Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Adam.

(Zuruf von der CDU: Jetzt kommt‘s!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den Bereichen Innen- und Rechtspolitik - zu beiden Bereiche möchte ich kurze Ausführungen machen - reden wir über zwei Bereiche, die ganz wesentlich elementare politische und gesellschaftliche Aufgaben abdecken: den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Straftaten zu gewährleisten, die Ängste unserer Mitmenschen vor Kriminalität und Gewalt ernst zu nehmen und ihnen mit wirksamen Maßnahmen zu begegnen. Alles das zusammen, meine Damen und Herren, bedeutet, Lebensqualität zu schaffen.

Niedersachsen ist auch nach den Ereignissen des 11. September ein sicheres Land, in dem sich alle Bürgerinnen und Bürger wohl fühlen können. Vor allem die konsequent hohe Aufklärungsquote bei den Straftaten zeigt, dass sich die niedersächsische Polizei den aktuellen Anforderungen stellt und dafür gut gerüstet ist.

Durch die Terroranschläge in den USA vom 11. September ist die Notwendigkeit deutlich geworden, kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen zur möglichst frühzeitigen und effektiven Bekämpfung extremistischer, religiös-fanatischer und verfassungsfeindlicher Bewegungen zu ergreifen. Deshalb haben wir im vorliegenden Haushalt die Grundlagen dafür gelegt, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen - dies auch in Anbetracht der tief greifenden weltpolitischen Veränderung - weiterhin wohl fühlen können. Wir setzen damit ein deutliches Signal, dass auch in Zeiten knapper Kassen in Niedersachsen an der inneren Sicherheit nicht gespart wird.

Die Gesamtausgaben allein für die niedersächsische Polizei liegen 2002 bei 1,92 Milliarden DM. Das ist eine Steigerung um 6,5 % im Vergleich zum letzten Jahr.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Im Vergleich zu 1990 reden wir sogar von einer Steigerung um weit über 50 %.

Meine Damen und Herren, natürlich gehen wir nicht mit dem Füllhorn durch die Lande. Hinter all diesen Summen stehen konkrete Maßnahmen. Dazu gehören ganz zentral die von uns geschaffenen Rahmenbedingungen für eine höhere Präsenz von Polizei und Verfassungsschutz in Niedersachsen. Dazu gehören auch die zusätzlich erforderlichen Stellen.

(Zuruf von Frau Vockert [CDU])

- Frau Vockert, vielleicht schaffen wir es, uns seriös mit diesem Thema auseinander zu setzen. - Dazu gehören auch die erforderlichen zusätzlichen Stellen in der Staatsanwaltschaft und in der Finanzverwaltung. Dazu gehört nicht zuletzt unser Signal, die Landesmittel für den Katastrophenschutz auf dem Niveau des laufenden Haushaltsjahres zu halten.

Zur Erhöhung der polizeilichen Präsenz und zur Stärkung des Netzwerks innere Sicherheit schaffen wir 500 neue Stellen im Polizeibereich.

(Zuruf von der CDU: Wir haben euch doch vorgerechnet, dass es keine neu- en Stellen sind!)

- Es ist immer ganz toll, wie ihr rechnet. Ihr solltet wieder in die Schule gehen, um rechnen zu lernen.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Aber nicht in Niedersachsen!)

Darüber hinaus werden wir zur Erhöhung der Qualität von Polizei und polizeilichem Staatsschutz insgesamt 500 Stellen anheben, davon 477 von der Besoldungsgruppe A 10 nach A 11 und 23 von A 9 nach A 10. Für die Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens hat dies ganz konkrete Auswirkungen; denn wir wollen dafür sorgen, dass wieder mehr Polizei auf die Straße kommt.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

Auch den polizeilichen Staatsschutz verstärken wir um Stellen und entsprechende Mittel. Die Deckung all dieser zusätzlichen Mittel erfolgt aus den Einzelplänen 03 und 13. Wir legen Wert darauf, dass unsere Maßnahmen seriös finanziert werden und wir keine Scheinfinanzierungen haben.

(Zuruf von der SPD: Das ist Solidi- tät!)

Mit der Aufzählung unseres Maßnahmenpakets bin ich noch lange nicht am Ende. Als Folge der Terroranschläge verstärken wir den Verfassungsschutz. Wir werden dafür sorgen, dass die Stellen besetzt werden. Bei Ihren Vorschlägen, Kolleginnen und Kollegen von der CDU - u. a. wollen Sie kurzfristig 50 und mittelfristig sogar 100 neue Stellen für den Verfassungsschutz schaffen -, fehlt - man ist versucht zu sagen: wie üblich - nicht nur jede solide Finanzierung. Ihren Gedankengängen kann auch nicht gefolgt werden; das wissen Sie durch die Informationen, die wir in den entsprechenden Ausschüssen bekommen haben, ganz genau.

(Biallas [CDU]: Was? Nur weil ihr nicht mitkommt?)

- Leider sind Sie nicht in dem Ausschuss, in dem wir solche Informationen bekommen. Aber, Herr Biallas, vielleicht erkundigen Sie sich, wenn es Ihnen wieder besser geht, einmal bei Herrn Jahn. Er hat mehr Informationen.

(Zuruf von Jahn [CDU])

Zudem fordert die CDU-Fraktion den Einsatz der Wachpolizei und des freiwilligen Polizeidienstes. Schwarze Sheriffs lehnen wir ab! Die wollen wir nicht auf den Straßen haben.

(Beifall bei der SPD)

Bei den Staatsanwaltschaften richten wir 60 zusätzliche Stellen ein. Zum einen sollen sie Entlastung schaffen, weil die von uns bewirkte Verbesserung bei der Polizei seit Jahren zu steigenden Aufklärungsquoten geführt hat, sodass die Staatsanwaltschaften folgerichtig insgesamt steigende Verfahrenszahlen zu verzeichnen haben. Die Stärkung der Staatsanwaltschaften dient zum anderen aber auch der Stärkung der Terrorismusabwehr, weil auch in diesem Bereich zusätzliche Aufgaben auf die Staatsanwaltschaften zukommen.

Das Haushaltsvolumen für die Stellen beim Justizministerium beläuft sich für das Haushaltsjahr 2002 auf rund 5,2 Millionen DM. Die zusätzlich geschaffenen Stellen werden, soweit sie sich nicht selbst tragen, aus der Zinsersparnis bei der Tilgung des Fonds „Deutsche Einheit“ finanziert.

Wir wollen auch 50 neue Anwärterstellen in der Finanzverwaltung einrichten. Weitere zehn Stellen für bereits ausgebildete Finanzbeamte richten wir im Vorgriff mit Blick auf die Antiterrorpakete des Bundes ein. Das Haushaltsvolumen für die Stellen beläuft sich im Jahre 2002 auf 2,5 Millionen DM. Wir können allerdings mit gutem Grund davon ausgehen, dass sich diese Stellen selbst finanzieren werden. Denn natürlich ist im Zuge einer Lockerung des Bankgeheimnisses damit zu rechnen, dass mehr Straftatbestände aufgedeckt werden. Das wollen wir auch; denn wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten.

(Zurufe von der CDU)

- Ich finde es sehr interessant, dass bei diesem gravierenden und sehr sensiblen Thema Zwischenrufe von der rechten Seite des Hauses kommen.

Landesregierung und SPD-Fraktion haben durch große gemeinsame Anstrengungen dafür gesorgt, dass die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, den hohen Standard der inneren Sicherheit in Niedersachsen weiter zu festigen. Dadurch wird Niedersachsen weiterhin hervorragend in der Lage sein, das Recht der Bürger auf Sicherheit und Schutz vor Kriminalität zu gewährleisten. Wir stehen an der Seite des Innenministers und werden seinem Haushalt und seiner Politik folgen.

(Unruhe bei der CDU)

Ich weiß genau, meine Damen und Herren, wie Ihre Reden hier sind. Sie hauen auf Heiner Bartling ein, um anschließend zu ihm zu gehen und zu sagen: Heiner, mach so weiter, wir stehen hinter dir.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

Herr Kollege Biallas, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Schünemann hat schon ausgeführt, wie es um die Polizeidichte in Niedersachsen bestellt ist. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich das Gefälle zwischen Stadt und Land bei der Polizeidichte so darstellt, dass die Polizeidichte in einigen Gegenden im ländlichen Raum nur noch etwa 1 : 800 beträgt. Das ist das eigentliche Problem, über das der Kollege Adam fröhlich hinweggesehen hat.

(Dr. Schultze [SPD]: Wie ist denn da die Aufklärungsrate?)

Dieser Zustand ist die Ursache dafür, dass das Unsicherheitsgefühl bei den Bürgern in Niedersachsen dramatisch gestiegen ist. Die Bürger machen sich zu Recht Sorgen um ihre Sicherheit; denn gerade im ländlichen Raum dauert es inzwischen unendlich lange, bis die Polizei, wenn sie gerufen wird, tatsächlich dort ist, wo man sie braucht. Deswegen werden wir es auch nicht hinnehmen, dass permanent das so genannte subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen gegen das so genannte objektive Sicherheitsgefühl ausgespielt wird. Innere Sicherheit in Niedersachsen ist unteilbar!

(Beifall bei der CDU)

Wir nehmen es nicht länger hin, dass die Dienststärke in vielen Polizeidienststellen nicht selten weit mehr als 10 % unter dem von Ihnen, Herr Minister, selbst errechneten Soll liegt. Da sind wir inzwischen gelandet. Es ist kein Wunder, dass allein dadurch inzwischen eine unerträglich hohe Zahl an Überstunden aufgelaufen ist. Herr Kollege Adam, in mancher Polizeiinspektion hat sich die Zahl der Überstunden auf 20 000 angehäuft. Nach

zuverlässiger Schätzung sind es landesweit im Polizeibereich mehr als 1 Million Überstunden.

(Ontijd [CDU]: Unglaublich!)

Um diese Überstunden durch Freizeit auszugleichen - damit wir wissen, worüber wir reden -, müssten Sie, Herr Minister, 1 000 Beamtinnen und Beamte ein Jahr lang in Urlaub schicken. So weit sind wir mit der inneren Sicherheit in Niedersachsen inzwischen gekommen!

(Beifall bei der CDU)

In der Tat brauchen wir mehr Beamtinnen und Beamte, damit der Dienst getan werden kann. Angesichts dessen ist es ein Schlag ins Gesicht aller Polizeibeamtinnen und Beamten, dass der Kollege Plaue gestern ausgeführt hat - das ist im Protokoll nachzulesen -, wer sich heute hinstelle und fordere, im Landeshaushalt mehr Personal zur Verfügung zu stellen, der sei schlicht reaktionär. Das ist eine Unverschämtheit gegenüber den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in unserem Lande!

(Beifall bei der CDU)

Nun kann der Innenminister sagen, die Überstunden könnten auch mit Bargeld ausgeglichen werden; sie könnten ausgezahlt werden. Das ist, wenn man genau hinsieht, ein Unterfangen, das in der Polizei verständlicherweise größtes Missfallen auslöst; denn eine Überstunde im Polizeidienst wird bei den normalen Beamtenrängen mit sage und schreibe 12 DM netto vergütet. Das zahlt der Innenminister den Polizeibeamten, die tagtäglich ihren schweren Dienst versehen.

(Frau Pawelski [CDU]: Oh! - Ontijd [CDU]: Das ist ein Hungerlohn! - Wegner [SPD]: Die kriegen aber ein normales schönes Gehalt!)

Ich weiß, dass man nicht mehr Personal fordern kann, wenn man nicht auch überlegt, wo man einsparen kann. Wir haben im Innenausschuss darüber gesprochen. Es gibt sehr ernst zu nehmende Vorschläge des Landesrechnungshofs dazu, wie man im Innenbereich einsparen kann. Ich erinnere an unsere Forderung, dass das Innenministerium jeden einzelnen Vorschlag prüft und uns mitteilt, was man damit machen kann, ob man das umsetzen kann oder nicht. Ich muss der Landesregierung einfach vorhalten, dass sie das nicht mehr rechtzeitig gemacht hat, sodass wir diesen wichtigen Beitrag des Landesrechnungshofs nicht in diesen

Haushaltsplanentwurf haben einarbeiten können. Das ist außerordentlich bedauerlich. Wir akzeptieren nicht, dass man heute herumjammert und sagt: Wir wissen ja nicht, wo wir sparen sollen. - Das sind die Dinge, die Sie selbst vernachlässigt haben, Herr Minister. Dafür tragen Sie die Verantwortung.