen werden. Das kommt auch ihnen zugute. Aber offensichtlich müssen wir ihnen durch ein Landesvergabegesetz ein Stück weit zu ihrem Glück verhelfen.
Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung haben sich immer weiter ausgedehnt. Davor verschließen die öffentlichen Auftraggeber bisher leider zu sehr die Augen. Dieses Problem wird aber auch durch das Vergabegesetz nicht gelöst. Hier ist noch eine ganze Menge aufzuarbeiten. Zum Beispiel, Herr Wolf, müssen Schwarzarbeitsbußgelder, wenn sie im Berufungs- bzw. Widerspruchsverfahren bestätigt werden, auch den Kommunen anteilig zugute kommen. Solange das nicht der Fall ist, werden die Kommunen - obwohl das ihre Aufgabe ist - die Schwarzarbeit nur sehr zögerlich verfolgen. Die Profis in diesem Geschäft gehen jedenfalls immer in die Berufung, und wenn das Bußgeld nachher verhängt wird, hat allein das Land einen Vorteil davon.
Das Problem ist also, dass den Kommunen ihr Engagement bei der Kontrolle letztendlich nichts einbringt.
Das müssen wir unbedingt ändern, allerdings nicht über das Vergabegesetz. Wir hatten diesen Punkt und auch andere Punkte, die wir noch abarbeiten müssen, in unserem Antrag angesprochen. Dazu gehört auch mehr Kontrolle auf dem Bau. Weil diese bisher nur bei begründetem Verdacht möglich ist, sind den Behörden häufig die Hände gebunden. Auch das ist eine bürokratische Hürde, die dringend beseitigt werden muss; denn die Lebenserfahrung zeigt, dass es besser ist, auch ohne Verdacht häufiger zu gucken. Das schreckt ab, führt insgesamt zu mehr Rechtstreue und trägt damit auch dazu bei, dass mehr ordentliche Arbeitsverhältnisse geschaffen werden.
Auch das Problem der Beauftragung von Generalübernehmern bedarf in Zukunft einer Lösung, etwa in Form der Trennung von Planung und Ausführung, zumindest bei größeren Bauvorhaben. Diesbezüglich haben die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD dem Architektenverband bei einer Podiumsdiskussionen schon Zusagen gemacht. Politische Initiativen sind diesen allerdings noch nicht gefolgt. Ich frage Herrn Plaue und Herrn Wulff - auch in Abwesenheit -, wann sie denn kommen. Wir werden jedenfalls initiativ werden und hoffen dabei auf die Unterstützung der anderen Fraktionen. Diese Lösung sichert Beschäftigung und hält trotzdem die Kosten des öffentlichen Auftrags in einem überschaubaren Rahmen. Durch Gutachten und durch Praxisbeispiele ist belegt,
dass dadurch keine Kostensteigerung erfolgt, sondern eine Kostensicherheit hergestellt wird. Die Kostensicherheit ist bei Generalübernehmern häufig leider nur allzu trügerisch; die Nachträge kommen dann meistens im Verlauf des Bauvorhabens.
Letztlich muss unser Ziel sein - ich fordere die anderen Fraktionen auf, dem zu folgen -, bei jeglicher öffentlicher Förderung - bis hinunter zur Eigenheimzulage - darauf zu achten, dass das, was gefördert wird, anschließend auch mit ordentlichen Rechnungen belegt wird. Hier wird zwar immer vor zu viel Bürokratie gewarnt, aber ich meine, dass das die notwendige Konsequenz ist: Wenn der Staat privaten Investitionen auf die Beine hilft und sie fördert, muss er auch erwarten können, dass sich die Privaten gesetzes- und steuerkonform verhalten. In dieser Frage vermisse ich allerdings das Engagement der anderen Fraktionen. Wir werden auch dazu Vorschläge vorlegen und um Ihre Zustimmung bitten. Erst dann wird das Vergabegesetz seine Wirkung entfalten; denn ein Vergabegesetz allein reicht noch längst nicht aus, die Krise am Bau in Niedersachsen zu beheben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wolf, ich bin Ihnen dankbar für den sehr sachlichen Einstieg in das Thema. Sie haben den sonst üblichen Punkt 1, nämlich das Lob und die Heiligsprechung der Landesregierung, unterlassen. Daher will auch ich bewusst sachlich in das Thema einsteigen.
Ich sage ausdrücklich - weil Sie es auch betont haben -: Der von der SPD-Fraktion vorgelegte Gesetzentwurf geht in die auch von uns gewollte Richtung. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion der CDU haben ähnliche Formulierungen auf den Weg gebracht. Der Teufel steckt allerdings wie immer im Detail! Deshalb werden wir den Gesetzentwurf ausführlich beraten müssen.