Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ross-Luttmann, ich möchte noch einmal an die Fragen von Herrn Schwarz zur Situation der Allgemeinen Ortskrankenkassen anknüpfen. Richtig ist, dass deren wirtschaftliche Lage in Niedersachsen in Ordnung ist. Infolgedessen gibt es auch keinen Handlungsbedarf, bezogen auf die Fachaufsicht. Das haben Sie korrekt dargestellt.
Vor dem Hintergrund, dass die Entschuldung anderer Allgemeiner Ortskrankenkassen in dem Bereich zur Folge haben könnte, dass die niedersächsischen Beitragszahler die Zeche dafür zahlen, frage ich Sie: Welche rechtlichen Möglichkei
ten hat die Landesregierung? Was unternimmt die Landesregierung, um die möglicherweise unterlassene Fachaufsicht in anderen Ländern, was genau zu diesen Überschuldungen geführt hat, dahin zu bewegen, dass sie das in ihren Ländern regeln, und um zu gewährleisten, dass nicht die Niedersachsen die Zeche dafür zahlen?
Herr Jüttner, ich danke Ihnen dafür, dass Sie davon ausgehen, dass die Fachaufsicht des Landes Niedersachsen funktioniert hat. Das hat sie tatsächlich.
Ich gehe davon aus, dass auch die Fachaufsicht in den anderen Ländern sehr darauf drängen wird, dass sich ihre AOKs entschulden; denn sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, kostendeckende Beiträge zu erheben, ihre eigenen Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben und sich zu entschulden. Es ist zunächst einmal Aufgabe der jeweiligen einzelnen AOK, sich zu entschulden. Zudem ist es Aufgabe der jeweiligen Fachaufsicht der dortigen Länder, darauf hinzuwirken, dass sich die AOKs entschulden. Wir als Niedersachsen haben letzten Endes kein Instrument an der Hand, um auf AOKs in anderen Ländern einzuwirken. Wir werden aber - dies ist sehr wichtig - im Bundesrat genau darauf achten, dass die AOK Niedersachsen nicht ungerechtfertigt belastet wird.
Tagesordnungspunkt 14: Zweite Beratung: a) Niedersachsens Energie wächst natürlich - Chancen der nachwachsenden Rohstoffe für die stoffliche und energetische Nutzung ausschöpfen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2318 - b) Holz als Rohstoff stärken - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/2322 - c) Massenhaft Biomasse in Niedersachsen - ein weiterer Baustein für eine unabhängige Energieversorgung - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/2610 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drs. 15/3209
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Niedersachsens Energie wächst natürlich - Chancen der nachwachsenden Rohstoffe für die stoffliche und energetische Nutzung ausschöpfen!“, „Holz als Rohstoff stärken“, „Massenhaft Biomasse in Niedersachsen ein weiterer Baustein für eine unabhängige Energieversorgung“ - das sind Titel von drei Anträgen. Wenn man drei Entschließungsanträge zusammenpackt, dann sieht das erst einmal nach sehr viel aus. Aber eigentlich ist das nur eine Auswahl aus etlichen Anträgen, die von allen Fraktionen zu diesem Thema eingebracht werden.
Dass wir so häufig und vielfältig über nachwachsende Rohstoffe sprechen, ist richtig und notwendig. Nachwachsende Rohstoffe bieten einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des Energiebedarfs, und ihr Anteil wird in Zukunft größer. Nachwachsende Rohstoffe haben den Riesenvorteil, dass sie in einem erheblichen Umfang Wertschöpfung im ländlichen Raum bieten und dass sie eine Existenzgrundlage für unsere Landwirtschaft bilden. Ob Mais, Getreide, Stroh, Raps, Zuckerrüben oder Holz, ganz egal, welcher Rohstoff die Ausgangsbasis darstellt - in jedem Fall profitieren der Produzent und der Konsument gleichermaßen von der Erzeugung von Biogas, Bioethanol oder allem anderen, was man in diesem Bereich machen kann. Selbstredend ist für uns klar, dass die Produktion nachhaltig sein muss.
Staatliches Handeln - egal, ob auf der Ebene der EU, der des Bundes oder der Niedersachsens muss darauf ausgerichtet sein, alles zu tun, um die Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen zu mobilisieren. Die dauerhafte Sicherung der Energieversorgung und der Schutz des Klimas sind zwei untrennbar miteinander verbundene Herausforderungen, die alle Menschen dieser Erde und die nachfolgenden Generationen existenziell betreffen. Deswegen ist es ein außerordentlich wichtiges Thema.
Während der Energieverbrauch weltweit stetig wächst und die Öl- und Gaspreise steigen, kommen die Klimaforscher zu immer neuen dramatischeren Erkenntnissen über den bereits stattfindenden Klimawandel. Wir Sozialdemokraten sind der festen Überzeugung, dass die einzig angemessene Antwort auf diese Herausforderung eine Effizienzrevolution bei der Nutzung von Energieträgern, kombiniert mit dem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien, ist.
Bis zum Jahre 2020 sollen 25 % des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Die Mobilität muss klimaverträglich gesichert werden. Auch dazu gibt es bis 2010 Ziele von 6 % und mittelfristig von 10 %. Außerdem spielt die Beimischung von Biokraftstoffen eine Rolle. Das sind Ziele, bei denen es darum geht, wirklich etwas zu leisten.
Erfolgreiche Energiepolitik bewegt sich in einem, wie man so schön sagt, magischen Viereck. Dieser Begriff kommt ja aus einem anderen Zusammenhang. Er stammt aus der Debatte zum Stabilitätsgesetz, also aus der Wirtschaft. Der Begriff des magischen Vierecks zeigt, dass es um die Versorgungssicherheit, um den Klimaschutz, um die Innovationskraft und um die Wettbewerbsfähigkeit der Teilnehmer geht. Die Niedersächsische Landesregierung muss diese Verantwortung auf ihrer Ebene annehmen und ihr gerecht werden.
Aber jetzt kommt das Problem: Vor elf Monaten - heute auf den Tag genau ist es elf Monate her haben wir zwei Anträge beraten, nämlich den Antrag „Niedersachsens Energie wächst natürlich Chancen der nachwachsenden Rohstoffe für die stoffliche und energetische Nutzung ausschöpfen!“ und den Antrag „Holz als Rohstoff stärken“. Im März dieses Jahres kam unser Antrag „Massenhaft Biomasse in Niedersachsen - ein weiterer Baustein für eine unabhängige Energieversorgung“ hinzu. Ich hatte nach einigen Aussagen aus den Reihen
der Mehrheitsfraktionen zunächst die Hoffnung, dass wir uns auf eine gemeinsame Beschlussempfehlung für alle drei Anträge würden einigen können. Aber dies findet offenkundig jetzt nicht mehr statt, weil Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, nicht über Ihren Schatten springen können.
Sie lehnen unsere Anträge ab, obwohl inhaltlich kein einziger Ansatzpunkt erkennbar ist, der dies begründen würde. Aus meiner Sicht ist es ein Zeichen von Schwäche, wenn man einen Antrag nur deshalb ablehnt, weil er von der Opposition kommt.
Wir werden Ihrem Antrag „Holz als Rohstoff stärken“ zustimmen, auch wenn wir der Meinung sind, dass er eigentlich zu kurz greift.
Ich finde es in diesem Zusammenhang besonders spannend, Herr Kollege Oesterhelweg, dass Sie Fachwerktechnik aus Niedersachsen gegen die Erdbebengefahr im Iran einsetzen wollen. Das ist eine tolle Idee. Darauf muss man erst einmal kommen. Ich fand das gut.
(Frank Oesterhelweg [CDU]: Darüber brauchen Sie nicht zu schmunzeln! Das ist Tatsache, Herr Kollege!)
- Aber niedersächsische Fachwerkhäuser gibt es schon seit Hunderten von Jahren. Das ist keine neue Erfindung und schon gar keine Erfindung der Landesregierung.
Ich möchte jetzt kurz einige Kernpunkte aus den beiden Anträgen der SPD-Fraktion ansprechen, um deutlich zu machen, warum es bedauerlich ist, dass die Fraktionen der CDU und der FDP diese ablehnen.
Wir fordern in unserem Antrag u. a., eine Biomassepotenzialstudie auf Landkreisebene einzuführen. Bei der Anhörung ist deutlich geworden, dass zumindest das Niedersächsische Landvolk und die Niedersächsische Landgesellschaft dies unterstützen, weil es vernünftig ist. Es bringt nichts, so et
In Agra Europe von Montag, liebe Ingrid, findet sich eine Pressemeldung des Bundesverbandes Bioenergie, in der neben einem nationalen Biomasseaktionsplan auch Potenzialabschätzungen auf regionaler und lokaler Ebene gefordert werden.
Nur dann, so der Bundesverband Bioenergie, könnten an die jeweiligen Bedingungen angepasste Strategien entwickelt werden. Ich zitiere einen Satz wörtlich:
„Auch gelte, die Beschäftigungseffekte des Marktanbaus, den Einfluss auf die regionale Wertschöpfung und den ländlichen Raum, die Förderung des Mittelstandes sowie zahlreiche weitere Synergieeffekte zu erfassen und zu bewerten, um über die rein energiepolitische Diskussion hinaus eine übergreifende Unterstützung für den Bioenergiemarktausbau zu erreichen.“
Um Beschäftigung, regionale Wertschöpfung im ländlichen Raum und Mittelstandsförderung geht es in unserem Antrag auch. Dabei müssten Ihnen eigentlich die Ohren klingeln, und der FDP müsste das Herz aufgehen. Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie diesen Antrag ablehnen wollen.
Im Kern wenden Sie sich dagegen - dies ist in den Debatten deutlich geworden -, ein Gesamtkonzept zu entwickeln. Das ist keine Petitesse. Es wäre wichtig, so etwas zu tun. Aber es zeigt die Unwilligkeit der Landesregierung zu vernünftiger Zusammenarbeit. Wir kritisieren - dies ist in vielfältiger Weise sichtbar geworden -, dass die Ministerien vor sich hin arbeiten und nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich mit anderen abzustimmen: Das ML macht ein bisschen, das MU macht ein bisschen, und das MW macht auch ein bisschen. Außerdem hat man Kooperationen mit VW, mit KWS, mit CHOREN, mit Qutec und anderen. Aber es fehlt eigentlich eine Konzeption. Man
weiß nicht genau, wohin die Reise gehen soll. Dies ist auch in der ersten Beratung deutlich geworden. Meine Kollegin Stief-Kreihe sprach es seinerzeit bereits an. Dem muss man etwas entgegensetzen. Wir haben Ihnen auch vor Augen gehalten, dass es in Hessen und Bayern solche Konzepte gibt. Angesichts dessen hätte man erwarten können, dass sich Niedersachsen dem anschließt. Ich halte Ihre Vorgehensweise schlichtweg für ignorant.
Der Kollege Oesterhelweg bezeichnete unseren Antrag in seinem Redebeitrag als „gute Basis für weitere Beratungen“. Donnerwetter, dachte ich, hier geht ja etwas zusammen. Irgendwann muss irgendetwas passiert sein; denn leider mussten wir am Ende der Beratungen feststellen, dass diese Basis verloren gegangen ist.
- Warte noch meine nächsten Sätze ab; gleich wird dich die Realität einholen. - Beim letzten Beratungstermin haben Sie uns vorgeworfen, unsere Anträge enthielten wenig hilfreiche Allgemeinplätze. Hier scheint Ignoranz mittlerweile zum Prinzip geworden zu sein; denn Minister Ehlen ist in diesem Punkt viel weiter. In seinem Redebeitrag erklärt er am 11. November zu den beiden Anträgen, unserem Antrag und dem „Holz-Antrag“ der CDU:
„Ich freue mich, dass wir heute über zwei Anträge gemeinsam diskutieren, die genau auf der Linie der Politik der Niedersächsischen Landesregierung liegen.“