Protokoll der Sitzung vom 14.12.2001

2002 dahin gehend überprüft werden, ob und inwieweit Kostensteigerungen im Personal- und Sachkostenbereich eine Anpassung der geltenden Gebühren erfordern. Das ist eine Notwendigkeit, die wir uns nicht einfach ausgedacht haben, sondern die sich aus dem Niedersächsischen Verwaltungskostengesetz ergibt. Denn Gebühren sind kostendeckend zu erheben, und geltende Gebührenregelungen sind fortlaufend auf Vollständigkeit zu überprüfen.

Eine solche Überprüfung der Allgemeinen Gebührenordnung hat letztmalig 1996 stattgefunden. Seitdem hat es eine Kostensteigerung im Personalund Sachkostenbereich von ca. 14 % gegeben - so der Stand 2001 -, ohne dass die Gebührensätze geändert wurden. Es ist also durchaus notwendig,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

für das Jahr 2002 eine neue, umfassende Überprüfung vorzunehmen.

Außerdem - das gerade hinsichtlich der letzten Reden - beziehen sich einige Gebührenregelungen auch auf Amtshandlungen der Gebietskörperschaften im Rahmen des übertragenen Wirkungskreises. Auch da sind wir in der Pflicht, den Kommunen mit der Erhebung kostendeckender Gebühren eine ausreichende Refinanzierung der übertragenen Aufgaben zu ermöglichen. Denn gerade Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wären wiederum die Ersten, die eine nicht ausreichende Refinanzierung kritisieren würden.

Ich frage Sie außerdem: Wie vereinbart sich Ihr Antrag mit dem Beschluss Ihres eigenen Parteitages, in dem Sie fordern - Beschluss F 3 -, das kommunale Mehrwertsteuerprivileg abzuschaffen? - Also Widersprüche in allen Bereichen!

Meine Damen und Herren, wir haben mit unserem Antrag an die Adresse der Bundesregierung gerichtet u. a. gefordert, dass neue oder höhere Belastungen für das Land und die Kommunen nicht mehr stattfinden dürfen. Mit den Haushalten 2001, 2002 und 2003 waren und sind die Auswirkungen des Steuersenkungsgesetzes umzusetzen, die Arbeitnehmer und Unternehmen um 23 bis 32 Millionen Euro entlasten und somit einen erheblichen Beitrag zur Stützung des privaten Verbrauchs und der Konjunktur insgesamt leisten.

Inzwischen sind weitere Steuererleichterungen wie das Altersvermögensgesetz, die Entfernungspauschale, Erhöhung des Kindergeldes gesetzgebe

risch umgesetzt worden. Landes- und Kommunalhaushalte sind damit bis an die Grenze der Belastbarkeit gefordert. Aber alle diese Maßnahmen dienen, wie Sie es fordern, der Stärkung der Binnenkonjunktur.

Ausgerechnet in dieser Situation fordert die CDUFraktion ein Vorziehen der weiteren Stufen der Steuerreform mit weiteren und nicht mehr zu verkraftenden Belastungen für das Land und die Kommunen. Wie verträgt sich diese Forderung mit diesem Antrag? - Sie wollen, dass die nächste Stufe der Ökosteuer ausgesetzt wird. Aber gerade die Ökosteuer dient zielgerichtet der Entlastung der Sozialversicherung. Der Faktor Arbeit wird durch die Senkung der Rentenversicherungsbeiträge entlastet.

Wir waren uns alle einig, dass die Lohnnebenkosten, die unter der Regie der CDU-Regierung extrem gestiegen sind, als ein Baustein von Anreizen zur Schaffung von Arbeitsplätzen gesenkt werden müssen. Sie müssen sich also schon entscheiden, was Sie eigentlich wollen.

(Beifall bei der SPD)

Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bestätigt im Übrigen die überwiegend positiven Effekte der ökologischen Steuerreform. Der Einfluss auf das Wirtschaftswachstum sei gering, die Beschäftigung nehme zu, der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen nähmen ab, so die Aussagen in der Studie. Die Rückwirkungen auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum fielen gering aus und würden durchschnittlich weniger als 0,1 % betragen.

Zur Erhöhung der Tabak- und Versicherungssteuer ist, meine ich, gestern im Rahmen der Haushaltsberatung ausführlich von Herrn Minister Aller Stellung bezogen worden. Wir alle fordern für innere und äußere Sicherheit verstärkte Anstrengungen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Gerade Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, missbrauchen doch dieses Thema immer wieder zu Wahlkampfzwecken.

(Beifall bei der SPD)

Zum Nulltarif ist das nun einmal nicht zu bekommen! In Ihrem Antrag findet sich aber nicht der kleinste Hinweis, auch nicht mit verbesserten kriminalistischen Untersuchungsmethoden, wie denn alle geforderten Maßnahmen finanziert werden können. Wie immer bleiben Sie Ihre Antwort

schuldig. Aus diesem Grunde sind wir sehr gespannt, wie Sie im Haushaltsausschuss bei der Beratung die vielen Ungereimheiten, Widersprüche und offenen Fragen aufklären werden.

(Wegner [SPD]: Da kommt gar nichts! Das weiß ich jetzt schon!)

Wir werden diesen Antrag nicht mitmachen und lehnen ihn ab.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Golibrzuch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU-Fraktion krankt daran, dass er die unterschiedlichen Funktionen von Steuern und Abgaben nicht in vernünftiger Weise austariert. Die Steuer- und Abgabensetzung hat auf der einen Seite die Funktion, Lenkungsinstrument zu sein und auch für Investitionsanreize in den Unternehmen und Kaufanreize bei privaten Haushalten zu sorgen. Auf der anderen Seite hat sie - das ist vielleicht noch viel wichtiger - auch die Funktion, die staatlichen Einnahmen zu sichern, weil wir das Geld, das wir vereinnahmen, zur Finanzierung von Lehrern, Polizisten oder eben auch der Rente brauchen. Deswegen kann man nicht einfach schlankweg, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern, verlangen, dass die nächste Stufe der Ökosteuer wegfällt, wenn Sie nichts dazu sagen, wie die Rentenversicherungsbeiträge stabil gehalten werden sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie fordern in Ihrem Antrag die Wahrung der Aufkommensneutralität bei der Steuergesetzgebung. Das ist nicht möglich, weil Sie in Ihren zahllosen Anträgen immer das Gegenteil beweisen. Aufkommensneutralität würde bedeuten, dass z. B. eine weitere Absenkung der Steuersätze und der von Ihnen gewünschte Investitionsanreiz - Sie führen das in der Begründung lang und breit aus etwa durch eine Verschlechterung von Abschreibungsmöglichkeiten kompensiert werden müsste, denn das Prinzip der Aufkommensneutralität ist: linke Tasche - rechte Tasche. Wir können dann nur noch darüber reden, wen wir belasten, aber nicht darüber, dass wir auf diese staatlichen Einnahmen verzichten.

Aus diesem Grunde glaube ich, dass das wenig sachgerecht ist und dass das Problem, über das wir uns ernsthaft unterhalten müssen, ein anderes ist. Das Problem besteht darin, dass sich in den letzten zwei bis drei Jahren - meinethalben mit der Verabschiedung der Steuerreform der rot-grünen Bundesregierung - die Einnahmeentwicklung zwischen dem Bund auf der einen und Länder und Gemeinden auf der anderen Seite sehr stark auseinander bewegt hat.

Die Zahlen für das Jahr 2000, die die einzigen sind, die vollständig vorliegen, zeigen eine Einnahmeentwicklung bei den reinen Bundessteuern, die einen Zuwachs von 4,5 % ausweist. Auf der anderen Seite zeigt sich bei den reinen Länder- und Kommunalsteuern ein Einnahmerückgang von 5,7 %. Das kann man erklären; Sie kennen doch die einzelnen Maßnahmen. Nachdem es nicht gelungen ist, eine verfassungsgemäße Neufassung der Vermögensteuer zu verabschieden, ist damals beschlossen worden, dass die private Vermögensteuer ausläuft. Das Geld fehlt den Ländern.

Zur Kompensation wurde vorgeschlagen, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Dies wurde vom Bundestag und auch vom Bundesrat dann auch beschlossen. Wir stellen nun auch bei den IstAnsätzen des Haushalts fest, dass die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer in absoluten Zahlen rückläufig sind. Das ist ein Problem, das etwas mit der Situation am Immobilienmarkt zu tun hat. Das kann man doch nicht ignorieren.

Gestern hatten wir eine Diskussion über die Erbschaftsteuer. Es ist nicht neu, dass es auch in diesem Zusammenhang ein verfassungsrechtliches Risiko gibt. Deswegen war es richtig - Herr Endlein nickt -, dass das Finanzministerium im März den Vorstoß unternommen hat, eine Neubewertung des Immobilienvermögens zu erreichen, um auch in diesem Bereich die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Es ist völlig unstrittig, dass wir eine Gleichheit der Besteuerung von Kapital- und Grundbesitz brauchen und deshalb beim Immobilienbesitz nicht mit den alten Einheitswerten arbeiten können.

Das hat der Ministerpräsident seinerzeit vermasselt. Niedersachsen musste diesen Antrag zurückziehen. Seit einigen Tagen liegt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vor. Jetzt wird es schleunigst Zeit, diese Vorgaben zur Erbschaftsteuer umzusetzen, weil ihr sonst das gleiche Schicksal wie der privaten Vermögensteuer drohen könnte,

dass sie nämlich ausläuft und dass den Ländern die entsprechenden Einnahmen verloren gehen.

Wenn man sich diesem Problemfeld Steuergesetzgebung und Abgabensetzung also ernsthaft nähern wollte, müsste man darüber reden, wie die staatlichen Einnahmen gerade auch bei Ländern und Kommunen konsolidiert werden können. Ich habe gesagt, warum wir in diesem Bereich ein größeres Problem als der Bund haben. Im Übrigen hat der Bund in seinem Haushalt eine weitaus geringere Personalkostenquote und hat auch in ganz anderer Weise die Möglichkeit, seine Defizite durch Privatisierungserlöse abzudecken. Das Land kann das in dieser Form nicht.

Deswegen - damit gehe ich kurz auf den zweiten Aspekt Ihres Antrages ein - müssen wir auf der einen Seite die Einnahmen konsolidieren und können auf der anderen Seite gerne darüber reden, wie wir der Wirtschaft zusätzlich, ohne Mitnahmeeffekte zu produzieren, noch Gutes tun können, um in dieser konjunkturellen Abschwungphase nach Möglichkeit trotzdem einen Beschäftigungseffekt zu erzielen. Gerade weil in solchen Zeiten die Liquidität knapp wird, gehört dazu, dass man mit Bürgschaften hilft. Dazu gehört sicherlich auch, dass man zusätzliches Beteiligungskapital bereitstellt. Die Erfahrung früherer Rezessionen zeigt, dass es für die Unternehmen richtig problematisch wird, wenn die nächste Aufschwungphase kommt, weil ihnen dann die Liquidität fehlt.

Zu all diesen Fragen sagen Sie in Ihrem Antrag leider nichts. Wenn Sie eine sofortige Abstimmung wünschen, gibt es für uns deswegen keine Alternative zur Ablehnung des Antrags. - Frohe Weihnachten!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Minister Aller.

Ich bin dem Kollegen Golibrzuch sehr dankbar, dass er in dieser sehr sachlichen Art wichtige Wahrheiten für die steuerpolitische Debatte gesagt hat. Ich hoffe, dass Herr Althusmann es nachliest, wenn es dann im Protokoll steht.

Wenn ich es könnte, wäre ich auch dafür, sofortige Abstimmung zu beantragen. Das ersparte der CDU-Fraktion nämlich die kritische Auseinander

setzung mit dem Papier, das sie vorgelegt hat und das - wie meine Kollegin Stief-Kreihe deutlich gemacht hat - in sich völlig widersprüchlich ist. Ich will das anhand weniger Punkte deutlich machen.

Die CDU-Fraktion fordert die Absenkung der Nettokreditaufnahme. Gleichzeitig verhindert sie den vernünftigen Mittelzufluss auf der Einnahmeseite für die drei staatlichen Ebenen. Sie ist für Gerechtigkeit - jedenfalls verbal -, sagt im gleichen Moment aber, die Bekämpfung der Steuerkriminalität und der Steuerhinterziehung wolle sie möglichst nicht per Gesetz geregelt haben. In den Landeshaushalt sind 91 Millionen DM eingestellt, die ausdrücklich aus dem Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz herrühren. Das möchte die CDUFraktion offensichtlich nicht. Das kann doch nicht wahr sein! Aber so steht es in der Begründung.

Dann sagen Sie, die Abgaben für Sozialleistungen dürften nicht erhöht werden, aber die Ökosteuer müsse weg. Wenn ich die Ökosteuer aus dem Zuflussprinzip Bundeshaushalt herausnehme, dann ist es eine zweckgebundene Steuer, die zur Verstärkung der Rentenkasse führt. Ich müsste die Abgaben also erhöhen. Würde ich die Ökosteuer streichen und durch Steuermittel ersetzen, müsste ich die Nettokreditaufnahme erhöhen.

Herr Althusmann, dieses Wechselspiel und diesen Zusammenhang haben Sie völlig außer Acht gelassen. Damit deklassiert sich auch Ihr Papier zu dem, was es ist. Sie haben opportunistisch jeden gut klingenden Satz hinter den anderen geschrieben und meinen, das sei ein Gesamtkonzept. Das ist es eben nicht. Wenn Sie dem Haushalt, den wir heute verabschiedet haben, auch zugestimmt hätten, hätten Sie an der zentralen Stelle, um die es geht, einen konstruktiven Beitrag geleistet.

(Beifall bei der SPD)

Zusammen mit Ihnen hätten wir 45 Milliarden DM als das Anschubprogramm für Niedersachsen auf den Weg gebracht. Wir hätten gemeinsam durch die Investitionen, die wir bewegen, Arbeit und Nachfrage in Niedersachsen vorangebracht. Damit hätten wir gemeinsam die Steuer- und Finanzkraft gestärkt und hätten das Ziel, das Sie möglicherweise richtig beschrieben haben, erreichen können.

Vor diesem Hintergrund kann ich nur empfehlen, diesen Antrag nicht einmal zur Kenntnis zu nehmen, sondern ad acta zu legen. Der Antragsteller sollte die sofortige Abstimmung beantragen. Dann

würde wenigstens nicht zusätzliche, unnötige Arbeit verursacht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache zu diesem Antrag.

Dem Wunsch des Herrn Finanzminister und des Herrn Golibrzuch ist die CDU-Fraktion nicht gefolgt. Es gibt keinen Antrag auf sofortige Abstimmung. Ich schlage Ihnen - wie im Ältestenrat vereinbart - deshalb vor, den Antrag zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen sowie zur Mitberatung an die Ausschüsse für Wirtschaft und Verkehr und für Sozial- und Gesundheitswesen zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist dann so beschlossen.

Meine Damen und Herren, am Ende der Beratung darf ich mich sehr herzlich für Ihre Mitarbeit bedanken. Ich glaube, ich spreche in Ihrem Namen, wenn sich unser gemeinsamer Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung

(Beifall im ganzen Hause)

und an die Damen und Herren des Stenografischen Dienstes richtet.