Protokoll der Sitzung vom 24.01.2002

Ich verweise auf Differenzierungen wie Kleinerzeugerregelungen, die hier Abhilfe schaffen können. Nicht zuletzt verweise ich natürlich auf die Beispiele Frankreich und Italien, wo traditionelle, an die Region gebundene Verfahren vorbildlich geschützt werden. - Damit ich keinen Ärger mit den Tierschützern bekomme, will ich auch gerne noch anfügen, dass man darüber nachdenken kann, ob dieser Schutz bis zur gestopften Gänseleber gehen muss. Aber schlimmer als eine hundertprozentig sichere hygienische McDonald's-Einheitsnahrung finde ich diese Vorstellung auch nicht.

Deswegen wünsche ich mir, dass die Einrichtung eines solchen Qualitätssicherungssystems weder zum Ziel noch zum Ergebnis hat - dazwischen muss man ja manchmal durchaus unterscheiden -, alle diese Dinge unmöglich zu machen, sondern vielmehr versucht, alles unter einen Hut zu bringen. - Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Seine Sicht der Dinge möchte uns nun Herr Minister Bartels vermitteln.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube wirklich, dass das Thema, das wir gerade diskutieren, kein Streitthema zwischen uns hier im Parlament sein müsste.

(Frau Hansen [CDU]: Muss es auch nicht! - Oestmann [CDU]: Bis auf Herrn Klein ist es das auch nicht!)

Denn die Erfahrungen, die wir gemeinsam gerade in den letzten eineinhalb Jahren gemacht haben, zeigen uns ja, Frau Hansen, dass wir in der Tat nicht einfach so weitermachen können wie bisher.

(Frau Hansen [CDU]: Das will doch auch keiner!)

Wir haben ja gemeinsam festgestellt, dass hier Handlungsbedarf besteht, nicht nur weil Verbraucherinnen und Verbraucher verunsichert worden sind, sondern weil es materiell an Sicherungssystemen fehlt. Hier müssen wir Verbesserungen vornehmen.

Gemeinsam haben wir aber auch festgestellt, dass das Niveau der Lebensmittelqualität und –sicherheit in Deutschland sehr hoch ist.

(Frau Hansen [CDU]: Sehr richtig!)

Das ist unbestritten. Aber die Verbraucherinnen und Verbraucher haben uns das nicht mehr abgenommen, sondern Kritik geäußert oder Fragezeichen dahinter gesetzt. Außerdem haben wir erhebliche Defizite in der stufenübergreifenden Zusammenarbeit.

Wenn wir also Sicherheit schaffen und ausschließen wollen, dass Skandale uns die Beine unter dem Körper weghauen und gewaltige wirtschaftliche Folgeschäden auslösen, dann brauchen wir solche Sicherungssysteme, mit denen wir messerscharf ansetzen und denjenigen in der Kette ausfindig machen können, der einen Fehler oder der etwas illegal gemacht hat. Damit können wir einerseits den Schaden begrenzen und andererseits das

Verbrauchervertrauen sehr schnell wiederherstellen.

Also brauchen wir solche Gedanken und Ideen, wie sie die Kommission uns in aller Ruhe und über die Interessenlagen der Wirtschaft hinaus vorgeschlagen hat. Ich kann das nur begrüßen, so wie Herr Groth es eben auch schon getan hat. Es sind geradezu visionäre Vorschläge, die in dem Kommissionsbericht insbesondere zu diesem Bereich gemacht werden.

Meine Damen und Herren, wir brauchen diese stufenübergreifende Qualitätssicherung. Das heißt aber auch - Sie haben es schon angesprochen -, dass vorhandene Sicherungssysteme weiterentwickelt werden können. Die sind nicht überflüssig. Im Milchbereich haben wir ja schon Sicherungssysteme implementiert, die eine gute Grundlage für das Produkt Milch und für die Produkte, die aus Milch hergestellt werden, bilden können.

Das Q&S-System ist eine gute Grundlage. Durch die Vorschläge der Kommission wird sie aber noch erweitert und optimiert. Darüber müssen wir im Ausschuss reden. Informationen werden erst einmal stufen- und branchenübergreifend ermittelt und festgehalten, dann aber auch weitergegeben und den nachfolgenden bzw. den vorangegangenen Stufen verfügbar gemacht. Das ist ja gerade der Vorteil dieses Systems: dass Kenntnisse weitergereicht werden und jeder daraus Schlussfolgerungen für seinen eigenen Produktionsprozess ziehen kann.

Q&S ist ein guter Einstieg. Aber: Theoretisch können wir uns noch so viele schöne Dinge überlegen: Wenn wir die Produzenten auf dem Weg zu solchen Systemen nicht mitnehmen, sondern sie durch überhöhte Anforderungen von vornherein ausschließen, dann werden wir es nicht schaffen; denn eine der Voraussetzungen für das Funktionieren eines solchen Systems ist, dass alle mitmachen. Zumindest muss ein sehr großer Anteil der Urproduzenten, der Landwirte bereit sein, bei diesem System mitzumachen; sonst bekommen wir das nicht auf die Reihe. Deshalb muss der Einstieg auch geleistet werden können.

Aus diesem Grund habe ich mich auch dafür ausgesprochen, das, was von den Partnern, die sich zu dem System zusammengefunden haben, entwickelt worden ist, erst einmal als Grundlage zu akzeptieren und zu beginnen. Dann nämlich ist für unser System Raum und Platz, und dann wird es auch

weiterentwickelt werden können. Ich bin sicher, dass wir dann auch die Partner finden – interessenpluralistisch, so wie das in dem Antrag und in der Kommissionsarbeit zum Ausdruck gebracht worden ist -, mit denen wir ein Lenkungsgremium bilden können, das die Weiterentwicklung dieses stufenübergreifenden Systems dann begleitet. Eine solche Vorgehensweise wird erfolgreich sein und auch diejenigen mitnehmen, die wir bei der Umsetzung brauchen.

Ein letztes Wort zu der Frage, welche Rolle der Staat in der Zukunft spielen soll. Es ist nicht so, dass durch solche branchenübergreifenden Systeme die staatliche Kontrolle überflüssig wird. Vielmehr ist auch bei derartigen Systemen die amtliche Kontrolle ein wichtiger Baustein. Erst dadurch wird ein solches System auch aus der Sicht des Verbrauchers sicher und glaubwürdig. Deshalb brauchen wir die amtliche Kontrolle. Sie hat verschiedene Funktionen innerhalb dieses neuen Qualitätssicherungssystems wahrzunehmen. Darauf dürfen wir nicht verzichten. Nur die Kombination beider Elemente wird letztlich zu der Sicherheit führen, die wir benötigen.

Denken Sie noch einmal an die Fragen, die die aktuellen Ereignisse, über die wir heute Morgen diskutiert haben, aufgeworfen haben. Sie wären leichter zu beantworten, wenn wir ein solches System schon hätten. Dabei will ich nicht behaupten, dass so etwas bei einem solchen System nie wieder vorkommt. Auch in Zukunft wird es passieren können, dass sich Menschen, die die Elemente des Systems verinnerlicht haben und es beherrschen, kriminell verhalten und es für eigene Zwecke nutzen. Aber das System gibt uns die Möglichkeit, relativ schnell die undichte Stelle herauszufinden und den Schaden für die, die sich ordentlich verhalten haben, zu begrenzen. Das ist der riesige Vorteil dieses Systems.

Ich freue mich, dass wir diesen Punkt im Ausschuss beraten werden. Ich freue mich, dass wir gemeinsam ein gutes Ergebnis erzielen werden. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Hansen hat sich noch einmal gemeldet. Bitte!

Herr Minister, ich freue mich, dass Sie mir in meiner Einschätzung Recht geben, dass das Q&S-System eine gute Grundlage bildet.

Meine Sorge geht allerdings noch dahin - das habe ich vorhin vielleicht außer Betracht gelassen -, dass kleinere Betriebe vielleicht nicht ganz so in der Lage sein könnten, die Dokumentation vorzunehmen. Deshalb sagt der Bericht der Regierungskommission ja auch, dass Sie eine gewisse Anschubfinanzierung vornehmen müssen, um alles in Gänze erfassen zu können. Darauf sind Sie nicht eingegangen. Aber das ist ein wichtiger Punkt, den wir auch andiskutieren müssen.

Außerdem müssen wir die Dokumentationen einbeziehen, die jetzt schon vorgenommen werden: durch Düngeverordnung, durch Stallbuch, durch tiermedizinische Dinge usw. Alles, was schon da ist, muss einbezogen und entsprechend erweitert werden. Nur, ob jeder Betrieb dazu so in der Lage ist?

Der Kommissionsbericht hebt auch darauf ab, dass es deshalb eine gezielte Beratung geben muss. Das wurde weder von Herrn Groth noch von Ihnen angesprochen. Ich hoffe, wir verlieren das nicht aus den Augen.

Mit geht es darum, dass wir die etwas kleineren Betriebe, die technisch nicht ganz so gut ausgestattet sind, mit einbeziehen und auf diesem Weg mitnehmen.

(Beifall bei der CDU)

Damit können wir die Beratung dieses Tagesordnungspunkts für heute beenden.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung entsprechend der Empfehlung des Ältestenrates. Mit dem Antrag soll sich federführend der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten befassen, und die Mitberatung soll im Unterausschuss „Verbraucherschutz“ und im Ausschuss für Sozialund Gesundheitswesen erfolgen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das wird dann so erfolgen.

Wir befassen uns nun mit

Tagesordnungspunkt 24: Besprechung: Wohnungspolitik in Niedersachsen - Große Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 14/2942 - Antwort der Landesregierung - Drs. 14/3067

Das Wort hat für die Einbringer zunächst einmal der Kollege Decker.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sicher, dass alle die, die jetzt im Saal anwesend sind, die 38 Seiten umfassende Antwort der Landesregierung gelesen haben, und deswegen werden wir sicherlich zu einer qualifizierten Debatte über die Antwort kommen.

Meine Damen und Herren, wir können feststellen, dass wir eine sehr umfangreiche Antwort auf unsere Große Anfrage bekommen haben. Sie ist eine große Fleißarbeit des Ministeriums und liefert uns viele Daten, die wir für unsere zukünftige Arbeit mit Sicherheit gebrauchen können.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Was wir dabei aber vermisst haben, meine Damen und Herren, sind einige Visionen der Landesregierung dazu, wie sie sich die zukünftige Wohnungsbauentwicklung in Niedersachsen vorstellt. Nur „Weiter so“ und „Wie bisher“ können nicht die Antwort darauf sein. Aber ich bin sicher, dass die SPD-Fraktion dazu noch weitere Vorschläge unterbreiten wird.

Wohnen, meine Damen und Herren, ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Es geht dabei nicht nur darum, ein Dach über dem Kopf zu haben, sondern gesicherte, vernünftige Sozialstrukturen, ein vernünftiges Wohnen und ein vernünftiges Wohnumfeld in einer sicheren Wohnumgebung sind die Voraussetzungen für eine gute Entwicklung in unserer Gesellschaft. Probleme im Wohnungsbau haben wir in den vergangenen Jahren insbesondere dort gehabt, wo in den 70er- und 80er-Jahren eine zu verdichtete Bebauung vorgenommen worden ist, wo es also zu leblosen und seelenlosen Wohneinheiten gekommen ist, die keine Einbindung in soziale Strukturen erfahren haben, und damit Spannungen aufgetreten sind, die es heute zu beseitigen gilt.

(Beifall bei der CDU)

Einen Teil dazu hat, meine Damen und Herren, die Fehlbelegungsabgabe beigetragen. Dazu wird gleich mein Kollege Beckmann noch etwas sagen.

Wir müssen auch in der Wohnungsbaupolitik die Veränderungen in der Gesellschaft hinreichend zur Kenntnis nehmen. Die Gesellschaft befindet sich in einem stetigen Wechsel und Wandel, und es sind nicht nur die Zuzüge, die dabei eine Rolle spielen, sondern natürlich auch die Veränderungen bei den Haushaltsgrößen und die Anzahl der Singlewohnungen, die zugenommen hat. Alle diese Betrachtungen werden in den zukünftigen Wohnungsbauprogrammen der Landesregierung von Bedeutung sein müssen.

Auch wenn es zurzeit einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt gibt und die ersten Leerstände vorhanden sind, ist das kein Grund, sich zurückzulehnen. Denn der Wohnungsbedarf kann sich sehr schnell wieder ändern, und heute haben wir schon wieder in den ersten Bereichen leichte Mangelerscheinungen - so will ich es einmal sagen -, nämlich bei preiswertem Wohnraum in guten Lagen, zu verzeichnen.

In der Antwort auf unsere Anfrage versucht die Landesregierung, einige positive Entwicklungen im Wohnungsmarkt für sich in Anspruch zu nehmen, die nicht mithilfe des Landes entstanden sind. Dabei denke ich insbesondere an die Eigenheimzulage, wozu Sie schreiben, dass in diesem Bereich seit 1995 420 000 Förderfälle eingetreten seien. Wie gesagt, nach dem Fielmann-Prinzip: Und das Land hat keinen Pfennig dazugezahlt, sondern es sind ausschließlich Bundesmittel gewesen, die hierbei zum Tragen gekommen sind.

Wir können feststellen, dass in den vergangenen Jahren nicht alle Programme, die das Land in der Wohnungsbauförderung aufgelegt hat, den Erfolg gebracht haben, den man sich vorgestellt hat. Es hat einmal ein Programm zum sparsamen Umgang mit Bauland gegeben. 1992 wurden 532 m2 Bauland je Wohneinheit verbraucht, und im Jahre 2000 waren es 719 m2. Daran sehen Sie, dass Sie auch mit dem besten Programm den Menschen nicht umstricken können, wenn es nicht zu seinen Lebensvorstellungen passt. Das Bedürfnis von jungen Familien mit Kindern ist nach wie vor, in einem Einfamilienhaus mit einem etwas größeren Grundstück zu wohnen, und sie lassen sich nicht in kleinere Einheiten reinquetschen, wo sie nicht das Wohnumfeld für ihre Kinder vorfinden, das sie sich vorgestellt haben.

(Beifall bei der CDU - Hagenah [GRÜNE]: Da fängt Politik an!)

Wir haben auch feststellen müssen, dass in den vergangenen Jahren am Bedarf vorbei gefördert worden ist, insbesondere beim Geschosswohnungsbau. Hier ist gefördert worden, obwohl es keinen Bedarf gab und obwohl es den ersten Leerstand gab. Aber dort, wo Förderbedarf bestand, nämlich beim Einfamilienhausbau, beim Eigenheim, wurde nicht gefördert, sondern dort hat man sich mehr oder weniger aus der Förderung zurückgezogen. Wenn Sie sagen, kinderreiche Familien ab vier Kinder kommen noch in die Eigenheimförderung hinein, dann wissen wir, wie die Grenze gesetzt worden ist, nämlich so, dass kaum noch jemand dafür in Frage kommt.

Der nächste Punkte, der uns Sorge macht, sind die Zinserhöhungen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Mit diesen Zinserhöhungen, meine Damen und Herren, wurde erreicht, dass viele Wohnungsbauunternehmen, aber auch private Investoren in den vergangenen Jahren Darlehen zurückgezahlt haben, weil die Zinssätze für Landesdarlehen inzwischen das Kapitalmarktniveau erreicht haben, womit ein verstärkter Rückgang bei den Wohnungen mit Sozialbindung eingetreten ist. 1994 gab es in Niedersachsen noch 151 000 Wohnungen in der Sozialbindung, im Jahr 2000 - weiter gehen die mir vorliegenden Angaben nicht - waren es noch 132 000. Die Zahl der Wohnungen mit Sozialbindung ging in Niedersachsen also von 151 000 auf 132 000 zurück. Wir müssen darauf achten, dass auch in der Zukunft ein gehöriges Maß von Wohnungen in der Sozialbindung gehalten wird, um für die Schwächeren am Wohnungsmarkt den notwendigen Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. Das wird sehr notwendig und dringend sein, was wir an dem Programm „Soziale Stadt“ sehen, das aber nicht so ausgestattet ist, wie wir es uns vorstellen. Denn hierin sind zu viele konsumtive und zu wenige investive Ausgaben enthalten. Daran können wir aber auch sehen, dass in Niedersachsen in vielen Bereichen eine Bestandsmodernisierung notwendig ist, und wir sollten überlegen, ob wir die wenigen Mittel, die wir noch zur Verfügung haben, nicht in diesen Bereich umlenken, um den Bestand zu verbessern, bevor im Neubaubereich weiter am Bedarf vorbei gefördert wird.

Auch haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder feststellen können, dass die Regelungsdichte im Baubereich viel zu groß ist. Das Baune