Protokoll der Sitzung vom 06.12.2006

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

Gleichzeitig fordert Herr Möhrmann von diesem Platz aus eine weitere Absenkung der Nettokreditaufnahme um 901 Millionen Euro für die Jahre 2006 und 2007. Es tut mir leid, das passt hinten und vorne nicht. Das ist nicht niedersachsengerechter, das sorgt bei uns höchstens für Niedersachsengelächter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich auf spannende Einzelplanberatungen am morgigen Tag. Wir werden uns sehen, Herr Jüttner. Ich freue mich auf Ihre Debattenbeiträge. Ich danke allen Abgeordneten sowie dem gesamten Kabinett für die intensive Arbeit in den vergange

nen Wochen und Monaten. In diesen Dank schließe ich namens der CDU-Fraktion ausdrücklich auch die Mitarbeiter der Haushaltsreferate in den einzelnen Häusern ein. Sie alle haben einen wesentlichen Beitrag für einen gelungenen Landeshaushalt 2007 geleistet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden Freitagmittag mit großer Freude und in großer Eintracht den Haushalt 2007 beschließen, der einen ganz besonderen Meilenstein auf dem Wege Niedersachsens aus der Finanzkrise darstellt: Wir haben den ersten Haushalt seit Jahren, der verfassungskonform ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden am Ende der Wahlperiode gerade mit dem Thema Finanzpolitik vor die Wählerinnen und Wähler treten. Neben Wirtschaft, Bildung, Soziales und innere Sicherheit gehören zu unseren zentralen politischen Themen auch der Schuldenabbau und die Sanierung des Landeshaushalts, weil wir Verantwortung gegenüber künftigen Generationen haben, weil wir nicht immer weitere, immer höhere Schulden machen und die Probleme von heute nicht auf unsere Enkel und deren Kinder übertragen dürfen.

Wir haben in den ersten vier Jahren viel erreicht.

(Uwe Harden [SPD]: Ihr habt euch viel geleistet!)

Es bleibt noch viel zu tun. Niedersachsen ist bei uns in guten Händen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich der Kollege Wenzel zu Wort gemeldet. Herr Wenzel, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir vermissen noch den Ministerpräsidenten.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Schmerz- lich!)

Wir dachten, dass es angemessen sei, wenn er an der Haushaltsdebatte teilnähme.

(Bernd Althusmann [CDU]: Die Lan- desregierung ist anwesend!)

Ich möchte Herrn Althusmann bitten, zu klären, wo sein Frontmann ist.

(Bernd Althusmann [CDU]: Der Mi- nisterpräsident ist im Interesse des Landes überall unterwegs! - Weiterer Zuruf: Wie war das mit den Vorsät- zen?)

„Von Schattenhaushalten zum Blendwerk mit Wahlgeschenken“ könnte man als Überschrift für Ihre Finanzpolitik wählen, Herr Althusmann. Noch im Mai letzten Jahres - das ist noch nicht lange her - hatte der Steuerzahlerbund bei dem finanzpolitischen Berater der Regierung Wulff eine Studie in Auftrag gegeben. Der Berater von Herrn Wulff hat festgestellt, dass sich im Jahr 2030 die Finanzlage so zugespitzt haben wird, dass ein Staatswesen, wie wir es heute in Niedersachsen kennen, nicht mehr existenzfähig sein wird. Professor Homburg hat zu drastischen Einsparungen aufgerufen. Finanzminister Möllring hat dazu in einer Pressemitteilung verkünden lassen, dass er die Vorschläge im Einzelnen mit seinen Ministerkollegen besprechen und auf ihre Umsetzbarkeit prüfen will. Seitdem sind drei Entwicklungen zu beobachten: Zum einen wurde im Bundestag die Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte beschlossen. Zum zweiten stellt sich die konjunkturelle Entwicklung etwas besser dar, als noch vor eineinhalb Jahren, als Professor Homburg dieses Gutachten erstellt hat, abzusehen war. Zum dritten hat die Regierung Wulff die Haushaltskonsolidierung auf Haushaltstrickserei umgestellt.

Meine Damen und Herren, da staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich. Geht die Sanierung der Staatsfinanzen so schnell? - Was eigentlich 25 Jahre dauern sollte, ist jetzt quasi über Nacht passiert. Da muss man sich doch fragen: Ist der Berater von Ministerpräsident Wulff ein gnadenloser Pessimist und Schwarzmaler, oder hat er sich völlig verrechnet?

(Zuruf: Die Nächte waren vielleicht zu lang!)

Beides würde Herr Professor Homburg wahrscheinlich entrüstet zurückweisen, wenn er an dieser Stelle gefragt würde.

Deshalb muss es noch eine andere Erklärung geben, die da heißt: Die Landtagswahlen stehen bald ins Haus,

(David McAllister [CDU]: Ach was!)

und die Regierung will die Wähler nicht verschrecken. Kann das sein, Herr McAllister?

(David McAllister [CDU]: Ihr sollt je- denfalls nicht wieder drankommen!)

Deshalb werden die Steuermehreinnahmen genutzt, um notwendige Maßnahmen hinter die in 14 Monaten anstehende Landtagswahl hinauszuschieben.

Das strukturelle Defizit, zu dem Ihnen der Landesrechnungshof schon im letzten Jahr einiges ins Stammbuch geschrieben hat, wird auf hohem Niveau gehalten, und es wird ein Polster für den Haushalt 2008 angelegt. Über 2 Milliarden Euro werden nach jetzigen Erwartungen an Nettomehreinnahmen in die Haushalte 2006 und 2007 fließen. Mit diesen 2 Milliarden Euro war im Dezember des letzten Jahres noch nicht zu rechnen, als der diesjährige Haushalt aufgestellt wurde. Das ist aus haushälterischer Sicht erfreulich. Ein Verdienst der Arbeit dieser Landesregierung ist das aber nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von diesen zusätzlichen Mehreinnahmen werden lediglich 150 Millionen Euro - das sind 7,5%; man lasse sich das einmal auf der Zunge zergehen von den Regierungsfraktionen für eine zusätzliche Absenkung der Neuverschuldung genutzt.

Da fragt man sich doch: Wo haben Sie den Rest gelassen? - Ist der Ministerpräsident schon wieder weg? - Ach nein, da ist er ja. Schön, dass Sie da sind, Herr Wulff.

(Ministerpräsident Christian Wulff: Ich bin immer da!)

Ein großer Teil der Mehreinnahmen ist in Ihrem Haushaltsloch 2007 verschwunden, das deshalb ohne größere Einsparungen geschlossen werden konnte. Mit einem weiteren Teil haben Sie, Herr McAllister und Herr Rösler, mit Ihren Fraktionen die Ausgabewünsche gedeckt, die sonst noch auf der Tagesordnung standen. Und der gesamte große Rest soll als nicht ausgeschöpfte Kreditaufnahme aus 2006 zur Deckung des Haushaltslochs

2008 verschoben werden; denn da klafft noch eine Lücke von 900 Millionen Euro.

Meine Damen und Herren, was der Finanzminister hier an Hütchenspielertricks vorführt, mag wahlstrategisch aus Sicht der Regierenden verlockend sein; ein verantwortungsvoller Umgang mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger sieht anders aus.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die ersten zweieinhalb Jahre haben Sie etwas konsolidiert, Sie haben Vermögen verkauft und Schulden in Schattenhaushalten versteckt. In der zweiten Hälfte Ihrer Amtszeit, Herr Wulff, versuchen Sie, die Bevölkerung mit allerlei Wohltaten auf die kommende Landtagswahl einzustimmen. Verantwortungsvoll wäre es aber gewesen, wenn Sie die Mehreinnahmen zu einer echten Absenkung der Neuverschuldung überführt hätten. Aber dazu fehlte Ihnen offenbar der Mut. Dann hätten Sie in den kommenden Jahren nämlich springen müssen.

Meine Damen und Herren, 60 Jahre Niedersachsen haben wir in diesem Jahr gefeiert. 60 Jahre Niedersachsen sind aber leider auch 60 Jahre mit steigenden Schulden. Das muss jeden ernsthaften Demokraten besorgt machen. Glauben Sie, Herr Wulff, dass Demokratie nur funktioniert, wenn man vor den Wahlen das Füllhorn zur Hand nimmt? Ich glaube, dass die Menschen schon viel weiter sind. Ihre neue Ängstlichkeit ist Ihrer eigenen Nervosität angesichts schlechter Wahlergebnisse und Umfragewerte für die CDU und Ihre Regierung geschuldet.

Herr Ministerpräsident Wulff, Sie hatten kein gutes Jahr, und deshalb ist eine gewisse Nervosität durchaus verständlich.

(David McAllister [CDU]: Was?)

Das darf aber dann nicht dazu führen, dass falsche Entscheidungen zur Zukunft unseres Landes getroffen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch Ihre bundespolitischen Ambitionen haben auf dem CDU-Parteitag einen argen Dämpfer erhalten. Mit Interesse haben wir zur Kenntnis genommen, dass Sie gar nicht Kanzler werden wollen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Oh!)

Wer hätte das gedacht? - Das wundert uns etwas, weil man oft den Eindruck hatte, dass Sie mehr in Berlin als in Hannover waren - zumindest mental. Deshalb sind Ihnen in Hannover auch einige Dinge schief gegangen.

Herr Ministerpräsident Wulff, bei der wichtigsten Industriebeteiligung des Landes, bei VW, sitzen Sie nur noch am Katzentisch und agieren als „lame duck“. Mehrfach wurden wichtigste Personalentscheidungen an der Spitze des Unternehmens gegen Ihren Willen durchgezogen, obwohl wir einer der größten Anteilseigner sind. Sie haben sich im Aufsichtsrat in eine isolierte Lage manövriert, die eine wirkungsvolle Vertretung der Interessen des Landes infrage stellt.

Auch der Rest Ihrer Ministertruppe leistet sich einen Fehler nach dem anderen.

Ihr Innenminister profiliert sich als Rechtsaußen.

(David McAllister [CDU]: Was? - Ur- sula Helmhold [GRÜNE]: Mit Blutgrät- sche!)

- Das ist nur ein Zitat.