Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat noch einmal Herr Schünemann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir die Regierung übernahmen, lag unsere Polizeidichte mit Abstand an letzter Stelle. Deshalb war es notwendig nachzubessern. In der Regierungszeit von Rot-Grün bzw. Rot von 1990 bis 2003 gab es in Niedersachsen 300 Stellen für Vollzugsbeamte weniger.

(Aha! bei der CDU und bei der FDP)

Im Jahr 2008 werden wir nicht nur das 1 000erProgramm umgesetzt haben - 800 zusätzliche Vollzugsbeamte, 200 zusätzliche Verwaltungsmitarbeiter -, vielmehr haben wir zusätzlich 160 Polizeibeamte ohne Tauschpartner aus anderen Bundesländern übernommen und darüber hinaus 200 Vollzugsbeamte durch die Polizeireform in das operative Geschäft gebracht. Das ist schon jetzt die Bilanz dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das war wichtig. Wir sind die Einzigen, die überhaupt noch zusätzliche neue Stellen schaffen. Alle anderen, sogar Hamburg, haben jetzt damit begonnen, Stellen abzubauen. Angesichts der Bedrohungslage, in der wir uns befinden, wäre es fatal, diesen Kurs der Landesregierung zu verlassen, auf die Vorschläge, die Sie bei den Haushaltsberatungen gemacht haben, einzugehen und auf das 1 000er-Programm zu verzichten. Das wäre das völlig falsche Signal.

(Beifall bei der CDU)

Dass wir vor Herausforderungen stehen, haben wir gestern erlebt. Wenn wir nicht schon eingestellt hätten, wäre die Verstärkung gerade im Staatsschutz nicht möglich. Ich habe nicht umsonst gesagt, dass wir in diesem Bereich sofort 31 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen und dass wir im Bereich Internetrecherche acht zusätzliche Mitarbeiter benötigen. Dazu sind wir jetzt in der Lage, weil uns ausreichend ausgebildete Polizeibeamte zusätzlich zur Verfügung stehen. Sie wurden zum 1. Oktober eingestellt und werden in der Fläche eingesetzt.

Meine Damen und Herren, ich selber habe 39 Polizeiinspektionen besucht und mit rund 1 000 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten nicht nur aus dem höheren Dienst - denn so viele haben wir gar nicht, Herr Bartling -, sondern aus allen Bereichen

gesprochen. Die Stimmungslage ist insofern schwierig - das habe ich hier schon häufiger dargestellt -, als wir Kürzungen vorgenommen haben, gerade auch im Bereich des Gehalts. Es ist völlig klar und nachvollziehbar, dass das bei jeder Polizeiinspektion ein Thema war.

Wir haben von Anfang an gesagt: Wir müssen nachbessern, wenn es finanziell irgendwie machbar ist. Wir haben eine Zahlung von 860 Euro im nächsten Jahr und eine Gehaltserhöhung um 3 % zum 1. Januar 2008 beschlossen. Das wird an der Basis - nicht nur bei der Polizei, sondern bei allen Beamtinnen und Beamten - durchaus anerkannt; denn sie sehen, dass wir zu unserem Wort stehen und, wenn es machbar ist, versuchen, die gute Arbeit der Beamtinnen und Beamten zu belohnen. Das ist notwendig, und es ist richtig, dass wir das so beschlossen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mir ist in allen 33 Polizeiinspektionen in der Fläche dargestellt worden, dass die Reform in dem Punkt richtig ist, dass wir nur da eine Spezialisierung vorsehen, wo sie notwendig ist. Die Aufgaben, die vor Ort erledigt werden können, müssen natürlich vor Ort erledigt werden. Daran haben wir überhaupt keine Änderung vorgenommen.

Die spezialisierte Tatortaufnahme ist in allen 33 Polizeiinspektionen als genau die richtige Maßnahme beurteilt worden. Wir sehen schon jetzt eindeutig, dass dadurch die Spurensuche verbessert wurde.

Hinsichtlich der Verfügungseinheit kamen alle 33 Polizeiinspektionen zu dem eindeutigen Ergebnis: Das ist der richtige Weg.

Sie haben uns auch dafür gelobt, dass wir gesagt haben: Natürlich brauchen wir eine Übergangszeit. Wir brauchen in einigen Bereichen Öffnungsklauseln. Wenn wir in Polizeikommissariaten ausgebildete Tatortspurensucher haben, dann sollen sie zunächst dort ihren Dienst tun. Wir setzen nicht alles sofort um, sondern machen das sozial verträglich. Wie der Kollege von der CDU, Herr Ahlers, richtig gesagt hat, haben wir bei der Erarbeitung der Polizeireform auf die Fachleute der Polizei gehört.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einiges zur Polizeistatistik sagen. Schon als wir die Polizeireform vorgestellt haben, habe ich gesagt, dass sie dazu führen wird, dass die Zahl der regist

rierten Straftaten steigen wird. Genau das ist natürlich eingetreten. Die Spezialisierung gerade in den Bereichen der hohen Kriminalität, wie z. B. der Rauschgiftkriminalität und der Wirtschaftskriminalität, und das Zusammenziehen von Fachleuten in Zentralen Kriminalinspektionen führt dazu, dass mehr Straftaten in diesen Bereichen festgestellt werden. Damit helle ich das dunkle Feld auf. Das ist genau das, was ich brauche. Das wird auch in den nächsten zwei, drei Jahren der Fall sein. Anschließend wird es durch einen präventiven Effekt zu einer Verringerung der Zahl der Straftaten kommen. Mir ist es wichtig, die Straftaten aufzudecken, damit die Täter dingfest gemacht werden können und dieses Land insgesamt sicherer wird. Diesen Weg haben wir bei der Polizeireform eingeschlagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben ganz bewusst gesagt: Natürlich wird es gerade bei der Zahl der Fälle von Jugendkriminalität und Gewalt an Schulen einen Anstieg geben. Das ist doch völlig klar. Wir haben zusammen mit der Justizministerin und auch dem Kultusminister einen Erlass herausgegeben, in dem wir den Schulen exakt sagen, dass Straftaten angezeigt werden müssen und dass die Schulen nicht versuchen sollten, die einschlägigen Probleme in ihrem eigenen Bereich zu lösen. Das ist vielmehr Sache der Polizei. Das hat gewirkt. Wir haben in diesem Bereich zunächst natürlich einen Anstieg der Zahl der Fälle gehabt. Das bedeutet aber nicht, dass wir mehr Gewalt an den Schulen haben als z. B. in anderen Bundesländern. Es liegt vielmehr daran, dass wir das Dunkelfeld aufgehellt haben. Wenn Sie mit den Eltern sprechen, werden Sie erkennen, wie wichtig es ist, dass wir die Lehrerinnen und Lehrer nicht alleinlassen, sondern dass wir für jede Schule einen Ansprechpartner von der Polizei haben, damit wir auf jeden Fall Gewalt an den Schulen eindämmen. Das kann nicht geschehen, wenn wir die Augen zumachen. Vielmehr muss die Polizei zusammen mit dem Jugendamt und natürlich auch mit der Jugendstaatsanwaltschaft so schnell wie möglich einschreiten. Das haben wir vereinbart. Deshalb ist dies jetzt auch in der Polizeistatistik nachvollziehbar.

Sich hier hinzustellen und zu sagen, dass die Zahlen falsch sind, was nun wirklich jeder Grundlage entbehrt, ist in der Tat verwerflich. Dann wird noch gesagt, auch wenn die Zahlen stimmen, ist das im Prinzip ein Zeichen dafür, dass es nicht richtig ist. Erst einmal müssen Sie sich für eine

Sache entscheiden, und zweitens ist das, was Sie hier tun, wirklich unseriös. Das ist der Bartling, wie ich ihn vor seiner Zeit als Innenminister gekannt habe. Sie sind zurückgekehrt in die Opposition. Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt hat sich Herr Biallas noch zu Wort gemeldet. Er hat eine Restredezeit von 53 Sekunden.

Frau Präsidentin, ich will es kurz machen.

Erstens. Herr Bartling, Sie haben hier nicht nur alles schlechtgeredet, sondern Sie haben auch schlecht geredet.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens. Ihre Politakrobatik zwischen Adam Riese und Turnvater Jahn war wenig überzeugend.

Drittens. Herr Bartling, wenn Sie hier sagen: „Wir wissen..., wir wissen...“, dann bezweifeln wir das nicht nur aus langjähriger Erfahrung mit Ihnen, sondern dann sagen Sie doch auch, von wem Sie es wissen, oder geben Sie zu, dass Sie verdeckte Ermittler der SPD oder Untergrundkämpfer in der Polizei haben.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir wissen aber, dass das wenig überzeugend ist.

Das Vierte, was ich sagen will, betrifft etwas, was ich nach Ihrer Rede wirklich als peinlich empfinde. Sie haben den Nachtragshaushalt abgelehnt. Damit haben Sie auch abgelehnt, dass die Polizeibeamten, die viele Überstunden geleistet haben, für diese Überstunden einen Ausgleich in Geld bekommen, nämlich 1,5 Millionen Euro. Das haben Sie abgelehnt, und das wollen wir hier einmal deutlich sagen. Sie haben abgelehnt, dass die Arbeit der Polizei finanziert werden kann. Nun aber stellen Sie sich hierhin und agieren so, wie von mir beschrieben. Na ja, das war eben Bartling. Wir kennen Sie so. In das Amt des Innenministers kommen Sie so nicht wieder hinein. - Danke.

(Heiterkeit und starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Ausschuss für Inneres und Sport soll sich mit dem Antrag beschäftigen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Die Mittagspause dauert bis 15 Uhr.

Unterbrechung der Sitzung: 13.24 Uhr.

Wiederbeginn der Sitzung: 15 Uhr.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir fangen pünktlich an. Es ist 15 Uhr. Ich darf Ihnen zunächst bekannt geben, dass die Fraktionen übereingekommen sind, die Tagesordnungspunkte 24 und 25 ohne erste Beratung in die Ausschüsse zu überweisen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung: Land muss Kürzung der Regionalisierungsmittel ausgleichen - mehr Effizienz und Transparenz für mehr Nahverkehr Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/3190

Ich sehe, der Kollege Hagenah ist pünktlich im Saal. Ich erteile ihm das Wort. Bitte schön, Herr Hagenah!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kürzungen des Bundes bei den Regionalisierungsmitteln werden den öffentlichen Personennahverkehr in Niedersachsen besonders hart treffen. Anders als die Landesregierungen von Hessen, Bayern, Berlin, Sachsen und Brandenburg will nämlich die Niedersächsische Landesregierung keine eigenen Mittel bereitstellen, um die drastische Kürzung der Bundesförderung für den öffentlichen Personennahverkehr auszugleichen, obwohl die Finanzausstattung dafür in Niedersachsen schon heute sehr knapp bemessen ist.

Dies ist insbesondere deshalb nicht akzeptabel, weil die schwarz-gelbe Landesregierung erhebliche Mitverantwortung für die Kürzungsvorgabe des Bundesfinanzministers trägt. Seit 2004 fanden in Niedersachsen eine zunehmende Zweckentfremdung der Förderung und eine überproportionale Kürzung des ÖPNV-Budgets insgesamt statt.

Um die Verantwortung von CDU und FDP für die drohende Unterfinanzierung des ÖPNV in Niedersachsen zu belegen, ist ein Rückblick auf die vergangenen Jahre sinnvoll: Seit 2004 werden Mittel aus den Bundesregionalisierungsmitteln, die zur Finanzierung der Landesaufgabe Schülerverkehr vorgesehen sind, entnommen. Inzwischen hat sich diese Zweckentfremdung von zunächst 58 Millionen Euro auf über 100 Millionen Euro jährlich ausgeweitet. Das ist im Vergleich aller Bundesländer der höchste Betrag, der auf diese Art und Weise entnommen wird.

Außerdem haben CDU und FDP die Mittelvergabe aus dem Förderbudget des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) geändert. Waren Schiene und Straße früher gleichberechtigt - zumindest sollten unter Frau Knorre nur vorübergehend unterschiedliche Budgets entnommen werden -, so verteilen Sie heute regulär 60 % der Mittel - nämlich 73 Millionen Euro im Jahr - auf die Straße und nur noch 40 % - 49 Millionen Euro pro Jahr - auf die Schiene - wieder ein Kürzungsbetrag von 12 Millionen Euro im Jahr.

(Hermann Eppers [CDU]: Da sind wir Überzeugungstäter!)

Weiter wurde das Nahverkehrsgesetz 2005 von CDU und FDP so geändert, dass 34 Millionen Euro pro Jahr aus der Regionalisierungskasse des Bundes ohne hinreichende Zweckbindung direkt an die Kommunen gegeben wurden. Das ist an sich nichts Schlechtes. Aber auch wenn ein Großteil des Betrages korrekt eingesetzt wird, ist dort inzwischen ein erheblicher Umfang der früheren kommunalen Mitfinanzierung des ÖPNV so durch Bundesmittel ersetzt worden, d. h. wieder aus dem Gesamttopf Landesförderung ÖPNV weggenommen worden.

In der Summe ergibt sich ein dramatisches Kürzungsvolumen. Niedersachsen erhält derzeit jährlich etwa 600 Millionen Euro Regionalisierungsmittel vom Bund. Mittlerweile hat es die schwarzgelbe Landesregierung geschafft, davon ein Volu