Protokoll der Sitzung vom 12.10.2006

Ob und in welchem Umfang auch die weiteren fünf Netzabschnitte von zeitlichen Verzögerungen betroffen sein könnten, ist derzeit nicht abzusehen. Durch die Einplanung der Pufferzeiten ist eine eindeutige Verschiebung der Digitalfunkeinführung in Niedersachsen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu befürchten. Darüber hinaus betont die DB Telematik in den Verhandlungen mit dem Bund, dass die Erreichung des gemeinsam von Bund und

Ländern gesteckten Ziels der Einführung eines funktionstüchtigen Digitalfunknetzes bis zum Jahre 2010 weiterhin realistisch erscheint.

Zu Frage 2: Das mit Datum vom 30. Juli 2006 von der DB-Telematik vorgelegte Angebot zum Betrieb des künftigen bundeseinheitlichen BOS-Digitalfunknetzes konnte in der Form nicht angenommen werden, sondern erzeugte beim Bund die Notwendigkeit zu weiteren Verhandlungen. Diese dauern noch an, sollen aber nach den hier vorliegenden Informationen bis Dezember 2006 abgeschlossen werden. Eine Bewertung ist daher erst möglich, wenn der Abschluss der Gespräche erfolgt ist und die Länder über deren Ausgang informiert wurden.

Zu Frage 3: Der Zuschlag in Bezug auf die Systemlieferung für ein bundeseinheitliches BOSDigitalfunknetz erfolgte zugunsten des BewerberKonsortiums EADS/Siemens. Nach hier vorliegendem Kenntnisstand war Siemens zumindest zu Projektbeginn an dem TOLL-COLLECT-Konsortium beteiligt. Im Übrigen verhandelt der Bund - wie bereits in der Antwort auf Frage 2 dargestellt - mit der DB-Telematik über die Übernahme des Betriebs des bundesdeutschen Digitalfunknetzes. Ob, welche und in welchem Umfang dazu Unterauftragnehmer rechtlich verpflichtet werden, kann beim jetzigen Verfahrensstand nicht eingeschätzt werden.

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Oetjen. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, nach der Kommunalwahl werden nun in den Kommunen die Planungen für die nächsten fünf Jahre angestellt. Dabei stellt natürlich die Einführung des Digitalfunks eine große Herausforderung für die Kommunen dar. Ist nach Ihrer Einschätzung, wenn es zu einer Verzögerung der Einführung des Digitalfunks kommen sollte, mit einer höheren Belastung der Kommunen zu rechnen?

Danke schön. - Herr Minister!

In meiner Antwort habe ich schon dargelegt, dass wir im Moment nicht davon ausgehen, dass es zu einer großen Verzögerung kommt. Wir können lediglich nicht mehr im Jahre 2006 beginnen. Insofern sehe ich im Moment noch keine direkten Auswirkungen auf die Kommunen. Auf der finanziellen Seite geht es vor allem um den Ankauf der Endgeräte. Das hat mit dem Aufbau des Systems nur mittelbar etwas zu tun. Insofern ist im Moment noch nicht davon auszugehen, dass es in irgendeiner Weise auch zu höheren Kosten auf der kommunalen Seite kommt.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Rickert. Sie haben das Wort.

Herr Minister, Sie sprachen in Ihren Ausführungen von einer Kostensenkung. Wenn ich mir das etwas umständliche Auftrags- und Vergabeverfahren anhöre und die dadurch entstandenen Zeitverzögerungen berücksichtige, stellt sich bei mir die Frage: Ist nicht eher mit einer Mehrbelastung zu rechnen?

Danke schön. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Schünemann.

Der Bund hat einen Kostenrahmen vorgegeben. Aufgrund dieser Planungen haben wir unsere Haushaltsansätze eingestellt. Das heißt, wir haben insgesamt für das Projekt 279 Millionen Euro eingestellt: für den Aufbau und den Betrieb des Systems insgesamt 230 Millionen Euro, für die Endgeräte 30 Millionen Euro und 19 Millionen Euro für Handling, Beauftragung usw. Davon gehen wir im Moment noch aus.

Das Angebot der DB-Telematik war allerdings erheblich höher; das ist keine Frage. Deshalb ist dieses Angebot nicht vom Bund angenommen worden. Auch von den Ländern ist es absolut nicht zu akzeptieren gewesen. Es gibt jetzt Nachverhandlungen. Bahnchef Mehdorn hat in einem Brief versichert, dass er bis zum Dezember ein Angebot

unterbreitet, und zwar nach den bisherigen Planungen des Bundes und der Länder, allerdings auch unter Beibehaltung des hohen Standards, der vorgeschrieben worden ist. Wir haben abzuwarten, ob das, was in dem Brief steht, Realität wird und die Kosten insofern eingehalten werden können. Niedersachsen hat auf Arbeitsebene, aber auch in der Innenministerkonferenz Wert darauf gelegt, dass wir nicht warten, bis dieses verbesserte Angebot vorliegt, sondern dass auch ein Plan B erarbeitet wird; denn wir müssen immer damit rechnen, dass die DB-Telematik das Angebot nicht vorlegt. Insofern muss sichergestellt sein, dass rechtzeitig im Dezember, also sehr zeitnah, für den Bereich „Planen“, für den Bereich „Aufbau“ und auch für den Bereich „Betreiben“ ausgeschrieben wird. Das ist auch akzeptiert worden, sodass parallel dazu jetzt dieser Plan B verfolgt wird und somit im Dezember endgültig entschieden werden kann. Entweder haben wir dann ein vernünftiges Angebot im Kostenrahmen, oder es wird entweder für alle drei Bereiche oder - auch das wäre theoretisch möglich - sogar getrennt ausgeschrieben. Ich meine, dass nur das zu verantworten ist. Niedersachsen hat dazu beigetragen, dass nicht erst dann mit der Erarbeitung des Planes B begonnen wird, wenn - was ich nicht hoffe - DB-Telematik kein entsprechendes Angebot vorlegt.

Herzlichen Dank. - Die nächste Frage stellt Herr Kollege Bode. Bitte schön!

Herr Minister, Sie haben hier gerade dargestellt, dass insbesondere die finanziellen Belastungen durch den Kauf der Endgeräte entscheidend sind. Wir haben gehört, dass nicht die gesamte Übergangszeit bis zur Einführung der Technik gefährdet zu sein scheint, sondern dass sich nur der Erstbeginn ein bisschen verzögern wird, was sehr beruhigend ist. Das führt aber eventuell auch dazu, dass man in dem Zeitraum, bis die Umstellung vollzogen wird, mehr analoge Endgeräte braucht. Analoge Endgeräte waren in der Vergangenheit immer sehr kostenintensiv, weil es bei einem auslaufenden Marktmodell der analogen Geräte keinen wirklichen Wettbewerb gibt. Deshalb meine Frage: Ist aufgrund der verzögerten Einführungszeit eventuell auch mit Preiserhöhungen für die analogen Endgeräte zu rechnen?

Danke schön. - Für die Landesregierung spricht Herr Innenminister Schünemann.

Wir werden auf Landesebene jetzt nicht in analoge Technik investieren. Das macht vor dem Hintergrund, dass der Digitalfunk eingeführt wird, keinen Sinn. Wenn es Verzögerungen geben sollte, dann kann es sich dabei zumindest nach den gegenwärtigen Planungen nur um ein halbes Jahr handeln. Wenn neu ausgeschrieben wird, wird es natürlich noch eine kleine Verzögerung geben. Aber dadurch wird am Endpunkt nicht unbedingt etwas zu verändern sein. Ich gehe also nicht davon aus, dass es zu einer Verteuerung kommt. Wir selbst investieren nicht.

Was auf kommunaler Seite veranlasst wird, kann ich nicht genau überblicken, weil das im Verantwortungsbereich der Kommunen liegt. Ich höre manchmal von der Feuerwehr, dass dort im Moment kein großer Handlungsbedarf ist. Darüber muss aber vor Ort entschieden werden.

Herzlichen Dank. - Die nächste Frage stellt Herr Kollege Schwarz.

Herr Minister, Sie sprachen gerade davon, dass Sie für die Endgeräte ca. 30 Millionen Euro einplanen. Die Kommunen müssen sich auf die Situation einstellen. Aber die Kommunen haben zum Teil sehr unterschiedliche Bedürfnisse. Kann man sagen, wie viel ein Endgerät kostet?

(Unruhe bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Schünemann.

Handgeräte kosten etwa 1 000 Euro, Fahrzeuggeräte etwa 2 000 Euro.

(Axel Plaue [SPD]: Wie viel kostet das bei eBay?)

- Mir ist nicht bekannt, dass man die jetzt schon bei eBay ersteigern kann. Die Preise dafür habe ich nicht parat.

(Heiterkeit - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sagen Sie doch mal, wo man die kaufen kann!)

Herr Bachmann, wollen Sie eine Frage stellen?

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Nein, danke! - Heiterkeit)

Dann liegen mir keine weiteren Wortmeldungen zu dieser ersten Frage vor.

Ich rufe auf die

Frage 2: Auswirkungen des Klimawandels auf den Küstenschutz - nur „aus dem Bauch heraus definierte Glaubenssätze“?

Frau Kollegin Steiner wird diese Frage stellen. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Kürze werde ein neuer Generalplan Küstenschutz vorliegen, der die erforderlichen Deichbaumaßnahmen der nächsten Jahrzehnte genau darstelle, berichtete Umweltminister Sander im Rahmen der Beantwortung der Dringlichen Anfrage „Minister Sander gefährdet Weltnaturerbe und Deichsicherheit der Küste“ am 14. September 2006 vor dem Niedersächsischen Landtag.

(Unruhe)

Warten Sie bitte einen kleinen Moment, Frau Kollegin Steiner. - Auch ich möchte hier oben die Frage verstehen, damit ich nachher die Antwort entsprechend verfolgen kann. Aufgrund der Maßgabe, dass Zusatzfragen zum Inhalt gehören müssen, liegt es sicherlich in Ihrem Gesamtinteresse, dass auch ich die Rednerin verstehe.

Herr Sander berichtete das also in der Plenarsitzung am 14. September 2006 vor dem Niedersächsischen Landtag.

Dass der Generalplan Küstenschutz tatsächlich die künftigen Herausforderungen für den Küstenschutz aufgrund des Klimawandels zur Grundlage der Planungen macht, kann angesichts der Einlassungen des Ministers und von leitenden Mitarbeitern der Landesregierung jedoch bezweifelt werden: Im Rahmen der Beantwortung oben genannter Dringlicher Anfrage hat Minister Sander die Frage nach alternativen Deichbaumethoden - in dem Fall war es die Asphaltierung - abschätzig beantwortet.

(Heiner Schönecke [CDU]: Was?)

- Sie können sich doch erinnern, Herr Hiebing!

(Bernd-Carsten Hiebing [CDU]: Was?)

Gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit vom 27. Juli 2006 äußerte der Leiter der Forschungsstelle Küste des NLWKN, neuere Szenarien, die einen deutlich stärkeren Anstieg des Meeresspiegels prognostizieren, seien „aus dem Bauch heraus definierte Glaubenssätze“.

Wie aus der Antwort auf die Mündliche Anfrage vom Juni 2006 „Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus neuen Gefährdungen der Küstenregion aufgrund des Klimawandels?“ hervorgeht, verlässt sich die Landesregierung offenbar nach wie vor ausschließlich auf ein Szenario des International Panel of Climate Change - IPCC aus dem Jahr 2001. Dieses Szenario geht von einem Meeresspiegelanstieg von 9 bis 88 cm bis zum Jahr 2100 aus. Andere Gutachten, z. B. das Ende Mai 2006 vorgelegte Gutachten des wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung zu globalen Umweltveränderungen - WBGU -, bleiben offenbar unberücksichtigt. Hierin wird ein Meeresspiegelanstieg von bis zu 2 m bis zum Jahrhundertende für möglich gehalten. Auch aus dem Entwurf des 2007 erwarteten neuen IPCC-Berichts seien bereits neue dramatische Zahlen nach außen gedrungen, berichtete Die Zeit am 27. Juli 2006.

Andere Methoden des Deichbaus könnten vor diesem Hintergrund neben den Schwierigkeiten der Kleigewinnung auch wegen der mit der Deichhöhe zunehmenden Auflast erforderlich werden, um den in der Regel wenig tragfähigen Baugrund

der Deiche zu entlasten und so Deichsackungen und Grundbrüche zu vermeiden.

Alternative Methoden des Küstenschutzes werden derzeit u. a. im INTERREG-Projekt ComCoast unter Beteiligung der Universität Oldenburg und des NLWKN untersucht. Schwerpunkt des Projekts ist weniger der Deichbau als vielmehr die Schaffung von Übergangszonen vom Land zum Meer.

Angesichts anstehender, für die Sicherheit der Menschen an der Küste sehr weit reichender Entscheidungen - z. B. über weitere Vertiefungen von Weser und Elbe - kann Gelassenheit, wie vom Leiter der Forschungsstelle Küste empfohlen, nicht die Lösung sein. Warnungen vor Auswirkungen des Klimawandels sind zweifellos mehr als „aus dem Bauch heraus definierte Glaubenssätze“.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welche Annahmen, Gutachten und Prognosen des künftigen Anstiegs des Meeresspiegels werden über den IPCC-Bericht des Jahres 2001 und über die Messergebnisse des Pegels Norderney aus dem vergangenen Jahrhundert hinaus als Grundlage für den neuen Generalplan Küstenschutz herangezogen?

2. Welche Alternativen oder Ergänzungen zu Klei und Sand als Deichbaumaterial hat die Landesregierung bisher mit welchem Ergebnis geprüft?

3. In welcher Weise fließen die Erkenntnisse aus Forschungsprojekten zu umfassenderem Küstenschutz, z. B. aus dem Projekt ComCoast, in den Generalplan Küstenschutz ein?