Protokoll der Sitzung vom 08.11.2006

druck, Herr Wulff, als seien Sie der Pressesprecher dieses Unternehmens,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

was im Übrigen gerechtfertigt gewesen wäre, weil das Unternehmen auf der Seite der Kommunikation suboptimal aufgestellt war. Da war ich auch Ihrer Meinung. Das stimmt schon.

Meine Damen und Herren, was hat Herr Wenzel gefordert? Er hat gesagt: Unter Achtung des Aktienrechts. Uns interessieren nicht die vertraulichen Details,

(Ursula Körtner [CDU]: Ja, was denn?)

sondern der Landtag möchte berichtet bekommen, welche Konsequenzen diese Entscheidung für die wirtschaftspolitische Entwicklung des Landes hat. Wenn das nicht das legitime Recht dieses Landtages ist, wofür treten wir dann zusammen? Um hier noch einmal gemeinsam in der Zeitung zu lesen, was Herr Wulff gestern Abend erklärt hat? Meine Damen und Herren, ich habe ein bisschen mehr Respekt vor diesem Hause. Deshalb ist dieser Antrag mehr als gerechtfertigt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Oh! bei der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Wenzel. Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer sich das Bruttoinlandsprodukt von Niedersachsen angesehen hat, wird wissen, welche wirtschaftliche Bedeutung dieses Unternehmen für dieses Land hat. Es wäre in der Tat ein Armutszeugnis, wenn sich dieses Parlament selber einen Mundkorb verpassen würde und nicht mehr in der Lage und nicht mehr willens wäre, über die Frage zu diskutieren, welche Entwicklung die Automobilindustrie und die Zulieferer in Niedersachsen nehmen sollen. Die Automobilindustrie in Niedersachsen ist eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Branche, die Niedersachsen hat. Daher muss es möglich sein, über diese Fragen auch im Parlament zu sprechen. Das auch deshalb, weil man allen Spekulationen in dieser Situation Raum nehmen muss, weil es in der Vergangenheit auch

Kräfte gegeben hat, die versucht haben, Audi abzuspalten und im Süden andere Allianzen zu bilden. Deshalb muss der Ministerpräsident hier das Wort ergreifen und allen Spekulationen in diese Richtung den Raum nehmen.

Meine Damen und Herren, ich will nur noch eine Frage anschließen, weil ich die Begründung für meinen Antrag eben schon abgeliefert habe: Kann die Regierungsmehrheit, kann die Regierungsbank ausschließen, dass heute oder in den nächsten Tagen der Ministerpräsident an anderer Stelle und nicht vor dem Parlament die Öffentlichkeit oder die Presse unterrichtet?

(Zustimmung bei der SPD)

Kann der Ministerpräsident das ausschließen, und wird er die Verschwiegenheit, die er meint, hier im Parlament wahren zu müssen, auch gegenüber Dritten tatsächlich wahren? Darauf hätte ich gerne von Ihnen, Herr Ministerpräsident Wulff, eine Antwort, damit ich nicht morgen in der Zeitung lesen muss, was Sie dem Parlament an Informationen verweigert haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Kernpunkt dieses Antrages ist die Erweiterung der Tagesordnung um „Volkswagen“. Zu der Frage, ob wir die Tagesordnung erweitern wollen oder nicht, liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor. Die Anträge sind von der SPD-Fraktion und von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt worden.

Wer in diesem Sinne die Tagesordnung erweitern möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist abgelehnt.

(Oh!-Rufe bei der SPD)

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur Tagesordnung zurück, die dann als so beschlossen gilt. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1: Feststellung eines Sitzungsverlustes gemäß Artikel 11 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung i. V. m. § 8 Abs. 2 des Niedersächsischen Landeswahlgesetzes Antrag des Präsidenten des Niedersächsischen Landtages - Drs. 15/3278

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass über diesen Punkt ohne Besprechung abgestimmt wird. - Ich höre keinen Widerspruch und lasse daher gleich abstimmen.

Wer dem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen! - Ich bitte um die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen?

Der Abgeordnete Herr Nahrstedt ist damit aus dem Landtag ausgeschieden. Ich danke ihm im Namen des Niedersächsischen Landtages für die geleistete Arbeit und wünsche ihm für seine Zukunft, insbesondere für seine neue Aufgabe als Landrat des Landkreises Lüneburg, alles Gute!

(Beifall im ganzen Hause)

Seine Nachfolgerin, meine Damen und Herren, Sie kennen das Prozedere, wird zu einem späteren Zeitpunkt bei uns begrüßt.

Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 1 erledigt.

Ich rufe vereinbarungsgemäß zusammen auf

Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Regierungserklärung zum Thema „Hochschulpolitik in Niedersachsen“ - Unterrichtung - Drs. 15/3279

Tagesordnungspunkt 3: Zweite Beratung: a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes und anderer Gesetze - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 15/2670 - b) Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Hochschulautonomie - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drs. 15/2715 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 15/3281

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, so geht das nicht.

Die Berichterstattung zu den Tagesordnungspunkten 3 a) und b) erfolgt nach der Debatte über die Regierungserklärung.

Nun hat Herr Minister Stratmann das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Hochschul- und Forschungseinrichtungen stehen vor enormen Herausforderungen und Aufgaben. Wir alle spüren: Die Verhältnisse um uns herum verändern sich dramatisch und mit zunehmender Geschwindigkeit. Die Dimension einiger Probleme ist in der Tat so, dass wir uns große Sorgen machen müssen und dass nicht wenige Menschen in unserer Republik eine „Augenzu-und-durch“-Mentalität angenommen haben, weil viele der Meinung sind, wirkungsvolle Lösungen sind kaum noch machbar.

Nehmen wir als Beispiel die Probleme etwa am Arbeits- und Ausbildungsmarkt oder die der demografischen Entwicklung. Die Diskussion über die Konsequenzen der Entwicklung der Geburtenzahlen hat - wie wir alle wissen - viel zu spät begonnen. Schon vor Jahrzehnten hätten wir doch wissen können, was auf uns zukommt. Ich meine, wir müssen künftig zusammen lernen, viel frühzeitiger über den Horizont hinaus zu denken.

Als noch besorgniserregender empfinde ich die Tatsache, meine Damen und Herren, dass wir seit Jahren vor den Folgen des globalen Klimawandels gewarnt werden, aber im Prinzip so weitergemacht haben wie bisher. Mancher von Ihnen wird vielleicht - wie ich auch - vor einem Jahrzehnt Al Go

res Buch „Wege zum Gleichgewicht“ gelesen haben. Mancher von Ihnen wird sich die Frage gestellt haben: Warum hat Al Gore als Vizepräsident, als einer der mächtigsten Männer dieser Welt, seine Amtszeit nicht genutzt, um etwas zu tun? Ich vermute einmal, er wird ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie viele von uns. Er wird gehört haben: Es kommt schon nicht so schlimm. Klimawandel hat es immer gegeben. Der Beweis ist auch gar nicht angetreten worden.

In diesen Tagen erleben wir etwas völlig anderes. Es wird nicht mehr über das „ob“ gestritten, meine Damen und Herren, sondern nur noch über das „wann“ und vor allem über die Frage, wie schlimm es kommen wird und welche Möglichkeiten und Chancen wir noch haben, diese Katastrophe abzumildern.

Warum sage ich das? Ich sage das als zuständiger Wissenschaftsminister, weil eines klar ist - bei allen anderen Problemen; und wir wissen, dass die Problemliste beliebig verlängerbar wäre -: Wir werden die Probleme der Menschheit nur in den Griff bekommen, wenn es eine stärkere Vernetzung zwischen Wissenschaft und Politik geben wird,

(Zustimmung bei der CDU)

wenn wir Wissenschaft und Forschung in die Lage versetzen, sich dieser Probleme stärker anzunehmen.

Meine Damen und Herren, mehr denn je wird es künftig darauf ankommen, dass wir die klügsten und solche Köpfe fragen, die die beste Ausbildung erfahren haben. Das kann nur dann gelingen, wenn wir eine leistungsstarke Bildungs- und Forschungslandschaft bieten.

Unsere Zukunftsprobleme sind nur lösbar, wenn unser Land ein Land der Ideen, der Innovationen und der Forschung bleibt, bzw. wenn wir dort, wo wir Boden verloren haben, diesen Boden wieder zurückgewinnen.

Dies kann und wird nur gelingen, wenn wir alle verfügbaren Ressourcen auf die Bereiche Bildung und Forschung konzentrieren und Rahmenbedingungen schaffen, die, im Rahmen des Möglichen, sicherstellen, dass diese Ressourcen die größtmögliche Wirkung entfalten.

Meine Damen und Herren, wir müssen in den nächsten Jahren auf dem Weg weitergehen, Hochschulen und Forschungseinrichtrungen fit zu

machen für diese gigantischen Herausforderungen. Ich sage eines ganz offen: Dabei steht vor allem ein finanzschwaches Land wie Niedersachsen vor zusätzlichen Herausforderungen, gerade auch im schwieriger gewordenen Wettbewerb mit den reichen süddeutschen Ländern. Wir müssen nämlich drei Aufgaben gleichzeitig schultern, die übrigens einander bedingen, was die Sache nicht einfacher macht.

Wir müssen erstens den Wirtschafts- und Technologiestandort Niedersachsen stärken, damit wir die Steuerkraft erhöhen können und Arbeitsplätze erhalten und geschaffen werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir müssen zweitens die Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen stärken. Nur so können der Wirtschaft qualifiziertes Personal und verwertbare Ideen zugeführt werden. Und wir müssen schließlich - wir haben heute Morgen schon darüber diskutiert - die Haushaltskonsolidierung konsequent fortführen, weil wir nur so notwendige Spielräume auf der Ausgabenseite zurückerobern können.

(Zustimmung bei der CDU)